Länderporträt Großbritannien

Einwohner: 67,2 Mio. (2020)
Religionen: Christentum (59,5%), Islam (4,4%), Hinduismus (1,3%)
Größte Städte: London, Birmingham, Manchester, West Yorkshire, Glasgow, Newcastle
Regierungsform: konstitutionelle Monarchie
Staatschef: König Charles III. (seit 08.09.2022)
Regierungschef: Rishi Sunak (Konservative, seit 25.10.2022)
EU-Mitglied: 1973-2020
Arbeitslosenrate: 4,5% (2021)
Staatsverschuldung: 2,69 Billionen US-Dollar (2021)
BIP: 3,19 Billionen US-Dollar (2021)

Werbeausgaben insgesamt: ca. 15,1 Mrd. Pfund
Fernseh-Dauer pro Einwohner: 187 Minuten/Tag (2021)
Größte Medien- und Telekommunikationskonzerne: BBC, ITV, Sky, News Corp., Daily Mail & General Trust, Pearson, Reed Elsevier
Rundfunkgebühren: 13,77 Pfund/Monat (2022)

Geschichte und Profil*

Trotz starker Konzentrationen besitzt der britische Medienmarkt - gemessen an der Bevölkerungszahl - eine beinahe einzigartige Vielfalt. Er bietet weltweit angesehene Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunk-Programme (wie "The Financial Times", "The Economist" oder "BBC Radio Four"), die sich an ein gebildetes Publikum richten. Die Mehrzahl der der Medien ist jedoch zunehmend trivial.

Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten die Briten drei wichtige Schritte hin zum Recht auf freie Meinungsäußerung und damit auf die freie Veröffentlichung von Zeitungen vollzogen: 1641 durch die Abschaffung von des königlichen Sternkammer-Gerichts ("Star Chamber"), das die Redefreiheit praktisch nicht zuließ, 1694 durch die Abschaffung der Genehmigungspflicht für Zeitungen ("Press Licensing") und 1792 durch den "Fox Libel Act", der das Verfahren für Verleumdungsklagen fairer regelte. Außerdem wurde 1709 das erste Urheberschutz-Gesetz eingeführt.

Allerdings mussten Verleger zu jener Zeit mit ökonomischen Repressionen zurechtkommen, nämlich der Besteuerung von Zeitungsverkäufen, Werbeanzeigen und Papier. Obwohl es der Politik vorrangig um eine inhaltliche Zensur ging, versuchte sie bereits, medienpolitische Ziele mit Mitteln der Marktregulierung zu erreichen, während beispielsweise die meisten deutschen Staaten im Vormärz (1815-1849) noch willkürlich gegen das Pressewesen vorgingen.

Die - bis heute - entscheidende Deregulierung des Pressemarktes fiel in die Regentschaft von Königin Victoria (1837-1901): die Abschaffung der Zeitungssteuer (Newspaper Stamp Tax) 1855 und der Papiersteuer 1861. Verleger hatten sie als "Taxes on Knowledge" inkriminiert. Die liberale und konservative britische Medienforschung hat diesen Schritt als Geburtsstunde der uneingeschränkten Pressefreiheit verzeichnet. Medienforscher wie James Curran und Jean Seaton haben dagegen am Beispiel der Zeitungssteuern gezeigt, wie dicht Effektivität und Kontraproduktivität in der Medienregulierung beieinanderliegen: Die "Stamp Taxes" verfehlten ihr politisches Ziel, sie waren vielmehr eine Art Schutzzoll für die Meinungspresse und verhinderten größere Konzentrationsprozesse, die dann nach den Deregulierungen eintraten, als sich das Geschäftsmodell der Zeitungen auf Werbeeinnahmen verlagerte und gleichzeiting die Preise sanken. Dadurch griffen die Menschen immer mehr zu Blättern, die Unterhaltung boten und billig waren.

