EU-Kartellgerichtsverfahren gegen Google unwahrscheinlich

25.07.2012

Die Europäische Kommission und der Suchmaschinenriese Google scheinen in dem seit 2010 bestehenden Konflikt um die Anordnung der Suchergebnisse kurz vor einer Einigung zu stehen. Mehrere Konkurrenten (darunter Microsoft) hatten sich über Google-Praktiken beschwert, sodass die EU-Kommission Ermittlungen wegen wettbewerbsschädlichen Verhaltens aufnahm. Insidern zufolge übte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia nun mehr Druck auf Google aus, sodass sich der Konzern zu Zugeständnissen bereit erklärte. Laut EU-Sprecher Antoine Colombani seien diese eine gute Basis für technische Gespräche, sodass die Untersuchung möglicherweise bald eingestellt wird. Google ist nicht zuletzt aus finanziellen Gründen an einer Vermeidung eines Kartellverfahrens interessiert. Schließlich droht dem Konzern ein Verlust in Milliardenhöhe - eine der höchsten Strafen, der es sich je ausgesetzt sah. Die Redaktion von mediadb.eu hat die Hintergründe der Untersuchung durch die Europäische Kommission zusammengefasst und die aktuelle Entwicklung analysiert.

1. Was wird Google von der EU vorgeworfen?
Insbesondere in vier Punkten äußerte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia Kritik. Erstens wird dem Medienkonzern angelastet, die Monopolstellung im Bereich Suchmaschinen zugunsten eigener Angebote wie Google Shopping auszunutzen. Derzeit werden 90 Prozent der europäischen Suchmaschinenanfragen über den Onlineauftritt von Google durchgeführt. Nicht nur die Europäische Kommission, sondern auch britische und französische Unternehmen, äußerten in dieser Hinsicht ihre Bedenken. Die britische Shopping-Suchmaschine Foundem veröffentlichte im November 2010 eine Studie, aus der hervorgeht, dass ihre mit Google konkurrierenden Produkte von Googles Suchmaschinenalgorithmus stets am Ende der Rangliste angeführt wurden.

Weitere kritische Punkte schließen das Kopieren von Auszügen aus Nachrichtenseiten, die Unterdrückung von Wettbewerb durch exklusive Werbevereinbarungen und Vorschriften gegenüber Werbenden, die ihre Werbekampagnen zusätzlich auf anderen Plattformen promoten wollten, ein. Auch in den USA, Brasilien, Südkorea und Australien laufen derzeit kartellrechtliche Ermittlungen gegen Google.

2. Welche Einigung scheint es derzeit zu geben?
Berichten zufolge ist Google zu Zugeständnissen bei den Suchergebnissen auf mobilen (Smartphones, Tablets) sowie klassischen PC-Anwendungen bereit. Anfang Juli unterbreitete der Konzern der EU-Kommission einen entsprechenden Vorschlag, der kurz vor der im Mai von Almunia gesetzten Deadline eingereicht wurde. Darin soll der Google-Vorstandsvorsitzende Eric Schmidt insbesondere auf die vier Kritikpunkte eingegangen sein. Laut Informationen der Financial Times hat er „bedeutende Änderungen seines Geschäftsgebarens zugesagt“. Genaue Details müssten noch besprochen werden, jedoch ist mit einem veränderten Algorithmus im Ranking zu rechnen. Inwiefern die Änderungen nur europa- oder auch weltweit wirksam werden, ist noch unklar.

3. Wie gestaltet sich die Lobbyarbeit von Google?
Die Lobbyarbeit hat bei Google einen wachsenden Stellenwert. In den USA gab das Unternehmen im letzten Jahr mehr als 10 Millionen Euro für politische Kontakte aus. In Brüssel sind derzeit sieben Mitarbeiter im Lobbying für Google aktiv. Laut europäischem Lobby-Register weist der Konzern 600.000 bis 700.000 Euro für das vergangene Jahr aus. Noch im September dieses Jahres soll in Berlin auf der Lobbymeile Unter den Linden die Google-Repräsentanz mit sieben Mitarbeitern eröffnet werden. Seit 2008 gilt Annette Kroeber-Riel als deutsche Chef-Lobbyistin für Google. Als "European Policy Counsel" verteidigt sie das Unternehmen in Politik, Branchenverbänden und gegenüber Verbraucherschützern. 

Mehr dazu:

- The Guardian: Google close to antitrust deal with European Commission (25.07.2012)

- New York Times: Google Moves Toward Settlement of European Antitrust Investigation (24.07.2012)