Financial Times

Die Financial Times ist die führende Wirtschaftszeitung in Europa. Die chinesischsprachige Internet-Ausgabe der FT ist zudem mit 1,7 Millionen registrierten Nutzern die einflussreichste Quelle für Wirtschaftsinformationen in China und die führende internationale Zeitung in ganz Asien. Ihr Hauptkonkurrent bleibt international weiter das Wall Street Journal (WSJ). Zwar ist das „WSJ“ mit einer täglichen Auflage von rund 2,1 Millionen täglicher Auflage fast siebenmal so groß wie das britische Blatt, allerdings verkauft es davon über 1,6 Millionen Exemplare alleine in den USA.

Basisdaten

Unternehmenssitz:
The Financial Times Ltd
1 Southwark Bridge
London SE1 9HL
United Kingdom
+44 20 7873 3000
http://www.ft.com

Chefredakteur: Lionel Barber

 

Tab. I: Auflagenentwicklung 2001-2012 (wochentags; jeweils im Monat Januar)
JahrAuflage
2001458.292
2002453.244
2003408.861
2004403.324
2005398.735
2006441.840
2007439.104
2008447.114
2009432.944
2010383.067
2011319.757
2012319.757

Quelle: Audit Bureau of Circulations, Guardian

Geschichte und Profil

Als größten Fehler seines Geschäftslebens hatte Viscount Camrose die 1945 erfolgte Veräußerung seiner Mehrheitsanteile an der profitableren Financial Times an die Financial News-Gruppe rückblickend bezeichnet. Begründet hatte er diesen Schritt mit der seiner Ansicht nach gebotenen Notwendigkeit zur Bündelung publizistischer Kräfte in Zeiten des nationalen Wiederaufbaus. Nach Camrose hatte nur die Zusammenführung beider Blätter deren jeweilige Zukunft sichern und die nachhaltige Versorgung der Gemeinschaft mit hochwertigen Analysen und Informationen aus der Welt der Wirtschaft gewährleisten können. Gleichwohl durfte neben dem ideellen Aspekt auch die damalige Kaufsumme von 750.000 britischen Pfund ein zumindest ergänzendes Motiv für den Verkauf dargestellt haben. Die Fusion der Financial Times und der Financial News – unter Beibehaltung des Titels des Ersteren – markierte jedenfalls den Endpunkt einer über Jahrzehnte fortwährenden, teils erbitterten Rivalität der beiden bis dato dominierenden Größen des Londoner Finanz- und Wirtschaftsjournalismus.

