Länderporträt Bulgarien

Einwohner: 6,93 Millionen (2020)
Haushalte: 2,93 Millionen (2021)
Durchschnittliche Haushaltsgröße: 2,3 (2021); 2,7 (2013)
Religion: Orthodox: 59,4%, Muslimisch: 7,8%, Protestantisch: 0,9%, Römisch-Katholisch: 0,7%, keine 9,3% (Zensus 2011)
Größte Städte: Sofia (1,22 Mio.), Plowdiw (342.000), Warna (332.000) (2021)
Regierungsform: Parlamentarische Demokratie
Staatsoberhaupt: Präsident Rumen Radew (seit 2017)
Regierungschef: Ministerpräsident Galab Donew (Interim, seit August 2022)
EU-Mitglied seit: 2007
Arbeitslosenrate: 5,3% (2021); 11,1% (2014)
Staatsverschuldung in Prozent des BIP: 2019: 20,4%; 2013: 18,9%, 2009: 14,6%, 2007: 12,8%
Haushaltssaldo in Relation zum BIP: 2021: -3%; 2014: -1,73%, 2009: -0,92%, 2007: 3,26% (IMF)
Anteil am globalen BIP: 0,12% (2021); 0,12% (2013)

Werbeausgaben insgesamt: 2015: 620 Mio. US $; 2012: 684 Mio. US $
Tägliche Fernseh-Dauer pro Einwohner: 2021: 213 Minuten (statista); 2014: 221 Minuten (GfK, AGF, Media Control)
Größte Medien- und Telekommunikationskonzerne: BNT, BNR, BTA, BTV, NBMG, Economedia AD, Vivacom, Orbitel, Mobiltel, Telenor Bulgaria
Monatliche Rundfunkgebühr: keine, Finanzierung über Steuern aus dem Staatshaushalt

Historische Grundlagen

Die osmanische Fremdherrschaft über Bulgarien von 1371 bis 1878 verhinderte eine frühzeitige Entwicklung von Presseerzeugnissen und einer eigenen bulgarischen Medienlandschaft. In der ersten demokratischen Verfassung von 1879 waren bereits Meinungs- und Gewissensfreiheit festgeschrieben, woraufhin sich nach dem Vorbild anderer Europäischer Länder ein Medienmarkt etablieren konnte, der allerdings trotz der gesetzlich verankerten Pressefreiheit einer staatlichen Zensur unterlag. 1898 wurde Bulgariens erste Nachrichtenagentur BTA (Bulgaria Telegrafna Agenza) gegründet, die bis heute als eine der seriösesten Informationsquellen des Landes gilt. Die Erstausgabe der ältesten heute noch publizierten bulgarischen Regionalzeitung Tschernomorski Far erschien im Jahr 1920.

Am 19.04.1934 wurde die bulgarische Demokratie erschüttert, als das Bündnis „Zveno“ durch einen Militärputsch ein autokratisches Regime mit Zar Boris III. als Monarchen durchsetzte. Presse und Hörfunk wurden verstaatlicht und eine strenge Zensur eingeführt. In den beiden kommunistischen Verfassungen von 1947 und 1971 unterlag der Medienmarkt einer starken Kontrolle durch die Bulgarische Kommunistische Partei (BKP) und war an die marxistisch-leninistische Ideologie gebunden. Sowohl die Presse als auch der staatliche Hörfunk und das staatliche Fernsehen waren dem kommunistischen ZK unterstellt.

Wie in vielen anderen südosteuropäischen Ländern auch, lässt sich nach dem Fall des kommunistischen Regimes 1989 in Bulgarien ein vielfältiges Aufblühen der Medienlandschaft verzeichnen, demokratische Institutionen wurden etabliert und der staatliche Hörfunk sowie das staatliche Fernsehen dem Ministerrat unterstellt. In der ersten postkommunistischen Verfassung von 1991 sind Meinungsfreiheit, Medienfreiheit und Informationsfreiheit fest verankert, sodass sich neben den öffentlich-rechtlichen auch zahlreiche private Hörfunk- und Fernsehsender sowie unabhängige Tages- und Wochenzeitungen etablieren konnten, die erste oppositionelle Tageszeitung Demokracia erschien noch im Dezember 1990. Am 25. November 2004 wurde im Rahmen des PHARE-Programms ein Ethik-Kodex verabschiedet, dem sich zahlreiche bulgarische Medien freiwillig unterstellen.

