die tageszeitung (taz)

Die tageszeitung (taz) gehört mit einer Druckauflage von 80.820, täglich 56.052 verkauften Exemplaren und 44.911 Abonnenten zu den zehn größten überregionalen Tageszeitungen in Deutschland. Die Zeitung erreicht etwa 270.000 Leser und Leserinnen. 1978 in West-Berlin als linksalternatives, selbstverwaltetes Zeitungsprojekt gegründet, hat sie in der deutschen Medienlandschaft ein Alleinstellungsmerkmal. Ziel der taz ist es, eine alternative Gegenöffentlichkeit zu bilden und nicht – im Gegensatz zu herkömmlichen Zeitungen – Gewinne zu erwirtschaften. Seit dem 17. April 1979 erscheint sie täglich. Herausgegeben wird sie von der taz-Verlagsgenossenschaft e. G., zu welcher Ende 2009 nahezu 9.000 Genossen zählten und die über rund 8,5 Millionen Euro Kapital verfügt. Als einzige Zeitung in Deutschland hat die taz eine Frauenquote. Ab Ende 1998 war Bascha Mika Chefredakteurin, 2009 wurde sie von Ines Pohl abgelöst.

Für die taz arbeiten rund 250 Personen. Es gibt drei Lokalausgaben in Berlin sowie Hamburg und Bremen, die zusammen als taz Nord herausgegeben werden. Seit dem 18. April 2009 hat die tageszeitung in der Samstagsausgabe eine Wochenendbeilage, die sonntaz. Zudem liegt der Zeitung im Abonnement die deutschsprachige Monatszeitung Le Monde diplomatique bei.

Basisdaten

Hauptsitz:
Rudi-Dutschke-Straße 23. 10969 Berlin
Telefon:  030/259020
Fax: 030/251 50 28
Internet: www.taz.de

Branche: überregionale Tageszeitung,; drei Lokalausgaben (Berlin; Hamburg, Bremen (zusammen taz nord); Online-Angebot
Rechtsform: Genossenschaft
Geschäftsjahr: 01.01.-31.12.
Gründungsjahr: 1978
Beschäftigte: 250

 

Tab. I: Ökonomische Basisdaten
2008200720062005200420032002
Mitglieder der Genossenschaft8.4287.7077.2336.2726.1235.8645.514
Geschäftsguthaben (in €)8.215.4327.668.1227.212.8716.656.9736.146.6995.719.4215.390.149
(Druck-)Auflage78.27179.49980.67081.07582.95683.70182.586
Verkaufte Auflage55.51456.21058.17158.86558.60859.91459.521
Abonnements45.24846.27447.25147.92248.19249.41348.413
Verbreitung57.10358.25659.92160.58260.67962.00161.099
Umsatz (in €)*22.239.40922.175.18321.852.10021.176.661---------

* der zusammengeführten taz-Gesellschaften 1.1.2006 bis 31.12.2008

Unternehmensleitung:

Verlag
TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH,
Rudi-Dutschke-Str. 23, 10969 Berlin,
Verlagsleitung: Tel. 030-25902-212 oder -300, Fax 030-251 50 28
Geschäftsführer: Karl-Heinz Ruch

Herausgeberin
taz, die tageszeitung. Verlagsgenossenschaft eG
Postfach 610229, 10923 Berlin,
Zentrale Berlin, Tel. 030-25902-0
Amtsgericht Berlin Charlottenburg GNR 480 NZ

Vorstand

  • Andreas Bull
  • Ulrike Herrmann
  • Bernd Pickert
  • Karl-Heinz Ruch
  • Gabriele Winter


Aufsichtsrat

  • Astrid Prange de Oliveira,
  • Johannes Rauschenberger
  • Hermann Josef Tenhagen


Redaktion

  • Chefredakteurin: Ines Pohl
  • stv. Chefredakteur: Reiner Metzger
  • Chef vom Dienst: Klaus Hillenbrand (Ressortleitung)
  • sonntaz: Georg Löwisch (Ressortleitung)
  • Leitung taz.de: Matthias Urbach

(Stand: November 2009)