Der Rabbinersohn Harry Hananel Marks hatte am 23. Januar 1884 die Financial and Mining News (wenige Monate später nur noch Financial News) ins Leben gerufen und in der Folge einen grundlegenden Wandel tradierter Linien britischer Finanz- und Wirtschaftberichterstattung eingeleitet. Bestimmten zuvor der nüchterne Ton der „Money“-Kolumnen der Times und die eher theoretisch-akademischen Analysen des Economist unter Walter Bagehot die Wirtschaftsdebatten, führte Marks, geprägt durch seine publizistischen Tätigkeiten zuvor in den USA, einen neuen, aggressiveren „Yankee-Style“-Journalismus ein. Marks Ziel war es neben der bisherigen Klientel der Finanzpresse, nämlich den elitären Kreis der Londoner City um Großindustrielle, reiche Geschäftsleute und Politökonomen, auch den zunehmend an Bedeutung gewinnenden Lesermarkt der kleinen Geschäftsleute und Kleinanleger zu erreichen. Die „News", die sich den „Interessen des Investors“ verpflichtet sah, war das erste Londoner Finanzblatt, das täglich erschien, das investigativ und in einer weniger elaborierten Sprache berichtete und vor allem die Leserschaft mit konkreten Anlageempfehlungen belieferte. Die bereits zu Anfang erfolgten Aufdeckungen von Wirtschaftsskandalen und Korruptionsfällen, etwa rund und um den städtischen Ausschuss für öffentliche Bauten (Metropolitan Board of Works), festigten bald ihren Ruf als zuverlässigen und wichtigen Berichterstatter. Am 9. Januar 1888 betrat schließlich der große Lokalrivale Financial Times die publizistische Bühne. Die bis zum 13. Februar gleichen Jahres unter dem Titel London Financial Guide firmierende FT machte von Beginn an ihre Vorherrschaftsansprüche auf dem Markt geltend. Bereits die Zeilen, welche das Titelbanner umrahmten, waren eine Ansage an die Konkurrentin FN und Anspielung auf deren vermeintliche Befangenheit: „Without Fear and Without Favour“. Die FT schaffte es durch ihren sachlicheren Stil und dem umfangreicheren Angebot an Finanzmarktinformationen die höheren Absatzzahlen zu erzielen, wenngleich die Autoren und investigativen Beiträge der FN stets einen ebenso guten Ruf beanspruchen konnten. Die Rivalität der beiden Blätter war erbittert und wurde offensiv ausgetragen. Nicht selten waren dabei die Angriffe der FT, des „Freundes des ehrlichen Financiers und des ehrbaren Maklers“ auf die Person des Besitzers und Chefredakteurs der Financial News, Harry Marks, selbst gerichtet. Freilich lieferte dieser, den sein Zeitgenosse Frank Harris als einen Mann „mit wenig Skrupel und vielen Interessen“ bezeichnet hatte, mit seiner Involvierung in diverse fragwürdige Geschäftsunternehmungen und entsprechenden gerichtlichen Verurteilungen eine hinreichende Angriffsfläche. Es folgte eine lange Periode, in der sich beide Seiten regelmäßig die journalistische Integrität gegenseitig absprachen und die Verstrickung des Anderen in unlautere Geschäfte vorwarfen. Freilich war es um die journalistische Unabhängigkeit in den ersten Jahrzehnten der täglich erscheinenden Londoner Finanzpresse nicht immer zum Besten gestellt. Falsche Angaben zu Bilanzen und wohlwollende Prognosen zu Aktienkursen von spendablen Anzeigekunden waren nicht selten. Erst in Folge einer Reihe schwerwiegender Betrugs- und Korruptionsfälle und im Zuge neuer gesetzlicher Regelungen für ein transparenteres Bilanzrechts ab Beginn des 20. Jahrhunderts – Companies (Consulidation) Act 1908, Fraud Act 1939, Companies Act 1948 – bildete sich auch zunehmend ein strengerer journalistischer Verantwortungskodex heraus.

Zwar hatte die Financial Times nach ihrer Fusion mit den News endgültig eine Monopolstellung innerhalb der Londoner Finanzpresse bezogen, doch war sie zu diesem Zeitpunkt noch ein „ziemlich langweiliges Blatt, zugeschnitten alleinig auf die Bedürfnisse der Londoner City-Klientel“, so ihr ehemaliger Journalist William Keegan. Ihre internationale wie inhaltliche Reichweite erlangte sie erst unter ihrem legendären Chefredakteur Sir Gordon Newton. Unter maßgeblicher Unterstützung seiner Mitstreiter Lord Drogheda, CEO von 1957-75, und dem fürs Anzeigengeschäft zuständigen Sidney Henschel gelang es Newton während seiner Amtszeit zwischen 1949 und 1972 sukzessive die Vorrausetzungen zu schaffen, die aus der FN den „internationalen Giganten“ von heute machten. Lag die Auflage der FT sowie die Anzahl der in ihr geschalteten Anzeigen 1950 noch bei jeweils 57.000 und 5.845, hatten sie im Jahr 1969 bereits die Marken von 171.000 und 26.360 erreicht. Ein Grund für den Aufstieg war die inhaltliche Öffnung des Blattes. Newton selbst hatte die Losung an seine Mitarbeiter ausgegeben, wonach „jeder, der den Bürgersteig entlang des St. Paul spaziert“ als potentieller Leser seiner Zeitung gesehen werden müsse. Eine Ausgabe aus dem Jahr 1968 etwa hatte in der Regel einen Umfang von fast 40 Seiten, inklusive eines Feuilletons, eines Entertainment-Guides sowie eines Sportwetten- und Kreuzworträtselteils. Die globale Expansion der FT erfolgte vor dem Hintergrund einer langsamen aber stetigen Strategie. Nach und nach umfasste die Berichterstattung die wichtigsten internationalen Finanzmärkte und die Zahl der Auslandsbüros wurde ausgebaut. 1968 beschloss man, die Veröffentlichung der Werbebeilagen in ausländischen Zeitungen von 12 auf 40 Exemplare pro Jahr zu erhöhen. In der Folge stiegen die Auslandseinnahmen der FT in der Zeit von 1968-71 um 65 Prozent auf die Rekordsumme von 1,5 Mio. Pfund. 1968 war nach den Ergebnissen einer Studie des British Market Research Bureau die FT das meistgelesene englischsprachige Periodikum unter europäischen (nicht-britischen) Topmanagern.