Nichtsdestotrotz liegt Bulgarien auch heute noch in der internationalen Rangliste für Pressefreiheit weit hinter dem EU-Durchschnitt, was einerseits auf die verhältnismäßig schwache Wirtschaft des Landes und damit einhergehende Abhängigkeit von in- und ausländischen Investoren, aber auch auf die zum Teil autoritäre Mentalität der jeweils machthabenden Politiker zurückzuführen ist, die immer wieder Journalisten durch Klagen und Abmahnungen unter Druck setzen. Aufgrund dessen greift ein zunehmend großer Teil der Bevölkerung auf alternative Informationsquellen wie Webportale und Internetblogs zurück, deren Bedeutung in den letzten Jahren signifikant gestiegen ist.

Zeitung

Bis heute gibt es in Bulgarien kein eigenes Presserecht, sodass nach dem Fall des kommunistischen Regimes 1989 eine Vielzahl neuer Tages- und Wochenzeitungen erschienen, von denen sich allerdings nur ein kleiner Teil am Markt etablieren konnte. Die Veröffentlichung von Zeitungen ist nicht reguliert und statistische Datenerhebung sind nur in einem geringen Ausmaß vorhanden. 2007 wurde die Zahl der in Bulgarien gedruckten Printmedien-Titel auf 900 geschätzt, jedoch ist die Tendenz im gesamten Zeitungssegment rückläufig. Versuche, in Bulgarien eine Qualitätspresse zu etablieren, schlugen fehl. Der bulgarische Zeitungsmarkt wurde in den letzten Jahren sogar zunehmend unübersichtlicher, was nicht nur auf ein fehlendes Presserecht, sondern auch in großem Maße auf die zunehmenden Engagements privater Investoren zurückzuführen ist, die oftmals neben Marktanteilen auch um politischen Einfluss kämpfen. Nicht zuletzt deswegen liegen Bulgariens Zeitungsmarkt und die Presselandschaft insgesamt weit hinter den EU-Standards zurück.

Eine der seriösesten Zeitungen Bulgariens ist die 2001 gegründete Dnevnik, eine auf Wirtschaftsnachrichten fokussierte Tageszeitung mit starker Onlinepräsenz, die nach eigener Aussage vor allem junge, gebildete und karrierebewusste Menschen ansprechen möchte. Gekoppelt an die Dnevnik erscheint wöchentlich die Kapital, die sich durch gut recherchierte und umfangreiche, zum Teil investigative Hintergrundberichte zu vornehmlich wirtschaftlichen Themen auszeichnet und ebenfalls der Economedia AD gehört. Thematisch ähnlich gelagert wie die Kapital, ist die von Banker BG OOD vertriebene Banker, die zwar eine deutlich geringere Reichweite als die Kapital vorweisen kann, allerdings durch zielgruppenorientierten Journalismus eine treue Leserschaft festigen konnte.

Die Tageszeitungen 24 Chasa und Dneven Trud sind typische Beispiele für sogenannte Hybridzeitungen, die ihrem Selbstverständnis nach zwar der Qualitätspresse zuzuordnen sind, aber auch viele Merkmale der Boulevardpresse aufweisen. Die Standart, eine weitere wichtige Tageszeitung, die mittlerweile von der Standart News AG herausgegeben wird, stellt ebenso eine Mischung aus Qualitäts- und Boulevardzeitung dar.
Charakteristisch für die größten Zeitungen Bulgariens ist ebenso ihre Präsenz sowohl auf dem Print- als auch auf dem Online-Zeitungsmarkt. Die Etablierung auf dem Online-Markt erfolgte ab den 2010er-Jahren, da Bulgarien, wie viele andere Länder Europas, einem rapiden Rückgang der Print-Zeitungsleser gegenüberstand. Über die Online-Pendants gelang es den Zeitungen, viele der Abonnenten zu halten.

