Chaos bei Time Inc

11.03.2013

Vergangene Woche wurde bekannt, dass Time Warner seine Printsparte Time Inc als eigenständiges Unternehmen aus dem Konzern ausgliedern wird. Zuvor hatte CEO Jeff Bewkes vergeblich versucht, das Traditionsunternehmen aus New York an Meredith Corp. zu verkaufen, einen Frauenzeitschriften-Verlag aus Iowa. Nun sind immer mehr Details über die chaotischen Zustände beim US-Magazinriesen an die Öffentlichkeit gelangt. Demnach ist es nicht nur der digitale Wandel der Time Inc. in den vergangenen Jahren zu schaffen gemacht hat, sondern diverse Fälle schwersten Missmanagements. Allerdings schrillen nun auch bei anderen Medienkonzernen, die noch im Zeitschriftensektor aktiv sind, die Alarmglocken: wenn ein renommierter Medienkonzern wie Time Warner kein Interesse mehr an den bekanntesten Magazinen aller Zeiten - Time Magazine, People, Sports Illustrated - mehr hat, wie schlecht muss es dann um das Magazingeschäft im Allgemeinen stehen? Die Redaktion von mediadb.eu hat die Presseberichterstattung und Expertenkommentare über die Lage bei Time Inc. zusammengefasst:

1. Wie schlimm ist die wirtschaftliche Situation von Time Inc?
In den letzen zehn Jahren ist der Umsatz des Verlags um 40 Prozent auf 3,4 Milliarden US-Dollar geschrumpft, der Gewinn hat sich seitdem auf 420 Millionen Dollar halbiert. Allein im letzten Quartal 2012 sank der Umsatz um sieben Prozent auf 967 Millionen. Im Gegensatz dazu haben sich die anderen Geschäftsbereiche von Time Warner positiv entwickelt. Der Umsatz der Kabel-TV-Sparte etwa stieg im vergangenen Quartal um fünf Prozent auf 3,7 Milliarden US-Dollar. Auch der Aktienkurs des gesamten Konzerns ist im vergangenen Jahr aufgrund des florierenden Film- und Fernsehgeschäft gestiegen.
Zuletzt hat die Noch-Chefin von Time Inc, Laura Lang, 480 Angestellte, bzw. sechs Prozent der Belegschaft entlassen. Viele der verbliebenen Mitarbeiter favorisieren inzwischen ebenfalls eine Entlassung inklusive Abfindung, um sich möglichst schnell nach neuen Jobs umzusehen, da sie bei Time keine Zukunft mehr sehen. Selbst in Gestalt des ausgegliederten Unternehmens haben sich die Time-Titel zu Übernahmekandidaten entwickelt - allerdings nur als Prestigeprojekte für Milliardäre wie Michael Bloomberg oder News Corps Rupert Murdoch, dessen ebenfalls ausgegliederter Print-Arm im kommenden Juni Cash in Höhe von 1,7 Milliarden Pfund für mögliche Akquisitionen erhalten wird.

2. Welche Fehler hat Time Inc in der Vergangenheit gemacht?
Laut Insider Michael Wolff haben gravierende Managementfehler in den letzten Jahren dazu geführt, dass der Konzern mittlerweile nicht mehr zu retten sei. So beschreiben ehemalige Mitarbeiter wie während der Krise die Unternehmenszentrale in New York aufwändig renoviert wurde und Führungskräfte in Zeiten von Massenentlassungen unverhältnismäßig hohe Gehälter erhielten. Die crossmediale Integration der bekanntesten Time Inc-Marken wurde versäumt. Aufgrund von unternehmensinternen Grabenkämpfen wurden sinnvolle Synergien - etwa zwischen CNN und Time Magazine, oder Turner Broadcasting und People sowie Sports Illustrated - niemals realisiert. Zudem mangelt es offensichtlich an elementarer Kommunikation zwischen Top-Management von Time Warner und Time Inc. So wurde Laura Lang von der Konzernspitze völlig im Unklaren über die Ausgliederungspläne gelassen. Lang kündigte daraufhin ihren Rücktritt an. Time Inc. steht deshalb zunächst erstmals führungslos da.

3. Welche Konsequenzen hat die Entwicklung von Time Inc. für die gesamte Branche?
Springer-Chef Matthias Döpfner, der im Aufsichtsrat von Time Warner sitzt, wird die Vorgänge bei Time Inc genauestens beobachten und seine Schlüsse daraus ziehen. Laut Geschäftsbericht 2012 gingen auch hierzulande die Erlöse der Springer-Zeitschriftentitel um knapp vier Prozent zurück, die internationalen Zeitungen und Magazine verzeichnete ein Minus von knapp sieben Prozent. Immer mehr Medienkonzerne sehen ihre Wachstumspotenziale durch defizitäre Printsparten bedroht. Wie bei Time Warner musste auch Rupert Murdoch aufgrund von Druck der Aktionäre seine Printsparte aus News Corp. ausgliedern. In den USA gehört ein florierender Nachrichten-Magazinmarkt jedenfalls der Vergangenheit an: Time Inc. steht vor einer ungewissen Zukunft, IAC's Newsweek musste die Print-Erscheinungsweise bereits einstellen und Bloombergs Businessweek ist seit Jahren ein millionenschweres Zuschussgeschäft.

Mehr dazu:

Guardian: Time Inc's historic brands hold out hope for rebirth as company crumbles (09.03.2013)