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die sogenannten britischen Zeitungsbarone eine marktbeherrschende Stellung erlangt. Lord Northcliffe, Lord Rothermere aund Sir Lester Harmsworth - drei Brüder - besaßen 1921 zusammen das größte Medienimperium der Welt (mit einer Gesamtauflage von sechs Millionen gedruckten Zeitungen täglich). Aus der Diskussion über die publizistische Macht der Großverleger vor und nach dem Zweiten Weltkrieg heraus kam es 1954 zur Gründung des "Press Council" als erster Einrichtung der Selbstregulierung. Aus ihm ging 1990 die "Press Complaints Commission" (PCC) hervor. Mit dem Wandel vieler Verlage von inhabergeführten Unternehmen zu Aktiengesellschaften war die Kritik an deren Macht zwischenzeitlich abgeebbt. Aufgeflammt ist sie erneut, als der gebürtige Australier Rupert Murdoch in den 1980er Jahren die Traditionszeitung "The Times", das Boulevardblatt "Sun" sowie dessen Sonntagszeitung "News of the World" kaufte und einen heftigen Preiskampf an den Kiosken ("Zeitungskrieg") begann.

Der britische Rundfunk ist aufgeteilt in zwei Blöcke: Die BBC bildet ein durch Gebühren finanziertes Sender-Konglomerat. Das Fernsehmonopol der BBC wurde 1954 durch den "Independent Television Act" gebrochen. Ein Jahr später startete das werbefinanzierte Fernsehen mit dem "Independent Television" (ITV), einem Netzwerk aus mehr als einem Dutzend regionalen Sendern. Das streng regulierte TV-Duopol von BCC und ITV existierte knapp dreißig Jahre. Erste Privatsender enstanden mit der Deregulierung des Radio-Marktes (1967) und später des TV-Marktes (1982). Ein Kuriosum der Rundfunk-Geschichte bildet der 1982 gegründete Sender "Channel 4", der - ähnlich der BBC - eine öffentliche Körperschaft mit hohen Programm- und Qualitätsverpflichtungen ist und sich zugleich vollständig durch Werbung finanzieren muss. Der Sender unterliegt der Aufsicht durch das Ofcom. Wichtige britische Sender sind außerdem "Channel Five" sowie das vielfältige Angebot des britischen Medienkonzerns Sky Ltd.

Die lingua franca Englisch hat die Omnipräsenz und die Vorbildrolle der angelsächsischen Mediensysteme befördert. Sie ist die konstituirende Basis einer Medienkultur, die sich durch Anspruch, Witz und Originalität sowie auch Trivialität, Schonungslosigkeit, bis hin zr Brutalität, auszeichnet. In dieser Gemengelage fällt ein spezifisch britisches Medienbewusstsein (media mindedness) ins Auge. So stellen der britische Parlamentarismus mit seinem hundertprozentigen Mehrheitswahlrecht, in dem sich in jedem Wahlkreis nur ein Herausforderer durchsetzen kann, wie auch die Monarchie mit ihrer öffentlichen Zelebrierung und ihrer noch immer stark ausgeprägten Folklore einen großen Anreiz für "Egos" dar, deren Ziel es ist, sich öffentlich zu inszenieren und durch Bekanntheit und Sichtbarkeit ein breites Bewusstsein für den eigenen Status herzustellen.

Zeitung

Das Vereinigte Königreich zeichnet sich durch eine vergleichsweise große nationale Presse mit 11 überregionalen Tageszeitungen und 10 Sonntags-Pendants aus – das ist mehr als in Frankreich, Deutschland oder den USA. Sieben dieser Zeitungen veröffentlichen spezielle Ausgaben für Schottland, die wiederum mit drei schottischen Tageszeitungen konkurrieren. Eine weitere Besonderheit ist die starke Konzentration eines überwiegenden Teils des Pressemarktes auf einige wenige Unternehmen.

