Länderporträt Griechenland

Der griechische Mediensektor ist gekennzeichnet durch einen hohen Grad an Marktkonzentration und einen wettbewerbsschwachen öffentlich-rechtlichen Rundfunksektor. Der im internationalen Vergleich hohe Grad an Konzentration ist zum einen in den breitgefächerten und branchenübergreifenden Besitz- und Aktivitätsprofilen der führenden Konzerne begründet. Zum anderen sind es die zahlreichen Verquickungen der Unternehmen untereinander, nicht selten auch in Form von weitgespannten familiären Netzwerken und Eigentümerstrukturen.

Als „Dreieck der Sünde“ hatte Alexis Tsipras, seinerzeit linker Oppositionsführer und Vorsitzender der Partei Syriza sowie späterer Ministerpräsident Griechenlands, das Interessen- und Einflussgeflecht zwischen griechischer Politik, Wirtschaft und Medien einst bezeichnet. Ein typisches Merkmal dieses Geflechts waren bislang die vielen Medienunternehmen, die bereits vor dem Ausbruch der Staatsschuldenkrise trotz hoher Verluste von ihren Eigentümern, teils mittels großzügig gewährter Kredite, künstlich am Leben gehalten wurden. Denn viele der Medienbesitzer waren gleichzeitig in anderen Sektoren der griechischen Wirtschaft aktiv und betrieben ihr Medienengagement primär aus Gründen der politischen und wirtschaftlichen Einflussnahme. Regierungsgefällige Berichterstattung seitens der meistens in Familienbesitz befindlichen Medien sorgte in nicht seltenen Fällen zu einer kontinuierlichen Vergabe von Staatsaufträgen und öffentlichen Darlehen an die eigenen Bau- oder Handelsunternehmen.

Die medienunternehmerischen Anreize, die dieses System der gegenseitigen Abhängigkeit schuf, führte gepaart mit einer nur halbherzig nachgegangenen Regulierungspolitik u.a. zu einer inflationär hohen Mediendichte in Griechenland. Noch 2009, am Vorabend der Krise, gab es 13 börsennotierte Medienunternehmen, 39 Tages- und 23 Wochenendzeitungen, 14 Wochentitel, 10 landesweit ausstrahlende TV-Sender und Hunderte von Radiosendern; das Ganze bei einer Gesamteinwohnerzahl von etwa 11 Millionen.
 
Die seit 2010 fortlaufende Staatsschuldenkrise offenbart derweil die Missstände des griechischen Mediensystems in dramatischer Weise. Die griechische Medienbranche zählt zu den durch die Haushaltskrise am stärksten gebeutelten heimischen Wirtschaftssektoren. 2012 standen die griechischen Medien dem Kollaps nahe. Das Gesamtschuldenvolumen der 18 größten Athener Medienunternehmen wurde nach einer Studie der Nachrichtenagentur Reuters auf über zwei Milliarden Euro beziffert. Die Umsätze und Werbeeinnahmen der Medienkonzerne befinden sich seit Ausbruch der Krise im freien Fall. So lagen die Werbeerlöse 2020 bei etwa 1,2 Milliarden Euro, wohingegen es 2010 noch 1,9 Milliarden Euro gewesen sind. Die Gesamtumsätze der Webeagenturen erreichten in den 2010er-Jahre zeitweise gar Tiefstände von unter 1 Mrd. Euro, konnten sich mittlerweile jedoch etwas stabilisieren (etwa 1,1 Mrd. Euro im Jahr 2020). Das Niveau vor der Krise (2008: 1,5 Mrd. Euro) konnten sie bisher jedoch nicht mehr erreichen.