Besitzverhältnisse: 1978 wurde die tageszeitung als linksalternatives, selbstverwaltetes, basisdemokratisches Zeitungsprojekt gegründet. Eigentümer war der „Verein der Freunde der alternativen Tageszeitung e.V.“, um den Firmen als Gmbhs und Co.Kgs gegründet wurden, die von Treuhändern verwaltet und vertraglich dem Verein unterstellt wurden. Als Treuhänder fungierten Anwälte wie Otto Schily in Berlin oder Ulrich K. Preuß in Frankfurt. Es wurden weiter Verlage in Berlin und Frankfurt gegründet, daneben die „Contrapress Satz und Druck GmbH und Co. Betriebs KG“ sowie die für die Finanzverwaltung zuständige „Compress GmbH“. Ein komplexes Gebilde entstand. Alle Entscheidungen hatte der Verein beziehungsweise sein fünfköpfiger Vereinsvorstand zu treffen. 
Nach der Wiedervereinigung geriet die tageszeitung 1991 in eine schwere finanzielle Schieflage, welche eine Neuordnung der Besitzverhältnisse nötig machte. 1992 wurde die tageszeitung Verlagsgenossenschaft eG gegründet, um neue Investitionsmittel zu erhalten und gleichzeitig die publizistische Unabhängigkeit zu wahren. Die Genossenschaft ist seither die Herausgeberin der Zeitung. Im November 2009 hatte sie nahezu 9.000 Mitglieder und ein Genossenschaftskapital von über 8,5 Millionen Euro. Beim Eintritt in die Genossenschaft zahlt jedes Mitglied einmalig mindestens 500 Euro, höchstens aber 25.000 Euro. Die Geschäftsguthaben der Mitglieder haben sich im Jahr 2009 (Stand November) auf insgesamt 569.500 Euro erhöht.
2003 wurde die taz Entwicklungs KG gegründet, in der sich 354 Kommanditisten und Kommanditistinnen engagieren.

Geschichte und Profil

Die taz sei eine zivile Antwort auf das Ungenügen der Eltern und Großelterngeneration, sich mit der Schuld an der NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen, schreibt der ehemalige taz-Mitarbeiter Jörg Magenau in seinem Buch „Die taz: eine Zeitung als Lebensform“. Das Zeitungsprojekt entstand als Folge des Deutschen Herbst 1977. Das Jahr 1978 war ein Jahr der Orientierungssuche und der Ungewissheit, „die Zeit der APO lag zehn Jahre zurück, der Terror der RAF hatte die Linke ihrer moralischen Überlegenheitsgefühle beraubt“, erinnert sich Magenau. Man wollte der bürgerlichen Öffentlichkeit ein eigenes Medium entgegensetzen. Auf dem Tunix-Kongress im Januar 1978 in Berlin, einem Treffen der aufkeimenden neuen sozialen Bewegungen, entstand die Idee, ein alternatives Zeitungsprojekt zu gründen, das sich nicht an der ökonomischen Vernunft orientierte. Die Gründer verschwendeten keinen Gedanken daran, dass die Zeitung sich als tragfähiges Unternehmen am Markt etablieren musste. Statt Konkurrenz und hierarchischer Struktur wählte man ein hierarchiefreies Kollektiv und dezentrale Strukturen. Mitmachen konnte jeder, egal ob er oder sie über journalistische oder technische Kenntnisse verfügte oder nicht. Zu den Mitbegründern gehörte unter anderem auch der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele. Finanziert wurde das Projekt allein über Abos und Spenden.

Die erste Ausgabe erschien am 27. September 1978. Sie trug das Datum vom 22. September, denn die Arbeit an der Nullnummer hatte fünf Tage länger gedauert als geplant. Das basisdemokratische Prinzip hatte dazu geführt, dass jeder über alles mit jedem debattierte. Die Nullnummer umfasste 16 Seiten und behandelte Themen wie den Sieg der Sandinistas in Nicaragua, den Streit um die geplante Wiederaufbereitungsanlage für Atommüll in Gorleben sowie die Verhaftung der RAF-Terroristin Astrid Proll.

