Mega-Merger: Alle Hintergründe zum AT&T-Time Warner Deal

23.10.2016

AT&T-CEO Randall Stephenson. CC by. 20 Robert Scoble

AT&T und Time Warner haben sich auf eine Übernahme geeinigt. Der Telekommunikationsriese will mehr als 80 Milliarden Dollar für Time Warner bezahlen - deutlich mehr als zuletzt 21st Century Fox bereit war zu zahlen. Sollte der Deal von den Regulierungsbehörden grünes Licht erhalten, würde sich AT&Ts Schulden auf rund 200 Milliarden Dollar erhöhen. Nach dem Kauf von NBCUniversal durch Comcast im Jahr 2011 - dem Präzedenzfall, der eine Ära von Mega-Mergers einleitete - und Verizons Kauf von Aol und Yahoo steht nun also die dritte Fusion eines Telekommunikationskonzerns mit einem klassischen Medienunternehmen an. Wenn das Justizministerium und die Kartellbehörden die Übernahme genehmigen, könnten weitere Hochzeiten zwischen Distributionskanälen und Inhalteproduzenten folgen und eine Konsolidierungswelle einsetzen.

 

Chancen und Risiken

AT&T verspricht sich von dem Deal sein Mobil- und ISP-Geschäft zu stabilisieren. Wenn das Unternehmen künftig die Inhalte von Time Warner-Sendern wie HBO, CNN und TNT, dem Filmstudio Warner Bros. oder nicht zuletzt dem Comicverlag DC kontrolliert - so die Überlegung - wird so AT&Ts massives Mobilfunkgeschäft mit und das wesentliche kleinere ISP-Segment aufgewertet. Mittels exklusiven Inhalten könnten so Millionen von Kunden bei Laune gehalten werden und sich entscheidende Vorteile gegenüber der Konkurrenz (Comcast, T-Mobile USA, Verizon) verschafft werden. Zudem würde der Kauf von Time Warner eine Kurskorrektur einleiten: Nach nur einem Jahr gilt der 50 Milliarden Dollar teure Kauf von DirecTV mit dem AT&T zum größten Pay-TV-Anbieter der USA aufstieg, in Branchenkreisen bereits wieder als Fehler. Angesichts der veränderten Sehgewohnheiten - TV-Serien und zunehmend auch Sportereignisse werden zunehmend online und auch auf Smartphones verfolgt - würde AT&T sich unabhängiger vom kriselnden Pay-TV-Geschäft machen.

Allerdings fragen sich Brancheninsider, ob die Übernahme nicht auf Dauer Time Warners exponierte Stellung im Mediensektor beschädigen könnte. Das Unternehmen wurde von Noch-CEO Jeffrey Bewkes in den letzten Jahren systematisch verschlankt und hat sich von allen medienfremden Märkten entfernt (unter anderem von AOL nach dem katastrophalen Deal zur Jahrtausendwende sowie von Time Warner Cable; bis 2009 war Time Warner noch selbst im Telekommunikationsgeschäft aktiv). Wenn Time Warner künftig im Portfolio von AT&T ist, würde der Telekommunikationskonzern sein Status als neutrales Distributionsnetzwerk verlieren. Umgekehrt könnten die TV- und Filmproduktionsfirmen von Time Warner Schwierigkeiten bekommen ihren Content an andere Vertriebspartner zu verkaufen.

 

Personaldiskussionen

Nachdem klar ist, dass der langjährige Time Warner-CEO Jeffrey Bewkes demnächst zurücktreten wird, ist noch unklar, wer künftig Time Warner leiten wird. Im Gespräch sind die Time Warner-Manager John Martin, Richard Plepler und Kevin Tsujihara. Martin ist der Chef der Turner-TV-Sparte, die das kriselnde CNN aber auch den erfolgreichen TNT-Sender umfasst, der in den USA die Spiele der Basketball-Liga NBA austrahlt. Plepler leitet mit HBO seit Jahren den wohl wichtigsten Geschäftsbereich von Time Warner und zögerte auch nicht den einstigen reinen Pay-TV-Sender zur Streamingplattform umzufunktionieren. Und Tsujihara konnte nach Jahren des Misserfolgs das Filmstudio Warner Bros. mit "Suicide Squad" in Sachen Comicverfilmungen wieder zumindest ansatzweise an Disneys Marvel-, Pixar- und Star Wars-Imperium anschließen. Unabhängig davon wer Time Warner anführt, wird jedoch AT&T-CEO Randall Stephenson zu einem der einflussreichsten Medien-Manager der USA aufsteigen.

 

Neue Merger-Welle

Der wohl interessanteste Aspekt am AT&T-Time Warner-Deal ist jedoch, dass nun publik wurde, dass Apple ebenfalls Interesse an Time Warner hatte und den weiteren Regulierungsprozess, der wohl rund ein Jahr dauern wird, aufmerksam verfolgt. Damit wurde bestätigt, worüber Insider seit Jahren spekuliert hatten: Apple will künftig selber zum Medienkonzern werden und exklusive Inhalte kontrollieren und produzieren - insbesondere, um endlich im Streamingmarkt (Apple TV) Fuß zu fassen. Sollten die Regulierungsbehörde den Deal letztlich untersagen, würden vermutlich Viacom/CBS, Apple, Disney, und erneut Fox in den Startlöchern stehen und ein Alternativangebot abgeben.