Viele Zeitungstitel und der Betrieb von Fernsehstationen mussten bereits eingestellt werden, darunter auch Traditionszeitungen wie die links gerichtete „Eleftherotypia“ oder die konservative „Apogevmatini“, die 2014 ihr Ende fanden. Der Fernsehsender „Alter“ musste im August 2011 eingestellt werden, nachdem bereits 2010 Umsatzeinbrüche von 30 Prozent und eine Gesamtverschuldung von 350 Millionen Euro verzeichnet wurden. Der Eigentümer von Alter-TV und Vorsitzende der Real Media S.A., Andreas Kouris, wurde Anfang 2013 zudem zu einer Strafe von vier Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt, wegen unbezahlter Sozialabgaben in Höhe von 9,7 Millionen Euro für Mitarbeiter des TV-Senders. Tausende Journalisten haben seit Ausbruch der Krise bereits ihren Arbeitsplatz verloren. Das Ausbleiben von Gehaltszahlungen und Gehaltskürzungen von bis zu 40 Prozent gehören seit Jahren zum Arbeitsalltag von Journalisten und Reportern in Griechenland.

Basisdaten

Einwohner: 10,72 Mio. (2020)
Religionen: Griechisch-orthodox (offiziell) 98%, Muslimisch 1.3%, Andere 0.7%
Größte Städte: Athen (3,17 Mio), Thessaloniki (0,81 Mio)
Regierungsform: Parlamentarische Republik, 13 Regionen, eine autonome Mönchsrepublik (Athos)
Staatspräsidentin: Katerina Sakellaropoulou (seit 2020)
Regierungschef: Premierminister Kyriakos Mitsotakis (seit 2019)
EU-Mitglied seit: 1981
Arbeitslosenrate: 12,8% (Januar 2022)
Staatsverschuldung: 363,7 Milliarden Euro (2021)
Haushaltssaldo in Relation zum BIP: 2021: -8,8% 2011: -9,1%; 2009: -15,4%;
Anteil am globalen BIP: 0,24% (2021)

Werbeerlöse insgesamt (in Euro): 2020: 1,2 Mrd. Euro; 2011: 1,6 Mrd. Euro; 2010: 1,9 Mrd. Euro
Fernseh-Dauer pro Einwohner: 250 Minuten (2021)
Größte Medien- und Telekommunikationskonzerne: Antenna Group SA, Alter Ego Media S.A., 24Media, Skai Group, Alpha Media Group, Teletypos SA

Historische Grundlagen

Das Entstehen der griechischen Presse lässt sich auf das 18. Jahrhundert datieren als griechischsprachige Titel in Westeuropa zur Unterstützung nationaler Unabhängigkeitsbewegungen im osmanisch beherrschten Griechenland herausgegeben wurden. Nach der griechischen Staatsgründung im 19. Jahrhundert bis hin zum Sturz der Militärdiktatur im Jahr 1974 galt das Verlagswesen als rückständig, was insbesondere durch die autoritären und antidemokratischen Strukturen zu erklären war. Die Anfänge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lassen sich auf das Jahr 1936 und der hier erfolgten Gründung des ersten staatlichen Radiosenders datieren. Mitte der 1960er-Jahre wurde der erste staatliche Fernsehsenders EIRT (Ethniko Idryma Rdaiofonias Tileorassesos) ins Leben gerufen.

Mit der Einführung des privaten Rundfunks - Ende 1987 - wandelte sich die griechische Medienlandschaft immens. Wirtschaftliche Interessen gewannen verstärkt an Einfluss und die wirtschaftliche Lage der Medienunternehmen verbesserte sich deutlich. Allerdings wirkten sich die engen Verflechtungen von Verlagen und politischen Parteien stark auf die redaktionelle Arbeit aus. Daher lässt sich eine starke Parteiorientierung erkennen, die sich insbesondere auch in der regionalen Presse zeigt. Darüber hinaus begünstigten die Strukturveränderungen die Herausbildung großer Medienunternehmen, wie der heute international agierenden Konzern Antenna Group, oder der Lambrakis Press Group, die 2019 von Alter Ego Media SA übernommen wurde.