Doch auch die Finanzkrise von 2008 ist am bulgarischen Printmarkt nicht spurlos vorbeigegangen – die wenigsten Zeitungen konnten ihre Ausgaben durch Verkäufe und Werbeeinnahmen decken und waren auf staatliche Subventionierungen und zunehmend auch internationale Investoren angewiesen. Ein Zustand, der sich auf in den darauffolgenden Jahren nicht mehr geändert hat.
Die deutsche WAZ-Mediengruppe (heute Funke-Mediengruppe) stellte den ersten Auslandsinvestor am bulgarischen Zeitungsmarkt dar und nahm bis 2010 eine dominierende Stellung ein. 1997 kaufte sie Bulgariens erste private Pressegruppe 168 Chasa Ltd. und vertrieb die beiden jeweils täglich erscheinenden und für lange Zeit auflagenstärksten Zeitungen Trud (Arbeit), und 24 Chasa (24 Stunden) des Landes sowie die Wochenzeitung 168 Chasa. Noch 2009 wurde die Auflage der Trud auf 130.000, die der 24 Chasa auf 100.000 und der gemeinsame Marktanteil auf ca. 55% geschätzt. Die beiden Zeitungen kamen 2010 somit auf 230.000 Auflagen, wohingegen Trud 2001 alleine noch 300.000 Auflagen erreichen konnte. Aufgrund dieser dramatisch sinkenden Verkaufszahlen verkaufte die WAZ Mediengruppe im Jahr 2010 alle Anteile am bulgarischen Markt an ausländische Investoren und lokale Tycoons. Die ebenfalls zu 168 Chasa Ltd. gehörende einzige bulgarische Abendzeitung Nosten Trud wurde 2009 eingestellt. 24 Chasa wird heute von dem bulgarisch-österreichischem Konsortium 168 Chasa EOOD vertrieben, Trud von der Media Holding AG.

Tab. I: Die größten Zeitungen in Bulgarien 2020

Zeitung

geschätzte Auflage

Schwerpunkt

Format

Herausgeber

24 Chasa

100.000 – 200.000

Boulevard, Nachrichten

Print und Online

BG Printmedia Ltd.

Trud

100.000 – 200.000

Boulevard, Nachrichten

Print und Online

Trud Media Ltd.

Telegraph

50.000 – 100.000

Boulevard

Print

New Bulgarian Media Group Holding

Standart

25.000 – 50.000

Boulevard, Nachrichten

Print und Online

Standart News AG

Dnevink

10.000 – 25.000

Business und Finanzen

Print und Online

Economedia AD

Kapital (w)

10.000 – 25.000

Business und Finanzen

Print und Online

Economedia AD

Kesh (w)

10.000 – 25.000

Business und Finanzen

Print und Online

Kesh Club 300 AD

Monitor

10.000 – 25.000

Boulevard

Print und Online

United Group

Novinar

10.000 – 25.000

Allgemeine Nachrichten

Print und Online

BSS Media Group

Banker (w)

< 10.000

Business und Finanzen

Print und Online

Banker BG OOD

 Anmerkungen: Daten von 4imn.com, w = Zeitung erscheint wöchentlich, die übrigen Zeitungen täglich.Formularbeginn

Radio

Die erste Hörfunksendung in Bulgarien erfolgte am 25.09.1921 durch den Sender „Nauen“, es dauerte jedoch noch einige Jahre, bis sich das Radio als Medium in Bulgarien etablierte. 1935 wurde es von Zar Boris III instrumentalisiert und sendete als monopolistisches Nationalradio. Dieses staatliche Radiomonopol hatte bis zum Fall des kommunistischen Regimes 1989 Bestand. Im Gegensatz zu den Printmedien ist das Radio durch das Hörfunkgesetz von 1998 besser reguliert und passte sich so internationalen Standards an. Nach einer Änderung des Gesetzes im Jahr 2000 wurde 2001 der Rat für elektronische Medien gegründete und löste damit den Nationale Hörfunk- und Fernsehrat als regulierendes Organ ab. Die neun Mitglieder des Rates werden zum Teil nach dem Mehrheitsprinzip vom Parlament gewählt, vier von ihnen ernennt der Präsident. Der Rat für elektronische Medien wiederum ernennt die Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender, des Bulgarischen Nationalradios (BNR) und des Bulgarischen Nationalfernsehens (BNT), außerdem hat er das Lizenzvergaberecht. Neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nehmen heute zahlreiche private Radiosender eine wichtige Stellung am bulgarischen Radiomarkt ein.

