Twitter: Ausbau zum Medienunternehmen schreitet voran

19.04.2013

Gestern hat seine neue Musikapp gelauncht. #Music ist dabei die aktuellste einer ganzen Reihe von Anwendungen, die die Transformation des microblogging-Dienstes zu einem Medienunternehmen vorantreiben sollen. Für CEO Dick Costolo ist Twitter längst kein reiner technologiebasierte Onlinekonzern, sondern "ein IT-Unternehen, das im Mediensektor aktiv ist". Der Fokus wird in den kommenden Monaten darauf gerichtet sein, wie die enorme Datenmenge der User noch besser durchsuchbar und professionell aufbereitet werden kann. Auch deshalb verpflichtete das Unternehmen jüngst Simon Rogers von der britischen Zeitung "The Guardian" als Daten-Chefredakteur. Die Redaktion von mediadb.eu hat zusammengefasst, wie Twitter in den Bereichen Video und Musik sowie im damit zusammenhängenden Verkauf von Werbung und Anzeigen wachsen will.

Video-Content
Die im Herbst vergangenen Jahres akquirierte Video-App Vine wurde im Januar 2013 in Twitter integriert. Mittels Vine können Twitter-User Kurz-Videoclips aufnehmen und diese mit anderen Nutzern sharen. Bei den jüngsten Terroranschlägen in Boston spielten Twitter-Fotos und -videos eine entscheidende Rolle. Neben herkömmlichen Twitter-Usern haben auch werbetreibende Firmen Vine für sich entdeckt und produzieren damit professionelle Werbeclips. Doch Twitter setzt nicht nur auf User-Generated Content. Das Unternehmen plant mittelfristig ebenfalls selbst als Inhalteproduzent aktiv zu werden. Mit selbstproduzierten Reality-TV-Formaten wird Twitter versuchen, selber Events zu kreiieren, die dann auf Twitter kommentiert werden sollen. Insgesamt wird das Unternehmen versuchen, die Unmengen an Video-Content, die via Twitter geteilt werden, noch besser durchsuchbar zu machen und nach Popularität zu hierarchisieren. Wie wichtig Twitter bereits für die Messung der Popularität und Reichweiten von TV-Serien geworden ist, zeigt sich auch an der Kooperation mit dem Medienkonzern Nielsen, dem führenden Marktforscher für Einschaltquoten und Reichweiten von Werbekampagnen. Ebenfalls diese Woche wurde bekannt, dass Twitter kurz vor der Finalisierung von Partnerschaften mit Viacom und Comcast steht. Künftig sollen mit Werbung versehene TV-Clips aus dem Hause Viacom und NBC Universal bei Twitter erscheinen. Ähnliche Abkommen bestehen bereits mit ESPN (Walt Disney) und Turner Broadcasting (Time Warner). Bereits heute twittert jeder dritte Benutzer regelmäßig über TV-Inhalte. Peter Chernin, ehemals Führungskraft von News Corp., wurde eigens in den Aufsichtsrat berufen, um für die TV-Strategie beratend zur Seite zu stehen.

Musik
Die (in Deutschland noch nicht erhältliche) #music-App ermöglicht es Usern, die bei den Web-Radios Spotify und rdio registriert sind, komplette Songs anzuhören. Die App schlägt den Twittern-Usern basierend auf den Präferenzen der Follower Musikstücke vor und macht diese durchsuchbar. Teil der App sind auch direkte "emerging artists", die Twitter sämtlichen Benutzern vorschlägt. Der Launch kommt eine Woche nachdem bekannt wurde, dass Twitter den australischen Streaming-Anbieter "We Are Hunted" gekauft hat, dessen Spezialgebiet Musik-Empfehlungen sind.
Insgesamt plant Twitter, mehr Medieninhalte selbst zu produzieren oder von den Nutzern selber produzieren zu lassen. In Kombination von geeigneten Algorithmen und menschlichen Redakteuren sollen diese noch besser gefiltert und auffindbar gemacht werden. Ziel ist die schrittweise Evolution von "trending" Themen und Inhalten hinzu im wahrsten Sinne des Wortes "Happenings": eine neue Form der Medienerfahrung in Echtzeit.

Mehr dazu:

CNN Money: Can Twitter become a multimedia powerhouse? (17.04.2014)

 Twitters Medienstrategie - 31.07.2012 15:59