Trotz jahrzehntelanger infrastruktureller Defizite ist die Nutzung von Internet- und Digitaldiensten seitens der griechischen Bevölkerung gestiegen. Diese Entwicklung ist auf weitreichende staatliche Bemühungen und Maßnahmen zurückzuführen, wie die „Förderung der Informations- und Kommunikationstechnologien“, die seit dem Jahr 2005 mehrere Strategien zur Breitbandnutzung umfasst. Angestoßen wurde diese „Nationale digitale Strategie 2006-2013“ durch die Europäische Kommission, welche wiederum auch 2008 in ihrem Jahresbericht in Griechenland ein erhebliches Defizit auf dem Weg zur Informationsgesellschaft attestierte. Mittlerweile verfügt Griechenland im ganzen Land über ein ausgedehntes Glasfasernetz.

Zeitung

Im Zuge der Digitalisierung stehen nahezu alle zuvor etablierten Medien in Griechenland vor großen Herausforderungen, wobei die Printmedien am stärksten betroffen sind. Auch wenn der Rückgang der Presse in Bezug auf Umsatz, Leserschaft und Werbeeinnahmen als ein weltweites Phänomen bezeichnet werden kann, befindet sich die griechische Presse bereits seit Mitte der 1990er-Jahre in einer Dauerkrise. Die Anzahl der täglichen Zeitungsleser ist seitdem rückläufig, der Gesamtumsatz des überregionalen Zeitungssektors ist über 15 Prozent zurückgegangen, die größten Verluste haben hier die Tageszeitungen zu verzeichnen. Nachdem viele Zeitungen durch staatliche Subventionen noch Jahre am Leben erhalten werden konnten, scheint der politische Wille, den Zeitungen aus der Krise zu helfen, spätestens mit dem Ausbruch der Staatsschuldenkrise 2010 erloschen zu sein. Viele traditionelle Zeitungen mussten in den vergangenen 10 Jahren bereits eingestellt werden, etwa die bekannte, einst in Athen erschienene Tageszeitung Eleftherotypia. Sie war eine der auflagenstärksten Zeitungen des Landes.

Im Juni 2017 geriet der finanziell angeschlagene Traditionsverlag Dimosiografikos Organismos Lambraki (DOL) nach einer öffentlichen Versteigerung unter die Kontrolle des Redereibesitzers Evangelos Marinakis. Überdies kaufte der russisch-griechische Unternehmer Ivan Savidis nach einer weiteren öffentlichen Versteigerung die bankrotte Pegasus-Gruppe. Über 24Media verlegt er die bekannte Zeitung Ethnos, die als Tages- (Ethnos) und Wochenausgabe am Sonntag (Ethnos tis Kiriakis) erscheint. Zusätzlich wird die Imerisia als Beilage zur Tagesausgabe der Ethnos herausgegeben. Die liberale Zeitung Fileleftheros wird als Tages- und Sonntagsausgabe von der Phileleftheros Publishing Group herausgegeben.

Die Zeitungsleserschaft in Griechenland wird gerade einmal auf 5 Prozent tägliche Abo-Konsumenten beziffert. Wegweisend ist hierfür der Markteintritt neuer privater Fernseh- und Radiosender in den frühen 1990er-Jahren sowie das Aufkommen kostenloser Tageszeitungen und des Internets zu Beginn der 2000er-Jahre. Dennoch verfügt Griechenland auch heute noch über einen ausgeprägten Pressemarkt. 2020 gibt es in Griechenland etwa 280 lokale, regionale und überregionale Tageszeitungen. 2016 gab es im Land 15 überregionale Tageszeitungen (darunter TA NEA, Kathimerini, Efirmerda Syntakton, Dimokratia, Espresso, Ethnos, Eleftheros Typos, Avgi, Rizospastis ), 11 überregionale Sporttageszeitungen (darunter Sportday, Goal News, Fos ton Sport ), vier überregionale Wirtschaftszeitungen (darunter Imerisia und Naftemporiki), 16 überregionale Sonntagszeitungen (darunter Proto Thema, To Vima, Real News, Katimerini tis Kyriakis, Ethnos tis Kyriakis, Eleftheros Typos tis Kyriakis, Dimokratia tis Kyriakis, Documento und Avgi tis Kyriakis) sowie 10 nationale Wochenzeitungen (darunter Parapolitika und Sto Karfi).  

