News Corps Übernahmeangebot für BSkyB: Hintergründe, Auswirkungen, Kritik

05.11.2010

Vergangenen Mittwoch hat der Medienkonzern News Corp. die Europäische Kommission offiziell darüber informiert, den Pay-TV Kanal BSkyB in seiner Gänze übernehmen zu wollen. Bisher hielt News Corp. einen Anteil von 39,1 Prozent am Unternehmen, das von Rupert Murdochs Sohn James kontrolliert wird. Die Pläne wurden bereits im Juni dieses Jahres bekannt; mit der Benachrichtigung der EU wurden jedoch die vorhandenen Zweifel zerstreut, dem Murdoch-Konzern sei die Übernahme aus medienkonzentrationsrechtlichen Aspekten zu riskant. Die Verhandlungen bezüglich des Kaufpreises für den 61,9-prozentigen Anteil an BSkyB sind noch nicht zum Abschluss gekommen. Im Juni dieses Jahres bot News Corp. bereits 700 pence pro Aktie, was von der Mehrheitseignern jedoch als zu gering abgelehnt wurde. Experten schätzen, der Kauf wird News Corp. insgesamt 12 Milliarden Pfund kosten. Als Reaktion auf die Pläne hat der britische Wirtschaftsminister Vince Cable die Regulierungsbehörde Ofcom beauftragt, die Übernahme in Bezug auf Folgen für den Pluralismus des britischen Mediensystems  zu untersuchen.

Folgende Fragen hat die mediadb.eu-Redaktion anlässlich der Übernahmepläne diskutiert:

1. Wie würde sich die britische Medienlandschaft durch die komplette Übernahme von BSkyB durch News Corp. verändern?

Durch eine erfolgreiche Übernahme von BSkyB würde News Corp. ein bisher unerreichtes Ausmaß an crossmedialer Meinungsmacht in Großbritannien erreichen. Inklusive der drei sich im Besitz von News Corp. befindlichen britischen Zeitungen würde Murdoch einem Medienimperium vorstehen, das 50 Prozent größer wäre als die gegenwärtige BBC. Die mögliche Übernahme von BSkyB würde auch den 24-Stunden-Nachrichtenkanal Sky News beinhalten, wobei davon auszugehen ist, dass die Redaktionen der Tageszeitungen und Sky News aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf lange Sicht zusammengelegt werden würden. Dies würde eine enorme Dominanz im britischen Nachrichtensektor bedeuten, die über verschiedene Distributionswege – Print, Fernsehen, multimediale Tablet-PC-Apps – den nationalen Diskurs bestimmen könnte. Dies ist insofern bedenklich, als dass Rupert Murdoch in der Vergangenheit mehrfach persönlich die redaktionelle Linie von akquirierten Zeitungen und Fernsehsendern beeinflusst und Allianzen mit bestimmten politischen Parteien geschmiedet hat.

Die Verantwortlichen von News Corp. sehen in der Übernahme naturgemäß keine Probleme. Von Unternehmensseite wird darauf hingewiesen, dass ein hundertprozentiger Anteil an Sky keine Veränderungen zur Folge hätte, da News Corp. – wie die Wettbewerbsbehörde Communications Commission im Jahr 2007 bereits feststellte – schon jetzt die volle Kontrolle über den Satelliten-TV-Anbieter ausübt. Zudem argumentiert der Medienkonzern, dass die verschiedenen Medienmärkte getrennt bewertet werden müssen. Nach dieser Logik würde News Corp. weder im Zeitungs- noch im TV-Segment wachsen.

