Online-Piraterie: Suchmaschinen im Fokus von Hollywood

02.12.2013

Die Interessenverbände der großen Medienkonzerne kämpfen seit Jahren dafür, den Zugang zu Urheberrechtsverletzungen im Internet zu erschweren. Bestand die Taktik bisher darin, die User zu kriminalisieren und mit hohen Abmahngebühren abzuschrecken, so ist in den vergangenen Monaten ein Strategiewechsel zu beobachten. So besteht ein neuer Ansatz darin, die Internet Service Provider sowie die großen Suchmaschinen stärker haftbar zu machen. Google, Yahoo und Microsoft sollen künftig sämtliche Piraterie-Webseiten aus ihren Suchergebnissen entfernen. Trotz Widerstand der Onlinekonzerne konnten die Lobbyarme der großen Filmstudios nun einen ersten Erfolg erzielen: In Frankreich urteilte ein Gericht, dass Google und Co. diverse Streaming-Angebote aus ihrer Online-Suche löschen müssen. In den USA trafen sich vergangene Woche zahlreiche Medienkonzern-CEOs mit Präsident Obama, um für einen ähnlichen Plan zu werben und das umstrittenene TTP-Abkommen zu verschärfen. Die Redaktion von mediadb.eu hat die Entwicklungen zusammengefasst:

Was bedeutet das französische Urteil für die Suchmaschinenbetreiber?
In dem seit drei Jahren schwelenden Konflikt zwischen den Kino-, Video und Produzentenverbänden (darunter Paramount, Sony und 100 weitere Firmen) und Google, Bing und Yahoo entschied das Gericht in erster Instanz, dass die Suchmaschinenbetreiber insgesamt 16 illegale Streaming-Angebote aus ihren Suchergebnissen löschen müssen (diese Seiten sind allesamt Sub-Domains der Videoportale Allostreaming, Fifostreaming und Dpstream). Zusätzlich wurden alle großen franzöischen Internet Service Provider angewiesen, den Zugang zu den Webseiten zu blocken. Das Gericht sieht Google und Co. in der Pflicht "alle geeigneten Maßnahmen zu tätigen, den Zugang zu illegalen Inhalten zu verhindern". Den Konzernen bleiben nun zwei Wochen, um in Berufung zu gehen.

In der Vergangenheit hatten sich die Suchmaschinenbetreiber gegen solche direkten Eingriffe in die Suchtreffer gewehrt und darauf verwiesen, dass nur ein Bruchteil der Benutzer zu illegalen Angeboten weitergeleitet zu werden. Zudem stellt sich bei dem Urteil die Frage nach Zensur. Google-Juristen haben in der Vergangenheit dafür plädiert, ihre Suchmaschine als Quasi-Presseorgan zu begreifen, dass vor staatlicher Zensur geschützt werden müsse.

Welchen Standpunkt vertritt die Obama-Administration?
Obama befindet sich bei dem Konflikt zwischen den Fronten zwischen Medienkonzernen auf der einen und den Suchmaschinenbetreibern auf der anderen Seite. Beide haben in der Vergangenheit signifikante finanzielle Wahlkampfhilfe geleistet. Obama muss die Interessen von Hollywood berücksichtigen ohne das Innovationspotenzial von Silicon Valley zu gefährden, da beide Sektoren zu den wenigen verbliebenden Exportmärkten der USA gehören. Als Vermittler zwischen Online- und Medienindustrie reiste Obama vergangene Woche nach Hollywood, wo er sich mit den CEOs Robert Iger (Disney) und Leslie Moonves (CBS) sowie Vertretern von DreamWorks traf, die ihn ebenfalls dazu aufforderten, den Suchmaschinen-Zugang zu illegalen Angeboten zu beschränken.
Hollywoods Filmstudios sind in dem mächtigen Lobbyverband Motion Picture Association of America (MPAA) organisiert, die mittels statistischer Erhebungsmethoden untersucht hat, wieviele User auf welche Weise auf die Seiten illegaler Streaming-Portale gelangen. Demnach werden 20 Prozent aller Nutzer dieser Angebote von Google weitergeleitet. Der für seine umstrittene Rolle in der Finanzkrise bekannte Demokrat und Vorsitzende der MPAA, Chris Dodd, wirft Google sogar vor, selbst User zu illegalen Angeboten hinzuführen, die gar nicht vorhaben, gegen das Urheberrecht zu verstoßen. Die ebenfalls der MPAA nahestehende Republikanerin Marsha Blackburn verglich Google gar mit "Fluchtautos für Diebesgut".
Ein anderes Ziel der Hollywood-Lobby: die Aufnahme von umfassende Anti-Piraterie-Maßnahmen in den von Wikileaks bereits veröffentlichten Entwurf des geplanten TTP-Abkommen ("Trans-Pacific Partnership"). Die Filmstudios fordern, Internet Service Provider noch stärker in die Haftung zu nehmen und für sämtliche Urheberrechtsverstoße direkt verantwortlich zu machen. Kritikern zufolge würden ISPs so notgedrungen zu einer Art Internet-Polizei mutieren, was ein Ende effektiver Netzneutralität bedeuten würde. Obama hatte sich zuvor zum Ärger der Filmindustrie geweigert, die Vorgänger-Abkommen SOPA und PIPA zu unterstützen.