Die Zukunft der Financial Times

10.12.2012

Am vergangenen Freitag erschien die letzte Ausgabe der defizitären "Financial Times Deutschland". Doch auch das britische Original kämpft mit Problemen und könnte bereits Anfang des nächsten Jahres von Mutterkonzern Pearson verkauft werden. Seit einem Jahr kursieren bereits Gerüchte, dass sich sowohl Bloomberg als auch Thomson Reuters an einer Übernahme der Zeitung interessiert zeigen. Die "FT" im Portfolio zu haben, könnte beiden Konzernen - jedoch insbesondere deren Besitzern, David Thomson und New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg - helfen, ihren wirtschaftspolitischen Einflussbereich auszubauen. Möglich ist jedoch auch, dass die Financial Times Group (zu der auch eine 50-prozentige Beteiligung am Wirtschaftsmagazin The Economist gehört) weiterhin Teil von Pearson bleibt. Die Redaktion von mediadb.eu gibt einen Überblick über mögliche Motive der drei Medienkonzerne:

Pearson
Obwohl die Financial Times Group ein wichtiger Teil von Pearsons Kerngeschäft ist, hat der Konzern sich in den vergangenen Jahren immer mehr auf das Geschäft mit Bildung und Fachinformation konzentriert. So wurden das französische Wirtschaftsblatt "Les Echos", die spanische "Recoletos" sowie ein 50-Prozent-Anteil an der "Financial Times Deutschland" verkauft. Im Oktober diesen Jahres fusionierte zudem Pearsons Buchsparte Penguin mit Random House (Bertelsmann). Mit der Übernahme der Bildungsparte des Verlagsriesen Simon & Schuster von Viacom (1998), dem US-Schulsoftwarehaus NCS (2000) und der Harcourt Education-Sparte von Reed Elsevier (2008) avancierte Pearson zum größten Anbieter von Schul- und Sachbüchern weltweit. Mit einem Verkauf der "FT" (die Insidern zufolge ebenfalls nicht profitabel operiert) könnte Pearson diese strategische Ausrichtung weiter forcieren. Hinzu kommen personelle Veränderungen im Konzern. Die langjährige Pearson-Chefin und "FT"-Befürworterin Marjorie Scardino sowie die Finacial Times Group-Chefin Rona Fairhead werden den Konzern Anfang nächsten Jahres verlassen. Der neue CEO John Fallon gilt nicht unbedingt als Print-Befürworter.

Bloomberg
Bloomberg gilt ebenfalls als potenzieller Interessent, da das Unternehmen im vergangenen Jahr seine Medienaktivitäten, die über die Bereitstellung von spezialisierter Finanzinformationen hinausgehen, intensiviert hat. So stieg das Unternehmen mit Bloomberg View im vergangenen Jahr in den Meinungsjournalismus ein. Allerdings werden Bloomberg-Artikel außerhalb der Terminal-Abonnenten-Kreise an der Wall Street kaum wahrgenommen, da der Konzern außer BusinessWeek über kein namhafte Print-Publikation verfügt. Wäre Bloomberg im Besitz der "FT" würde sich dies schlagartig ändern. Michael Bloomberg, der momentan seine dritte und vermutlich letzte Amtszeit als Bürgermeister von New York absolviert, hat auf öffentlichen Auftritten mehrfach seine persönliche Vorliebe für die "FT" kundgetan. Allerdings häufen sich innerhalb seines Unternehmen die kritischen Stimmen, die vor der Akquisition einer Print-Zeitung warnen.

Thomson Reuters
Der Konzern und insbesondere die Reuters-Nachrichtenagentur, befinden sich seit Monaten in der Krise. Anfang des Jahres wurde CEO Thomas Glocer gefeuert, die Aktie befindet sich im Sinkflug und aufgrund von erhöhter Konkurrenz durch Bloomberg und Dow Jones sind immer weniger Investmentfirmen bereit, hohe Summen für Reuters' Finanzinformationen zu bezahlen. In den ersten drei Quartalen 2012 verzeichnete Thomson Reuters ein Umsatzrückgang von drei Prozent. Ein Konkurrenzprodukt zum Bloomberg-Terminal hat bisher nicht die erhoffte Anzahl von Abonnenten gefunden. Zudem verfügt Thomson Reuters bisher über keine Wirtschaftspublikation. Ein Traditionsblatt wie die "FT" unter dem Dach von Thomson Reuters könnte der gesamten Mediensparte neues Leben einhauchen sowie den politischen Einflussbereich von Besitzer und Multimilliardär David Thomson erheblich ausweiten.

Mehr dazu:

New York Times: Bloomberg Weighs Making Bid for The Financial Times (09.12.12)