2. Wie bewerten Wettbewerber und Kritiker die Übernahmepläne?

Paul Dacre, Chefredakteur von Daily Mail und Vorstandsmitglied des gleichnamigen Medienkonzerns, hat gemeinsam mit Lord Black vom Zeitungshaus Telegraph Group eine Allianz gegen die Übernahme gebildet, der konkurrierende Fernsehunternehmen (BBC, Channel 4), Zeitungshäuser (Guardian Media Group, Trinity Mirror) und der Telekommunikationskonzern BT angehören. Gemeinsam schrieb man bereits im Oktober an Wirtschaftsminister Cable und forderte diesen dazu auf, die Übernahme durch die Ofcom prüfen zu lassen, was dieser nun getan hat. In einem gemeinsamen Statement heißt es, die Übernahme „könnte ernsthafte und weitreichende Konsequenzen für die Pluralität der Medien haben“. Es ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass Cable der Liberalen Partei angehört, die den Aktivitäten von News Corp. in Großbritannien deutlich skeptischer gegenübersteht als die Konservative Partei, deren Spitzenkandidat David Cameron Murdochs Boulevardzeitungen jüngst zum Amt des Premierministers verhalfen.

Der der Labour-Partei nahestehende Filmproduzent Lord Puttnam warnte am Donnerstag während einer Debatte im Oberhaus davor, die Übernahme zuzulassen, da sie eine „ernsthafte Bedrohung für die konsens-basierte Demokratie“ sowie „das Wesen der Souveränität im 21. Jahrhundert“ darstelle. Die britische Medienexpertin Claire Enders warnte Cable in einem im Internet veröffentlichten Brief ebenfalls vor den negativen Konsequenzen der Übernahme, die ihrer Einschätzung zufolge das Ausmaß medialer Pluralität in Großbritannien auf ein „unakzeptabel geringes Niveau“ absenken würde. Sie wies außerdem darauf hin, dass BSkyB jeden Monat eine kostenlose Zeitschrift an seine rund zehn Millionen Sky-Kunden versendet, was das „Sky Magazine“ zum auflagenstärksten Magazin auf der Insel macht. Dieser Kundenstamm könnte dazu missbraucht werden, die anderen News Corp-Zeitungen kostenlos oder zu vergünstigten Konditionen an die Sky-Kunden zu vertreiben.

3. Wann ist mit einer Entscheidung für oder gegen die Übernahme zu rechnen?

Nachdem Vince Cable unter Berufung auf Paragraph 67 des Enterprise Act von 2002 die Ofcom mit der Überprüfung der Übernahme unter Gesichtspunkten des öffentlichen Interesses beauftragt hat, wird die Behörde alle betroffenen Parteien dazu auffordern, sich in den nächsten Tagen zum Sachverhalt zu äußern. Danach hat die Ofcom bis zum 31. Dezember Zeit zu entscheiden, ob die Übernahme weiter untersucht werden soll. Minister Cable wird auf Basis des Ofcom-Reports entscheiden, ob er die Wettbewerbsbehörde Competition Commission einschaltet. Diese würde innerhalb von 24 Wochen einen weiteren Bericht anfertigen, auf dessen Grundlage Cable gemeinsam mit Kabinettskollegen sich für oder gegen die Übernahme ausspricht. Es ist in diesem Zusammenhang denkbar, dass die Commission empfiehlt, dass News Corp. nur grünes Licht erhält, wenn es vorher Unternehmensteile verkauft.

Die Europäische Kommission hat derweil ihre eigene Untersuchung gestartet. Ein erstes Ergebnis wird am 8. Dezember veröffentlicht. Bei entsprechender Sachlage kann sich die Kommission dann entscheiden, eine zweite 125-tägige Untersuchungsphase einzuleiten.

Mehr dazu:

Claire Enders: A submission to the Secretary of State by Claire Enders, CEO, Enders Analysis Ltd

Dan Sabbagh: Why Rupert Murdoch’s Bid for Sky should be blocked (12.09.10)

Guardian: News Corp notifies Brussels of BSkyB takeover bid (03.11.10)

Guardian: News Corp’s BSkyB takeover bid: what happens next? (04.11.10)

New York Times: Britain Orders Inquiry Into News Corp.’s BSkyB Bid (04.11.10)