In einem Land, in dem 40 Prozent der Bevölkerung in der Umgebung von Athen leben, ist es nicht verwunderlich, dass die Athener Presse den nationalen Markt dominiert. Mehr als die Hälfte der Tageszeitungsauflage wird in Athen verzeichnet. In den übrigen Regionen Griechenlands verzeichnet die Athener Presse zudem die Hälfte ihrer Verkäufe. Nur wenige Regionen bevorzugen ihre Lokalzeitung und selbst dann ist diese dort meist nur zweite Wahl. Eine weitere Besonderheit des griechischen Pressemarkts ist die starke Sonntagspresse, die ebenso hauptsächlich aus Athen stammt, da nahezu alle Tageszeitungen auch eine Sonntagsausgabe haben. Die meisten Sonntagszeitungen bieten eine Beilage an oder haben ihre Seitenzahl erhöht, um dem Interesse einer breiteren, insbesondere jüngeren Leserschaft, gerecht zu werden. 

Andererseits hat die griechische Presse bereits umfassende Versuche gestartet, mit diesen neuen Bedingungen fertig zu werden. Viele Titel wurden neugestaltet oder in Gänze neu veröffentlicht. Um den Umsatz zu steigern, bieten die meisten Athener Zeitungen Zusatzdienste wie Bücher und Gutscheine für Reisen, Wohnungen und andere Konsumgüter an. Obwohl diese Marketing- und Vertriebsbemühungen effektiv waren und den Umsatzrückgang insbesondere der Tagespresse etwas stoppten, zwangen sie die Verlage, ihre ursprünglichen Angebote zu überdenken, da der Verkauf redaktioneller Inhalte ohne zugehörige Angebote und Produkte schwierig geworden ist.

Nach einer Statistik aus dem Jahr 2020 liegen die überregionalen Zeitungen bezogen auf die Auflage bei den Sonntagszeitungen mit etwa 60 Prozent des Jahresumsatzes an der Spitze. Abend- und Wochenzeitungen teilen sich den zweiten Platz (12 Prozent), gefolgt von Sportzeitungen (7 Prozent), Tages- (16 Prozent) und Wirtschaftszeitungen (0,4 Prozent).

Tab. I: Die zehn größten Tageszeitungen Griechenlands 2019

Rang

Zeitung

Auflage

Reichweite

Herausgeber

1.

Ta Nea

50.000 – 100.000

überregional

Alter Ego Media S.A.

2.

Kathimerini

50.000 – 100.000

überregional

Kathimerini A.E.

3.

To Vima

25.000 – 50.000

überregional

Alter Ego Media S.A.

4.

Naftemporiki

25.000 – 50.000

lokal/ regional

H Naftemporiki

5.

Ethnos

25.000 – 50.000

überregional

24Media

6.

Eleftherotypia

25.000 – 50.000

überregional

Tegopoulos

7.

Dimokratiki

10.000 – 25.000

lokal/ regional

Dimokratiki Media

8.

Espresso

10.000 – 25.000

überregional

Espresso Media

9.

Reporter

< 10.000

lokal/ regional

Premium Media

10.

