Time Inc: Auf dem Weg in den "langsamen und sicheren Tod"?

29.07.2015

Bisherige Time Inc-Zentrale in New York (CC by David Shankbone)

Seit einem Jahr operiert der einstige Magazinverlagsriese Time Inc. nun als ein eigenständiges Unternehmen. Doch auch nach der Abspaltung von Konzernmutter Time Warner kämpft das Unternehmen mit Auflagenschwund und einer verschärften Konkurrenz auf dem Markt für Onlineanzeigen. Die Inthronisierung von Joe Ripp, dem vierten CEOs innerhalb von fünf Jahren, hat bisher noch keine Wirkung gezeigt. Ripp, jüngst in einem umfangreichen Profil des Wall Street Journals porträtiert, versucht sich an einer klassischen turn-around Mission und will das Verlagshaus zu einstiger Größe und Profitabilität zurückführen. Die bevorzugten Mittel um den Umschwung Realität werden zu lassen: eine Online-Offensive, die Vermischung von Anzeigenabteilung und Redaktion sowie Massenentlassungen. Ripp selbst hat nun geäußert, dass Time Inc einen "langsamen aber sicheren Tod" sterben wird, falls diese Maßnahmen nicht greifen.

Die kritische Situation bei Time, im vergangen Jahr von einer hochrangigen Führungskraft mit der Lage im Irak verglichen, ist symptomatisch für die gesamte Magazinindustrie. In weniger als zehn Jahren, zwischen 2006 und 2014, gingen die Einnahmen um 65 Prozent zurück. Die mit Anzeigen versehenen Seiten im Flaggschiff-Titel Time Magazine sind in der letzten Dekade um 50 Prozent zurückgegangen. Der größte werbetreibende Konzern der Welt, Procter & Gamble, hat seine gedruckten Anzeigen in Time Inc. Magazinen jüngst um ein Drittel gekürzt. Der Umsatz ist im vergangen Jahr von 3,7 Mrd. Dollar um 11 Prozent auf 3,3 Milliarden geschrumpft. Die Auflage der wichtigsten drei Titel - People, Time und Sports Illustrated - ist seit Jahren rückläufig.

Ripp sieht deshalb neben Personalkosteneinsparungen - allein im letzten Jahr mussten rund zehn Prozent der Belegschaft ihren Hut nehmen - vor allem in einer Onlineoffensive den Ausweg aus der Krise. Zwar haben die Time Inc - Marken schon jetzt eine relativ starke Onlinepräsenz im Netz und der Konzern hat in diverse viel versprechende News- und Sportwebsiten investiert (z.B. den Sport-Blog FanSided) sowie wird in Kürze sogar eigene Online-TV-Angebote produzieren, doch bisher wird nur ein Bruchteil des Umsatzes mit Onlineanzeigen generiert. Das ist um so problematischer, da das Unternehmen seit der Abspaltung von Time Warner sich auf keine Querfinanzierung durch profitable TV- und Filmsegmente verlassen kann (direkte Konkurrenten wie Conde Nast können sich weiterhin der Unterstützung durch Mutterkonzern Advance Publications sicher sein und die ausgegliederte Printsparte News Corp. wurde im Gegensatz zu Time Inc. beim Spin-Off nicht mit Schulden überhäuft).

Zudem soll die strenge Trennung zwischen redaktionellem Content und  Anzeigen künftig gelockert werden. Durch branded content, als redaktionelle Beiträge getarnte Werbung, will das Unternehmen mehr Einnahmen generieren. Diese Entwicklung sorgt naturgemäß bei den alteingesessenen Time-Journalisten für Unbehagen. Der seit einem Jahr amtierende Chief Content Officer Norman Pearlstine hingegen gilt als Freund der Idee, journalistischen Inhalte entlang den Interessen der Anzeigenkunden auszurichten. Zu einem ersten mittelschweren Skandal kam es im vergangenen Jahr als eine interne Rangliste derer Sports Illustrated.com Journalisten an die Öffentlichkeit gelangte, deren Artikel "für die Beziehungen zu Anzeigenkunden förderlich" waren. Ob Ripp (63) und Pearlstine (71) das Ruder herumreißen können ist ungewiss. Für Außenstehende nicht nachvollziehbar ist jedoch warum nicht zwei jüngere, online-affinere Manager mit der Rettung betraut worden sind.