Unter den Nachfolgern Newtons – von Fredy Fisher (1972-81) über Sir Geoffrey Owen (1981-91) bis Richard Lambert (1991-2001) – wurde die Wachstums- und Internationalisierungsstrategie zunächst kontinuierlich und erfolgreich fortgeführt. 1979 begann die FT ihre Ausgaben erstmals auch außerhalb Londons zu drucken. Am 2. Januar des Jahres erschien die erste internationale Auflage in Frankfurt. Es folgten die Einweihungen von Druckstandorten in New York (1985), Paris (1988), Tokyo (1990), Madrid (1995), Hong Kong (1996), Mailand und Chicago (1998), Boston und San Francisco (1999), Dallas (2000), Dubai und Atlanta (2003). Seit Februar 2000 erscheint zudem die deutschsprachige Financial Times Deutschland (FTD). 2008 verkaufte die FT-Gruppe jedoch ihren 50-Prozent-Anteil an dem Projekt an den damaligen Joint-Venture-Partner Gruner + Jahr. Anfang der 80er Jahre erfolgte unter Geoffrey Owen und seinem Stellvertreter und Finanzredakteur Richard Lampert auch die Einführung einer Reihe von bedeutenden Finanzinformationsdienstleistungen. So wurden ab Dezember 1983 Tagelisten zu Zinsentwicklungen, Derivats- und Zinszahlungsfrequenzen und Anlagerücktrittsfristen veröffentlicht und 1984 der Financial Times Stock Exchange 100 (FTSE 100), der heute wichtigste britische Aktienindex etabliert. 

Die durch die Werbekrise seit 2001 verursachten Gewinneinbrüche hatten auch bei der FT Richtungsstreits zu Folge. Der von George Newton seinerseits initiierte, thematische und internationale Öffnungsprozess wurde hierbei teilweise revidiert. Andrew Gowers, Chefredakteur von 2001 bis 2005, hatte die Zeitung zunächst wieder stärker auf den Wettbewerb im britischen Markt ausgerichtet, in dem die FT in den vergangenen Jahren kaum wachsen konnte und auch 2006 massiv Leser verlor. Nachdem Gowers auch in Uneinigkeit über diese Linie das Blatt verlassen musste, ist die FT unter dem neuen Chefredakteur und früheren FT-USA-Chef Lionel Barber seit 2006 wieder klarer auf die „reine Wirtschaft“ verpflichtet und internationaler geworden. „Die FT will nicht mehr eine allgemeine Zeitung sein“, schreibt der frühere Guardian-Chefredakteur und Medienexperte Peter Preston: „Sie hat ihre speziellen News – und ihre speziellen Leser.“ Sie sei zwar noch nicht das eine Wirtschaftsblatt „für die ganze Welt“, so Preston, „aber sie kommt dem ziemlich nahe“. Die Zeitung bekam im April 2007 einen vor allem für den britischen Heimatmarkt gedachten Re-Launch verpasst. Unterstützt wurde der Relaunch durch eine mehrere Millionen Pfund schwere Werbekampagne unter dem Motto: „We live in Financial Times“. Zuvor hatten Marktumfragen ergeben, dass die FT von ihren alteingesessenen Leser für ihre Unabhängigkeit und globale Berichterstattung respektiert werde, jedoch auf neue Leser und britische Jung-Manager altmodisch und abschreckend wirke.