Rizospastis

< 10.000

überregional

Communist Party of Greece (KKE)

Quelle: 4imn.com

Rundfunk

Radio

Das Radio ging in Griechenland 1926 an den Start. Mit Porto Programma (Erstes Programm) ging 1939 der erste öffentliche griechische Radiosender auf Sendung. Heute ist das Radio in Griechenland nach wie vor eine wichtige Informations- und Unterhaltungsquelle für die griechische Bevölkerung. Dass sie das Medium mit dem meisten Vertrauen in Griechenland darstellt, zeigen auch die Komsumzahlen – täglich hören die Griechen im Schnitt etwa 3 Stunden Radio. Dementsprechend groß ist das Spektrum an Radiosendern – insgesamt sind es über 1000, wobei die meisten von ihnen in privatem Besitz sind und auf lokal bzw. regional senden (in einer der 52 Verwaltungsregionen). Dies ist darauf zurückzuführen, dass nur der staatliche Rundfunk eine Genehmigung für landesweite Ausstrahlungen hat. Die wichtigsten privaten Radiosender befinden sich in Athen (56 in der Präfektur Attika) und in Thessaloniki. Die meisten Privatsender sind nicht offiziell lizenziert, gelten aber als lizenzberechtigt.

Der erste nicht-piratische private Radiosender war Athena 9.84 FM, der 1987 auf Sendung ging und von der Stadtverwaltung Athen ausgestrahlt wurde. Heute ist festzustellen, dass der kommunale Rundfunk mit einigen Ausnahmen allmählich den privaten Sendern Platz gemacht hat. Im Jahr 2017 gingen in Athen zwei neue Radiosender auf Sendung, ein anderer wurde stillgelegt. Bei den neuen Sendern handelt es sich um Thema Radio, das zur Wochenzeitung Protothema gehört, und um 247radio, das zum aufsteigenden griechischen Medienkonzern 24Media gehört. Vima FM, stellte nach dem Verkauf von DOL 2017, zum Jahresende den Betrieb ein.

Auf dem privaten Radiosektor gehören die Nachrichtensender Real FM und SKAI 100.3 FM sowie die Musiksender Melodia FM, Rythmos FM, Athens Dee Jay, Red und Easy 102.2 zu den meistgehörten Sendern in Athen. In den letzten Jahren haben die Hörerzahlen der Sportradiosender (Sport FM, Sport 24) zugenommen, und auch die Zahl der Webradiosender ist aufgrund der Etablierung des Internets in Griechenland gestiegen. Dementsprechend verfügen die meisten UKW-Radiosender heute auch über eine Webversion.

Was den öffentlichen Rundfunk betrifft, so hat die wiederbelebte öffentliche Rundfunkanstalt Hellenic Broadcasting Corporation S.A. (ERT S.A.) im Juni 2015 den Sendebetrieb wieder aufgenommen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass ERT von der damligen konservativ geführten Koalitionsregierung im Juni 2013 geschlossen und durch eine kleinere Organisation, NERIT, ersetzt wurde. Heute sind über den öffentlich-rechtlichen Sektor insgesamt sieben Sender in Betrieb: Das erste, zweite und dritte Radioprogramm, ERA Sports sowie Kosmos. Hinzu kommt Voice of Greece, das sich an ein internationales Publikum, insbesondere an die griechische Diaspora, richtet. ERT betreibt außerdem 21 lokale bzw. regionale Sender in ganz Griechenland.

Fernsehen

Das Fernsehen in Griechenland nahm seinen Betrieb erstmals 1960 mit experimentellen Sendungen auf, das reguläre Programm startete 1966. Heute könnte gesagt werden, dass die griechische Medienlandschaft vom Fernsehen im Allgemeinen und vom Privatfernsehen im Besonderen dominiert wird. Seit Anbeginn ihrer Einführung 1989, dominieren private Fernsehsender die griechische Fernsehlandschaft, welche heute aus 120 terrestrischen Fernsehsendern besteht, von denen die meisten auf regionaler und lokaler Ebene ausgestrahlt werden. Demgegenüber stehen acht Kanäle, die auf nationaler Ebene ausgestrahlt werden. Andererseits wurde die Geschichte des griechischen Rundfunks oft mit dem Hellenic Radio and Television (ERT) gleichgesetzt. Dennoch war das Aufkommen privater Fernsehsender für die öffentlich-rechtlichen Sender katastrophal. ERT ist in Bezug auf Einschaltquoten und Werbeeinnahmen stark zurückgegangen. Tatsächlich erlebten die drei Kanäle von ERT seit dem Start privater Fernsehkanäle Ende 1989 eine stetige Erosion des Marktanteils. Finanziert werden die Kanäle von ERT zu 95 Prozent aus den Lizenzgebühren, der Rest aus Werbung.