Die traditionell sehr hohe Tagesauflage der überregionalen Zeitungen ist seit einiger Zeit stetig rückläufig, wobei der Anteil der Online-Leserschaft zunimmt. Print-Zeitungen werden noch etwa von einem von vier Briten über 15 Jahren täglich gelesen (13,6 Millionen) und erreichen wöchentlich (24,9 Millionen) und monatlich (30,8 Millionen) eine größere Leserschaft. Die Print-Auflage ist zwischen 2010 und 2018 um rund 40 Prozent gesunken. Im Jahr 2010 verkauften die überregionalen Zeitungen durchschnittlich 9,5 Millionen Exemplare pro Tag. Werden die Gratiszeitungen Metro, London Evening Standard und City AM hinzugerechnet, kommen noch einmal rund 2 Mio. Exemplare dazu, so dass sich die Gesamtauflage auf 11,5 Mio. beläuft. Im Januar 2018 war die Auflage der wichtigsten überregionalen Tageszeitungen auf 5,65 Mio. Exemplare gesunken, die Auflage der kostenlosen Zeitungen betrug insgesamt 8,1 Mio. Exemplare. Die Sonntagszeitungen sind traditionell sehr beliebt und erreichten 2015 noch eine Gesamtauflage von 6,16 Mio. Exemplaren. Im Jahr 2018 war sank diese Auflage jedoch auf 4,7 Millionen. Die beliebteste britische Tageszeitung nach Auflagen ist Stand Ende 2021 noch immer die kostenlose „Metro“, dicht gefolgt von der „Daily Mail“ (siehe Abb. I).

Der britische Markt für überregionale Zeitungen ist auch heute noch stark konzentriert. Während die Gesamtauflagen der britischen Print-Zeitungen Ende der 2000er- und in den 2010er-Jahren stark zurückgegangen sind, stiegen die Nutzungszahlen der Online-Formate kontinuierlich an. Dass die britische Presselandschaft von einigen wenigen Medienkonzernen dominiert wird, zeigt sich daran, dass die drei stärksten britischen Verlage ("News Corp.", "Trinity Mirror", "Daily Mail and General Trust") ungefähr 70 Prozent des gesamten Pressemarktes beherrschen, der auch an die 1250 regionalen Zeitungen umfasst. Alleine auf Rupert Murdochs „News Corp.“ und Lord Rothermere's „Daily Mail Group“ entfallen fast 60 Prozent der nationalen Gesamtauflage der Zeitungen.

Dieses Bild ändert sich bei Einbeziehung des Online-Marktes nur geringfügig. Die starke Online-Reichweite der „Daily Mail“ macht sie zur dominierenden kostenpflichtigen Zeitung, dicht gefolgt von „Trinity Mirror“ und „The Guardian“, die ebenfalls über eine starke Online-Leserschaft verfügen. In Bezug auf die Konzentration der Presselandschaft in der Gesamtbetrachtung - also im digitalen und analogen Bereich - zeigt sich, dass nur fünf Unternehmen 80 Prozent des Online- und Print-Gesamtkonsums auf sich vereinen können.

Abb. I: Die auflagenstärksten Tageszeitungen in Großbritannien 2021 (in Mio.)

Radio

Das Radio ist im Vereinigten Königreich nach wie vor sehr beliebt und die Hörerzahlen sind nicht in dem Maße zurückgegangen wie bei anderen Plattformen. Mit 89,6 Prozent der Erwachsenen über 15 Jahren, die mindestens einmal pro Woche Radio hören, ist die Reichweite in den letzten Jahren stabil geblieben. Die durchschnittliche Hördauer liegt mit 183 Minuten bei über drei Stunden pro Tag und die durchschnittliche Hördauer pro Woche ist sogar leicht gestiegen - auf 21 Stunden und 24 Minuten. Musiksender sind mit 63 Prozent am beliebtesten, während 38 Prozent der Hörer gesprächsbasierte Sender konsumieren. Podcasts werden mit 16 Prozent immer beliebter.

