39. Yomiuri Shimbun/Nippon Television

Umsatz 2022: € 4,916 Mrd.

Überblick

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Die Yomiuri Shimbun ist mit einer Morgenauflage von knapp 6,9 Millionen Exemplaren und einer Abendausgabe von 1,8 Millionen Exemplaren (Stand Anfang 2022) die auflagenstärkste Zeitung der Welt. Sie ist Teil eines in Japan keiretsu genannten gleichnamigen Firmenkonglomerats, das sich, wie man es im japanischen Mediensektor traditionell sieht, durch die enge Bindung privater TV-Networks an eine der großen Tageszeitungen auszeichnet. In diesem Fall ist es die Nippon Television Network Corporation, die mit der Yomiuri Shimbun vertikal verbunden ist. Die keiretsu-Einzelunternehmen sind rechtlich selbständig.

Zur Einordnung von Yomiuri Shimbun/Nippon TV in das IfM-Ranking beziehen wir uns auf den bislang nur für 2021 vorliegenden Umsatz für die Yomiuri Shimbun-Holding, addiert mit dem Umsatz 2022 von Nippon TV, umgerechnet nach den jeweiligen Jahresmittelkursen.

Basisdaten

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Hauptsitze:
Yomiuri Shimbun Holdings
1-7-1, Otemachi
Chiyoda-Ku
Tokio 100-0004
Japan
Telefon: 0081 3 3242 1111
Website: info.yomiuri.co.jp/english/index.html

Nippon Television Holdings
1-6-1 Higashi Shinbashi
Minato-ku
Tokio 105-7444
Japan
Telefon: 0081 3 6215 14111
Website: www.ntvhd.co.jp/english/ir/presentation

Branchen:  Tageszeitung, Fernsehen, TV-Produktion und -Vertrieb
Rechtsform: Aktiengesellschaft (Nippon Television Holdings)
Geschäftsjahr: 01.04. – 31.03.
Gründungsjahr: 1874 (Yomiuri Shimbun), 1952 (Nippon TV)

 

Ökonomische Basisdaten Yomiuri Shimbun Group (in Mio. ¥)*
2021
Umsatz256.100
Ökonomische Basisdaten Nippon TV (in Mio. ¥)*
202220212020202920182017
Umsatz406.395391.335426.599424.945423.633416.704
Gewinn 47.43124.04230.55538.73937.41640.787
Aktienkurs (in ¥, Jahresende)1.0421.1681.1241.4621.6181.976
Mitarbeiter5.0964.7644.7324.5444.4254.368

*Geschäftsjahr endet jeweils am 31.03. des Folgejahres

Geschäftsführung

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Yomiuri Shimbun Holdings:

  • Tsuneo Watanabe, Representative Director, Editor-in-Chief
  • Shoichi Oikawa, Representative Director, Chairman of the Board, Senior Deputy Editor-in-Chief, International Operations (Editor-in-Chief, The Japan News)
  • Toshikazu Yamaguchi, Representative Director, President, Circulation
  • Akitoshi Muraoka, Director, Vice President, Operation Management, Network
  • Gaku Shibata, Director, Osaka Operations 
  • Toru Kunimatsu, Director, Seibu Operations
  • Takeshi Mizoguchi, Director Yomiuri Land
  • Kazuyuki Fujita, Corporate Officer, President's Office Chief, Compliance, Corporate Communications 
  • Tatsuo Sekine, Director
  • Yoshikuni Sugiyama, Director
  • Akira Ishizawa, Director
  • Shin Nagahara, Standing Auditor
  • Fujio Mitarai, Auditor
  • Yoshinobu Kosugi, Auditor
  • Yasushi Manago, Auditor
  • Yoshio Okubo, Counselor

Nippon TV Holdings:

  • Toshikazu Yamaguchi, Representative Director, Executive Chairman
  • Yoshikuni Sugiyama, Representative Director, Chairman
  • Akira Ishizawa, Representative Director, President, Chief Executive Officer