Im Juni 2013 beschloss die damals von den Konservativen geführte Regierung in einem beispiellosen Vorgang, das öffentlich-rechtliche Rundfunk über Nacht zu schließen. Die Radiosender des griechischen öffentlich-rechtlichen Senders verstummten, ihr Fernsehprogramm verschwand von den Bildschirmen. Dieses Vorgehen löste bei den Oppositionsparteien und den Gewerkschaften Entsetzen aus. Die von der SYRIZA-Partei angeführte Opposition behauptete, die Regierung habe die 2.500 Angestellten von ERT entlassen, um den internationalen Geldgebern Griechenlands zu beweisen, dass sie es ernst meinte, den aufgeblähten öffentlichen Sektor des Landes zu kürzen. Einige Monate später wurde ERT durch einen neuen öffentlich-rechtlichen Sender, NERIT (New Hellenic Radio Internet and Television), ersetzt. Die Regierung erklärte, dass der Sender (zumindest theoretisch) im Einklang mit den westlichen Partnern unabhängig sein würde. In der Praxis betrachtete die Regierung sie jedoch als ihr eigenes politisches Sprachrohr.

Im Juli 2015 wurde der ERT durch die neue, linke Regierung ERT wieder eröffnet. Dies hatten sie der Bevölkerung im Wahlkampf zuvor zugesichert. Die Regierung stellte fast alle entlassenen Mitarbeiter wieder ein. 2016 beschäftigte ERT wieder über 2.300 Mitarbeiter (davon 565 Journalisten nach Angaben der ERT-Gewerkschaft Pospert). Nach einem Jahr des neuen Vollbetriebs von ERT bleiben die Einschaltquoten des öffentlich-rechtlichen Senders niedrig (ungefähr 11 Prozent des Fernsehmarktanteils für die drei Kanäle). Einige Monate nach der Rückkehr, gab der ERT bekannt, sein Programm umfassend umstrukturieren zu wollen. Das Wohlwollen von der damaligen Syriza-geführten Koalitionsregierung gegenüber dem ERT legt nahe, dass die Radio- und Fernsehbeamten diesem linken Regierungsmodell überwiegend positiv gegenüber stehen.

2021 betrug der Fernsehkonsum in Griechenland im Schnitt etwa 250 Minuten pro Tag, wobei der öffentlich-rechtliche Sektor auch nach seiner Wiederaufnahme überschaubare Zuschauerquoten erreichte. Im Zeitraum zwischen September 2015 und August 2016 entfielen 8,3 Prozent der Fernsehzuschauer auf die Sender von ERT. Demgegenüber stand auch zu diesem Zeitpunkt die deutliche Überlegenheit der privaten Sender. Mit 15,7 Prozent führte Antenna TV die Zuschauermarktanteile an, gefolgt von 14,5 Prozent auf Alpha TV, Star (10,5 Prozent), SKAI TV (9,8 Prozent) sowie Epsilon (6,9 Prozent). Wie beim Hörfunk sind die meisten Privatsender nicht offiziell lizenziert, gelten aber als lizenzfähig.