Die erste reguläre Ausgabe erschien am 17. April 1979. Die Belegschaft bestand zu dieser Zeit aus 50 Mitarbeitern und wuchs bis Ende des Jahres auf über 90 an. Die Redaktion bezog ihre Räume in der Wattstraße 11-12 in Berlin-Wedding. Alle Mitarbeiter erhielten einen monatlichen Einheitslohn von 800 Mark. Die ersten Ausgaben hatten noch kein einheitliches Layout, es wurde viel experimentiert und es dauerte mehrere Jahre, in denen die taz zu ihrer eigenen Form fand. Die ersten regulären Ausgaben hatten beispielsweise keine Rubrizierung in einzelne Ressorts. Frauenthemen dagegen hatten seit Gründung ihren Platz in der taz. Ab 1980 gab es eine Frauenquote.

Auch im Vertrieb wurde experimentiert: Teilweise übernahmen die Mitarbeiter den Vertrieb in Selbstorganisation. Dagegen stand von Anfang an das Format fest: Seit ihrer Gründung erscheint die tageszeitung im kleinen, handlichen Berliner Format. Ebenfalls von Anfang an klar war, dass die Leserbriefe in der Zeitung eine zentrale Rolle spielen sollten. In den ersten Jahren erschienen sie immer auf Seite 3, dem wichtigsten Platz nach der Titelseite.

Im Laufe der Jahre gab es mehrere Relaunches, neue Rubriken und Ressorts. Schon im November 1980 erschien der Berliner Regionalteil der taz. Auch in Hamburg und Bremen entstanden Regionalredaktionen, die heute den Regionalteil taz Nord für Bremen, Hamburg. Niedersachsen und Schleswig-Holstein produzieren. Er umfasst vier Seiten, von der eine davon eine so genannte Wechselseite für die jeweiligen Länder ist. Die Regionalausgaben münster taz, taz ruhr, aber auch die ganz eigenen Ausgaben für Hamburg und Bremen mussten aus Kostengründen wieder eingestellt werden. Auch die taz nrw, die aus den Regionalausgaben taz Köln und taz Ruhr entstand, scheiterte und wurde im Jahr 2007 eingestellt.

1983 führte die taz ein eigenes Parlamentsbüro in Bonn ein, auch wurde das Netz der Auslandskorrespondenten ausgebaut. In Nicaragua gab es zeitweise sogar mehrere Korrespondenten gleichzeitig. Heute sind 32 Korrespondenten auf der ganzen Welt für die tageszeitung tätig und noch immer profiliert sich die taz besonders über ihre ausgiebige Auslandsberichterstattung aus Regionen der Welt, die in den deutschsprachigen Medien sonst weniger Berücksichtigung finden.

Mit den Jahren etablierten sich hierarchische Strukturen innerhalb der Redaktion. Ende 1988 wurde die Wirtschaftsredakteurin Georgia Tornow zur Chefin gewählt. Tornow hatte jedoch noch keine Weisungsbefugnisse, kümmerte sich aber um die konzeptionelle Weiterentwicklung des Blattes. 1989 wurde ihr Martin Kempe und 1991 Andreas Rosteck zur Seite gestellt, 1992 folgte ihnen das Trio Michael Sontheimer, Jürgen Gottschlick und Elke Schmitter. Sontheimer gilt als erster offizieller Chefredakteur der taz. 1994 übernahm für kurze Zeit Arno Widmann das Amt, auf ihn folgten 1995 Arno Luik und Norbert Thomma. Schon ein Jahr später gab es einen erneuten Wechsel mit Klaudia Brunst und Michael Rediske. Ende 1998 übernahm schließlich Bascha Mika den Chefposten. Mika wurden Peter Unfried und Thomas Eyrich, später Reiner Metzger, als Stellvertreter an die Seite gestellt.

Während der Wende versuchte die taz einen „Anbau Ost“ – die Gründung einer Ost-taz, die eine Auflage von 60.000 Stück haben sollte. Die Gründung des Projekts war umstritten, nach nur wenigen Monaten scheiterte es. 