Öffentlich-rechtliches Radio
Das öffentlich rechtliche BNR wurde am 23.1.1935 durch Zar Boris III. mit der Verstaatlichung des seit 1930 bestehenden Volksradios gegründet und hat heute zwei Hörfunksender auf Bulgarisch, Horizont und Hristo Botev sowie das internationale Radio Bulgaria, das auf Bulgarisch, Russisch, Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Serbisch, Griechisch, Albanisch, Türkisch und Arabisch sendet. Während sich Horizont auf Nachrichtensendungen spezialisiert hat, sendet Hristo Botev vor allem zu kulturellen, politischen und auch ethnische Minderheiten betreffenden Themen. Hristo Botev hat weiterhin ein eigenes Hörfunktheater und bietet Fremdsprachenkurse sowie Bildungsprogramme an, auch Opern und Konzerte gehören zum Repertoire. Das BNR ist auch heute noch eine feste Größe auf dem bulgarischen Hörfunkmarkt und genießt innerhalb der Bevölkerung ein großes Vertrauen, bekommt aber zunehmend Konkurrenz von den privaten Radiostationen.

Privates Radio
Die ersten Lizenzen für private Radiostationen wurden 1992 an die ausländischen Sender The Voice of America, BBC-World Service, Free Europe, France International und die Deutsche Welle vergeben, auch um den Demokratisierungsprozess in Bulgarien zu unterstützen. Der erste private inländische Radiosender FM+ ging am 23.10.1992 auf Sendung, es folgte 1993 der populäre Privatsender Darik Radio, der über eine nationale Lizenz verfügt. Ein Großteil der privaten Radiosender ist im Besitz international agierender Großkonzerne. Die Sender BG Radio, Radio 1, Radio 1 Rock, Radio ENERGY, Radio City, Radio Veronika und Radio Nova gehören zur irischen Communicorp Group Ltd., die 2004 in den bulgarischen Markt einstieg und dem irischen Milliardär Denis O’Brien gehört. Die SBS Broadcasting Group war seit 2007 Teil von ProSiebenSat.1 Media AG und vertrieb bis 2011 mehrere Musiksender wie The Voice und Radio Vitosha, verkaufte aber alle Anteile an Best Success Services Bulgaria EOOD. Ebenfalls diesem Konzern gehört der Radiosender mit den meisten Hörern im privaten Segment, Radio Vaselina. Die nationale Radiokette Inforadio, FM+ und Radio Fresh gehören seit 2007 dem US-amerikanische Konzern Emmis Communications Corporation. Eine der größten Sendergruppen auf dem bulgarischen Medienmarkt ist die bTV Media Group mit einem jährlichen Gesamtumsatz von 145 Millionen US-Dollar, wovon allerdings nur ein kleiner Anteil auf den Radiomarkt fällt. Sie gehört zu 94% der Central European Media Enterprises und betreibt die auf Musik spezialisierten Radiosender bTV Radio, Z-Rock, NJoy, Classic FM, Jazz FM und Melody Radio.

Seit dem 11.03.2008 wurden zunehmend keine Lizenzen mehr für analoge Sender vergeben, um den Rundfunk somit schrittweise zu digitalisieren. Diese Umstellung erfolgte auf Empfehlung der Europäischen Union und war für die Radiosender mit erheblichen Kosten verbunden, weswegen viele, vor allem kleinere, regionale Sender, den Betrieb einstellen mussten, woraufhin es auf dem bulgarischen Hörfunkmarkt zu Umbrüchen kam. Über die Jahre hinweg kam es zu mehreren Verschiebungen, was die Reichweite der Radiostationen betrifft. Heute dominieren die privaten Sender Radio Vaselina, Radio 1 sowie der öffentlich-rechtliche Sender Horizont, der lange Zeit Marktführer gewesen ist, den bulgarischen Hörfunkmarkt.

Abb. I: Top 20 Radiostationen in Bulgarien 2017 (nach Reichweite)

Quelle: Media Club Strategic Insights 2017

Fernsehen

Das bulgarische Fernsehen nahm seine Anfänge am 26.12.1959, als die erste Sendung anlässlich des Jahrestages der Oktoberrevolution im damals noch dem ZK unterstellten Bulgarian National Television (BNT) ausgestrahlt wurde. Seit 1970 sendet es auch in Farbe und konnte sich nach dem politischen Umsturz 1989 als öffentlich rechtlicher Sender neben zahlreichen privaten etablieren. Genau wie der Rundfunk ist das Fernsehen seit 1998 durch ein eigenes Fernsehgesetz reguliert. Die Verbreitung des Kabelfernsehens entwickelte sich sehr schnell, im Jahr 2009 verfügten über 70% aller Haushalte über einen Kabelanschluss, an die von über 200 nationalen, regionalen und lokalen Betreibern gesendet wird. Die öffentlich rechtlichen Fernsehsender finanzieren sich überwiegend aus dem Staatshaushalt, was zur Folge hat, dass die Politik starken Einfluss auf die Programmstruktur ausübt und kaum kritische Beiträge gesendet werden. So wurden zum Beispiel 2002 die beiden politischen Sendungen „Frontalno“ sowie „Ekip 4“ aus dem Programm des BNT entfernt und durch die regierungskonforme Sendung „Aktualno“ ersetzt.