Obwohl das Live-Radio nach wie vor einen hohen Verbreitungsgrad hat, beginnen die Hörer, Sprach- und Musikinhalte über eine Reihe von internetfähigen Geräten wie Computer, Handys und Tablets abzurufen. Die Grenzen zwischen Radio und anderen Audiomedienanbietern verschwimmen immer mehr, da viele Medienanbieter, die kein Radioprogramm senden, Audiomaterial in Form von Podcasts anbieten. Dazu gehören sowohl Zeitungen und Zeitschriften als auch unabhängige Podcast-Ersteller. Die BBC hat den Radio-iPlayer als speziellen Zugang zum Live-Radio sowie zum "Wiederhören" geschaffen und verfügt über einen umfangreichen Backkatalog von Sendungen.

Mit einer wöchentlichen Gesamtreichweite von 59 Prozent sind die beliebtesten landesweiten BBC-Sender "BBC Radio 2" (28 Prozent), der reine Sprachkanal "BBC Radio 4" (21 Prozent) und der auf ein jüngeres Publikum ausgerichtete Musiksender "Radio 1" (18 Prozent). Die regionalen BBC-Dienste sind auch in den einzelnen Ländern des Vereinigten Königreichs beliebt: "BBC Ulster" (36 Prozent), "BBC Scotland" (18 Prozent) und "BBC Wales" (13 Prozent). Vier Sender dominieren den nationalen kommerziellen Markt: "Heart" (17 Prozent), "Capital" (15 Prozent), "Smooth" (10 Prozent) und "Kiss" (10 Prozent).

Wirtschaftlich betrachtet ist der Radiosektor bis Ende der 2010er-Jahre sogar leicht gewachsen. Die Einnahmen des kommerziellen Radios stiegen auf 526 Millionen Pfund, die Ausgaben der BBC beliefen sich 2017 etwa auf 707 Millionen Pfund, die des Community-Radios hingegen auf 0,6 Millionen Pfund und der Anteil des Radios an den gesamten Werbeausgaben blieb bei 3 Prozent. Auf dem kommerziellen Lokalradiomarkt herrscht ein relativ hoher Konzentrationsgrad. Auf zwei Unternehmen, Global Radio und Bauer Radio, entfallen knapp 40 Prozent der Lizenzen, während fünf Gruppen (Global und Bauer, Celador, UKRD Group und UTV Radio) zusammen 168 Sender betreiben - 58 Prozent der Gesamtzahl. Mit 70 bzw. 42 Lizenzen halten Global und Bauer gemessen an den Hörerstunden zusammen fast 35 Prozent des Radiomarktes.

Fernsehen

Auch das lineare Fernsehen bleibt in Großbritannien beliebt – so ist die Zahl der Fernsehzuschauer weiterhin hoch. 91 Prozent der Bevölkerung sehen mindestens einmal pro Woche fern. Dennoch befindet sich der britische Fernsehsektor in einem tiefgreifenden Wandel, der auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen ist. Hierunter fällt die Umstellung vom analogen auf das digitale terrestrische Fernsehen im Jahr 2012, was bedeutet, dass alle Haushalte Mehrkanalfernsehen empfangen können. Ein weiterer Faktor ist die Vervielfältigung der Wege, über die Haushalte lineare Fernsehsendungen empfangen können - terrestrisch, über Satellit, Kabel usw. Zuletzt, der entscheidendste Faktor: die rasch zunehmende Verlagerung der Sehgewohnheiten weg vom linearen hin zum nichtlinearen Fernsehen durch Catch-up, Video-on-Demand und Streaming-Dienste wie BBC iPlayer, Youtube, Netflix und Amazon Prime, die über verschiedene Geräte wie Mobiltelefone, Tablets und Laptops abgerufen werden können.

Trotz der größeren Programmauswahl ziehen die wichtigsten öffentlich-rechtlichen Sender (BBC One, BBC Two, ITV/STV/UTV, Channel 4 und Channel 5) weiterhin knapp die Hälfte der gesamten Fernsehzuschauer an. Die BBC ist die erfolgreichste öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Europas mit einer wöchentlichen Reichweite für Nachrichten über TV und Radio von 67 Prozent. Inhalte und die Art des Zugangs zum Fernsehen haben sich nicht nur in Großbritannien in der vergangenen Dekade stark verändert. Dementsprechend ist auch der Fernsehkonsum mittlerweile von 242 Minuten im Jahr 2010 auf 187 Minuten im Jahr 2021 gesunken.