Ende 1991 sah sich die taz kurz vor der Insolvenz. Nachdem durch die Wiedervereinigung die Berlin-Förderung wegfiel, von welcher die taz mit monatlich rund 100.000 Mark profitiert hatte, das Projekt Ost-taz ein tiefes Loch ins Budget geschlagen hatte und der Einheitslohn in Folge der gestiegenen Lebenskosten auf 1550 Mark angehoben worden war, klaffte ein enormes Finanzierungsdefizit. Die Einsicht kam, dass die taz Gewinne erwirtschaften musste und dass das Prinzip der Selbstverwaltung nicht bis zur letzten Konsequenz aufrecht zu halten war. „Wer Verantwortung übernimmt, muss auch entscheiden dürfen“, sagte Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch. Ein Sanierungskonzept wurde erarbeitet, das die Reduzierung von 200 auf 130 Stellen vorsah. Zudem wurden differenzierte Löhne eingeführt, die abhängig vom Berufsjahr, der Anzahl der Kinder, aber auch von der Funktion sind. Gleichzeitig wurde eine stärkere Hierarchie mit einer Chefredaktion und Ressortleitungen eingeführt. Ein Redaktionsstatut wurde verabschiedet und auch ein Betriebsrat gegründet. Am 27. November 1991 wurde die Genossenschaft gegründet, an welche die taz verkauft wurde. Damit verkaufte sich die tageszeitung gewissermaßen an sich selbst.

In den 90er Jahren entwickelte sich die taz zur Zeitung der alternativen Besserverdiener. Durch die Finanzierung der Genossenschaft war genügend Geld vorhanden, um notwendige Investitionen zu tätigen, so wurden 1995 ein Internetauftritt realisiert und 1999 ein auf einer Open-Source-Software basierendes Redaktionssystem eingeführt.

Immer wieder machte die taz mit Aktionen auf sich aufmerksam. Noch immer möchte die Zeitung ihrem Anspruch gerecht werden, Gegenöffentlichkeit herzustellen. Geschäftsführer Ruch bezeichnet die Zeitung als eigene Gattung, die die Balance zwischen Boulevard und Abonnentenzeitung meistert. Darum arbeitet die Zeitung auf ihrer Titelseite mit großen Bildelementen und witzigen, prägnanten Überschriften wie „Es ist ein Mädchen!“, als Angela Merkel zur ersten Bundeskanzlerin von Deutschland gewählt wurde. Seit 2001 gab es einige Modernisierungen, unter anderem eine neu gestaltete Titelseite, die Einführung von Schwerpunktseiten oder auch die Etablierung der „taz zwei“, dem zweiten Buch der Zeitung, das intelligente Unterhaltung bieten soll.

2009 feierte das Zeitungsprojekt seinen 30. Geburtstag mit einem großen „tazkongress“, in dessen Rahmen politische Diskussionen stattfanden. Zudem wurde die neue Wochenendbeilage sonntaz eingeführt. Zudem hat die taz die taz Panter Stiftung gegründet, die unter anderem den taz Panter Preis für Zivilcourage im Alltag finanziert.

Verlagsüberblick

Nach wie vor hält die Genossenschaft Beteiligungen an einem Geflecht der verschiedenen Firmen, die noch aus Gründungszeiten herrühren, wobei vor allem die Contrapress Satz und Druck GmbH und Co. Neue KG zu nennen ist. Daneben gibt es die taz Entwicklungs KG, die mit einem Investitionskapital von 2.977.500 Euro die Zukunft von drei weiteren Geschäftsbereichen der taz gestaltet: die Regionalausgaben der taz Nord, die digitaz sowie die Le Monde diplomatique. Die Mindesteinlage zur taz Entwicklungs KG betrug 5.000 Euro.

Management

Wenn man bei der taz überhaupt von einem Management im klassischen Sinne sprechen kann, so ist diese Aufgabe die von Karl-Heinz Ruch. 1977 war er gerade 23 Jahre alt, studierte Volkswirtschaft und gehörte zu den taz-Gründern. Schon damals wollte sich „Kalle“, um die Geldangelegenheiten des Zeitungsprojekts kümmern. „Beschließt nur, kann sowieso keiner bezahlen“, soll Ruch so manche traumtänzerische Entscheidung der Basisdemokraten lakonisch kommentiert haben. Und so wurde er zum Geschäftsführer der taz. Ruch gilt als wortkarg, aber kreativ. Er machte den Vorschlag, ein eigenes Verlagshaus zu kaufen, er schlug differenzierte Abopreise vor und auch die Gründung einer Genossenschaft wurde von ihm vorangetrieben, wenngleich die Idee eigentlich vom SPD-Politiker und ehemaligen Bundesminister für Arbeit und Soziales, Olaf Scholz, gekommen sein soll.