Öffentlich-rechtliches Fernsehen
Das BNT besteht heute aus vier Kanälen, BNT 1, BNT 2, BNT 3 sowie BNT 4. Während BNT 1 (allgemeine Nachrichten) und BNT 4 (Weltnachrichten) vor allem einen politischen Schwerpunkt haben, zeigt BNT 2 auch Kultursendungen. Die Sender des bulgarischen Nationalfernsehens werden jedoch häufig dafür kritisiert, nicht objektiv zu sein, sondern dem konstanten Einfluss der Politik zu unterliegen. Der Kanal BTN 4 wurde 2014 gegründet und beschränkt sich auf die Ausstrahlung von Sportprogramm. Der 1974 gegründete, öffentlich-rechtlicher Kanal Efir 2, früher bekannt als zweites Programm, wurde 1998 eingestellt. An seine Stelle trat der private Kanal bTV. Das BNT hat sechs regionalen Funkhäusern, jeweils eins in Blagoevgrad, Varna, Plovdiv, Sofia, Stara Zagora und Russe.

Privates Fernsehen
Der größte private Fernsehsender Bulgariens bTV begann 2000 zu senden und ist auf dem bulgarischen Fernsehmarkt mittlerweile führend. Er ist Teil der bTV Media Group, die wiederum im Jahr 2010 fast vollständig von der Central European Media Enterprises gekauft wurde. bTV sendet 24 Stunden täglich national terrestrisch in Bulgarien und kann via Satellit auch im Ausland empfangen werden. Die Programmpalette ist breit gefächert, der Fokus liegt aber auf massenkompatiblen Unterhaltungsformaten wie Serien, Talkshows, Musik- oder Quizsendungen. Außerdem betreibt bTV verschiedene Spartenkanäle, wie bTV Action oder bTV Comedy. Neben BNT und bTV ist Nova-TV ein weiterer großer landesweit ausgestrahlter Fernsehsender und hat ein ähnlich gelagertes Programm wie bTV. Gesendet werden unter anderem die populären Unterhaltungsformate „Big Brother“, „Star Academy“ und „Deal or no Deal“ sowie die Serien „House“, „Lost“, Sex and the City“ und „CSI“. Er wurde 1994 gegründet und gehört zur Nova Broadcasting Group, die seit 2021 der Dachorganisation United Group unterliegt. Die 7 Media Group gehört der Alegro Capital Ltd. und betreibt den Unterhaltungssender TV7 sowie die Schwesterkanäle News7, Sport7 und Super7. Ein herausstechendes Merkmal der bulgarischen Fernsehlandschaft ist die hohe Dichte an Musiksendern wie MM, The Voice (Ableger des gleichnamigen Radiosenders) oder Balkanika Music TV. Der sogenannte „Tschalga“, eine stark modernisierte Folkloremusik mit verschiedenen Einflüssen aus den Bereichen Pop, Balkan und elektronischer Musik, ist hierbei ein besonderes Phänomen, das vor allem bei jungen Bulgaren sehr beliebt ist und aus intellektuellen Kreisen häufig kritisiert wird. Der Nachrichtenkanal TV Europa sendet seit 2001 und kooperiert unter anderem mit Reuters und Deutsche Welle.

Abb. II: Top 10 der meistgesehenen Fernsehkanäle in Bulgarien 2020

Quelle: Dnes.dir.bg

Internet

Im Laufe der 2000er- und 2010er-Jahre hat das Internet auch in Bulgarien stetig an Einfluss gewonnen, mitunter, da es heute als die politisch und wirtschaftlich unabhängigste Informationsquelle des Landes gilt. Zu den beliebtesten Internetseiten in Bulgarien zählen neben den gängigen Plattformen der internationalen Medienkonzerne Alphabet Inc. und Meta Platforms, Inc. auch nationale Nachrichtenportale wie etwa das Online-Format der Tageszeitung 24 Chasa, die zum bulgarischen Medienunternehmen Nova Broadcasting Group (NBG) gehört. Die Website von NBG ist ebenfalls unter den meistbesuchten Internetseiten in Bulgarien vertreten. Neben allgemeinen Nachrichten bietet sie auch einen Streaming-Dienst des eigenen TV-Programms an.