Die Verfügbarkeit von Catch-up-, On-Demand- und Abonnement-Programmen führt zu einem raschen Wandel hin zum nicht-linearen Fernsehen. Die Zuschauer können nun entscheiden, was sie sehen wollen, wann sie es sehen wollen und auf welchem Gerät. Derartige Dienste haben sich aufgrund der steigenden Zahl von Haushalten mit internetfähigen Fernsehern (Smart-TVs), die bereits mit einer Reihe von kostenlosen und abonnierten Abrufdiensten ausgestattet sind, durchgesetzt. Bereits im Jahr 2017 verfügten 39 Mio. Haushalte über Smart-TVs. Die Verbreitung anderer internetfähiger Geräte führt auch dazu, dass die Zuschauer über mobile Geräte und Computer auf Abrufdienste zugreifen.

Die größten Medienkonzerne in Großbritannien

BBC
Die 1927 gegründete British Broadcasting Corporation ist die größte einzelne Rundfunkanstalt der Welt. Innerhalb Großbritanniens produziert die BBC ein ausschließlich gebührenfinanziertes Radio- und Fernsehprogramm, das seine Zuschauer" informieren, bilden und unterhalten" soll. Im Ausland erwirtschaftet der kommerziell agierende Arm BBC Worldwide durch das Betreiben von Fernsehsendern, der Lizenzierung von Fernsehformaten und der Veröffentlichung von Büchern zusätzliche Erträge, die an die Anstalt zurückgeführt werden und die Gebührenzahler entlasten sollen. Im Onlinebereich betreibt die BBC mit ihrer Homepage einer der reichweitenstärksten Internetseiten Europas.

ITV
ITV plc ist ein britisches Medienunternehmen und bildet mit dem ITV Network (Channel 3) das älteste und größte kommerzielle terrestrische Fernsehprogramm im Vereinigten Königreich. Zum Portfolio des Konzerns gehören diverse TV-Sender, Produktionsfirmen und Online-Portale. ITV plc ist seit der Verschmelzung der Konzerne Granada und Carlton in nur noch zwei Geschäftsfelder (Broadcast & Online, ITV Studios) aufgeteilt und dominiert unangefochten den britischen Free-TV-Markt. Nach dem ITV Digital-Debakel 2002 sieht sich der Konzern aus gutem Grunde nicht mehr selbst als Pay-TV-Betreiber, sondern operiert über die am Markt etablierten Anbietern, darunter Sky Ltd. und Kabelgesellschaften wie Telewest/NTL (Virgin Media).

Über ITV Broadcasting Ltd hält ITV plc 13 der insgesamt 15 ITV-Netzlizenzen, während die schottische STV Group (Scottish Media Group) zwei ITV-Lizenzen in Schottland hält. Damit beherrscht ITV plc de facto mit England und Wales den wichtigsten Teil des britischen Free-TV-Marktes: Die verbleibenden ITV-Lizenzgebiete Schottland (Grampian TV, Scottish TV), Nordirland (Ulster TV) und Kanalinseln (Channel TV) sind nach Größe und Werbeeinnahmen klar nachrangig. ITV plc ist zudem mit 16,9 Prozent an der Scottish Media Group, die die ITV-Lizenzen für Schottland hält, beteiligt.

Sky/21st Century Fox/News Corp.
Neben diversen britischen Tageszeitungen (darunter auch "The Sun" und "The London Times") ist das Herzstück von Rupert Murdochs Engagement in Großbritannien der Pay-TV-Sender "Sky", dessen komplette Übernahme (News Corp. hält nur 39 Prozent) wegen des Abhörskandals auf Eis gelegt wurde. Enorme Bedeutung haben für Sky die Übertragungsrechte an der britischen Premier League, die das Unternehmen seit Jahren hält.
Im Mai 2014 spaltete Murdoch das europäische Pay-TV-Segment von 21st Century Fox ab. Sky übernahm die Fox-Anteile an Sky Deutschland (geschätzer Wert: rund drei Milliarden Euro) und Sky Italia (hundert Prozent, fünf Milliarden). Auf diese Weise avancierte die britische Sky-Gruppe zu einem pan-europäischen Pay-TV-Riesen, während sich Fox ganz auf die Produktion von TV- und Filminhalten konzentrieren kann. Die EU-Kommission gab der Übernahme im September 2014 grünes Licht.