Die verlagspolitischen Entscheidungen werden aber nicht allein von der Geschäftsführung getroffen. Die basisdemokratischen Strukturen aus den Anfangsjahren haben ihre Spuren hinterlassen: Zentrales Organ ist der Redaktionsrat, der an den Entscheidungen für die Zeitung maßgeblich mitwirken kann. So muss der Redaktionsrat vor Veränderungen der Blattstruktur, insbesondere der Neugründung oder Abschaffung von Ressorts, sowie bei wesentlichen Veränderungen von redaktionellen Entscheidungsprozessen gehört werden. Dies gilt sinngemäß auch für Regionalteile, den Online-Auftritt und sonstige redaktionelle Angebote unter der Dachmarke taz. Weiter heißt es im Statut „Der Redaktionsrat kann bei solchen Blattreformen jederzeit mit einer Ankündigungsfrist von mindestens einer Woche eine Redaktionsversammlung einberufen. Die Chefredaktion ist verpflichtet, mit mindestens zwei Mitgliedern auf dieser Versammlung zu erscheinen, (…) und die vorgeschlagenen Veränderungen zur Diskussion zu stellen. (…) Die Chefredaktion ist verpflichtet, die vorgebrachten Argumente in ihre Überlegungen einzubeziehen, bevor sie entscheidet.“ Das 1992 verfasste Redaktionsstatut ist Teil aller Arbeitsverträge. Es regelt auch, dass die Geschäftsführung dazu verpflichtet ist, die vorgeschlagenen Personen im Rahmen des vom Verlag bewilligten Stellenplans einzustellen. So wählt die taz die Chefredaktion nicht über verlegerische Entscheidungen, wie das bei anderen Zeitungen der Fall ist, sondern über einen gewählten Vorstand und den geschäftsführenden Vorstand. So wurde im Sommer 2009 die 42-jährige Ines Pohl, zuvor Korrespondentin der Ippen-Gruppe, zur Nachfolgerin der langjährigen Chefredakteurin Bascha Mika gewählt. Sie gab den Posten nach elf Jahren an der Spitze ab. Pohl möchte das Profil der taz schärfen und ihre inhaltliche Relevanz ausbauen. Unter Bascha Mika hatte die taz immer wieder mit Aktionen für Aufsehen gesorgt, beispielsweise die Umbenennung des Teils der Kochstraße in Berlin in Rudi-Dutschke-Straße, in der das taz-Redaktionsgebäude steht. Für Aufsehen sorgte auch die 2003 erschienende „Feindest-taz“, die unter der Leitung von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann entstand.

Internetpräsenz und Online-Performance

Die taz war 1995 die erste deutschsprachige Tageszeitung, die ihre Inhalte komplett ins Internet stellte, zudem machte sie ihr Archiv auf CD-ROM zugänglich. Danach geschah wenig. „Dadurch haben wir wenigstens kein Geld verbrannt“, sagt Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch. Seit März 2007 gibt es jedoch eine eigenständige Onlineredaktion. Es erfolgte ein kompletter Relaunch, heute sieht www.taz.de wesentlich aufgeräumter auf, wenngleich der Online-Auftritt in Grafik, Technik, Einsatz von Videos oder opulenten Foto- und Klickstrecken sowie auch Usability weit hinter dem der großen Onlineportale zurückbleibt.