Die FT hatte als bedeutende Finanz- und Wirtschaftspublikation auch stets einen prägenden Einfluss auf den wirtschaftspolitischen Diskurs, wenngleich sie in erster Linie einen elitären Leserzirkel erreichte. In ihrer Ausrichtung zwar stets dem marktliberalen Ideal verpflichtet, variierte ihr politökonomisches Sendungsbewusstsein im Laufe der Zeit jedoch. Wie die meisten Wirtschaftszeitung der Zeit waren auch die Financial Times und die Financial News Ende des 19. Jahrhunderts arm an Beiträgen zur ökonomischen Theorie und politischen Richtungsfragen. Das Laizzes-faire-Prinzip bejahend, lag der Schwerpunkt auf der Berichterstattung über die Entwicklung auf den Märkten und konkreten Kurs- und Preisanalysen. Erst im Zuge der Keynesianischen Revolution ab Anfang der 1920er Jahre begann die Londoner Finanzpresse – wie schon Anfang und Mitte des 19.Jahrhunderts zuvor – wieder vermehrt theoretische und intellektuelle Impulse im ökonomischen Diskurs zu setzen. Vor allem die FT wurde dabei zu einem bedeutenden Forum makroökonomischer Debatten und gleichzeitig zum Propagandist keynesianistischer Ideen und Begriffe. Unter George Newton, der bekannt dafür war, frischen Hochschulabsolventen nach kurzen Einarbeitungszeiten leitende Position zu vergeben, wurde dann auch eine ganze Generation von FT-Journalisten geprägt, welche sich durch eine wissenschaftliche Auffassung von Wirtschaft, dem Interesse an Theorien und Ideen und dem Vorsatz, Politik zu beeinflussen gekennzeichnet war. Als Anfang der 1970er Jahre in Folge der Weltwirtschaftskrise das traditionelle keynesianische Weltbild zunehmend ins Wanken geriet, war es auf Seiten der FT der einflussreiche Kolumnist Samuel Brittan, der gemeinsam mit Peter Jay von der Times of London die keynesianischen Prinzipien lautstark in Frage stellte und sich für eine monetaristische Politik einsetzte. Brittan, der in seiner Zeit in Cambridge Schüler von Milton Friedman war, verteidigte auch die konservativen Regierungen von Thatcher und Major, als seine Zeitung unter wenigen im Land Stellung gegen den Thatcherismus bezogen hatte. Überhaupt sind die 1980er Jahre wohl als vorläufig letzte große Zeit der konzeptionellen und ideologischen Auseinandersetzung der britischen (Finanz-)Presse mit wirtschaftspolitischen Leitbildern zu sehen.

Als Folge von Börsen-Boom und zunehmender neoklassischer Dominanz in Politik und Wirtschaft seit den 80er Jahren habe, so der Politikwissenschaftler Wayne Parsons, auch eine Entideologisierung und Entintellektualisierung der Finanzpresse stattgefunden. Diese verstehe sich nicht mehr als Akteur und Plattform eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses und richte ihre journalistische Aufmerksamkeit wieder verstärkt einseitig auf die Verbreitung von Marktdaten und Kursanalysen.

Zudem ist im britischen Kontext sicherlich auch das Wirken eines Rupert Murdoch als wichtiges Moment für den zunehmenden Mangel an kritischem Reflexionsvermögen der Wirtschaftspresse anzuführen. Dieser hatte bezeichnenderweise bereits 1981 kurz nach seiner Übernahme der Sunday Times den Chefredakteur Harold Evans für dessen Kritik am „Sado-Monetarismus“ der Thatcherregierung hart kritisiert und die ebenfalls Thatcher-kritischen Kolumnen des Wirtschaftsnobelpreisträgers James Tobin als intellektuellen „Bullshit“ bezeichnet. 

Spätestens seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007 keimt auch in Großbritannien eine neue Diskussion über die Rolle und Verantwortung der Finanzmedien auf. Im Februar 2009 wurden im Rahmen der Untersuchungen des britischen Finanzausschusses zur Bankenkrise führende Köpfe der britischen Medien, darunter Robert Peston, Wirtschaftsredakteur der BBC, Simon Jenkins vom Guardian und auch FT-Chefredakteur Lionel Barber vorgeladen und angehört. Der Ausschuss wollte insbesondere die Frage erörtert wissen, ob Medien mit einer unbedachten und dramatisierenden Berichterstattung in Zeiten von schwerwiegenden Finanzmarktturbulenzen die jeweiligen Krisen verschärfen würden und ob es sinnvoll wäre, hier ein freiwilliges Selbstrestriktionsverfahren nach dem Vorbild des defence-advisory-notice-Systems einzuführen. Der Abschlussbericht des Ausschusses sah von einer derartigen Empfehlung ab und folgte damit auch dem Standpunkt der eingeladenen Medienverantwortlichen. Der Medienkritiker Danny Schechter fragte in einem Artikel hingegen, weshalb es keine parlamentarische Untersuchung zu der Frage gegeben hätte, wie die Medien und insbesondere die Finanzpresse es versäumen konnten, die Krise vorherzusehen. Auch andere Kommentatoren bemängeln seither immer wieder die Performanz der Wirtschaftspresse in Bezug auf kritische Analysefähigkeit und ihren Beitrag zur makroökonomischen Meinungsbildung.