Ende 2017 bestätigte die Walt Disney Company den Plan einer Übernahme des Murdoch gehörenden Konkurrenzstudios 21st Century Fox (bzw. eines Großteils davon; es ging um das Filmstudio 20th Century Fox, und Pay TV-Sender wie FX Networks, Fox Sport Networks, National Geographic Partners), für zunächst 52,4 Milliarden Dollar. Im Sommer 2018 allerdings stieg Comcast ein und erhöhte das Kaufangebot auf 65 Milliarden. Disney ging noch höher, bot jetzt 71,3 Milliarden, Comcast zog sich zurück, Disney bekam den Zuschlag. Mitte 2019 war der Prozess dann abgeschlossen und aus den nicht an Disney verkauften Teilen der 21st Century Fox (das Fox-Network, die Fox-Fernsehstationen, Fox News, Fox Sports) wurde die Fox Corporation (oder „New Fox”), die weiterhin von der Murdoch-Familie kontrolliert wird.

Reed Elsevier
Wissenschaftliche Zeitschriften, Datenbanken, Fachblätter - seit mehr als hundert Jahren ist der Zugang zu Informationen ein einträgliches Geschäft für das britische Medienunternehmen Reed Elsevier. Zwei Extreme treffen im Portfolio von Reed Elsevier, weltweit einer der größten Fachverlage, aufeinander: Führende Wissenschaftspublikationen, vor allem in den Bereichen Medizin und Jura, stehen neben der Organisation von den internationalen Fernsehprogramm-Messen MIP-TV und MIPCOM in Cannes.

Pearson
Der britische Medienkonzern Pearson hat sich auf die Veröffentlichung von Wirtschaftspublikationen, Sachbücher und Bildungsangeboten spezialisiert. Zum Portfolio gehören unter anderem die Zeitungen "Financial Times", das Wochenmagazin "The Economist" sowie diverse Schulbuch-Verlage.

Daily Mail & General Trust

Daily Mail and General Trust (DMGT) ist ein britisches multinationales Medienunternehmen. Der 4. Viscount Rothermere ist der Vorsitzende und Hauptaktionär des Unternehmens. Der Hauptsitz befindet sich im Northcliffe House in Kensington, London. Im Januar 2022 wurde DMGT von der Londoner Börse genommen, nachdem Rothermere Continuation Limited ein erfolgreiches Angebot für DMGT abgegeben hatte.

Das britische Medienhaus ist auf den Feldern nationaler und regionaler Zeitungen, Internet und Radio aktiv, bemüht sich aber schon seit Jahren erfolgreich darum, vom klassischen Geschäftsfeld der Presse unabhängiger zu werden. Am meisten tragen inzwischen Business-to-Business-Sparten wie DMG Information und Euromoney zum Gewinn bei.

Obwohl DMGT international operiert, sind die wichtigsten Geschäftseinheiten in Großbritannien angesiedelt. Zugpferd des Konzerns ist die zweitstärkste Tageszeitung des Landes, das erstmals 1896 publizierte Tabloid "Daily Mail". Durch den Verkauf der Mehrheit des "Evening Standard" an den russischen Milliardär Alexander Lebedew, den "Sieg" im Londoner Gratiszeitungskrieg gegen Rupert Murdoch und die folgende Einstellung auch des eigenen Gratistitels "London Lite" sorgte DMGT wiederholt für Aufsehen.

Tab. I: Die meistbesuchten Internetseiten in Großbritannien, November 2022

Rang

Internetseite

Beschreibung

Mutterkonzern

1.