Angefangen mit drei Mitarbeitern umfasst taz.de heute sieben Redakteure und Redakteurinnen. Hinzukommt ein Redakteur, der für die Blogs zuständig ist. Zum Online-Angebot gehört eine Vielzahl an Blogs, die unter dem speziellen Webbereich http://blogs.taz.de/ aufzufinden sind. Zudem nutzt die taz den Microbloggingdienst Twitter, über den sie auf ihre Inhalte, Aktionen und Veranstaltungen hinweist. Im September 2009 verzeichnete taz.de mit rund 11 Millionen Seitenaufrufen (PIs) sein bislang bestes Ergebnis. Im Vergleich zum Vorjahresquartal, also dem 3. Quartal 2008, stieg die Zahl der Seitenaufrufe um 68 Prozent. Auch die Zahl der Visits, also die Anzahl der Besuche, ist gestiegen: Im 3. Quartal 2009 wurden durchschnittlich 2,8 Millionen pro Monat gemessen, was im Vergleich zum Vorjahresquartal ein Zuwachs um 75 Prozent darstellt.

Abgerundet wird das Online-Angebot durch eine neues Portal: Unter http://bewegung.taz.de/ startete die taz zu ihrem 30. Geburtstag ein neues Internetportal, welches das zivilgesellschaftliche Engagement und alternative Lebensstile stärken sowie Menschen miteinander vernetzen soll, die sich engagieren möchten. Das Portal bietet einen Veranstaltungskalender und alternatives Adressbuch, es soll als „Ideenschmiede“ dienen und Aktionsportal sein. Wer sich anmeldet, kann Aktionen einstellen, mit anderen Mitgliedern diskutieren und Menschen finden, die Lust haben, sich zu beteiligen. Für die Plattform sind zwei Mitarbeiter zuständig.

Die Internetpräsenz der taz umfasst auch das Onlinearchiv, in dem alle taz-Texte seit September 1986 sowie die Artikel der Monde diplomatique seit 1995 zu finden sind. User können über zwei Suchmasken im Archiv recherchieren. Die Treffer aus der tagesaktuellen taz sind kostenlos lesbar, zurückliegende Texte jedoch nur mit einem Passwort abrufbar. Die Nutzung des Archivs kostet monatlich fünf Euro. Es ist auch möglich, das Archiv als DVD zu bestellen. Die DVD umfasst alle Texte von September 1986 bis zum 31. Mai 2009.

Aktuelle Entwicklungen und Ausblick

Nach wie vor konzentriert sich die taz auf ihr Kernprodukt, die gedruckte tageszeitung, die seit jeher eine Zweitzeitung war. Die taz litt jahrelang beharrlich darunter, bei der Aktualität nicht mit anderen Medien mithalten zu können. Im digitalen Zeitalter haben alle Tageszeitungen den Anspruch, aktuell und umfassend informieren zu können, längst verloren. Die taz mit einer alternativen Meinung, einem hohen Informationswert und der Fähigkeit zur intelligenten und bisweilen satirischen Unterhaltung, kann von ihrer Stellung als Zweitzeitung profitieren.

Ihre Online- und Printleser überschneiden sich kaum und erweisen sich als besonders treu. Die taz hofft, eine starke Community im Web aufzubauen und mit Hilfe des Internets zurück zu ihren Wurzeln zu kommen: Jeder soll mit jedem über alles debattieren können. Das Portal http://bewegung.taz.de/ stellt einen Anfang dar: Die taz möchte Organisatorin von Gemeinschaften sein und dazu beitragen, die alternative Bürgerlichkeit im Netz virtuell zu realisieren.

Referenzen/Literatur

  • Blöbaum, Bernd (2007): „Wandel alternativer Öffentlichkeit. Eine Fallstudie zur tageszeitung (taz)“, in:  Imhof, Kurt;  Blum, Roger; Bonfadelli, Heinz und Jarren, Otfried: „Demokratie in der Mediengesellschaft“, Verlag für Sozialwissenschaften
  • Magenau, Jörg (2007): „Die taz: Eine Zeitung als Lebensform“, Hanser Verlag
  • Dickel, Sarah (1999): „Geschichte und Entstehung der TAZ“, Hochschule Lüneburg
  • Geschäftsberichte TAZ Verlagsgenossenschaft e.G. aus den Jahren 2005 bis 2008
  • taz, Mitgliederinfo Nr. 19
  • medium: online: Die neue "taz"-Chefin: Ines Pohl
  • www.taz.de
  • http://bewegung.taz.de/