Internet

Die Internetnutzung in Griechenland hat sich in den letzten Jahren aufgrund der attraktiven Angebote der Telekommunikationsunternehmen und den heute für viele gar unverzichtbaren sozialen Netzwerken rasant entwickelt. Im Jahr 2021 gaben 78,5 Prozent der griechischen Bevölkerung an, das Internet zu nutzen. Mehr als drei Viertel der Nichtnutzer gaben in einer Studie aus dem Jahr 2016 als Hauptgründe für die Nichtnutzung mangelndes technisches Wissen und mangelndes Interesse an. Fast alle Internetnutzer verbinden sich von zu Hause aus, während sich mehr als zwei Drittel der berufstätigen Nutzer am Arbeitsplatz mit dem Internet verbinden und zwei Drittel der Schüler es in der Schule nutzen. Die Hälfte der Nutzer gibt an, das Internet auch an anderen Orten zu nutzen, während nur ein Drittel tragbare Geräte nutzt. Eine deutliche Mehrheit der griechischen Internetnutzer (85 Prozent) betrachtet das Internet als wichtige oder sehr wichtige Informationsquelle – 69 Prozent der Nutzer gebrauchen das Internet täglich zum Nachrichtenkonsum.

Soziale Netzwerke sind in Griechenland wie in den meisten anderen europäischen Nutzerzahlen weit verbreitet. Das meistgenutzte soziale Netzwerk ist Facebook, gefolgt von Instagram. Insgesamt erfahren die Dienste von US-Medienkonzernen in Griechenland eine hohe Beliebtheit. Bei 5 der 10 meistaufgerufenen Webseiten im Jahr 2022 handelt es sich um den Dienst eines US-Medienkonzerns. Dass das Internet in Griechenland als wichtige Informationsquelle angesehen wird, zeigt sich darin, dass weitere 4 der 10 meistaufgerufenen Webseiten Nachrichtendienste sind. Bezeichnend für den schwindenden Stellenwert der Print-Medien ist hier, dass nicht etwa die Online-Pendants der großen Tageszeitungen unter den Top 10 Webseiten der Griechen anzutreffen sind, sondern teils gänzlich andere Formate. Etwa die stark frequentierte mitte-rechts Nachrichtenseite iefimerida.gr vom New Media Network Synapsis A.E.

Tab. II: Die zehn meistaufgerufenen Internetseiten in Griechenland 2022

Rang

Internetseite

Beschreibung

Mutterkonzern

1.

Google.com

Suchmaschine

Alphabet Inc.

2.

YouTube.com

Videoportal

Alphabet Inc.

3.

Facebook.com

Soziales Netzwerk

Meta Platforms, Inc.

4.

Protothema.gr

Nachrichten

Proto Thema Publications S.A.E.

5.

Skroutz.gr

E-Commerce

Skroutz SA

6.

Google.gr

Suchmaschine

Alphabet Inc.

7.

Iefimerida.gr

Nachrichten

New Media Network Synapsis A.E.

8.

Instagram.com

Soziales Netzwerk

Meta Platforms, Inc.

9.

In.gr

Nachrichten

Alter Ego Media S.A.

10.

Newsbomb.gr

Nachrichten

DPG Digital Media

Quelle: Similarweb.com

Regulierung

Das griechische Mediensystem litt bereits vor dem Ausbruch der großen Haushalts- und Staatsschuldenkrise unter einer Vielzahl von strukturellen – teils historisch bedingten, teils dem Fehlverhalten maßgeblicher Akteure geschuldeten – Defiziten. Der Mangel an inhaltlicher Qualität, überzogene Sensationslust und fehlende Neutralität bei der parteipolitischen Berichterstattung, eine rückständige informationstechnische Infrastruktur sowie der hohe Instrumentalisierungsgrad der Medien durch Politik und Unternehmen waren einige der Besonderheiten, mit denen der griechische Mediensektor immer wieder in Verbindung gebracht wurde.