Die Verbreitung des Internets in privaten Haushalten in Bulgarien entwickelte sich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zwar relativ spät, aber rasant, im Jahr 2006 nutzten nur 28,5% der Bulgaren das World Wide Web, im Dezember 2013 waren es schon 53,1%, was vor allem auf eine verbesserte Infrastruktur und die Verbreitung des Breitbandinternets zurückzuführen ist. Bis zum Jahr 2020 erhöhte sich der Anteil der Internetnutzer in Bulgarien weiter auf 70,2 %. Nichtsdestotrotz liegt der Anteil der Internetnutzer somit weiter hinter dem EU-Durchschnitt und differenziert stark zwischen den Altersgruppen.

Der Konsum von Nachrichten über das Internet hat für die bulgarische Bevölkerung einen hohen Stellenwert. Folglich verfügen die meisten Zeitungen Bulgariens über eine eigene Onlinepräsenz, wobei auffällig ist, dass der Zugang zu Artikeln vieler Boulevardzeitungen beschränkt ist oder auf Abomodelle gesetzt wird, während die Artikel der Qualitätspresse meist frei abrufbar sind. Obwohl das Internet weltweit als das freiste Medium gilt, versuchen in Bulgarien sowohl Wirtschaft als auch Politik regelmäßig Druck auf die jeweiligen Seitenbetreiber oder auch Blogger auszuüben. Abmahnungen für Verfasser von nicht regierungskonformen Texten sind keine Seltenheit.

Tab. II: Die meistbesuchten Internetseiten in Bulgarien 2022

Rang

Internetseite

Beschreibung

Mutterkonzern

1.

Google.com

Suchmaschine

Alphabet Inc.

2.

YouTube.com

Videoportal

Alphabet Inc.

3.

Facebook.com

Soziales Netzwerk

Meta Platforms, Inc.

4.

Abv.bg

Webmail

Nova Broadcasting Group

5.

Google.bg

Suchmaschine

Alphabet Inc.

6.

24chasa.bg

Nachrichten

Media Group Bulgaria

7.

Nova.bg

Fernsehen

Nova Broadcasting Group

8.

Wikipedia.org

Enzyklopädie

Wikimedia Foundation

9.

Instagram.com

Soziales Netzwerk

Meta Platforms, Inc.

10.

Dnes.bg

Nachrichten

Investor BG AD

Quelle: Similarweb.com

Regulierung

In Bulgarien wird die Medienfreiheit traditionell durch Grauzonen eingeschränkt und Journalisten geraten oft unter starken Druck. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird häufig vorgeworfen, unter dem Einfluss der Politik zu stehen. Der Konsum vollständig unabhängiger Nachrichten ist für die bulgarische Bevölkerung daher erheblich erschwert. Viele Bulgaren informieren sich daher über das Internet in der internationalen Presse. Bis heute gibt es in Bulgarien kein eigenes Presserecht, der Printmarkt ist, wie in einigen anderen osteuropäischen Staaten auch, nahezu vollständig unreguliert. Nichtsdestotrotz können einige Gesetzestexte für die Regulierung elektronischer Medien auch auf den Printmarkt angewendet werden.

1998 wurde auf Druck der Europäischen Union ein solches Gesetz zur Regulierung der elektronischen Medien verabschiedet, das zwar mehrfach überarbeitet wurde, in seinen Grundzügen aber bis heute Bestand hat. Der aus neun Mitgliedern bestehende Rat für elektronische Medien kontrolliert die Einhaltung der Bestimmungen zu Werbung, Spenden, Urheberrecht sowie Jugend- und Kinderschutz, ist aber in den letzten Jahren häufig in die Kritik geraten. Neben Korruptionsvorwürfen wird vor allem die programmatische Souveränität der einzelnen Sender angezweifelt. 2014 wurde im Eilverfahren ein Gesetz verabschiedet, das Ermittlungen und Geldstrafen gegen Journalisten ermöglichte, die Berichte über Missstände in der Finanzindustrie publizierten.