Geschichte

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Die Yomiuri Shimbun nimmt für sich in Anspruch, nicht nur die größte, sondern auch die älteste heute noch existierende japanische Tageszeitung zu sein. 1874 in der Zeit kurz nach der Öffnung des Landes zum Westen hin, im Zuge enormer politischer, wirtschaftlicher und sozialer Umwälzungen gegründet, widmete sich die Zeitung zunächst vor allem dem literarischen Milieu kulturkonservativer Intellektueller, die eine Modernisierung der japanischen Schriftsprache ablehnten. Erst 1924 entwickelte die Yomiuri Shimbun unter Leitung von Shoriki Masamune einen von aktueller Berichterstattung geprägten Zeitungsstil für die breiten Massen, dessen Traditionslinie bis heute gepflegt wird. In diese Zeit fällt auch die regelmäßige Veröffentlichung eines ganzseitigen Radioprogrammführers, ein Novum auf dem japanischen Zeitungsmarkt der Zwanziger Jahre, und die Gründung des Baseball Vereins „Yomiuri Giants“.

Die Geschichte der Zeitung während der militärischen Expansionsphase und dem Pazifischen Krieg verlief – anders als bei der zweitgrößten Tageszeitung Asahi – ohne nennenswerte Konflikte mit der Regierung. In den 1940er Jahren entwickelte sich die Yomiuri Shimbun zur auflagenstärksten Tageszeitung im Großraum Tokio. 1941 wurde die Tageszeitung Hochi Shimbun übernommen, die heute vom Yomiuri-Verlag als Sporttageszeitung herausgegeben wird. Unter amerikanischer Besatzung wurde der Chefredakteur und Geschäftsführer Shoriki Masamune unter dem Verdacht festgenommen, ein Kriegsverbrecher der Kategorie A zu sein, jedoch 1947 wieder auf freien Fuß gesetzt. Erst in jüngster Zeit ist durch die Öffnung von Archiven in den USA festgestellt worden, dass er in der Nachkriegszeit für den US-Geheimdienst CIA gearbeitet hat.

Nach 1945 profilierte sich die Yomiuri Shimbun aufgrund der aktiven Parteizugehörigkeit Masamune Shorikis zur Regierungspartei LDP als deren konservatives Sprachrohr, galt jedoch gleichzeitig lange Jahre aufgrund einer sozial engagierten Redaktion als ein „Sprachrohr für kleine Leute“. In einigen in Japan umstrittenen Themen weicht die Linie der Yomiuri jedoch stark vom Kurs der LDP ab. Dies gilt z.B. für die offiziellen Besuche japanischer Ministerpräsidenten am Yasukuni-Schrein, in welchem neben den Seelen japanischer Soldaten und koreanischer Zwangseingezogener auch die verurteilter japanischer Kriegsverbrecher verehrt werden. So lehnte die Yomiuri Shimbun die Besuche von Ministerpräsident Koizumi ab und warb in Artikeln für eine Lösung des Problems: Die Gebeine von Kriegsverbrechern sollten mit denen von Kriegsopfern unter einem Dach liegen. Andererseits befürwortete die Yomiuri Shimbun die Streichung von Worten aus japanischen Geschichtslehrbüchern, welche auf die japanische Kriegsschuld und Zwangsprostitution hinwiesen. 2015 schließlich veröffentlichte die Zeitung eine unter Geheimhaltung der Regierung stehende Liste von über 1.000 japanischen Soldaten, die nach Kriegsende in russischen Lagern umkamen.

Zum Profil der Zeitung gehört außerdem ein Schwerpunkt auf Gesundheitsthemen, womit ältere Teile der Bevölkerung und besonders Hausfrauen angesprochen werden sollen, denen traditionell die Gesundheitsvorsorge für die ganze Familie anvertraut wird. 2013 war die Zeitung die entscheidende Stimme im Diskurs zur Reform der Krankenversicherung. Sie gab dabei Empfehlungen ab und formulierte 2020 auch klare politische Forderungen für den Umgang mit dem Coronavirus. Doch auch für investigative Recherchen im Gesundheitssektor ist die Zeitung bekannt: 2014 etwa deckte sie auf, dass in einem Krankenhaus in der Kanto-Region acht Menschen an den Folgen von komplizierten Bauchhöhlen-Eingriffen gestorben war.