Die anhaltende Staatsschuldenkrise, welche das gesamte gesellschaftliche Leben in Griechenland so fest im Griff hat, bedroht nicht nur die wirtschaftliche Existenz der zahlreichen tief im Kredit- und Schuldensumpf verstrickten Medienunternehmen. Vielmehr gefährdet der mit der Krise einhergehende Verlust von Integrität und gesellschaftlicher Glaubwürdigkeit des Mediensektors die demokratische Legitimität des politischen Systems Griechenlands insgesamt.

Das Versäumnis, nicht bereits im Vorfeld der Krise über Fehlentwicklungen und Missstände im Finanz- und Wirtschaftswesen des Landes berichtet zu haben, wird gerade den führenden Medien zur Last gelegt. Die allgemeine Haltung, dass dies der Verstrickungen der Medien selbst in Seilschaften von Politik, Wirtschafts- und Finanzsektor geschuldet sei, wurde durch Nachrichten wie etwa die Vergabe neuer Kredite an den privaten Medienkonzern Teletypos im Jahr 2013 weiter genährt. Das heikle an der Vergabe des Kredits seitens vier großer griechischer Bankhäuser war der Zeitpunkt: Am 16. Januar 2013 sollten von der EU geforderte neue Aufsichtsstrukturen zur Überwachung der Vergabe größerer Kredite in Kraft treten. Am 3. Januar vermeldete Teletypos auf seiner Homepage hingegen, dass es einen Kredit in Höhe von fast 100 Millionen Euro in Anspruch aufgenommen habe, zur „Restrukturierung langlaufender Verbindlichkeiten“ und allgemeiner unternehmerischer Aktivitäten".

Das im Februar 2013 durch den Rundfunkrat ausgesprochene Verbot, „die Krisenfolgen anhand personifizierter Beispiele zu präsentieren“, welches sich vor allem gegen die Ausstrahlung von Bildern verwahrloster Bürger im Fernsehen richtet, sowie der dramatische Fall auf Platz 84 (2007: Platz 30) des aktuellen Press Freedom Index von Reporter ohne Grenzen geben weiterhin Anlass zur Sorge über die Zukunft des griechischen Mediensektors. Reporter ohne Grenzen begründet seine Einstufung wie folgt: „The social and professional environment for its journalists, who are exposed to public condemnation and violence from both extremist groups and the police, is disastrous“. In der Folge derartiger Entwicklungen und der immer wieder auftretender Affären hat das Vertrauen der griechischen Bürger in die Medien ihrer Heimat nachhaltigen Schaden genommen. Es ist daher bezeichnend, dass bspw. der Primus unter den Tageszeitungen, die Ta Nea, in der Regel nicht über eine tägliche Auflagenzahl von 50.000 hinauskommt.

Bezeichnend für die griechische Regulierungspraxis ist der Gegensatz von teils rigider konzentrationsrechtlicher Gesetzgebung und lascher bis ausbleibender Umsetzung entsprechender rechtlicher Vorgaben. Im Jahr 2005 war es sogar die Europäische Kommission, die mit der Einstellung europäischer Finanzzahlungen gedroht hatte, falls ein geplantes Medienkonzentrationsgesetz – bis dato eines der strengsten in der Geschichte des Landes – der Regierung Karamanlis zur Anwendung gekommen wäre. Im April 2007 schließlich beschloss erneut die EU-Kommission, Griechenland aufgrund des mutmaßlichen Verstoßes gegen gemeinschaftliches Wettbewerbsrecht vor dem europäischen Gerichtshof anzuklagen. Auslöser diesmal war die ministeriell angeordnete sogenannte „Transparenzbescheinigung“, welche der Rundfunkrat von Unternehmen verlangen konnte, die einen Dienstleistungsvertrag mit dem Staat schließen wollten. Der Gang zum EuGH konnte abgewendet werden, nachdem die griechische Regierung eingelenkt hatte.

Quellen/Literatur

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Heidrun Hankammer, 05.03.2014 - 13:22
Danke für die hervorragende Analyse!

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