Google.com

Suchmaschine

Alphabet Inc.

2.

YouTube.com

Videoportal

Alphabet Inc.

3.

Facebook.com

Soziales Netzwerk

Meta Platforms, Inc.

4.

bbc.co.uk

Rundfunk

BBC

5.

Amazon.com

E-Commerce

Amazon.com, Inc.

6.

Twitter.com

Soziales Netzwerk

Twitter Inc.

7.

Google.co.uk

Suchmaschine

Alphabet Inc.

8.

Wikipedia.org

Enzyklopädie

Wikimedia Foundation

9.

Ebay.co.uk

E-Commerce

Ebay Inc.

10.

Live.com

Webmail-Service

Microsoft Corporation

Quelle: Similarweb.com

Regulierung*

Alle TV-Sender unterliegen der sogenannten regulierten Selbstregulierung unter Aufsicht des zentralen "Office for Communications" (Ofcom), das Sendelizenzen und den Mobilfunkmarkt kontrolliert. Außerdem befasst sich das Ofcom mit programmbezogenen Beschwerden und wettbewerbsrechtlichen Verstößen. In einzelnen Fällen und "im Interesse der Öffentlichkeit" (public interest test) beurteilt es Fusionen und Übernahmen.

Am Umsatz gemessen waren 2021 zwei der fünfzig größten Medienkonzerne der Welt aus Großbritannien: die RELX Group (Platz 29) sowie die BBC (Platz 37). 2014 waren mit Reed Elsevier (Platz 18), Pearson (22), BBC (23) und ITV (41) noch vier britische Medienkonzerne unter den Top 50 vertreten. Die Übernahme der Finanz- und Nachrichtenagentur Reuters durch den kanadischen Konzern Thomson sowie die Fusion der Konzerne Granada und Carlton zu ITV plc im Jahr 2004 illustrieren die vor zwei Dekaden begonnene Konzentration im Mediensektor. Sie ist durch die Abschaffung der meisten Übernahmebeschränkungen im "Communications Act" von 2003 beschleunigt worden: Investoren - auch ausländische - dürfen unbegrenzt viele Medien kaufen, Überkreuzungsbeteilligungen verschiedener Mediengattungen sind bis auf wenige Ausnahmen erlaubt.

In einer bemerkenswert kritischen Rede kurz vor seinem Rücktritt hat Premierminister Tony Blair die Medien als "wildgewordenes Tier" beschrieben, die ihrer öffentlichen Verantwortung nicht mehr gerecht würden - bloß um im Wettbewerb zu bestehen. Blair kritisierte eine zu geringe Selbstregulierung der Presse und forderte schärfere Regeln.
Über die Kritik and den Medien hat Blair auch eigene Fehler im Umgang mit Journalisten eingeräumt. Er selbst hatte stets auf den richtigen Dreh ("Spin") seiner Regierungsgeschäfte in den Medien geachtet: In den ersten Jahren seiner Amtszeit (1997-2007) vermochte er die Nachrichtenlage mithilfe von Kommunikationsdirector ("Spin Doctor") Alistair Campbell (zuvor Politikchef der Boulevardzeitung "Daily Mirror") zu kontrollieren, beispielsweise in Form der Nation-Branding-Kampagne "Cool Britannia". Nach dem 11. September 2001 und dem späteren Kriegseinsatz im Irak schlitterte Blair allerdings in eine Vertrauenskrise, als er an der Seite der US-Amerikaner die Bedrohung durch angeblich irakische  Massenvernichtungswaffen beschwor. Die Frage "Hat Blair die Medien belogen?" dominierte die Nachrichten. Das Problem gipfelte 2003 in der sogenannten "Kelly-Affäre", die Anfang 2014 zum Rücktritt der BBC-Spitze führte und an Blair haften blieb.