Dennoch: Ein Wandel der FT hin zu einem erneut wirtschaftsreflexiven Blatt ist auch unter Chefredakteur Lionel Barber nicht abzusehen. Zu sehr orientiert sich die aktuelle FT ganz an den Bedürfnissen seiner elitären Leserschaft, größtenteils bestehend aus Geschäftsleuten und Börsenmaklern. Und diese schätzen die sachliche und umfassende Berichterstattung des lachsfarbenen Vorzeigewirtschaftsblatts ebenso wie etwa deren selbsternannte agenda-setting Kolumne „Lex“ oder das monatliche Supplement „How to spend it“, das Hochglanzmagazin zu „Luxus, Lebensart und Style“. Die FT sieht sich heute, getreu dem Motto ihres Vorgängers Financial News, wieder gänzlich dem „Interesse des Investors“ verpflichtet.

Verlagsüberblick und Management

Seit 1957 gehört die Financial Times zum Portfolio des britischen Medienkonzerns Pearson. Zum damaligen Schnäppchenpreis von 720.000 Pfund (gemessen am Netto-Erlös der Zeitung in Höhe von 720.000 Pfund im Jahr 1956) veräußert, vereint die Financial Times Group (FT Group) heute neben ihrer Hauszeitung auch das Online-Portal ft.com, den Verlag FT Press sowie diverse Fachdienste. Ferner ist sie am Zeitschriftenverlag The Economist Group (50% am Wochenmagazin „The Economist“ und den angeschlossenen Diensten) und weiteren internationalen Joint-Ventures beteiligt.

2007 ging das französische FT-Schwesterblatt, die Wirtschaftszeitung Les Echos, für 240 Millionen Euro an den Luxuskonzern LVMH (Luis Vuitton Moët Hennessy). Schon 2004 hatte sich Pearson von seinem spanischen Wirtschaftsblatt „Recoletos“ getrennt. Der Abschied von den FT-Partnerblättern ist Teil der neuen Strategie von Pearson, sich künftig noch stärker auf den englischsprachigen Markt und den Ausbau von Pearson zum Bildungskonzern zu konzentrieren.

Das ehrgeizige wie teure Ziel des Pearson Konzerns, mit der Financial Times dem Wall Street Journal den Rang als international führende Wirtschaftstageszeitung abzulaufen und der durch die Werbekrise seit 2001 verursachte Gewinneinbruch bei der gesamten FT-Group sorgten aber immer stärker für Unzufriedenheit bei den großen institutionellen Anlegern. Die Pearson-Aktie entwickelt sich seit Jahren schlechter als der wichtigste britische Aktienindex, der ironischerweise von der Financial Times etablierte FTSE 100. Die Pearson-Chefin Marjorie Scardino, die nun seit mehr als 10 Jahren die einzige Konzern-Chefin im männlich dominierten FTSE 100 ist, hatte in den vergangenen Jahren vor allem die Begehrlichkeiten einflussreicher Analysten und Aktionärsvertreter abzuwehren, die immer lauter einen Verkauf der kränkelnden FT-Gruppe forderten. Doch dies, ginge wie Scardino schon 2002 markig verkündet hatte, „nur über meine Leiche“.

Internetpräsenz und Online-Performance

Nachdem das Pearson Management 2006 noch laut überlegt hatte, die kostenpflichtigen Bereiche von ft.com zurückzufahren, will der Konzern nun an der so genannten „Chargewall“ der Internet-FT festhalten – allerdings mit einem abgestuften Verfahren: Aktuell können Nutzer sechs Beiträge pro Monat kostenlos aus dem eigentlich kostenpflichten Bereich von ft.com downloaden. Eine kostenlose Registrierung wird mit 30 Gratis-Beiträgen belohnt, alles darüber hinausgehende gibt es nur gegen Gebühr. FT gab im Frühjahr 2012 an, dass die tägliche Seitenbesucherzahl von ft.com bei 900.000 liege. Unter den 4,5 Mio. registrierten Nutzern des Online-Portals befänden sich zudem 285.000 zahlende Abonnenten.