Management

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Noch immer steht Tsuneo Watanabe, Jahrgang 1926, an der Spitze seines Yomiuri-Imperiums und bleibt damit der einflussreichste Medienmogul Japans. Der „Schattenshogun“, wie ihn die New York Times in einem Porträt nannte, „Samurai of Print“ bzw. „the nearest thing Japan has to Rupert Murdoch” (Forbes) oder „Japan's media don: The most powerful publisher you’ve never heard of” (The Economist) war lange extrem öffentlichkeitsscheu und bevorzugte es, Japans Elite in Hinterzimmern zu treffen. Doch mit zunehmendem Alter spricht er in Interviews aus dem Nähkästchen, z.B. über die Krankheit seiner Frau, seine Liebe zu Hamstern und hat nicht zuletzt von der japanischen Gesellschaft eingefordert, die Rolle Japans im zweiten Weltkrieg endlich kritisch zu hinterfragen. Auch eine Krebserkrankung in den 1990er Jahren und zuletzt ein Sturz, bei dem er sich 2018 am Nacken verletzte, konnten Watanabe nicht stoppen. Nur eine Woche später konnte er seine eigene Zeitung lesen, die Politikredakteure anweisen und die engen Kontakte zu den politischen Machthabern pflegen.

Geschäftsfelder

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Zeitungen: Das publizistische Flaggschiff ist die 1874 gegründete, zweimal täglich erscheinende weltweit auflagenstärkste Zeitung Yomiuri Shimbun. Dazu gibt die Gruppe die jeden Donnerstag bzw. Freitag erscheinenden Tabloid-Wochenzeitungen Yomiuri Chukosei Shimbun und Yomiuri Kodomo Shimbun heraus, die sich in erster Linie an Kinder und Jugendliche richten und diese ans regelmäßige Zeitunglesen heranführen sollen. Zudem gehört mit der 1955 gegründeten The Japan News eine englischsprachige Zeitung zum Portfolio. 

TV und Online: Unter dem Dach der Nippon Television Holding, deren größter Anteilseigner die Yomiuri Shimbun-Gruppe ist, vereint das Unternehmen mehr als 40 TV-Sender, Produktionsfirmen, Musikverlage, Fitnessklubs, Museen, Streamingdienste, Animationsstudios und E-Sports-Firmen.

Themenparks: Mit dem „Yomiuri Land” betreibt die Gruppe den größten Freizeitpark in Tokio.

Sport: Yomiuri Shimbun ist Besitzer der Yomiuri Giants, dem ältesten und erfolgreichsten Baseball-Team Japans.

Aktuelle Entwicklungen

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Die größte Frage, die die japanische Gesellschaft 2021 umtrieb, war, ob die bereits einmal verschobenen Olympischen Sommerspiele trotz weiterhin prekärer Corona-Lage wirklich stattfinden sollten. Mitten in dem polarisierenden Diskurs war die Yomiuri Shimbun. Zwar sprach sie sich – anders als Konkurrent Asahi Shimbun, die zweitgrößte Tageszeitung – zunächst nicht für eine Absage aus und bot an, den Tokyo Dome, die Heimspielstätte der Yomiuri Giants, in ein riesiges Impfzentrum umzubauen. Doch indirekt kritisierte sie Premierminister Suga für das Corona-Management und die nur schleppend anlaufende Impfkampagne. 

Für Yomiuri-Oberhaupt Watanabe war deshalb klar, dass die Suga-Administration bald der Vergangenheit angehören würde. Er hatte recht. Während Yoshihide Suga zu Beginn seiner Amtszeit noch relativ beliebt war, sanken seine Zustimmungswerte aufgrund des Umgangs der Regierung mit der COVID-19-Pandemie und dem Management der verschobenen Olympischen Spiele schnell. Am Ende seiner Amtszeit verzeichnete Suga einige der niedrigsten Zustimmungsraten in der japanischen Geschichte. Am 30. September 2021 trat er von seinem Amt als Parteivorsitzender zurück.