Eine Kritik an der Selbstregulierung der Presse äußerte 2007 auch Alan Rusbridger, Chefredakteur der linksliberal Tageszeitung "The Guardian". Die PCC sei ein "schwacher Schlichter", der seiner Aufgabe nicht ausreichend gerecht wird". Tatsächlich kam es in den letzten Jahren immer wieder zu verheerenden Skandalen, etwa um die gefälschten Folterbilder britischer Soldaten im Irak, die 2004 im "Daily Mirror" erschienen und zum Rücktritt von Chefredakteur Piers Morgan führten. Clive Goodman, royal editor von "The News of the World", wurde im Januar 2007 zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt, weil er unter anderem das Mobiltelefon von Prinz Charles abgehört hatte - der Stein des Anstoßes für den "Abhör-Skandal", der 2011 flächendeckende illegale Praktiken bei den britischen Boulevardzeitungen (insbesondere bei den Murdoch-Blättern) offen legte. Die "News of the World" engagierte seit 1998 Privatdetektive, die sich in die Mobiltelefone von britischen Prominenten einhackten, sowie bestach systematisch Polizeibeamte, um an  vertrauliche Informationen zu gelangen. Die Mehrheit der rund 550 Opfer der Abhöraktionen einigten sich außergerichtlich mit News International gegen die Zahlungen hoher Summen (insgesamt zahlte News Corp. über eine Milliarde an Schadensersatz). Im Juli 2011 kam zudem heraus, dass die "News of the World" sich 2002 in das Mobiltelefon des vermissten und später ermordeten Teenagers Milly Dowler und ihrer Familie hackte und so die Polizeiermittlungen systematisch behinderte. Zudem wurden über 25 Journalisten beim Schwester-Blatt "The Sun" vorrübergehend wegen Bestechung verhaftet. Aufgrund des enormen öffentlichen Drucks entschlossen sich Murdoch und Sohn James zu einem radikalen Schritt. Sie stellten die 150 Jahre alte Zeitung ein. Im Sommer 2013 wiurde News Corp. zudem in zwei Unternehmen aufgespalten: einen Print- und Bildungsarm sowie ein Film- und Fernsehkonzern. Trotz negativer Publicity muss das Handling des Skandals durch Murdoch als Erfolg gewertet werden: die Anwälte konnten im Prozess 2014 das Bild aufrechterhalten, die News Corp.-Führungskräfte hätte trotz gigantischen Ausmaß der illegalen Aktivitäten von alledem nichts gewusst. Einzig der ehemalige stellvertretende Chefredakteur und spätere Sprecher von Premierminister David Cameron, Andy Coulson, wurde schuldig gesprochen. Frei gesprochen wurde hingegen Chefredakteurin und Murdoch-Intimus Rebekah Brooks.

Als Folge des Murdoch-Skandals wurde die Leveson Inquiry ins Leben gerufen, eine nach Richter Brian Leveson benannter Untersuchungsausschuss, der sich mit den ethischen Praktiken und moralischen Dimensionen im britischen Journalismus befasste. Zentrale Erkenntnis von Leveson war das die PCC als Institution zum Schutz von Individuen vor der Presse nicht ausreichte und künftig größere Anstrengungen unternommen werden müsste, um die Privatsphäre der britischen Bürger vor den Medien zu schützen. Leveson schlug vor eine neue unabhängige Behörde zur Selbstregulierung der Presse zu gründen, die die Macht hätte, bei besonders drastischen Verfehlungen der Presse Geldstrafen zu verhängen, bzw. einzelne Titel zu zwingen, Gegendarstellungen abzudrucken. Die Reaktionen auf Seiten der Torys und Vertretern der Zeitungen auf die Empfehlungen fielen ablehnend aus. Premierminister David Cameron sprach davon, dass die neuen Instrumente schwer umzusetzen seien und die Pressefreiheit womöglich beschneiden könnten.

*Bei diesen Kapiteln handelt es sich um eine leicht modifizierte Versionen des Beitrags "Großbritannien" von Peter Littger aus dem vom IfM und Lutz Hachmeister herausgegebenen Band "Grundlagen der Medienpolitik: Ein Handbuch" (2008), 136-142.

Quellen/Literatur

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