Auf der international anerkannten Rangliste für Pressefreiheit liegt Bulgarien nach „Reporter ohne Grenzen“ auf dem 91. Platz und damit noch hinter dem in der europäischen Presse häufig stark kritisierten Ungarn (Platz 85). Nachdem Bulgarien im Ranking der Pressefreiheit zeitweise immer gesunken ist, zwischen 2006 bis 2015 von Platz 35 auf Platz 106, stagniert das Land seit einigen Jahren auf einem niedrigen Niveau. Die Entwicklung ist nach wie vor sehr problematisch, da die Pressefreiheit einer der wichtigsten Indikatoren für den Zustand einer Demokratie ist.

Nur einer von sechs Bulgaren glaubt, dass die Presse im eigenen Land unabhängig ist. Die Realität verstärkt dieses Bild. Viele Medien des Landes bestimmen die Redaktionslinie in enger Abstimmung mit führenden Politikern. Zudem ist ein Großteil der Medien in Bulgarien im Besitz einiger weniger Unternehmer, die zum Teil mit verwobenen Geschäftsmodellen und Mittlerfirmen Unklarheit über die eigentlichen Besitzverhältnisse der jeweiligen Medien schaffen.

Einer dieser großen Namen der heutigen Medienlandschaft Bulgariens ist Irena Krastewa. 2007 gründete sie gemeinsam mit ihrem Sohn Deljan Peewski die New Bulgarian Media Group Holding (NBMG), der heute ein Großteil der Zeitungen, einige Radiostationen und auch Fernsehsender gehören. Deljan Peewski leitet das Unternehmen und ist sowohl für die redaktionelle Ausrichtung als auch für die Personalpolitik zuständig.

Einen großen Einfluss auf dem bulgarischen Medienmarkt üben seit Ende der 1990er-Jahre zudem viele internationale Konzerne. So war die WAZ-Mediengruppe (heute Funke-Mediengruppe) 1997 der erste ausländische Investor auf dem Zeitungsmarkt. Die schwedische Mediengruppe Modern Times Group (MTG), übte über mehrere bulgarischen Fernsehkanäle einen großen Einfluss auf das Privatfernsehen. Zusammengefasst waren die Sender der MTG unter der Nova Broadcasting Group. Im April 2019 verkaufte MTG schließlich seine 95-prozentige Beteiligung an der bulgarischen Nova Broadcasting Group (NBG) an die bulgarische Advance Media Group. Seit Januar 2021 gehört NBG zur niederländischen United Group, einem Telekommunikations- und Mediendienstanbieter in Südosteuropa. Die internationalen Konzerne versuchen somit teilweise unabhängigere Informationskanäle zu schaffen, verfolgen aber vor allem auch profitorientierte Interessen.

Quellen/Literatur

Antonova, Vesislava/Georgiev, Andrian: Mapping Digital Media: Bulgaria. London (2013)

Christova, Christiana / Förger, Dirk: "Zur Situation der Medien in Bulgarien mit Blick auf deren zivilgesellschaftlichen Beitrag". In: Wahlers, Gerhard (Hrsg.): KAS-Auslandsinformationen Ausgabe 03/2008, Sankt Augustin (2008)

Kempf, Simon: Digital 2021: Bulgarien. Vancouver (2021).

Media Club: Media Landscape Bulgaria 2017. Sofia (2017)

Martino, Francesco: Bulgaria: the media, law, and freedom of information. Sofia (2022)

Raycheva, Lilia/Leandros, Nikos: Media Trends and Concentration of Capital in two Balkan Countries: Greece And Bulgaria, Budapest (2011)

Raycheva, Lilia: "The Challenges of Digitalization to the Bulgarian Public Service Media." In: Mitschka, Konrad (Redaktionsleitung): Public Value Report 2013/14 - Texte, Wien (2014). S. 11-18.

Štetka Václav, Bulgaria: A country report for the ERC-funded on Media and Democracy in Central and Eastern Europe (2011)

Stegherr, Marc/Liesem Kerstin: "Das Mediensystem in Bulgarien." In: Die Medien in Osteuropa. Mediensysteme im Transformationsprozess. Wiesbaden (2010). S. 144-155.

Tabakova, Wesela: Media Landscapes: Bulgaria (2012)

Vassileva, Dessislava: Rundfunk und Rundfunkpolitik in Bulgarien. München (20

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