Im Mai 2012 hat die FT bekannt gegeben, künftig ihre iPad- und iPhone-App komplett abzuschalten und nur noch auf das plattformübergreifende Web-App-Publishing zu setzen. Nach monatelangem Streit mit Apple über die Zugriffsrechte auf FT-App-Kundendaten hatte die Financial Times bereits Mitte 2011 ihre iOS-App aus dem iTunes Store zurückgezogen und als erste große Zeitung eine Web-Version ihrer App eingeführt. Bereits im November 2011 verzeichnete die kostenpflichtige Web-App über eine Mio. Nutzer und lag damit deutlich über den Nutzerzahlen der iOS-Version. Im Frühjahr 2012 überschritt die Zahl der Nutzer schließlich die zwei Mio. Marke.

Nach Angaben der FT macht ihr App-Angebot zwöf Prozent der Gesamtabonnenten und 19 Prozent des Traffics von ft.com aus. Seit Ende 2011 wäre die Zahl der Nutzer ihres Smart-Phone- und Tablet-Angebots um jeweils 52 und 49 Prozent gestiegen. Zudem habe das kostenfreie How-to-spend-it-App in gleicher Zeit bereits ein Downloadvolumen von 100 000 Nutzern erreicht.

Aktuelle Entwicklungen und Ausblick

Im Februar 2012 beschlossen die Journalisten der Financial Times zu streiken. Zuvor wurde ihnen vom Management eine Zwei-Prozentige Gehaltserhöhung angeboten, die angesichts positiver Ergebnisse und gestiegener Vorstandsgehälter wie eine Zumutung gewirkt haben muss: Die Financial Times Group konnte 2011 Gewinn und Umsatz um 27, bzw. sechs Prozent steigern, unter anderem weil die Nummer der registrierten Benutzer der FT-Webseite auf über vier Millionen anstieg. Besonders ärgerlich für die Angestellten war, dass FT-CEO John Ridding zwischen 2006 und 2010 sein jährliches Gehalt auf 928 000 Pfund erhöhen konnte, was einer 95-prozentigen Steigerung entsprach. Nachdem erste Schlichtungsgespräche gescheitert waren gab es am 13. März den ersten Warnstreik, an dem 250 FT-Journalisten teilnahmen. Zuvor waren seitens der FT eine Lohnsteigerung von zwei bis 2,5 Prozent für die Redaktionsmitarbeiter sowie eine Ein-Prozent Erhöhung der leistungsbezogenen Zulagen und weitere Bonuszahlungen in Aussicht gestellt worden. Im März 2012 akzeptierten die FT-Journalisten schließlich eine drei bis 3,5-prozentige Lohnsteigerung.

Referenzen/Literatur

  • Bull, Goerge 1998: Obituary. Sir Gordon Newton, in: The Independent, 3. September 1998.
  • Fraser, Matthew 2009: Five reasons for crash blindness, in: British Journalism Review, Vol. 20, Nr. 4, S.78-83.
  • Greenslade, Roy 2012: Financial Times staff stop work today, in: The Guardian 12.März 2012.
  • Griffiths, Dennis 2006: Fleet Street. Five hundred years of the Press, London.
  • House of Commons Treasury Committee 2009: Banking Crises: reforming corporate governance and pay in the City, Ninth Report of Sessions 2008-09, London 12.Mai 2009.
  • Keegan, William 2001: The birth of greed…, in British Journalism Review, Vol.12, Nr. 1, S.45-50.
  • Kynaston, David 1988: The Financial Times. A Centenary History, London.
    Parsons, Wayne 1989: The Power of the Financial Press. Journalism and economic opinion in Britain and America, Aldershot.
  • Schechter, Danny 2009: Credit crises: How did we miss it?, in: British Journalism Review Vol. 20, Nr.1, S.19-26.
  • The Guardian 2012: Financial times passes 2m users for its HTML5 web App, 24. April 2012.