Update: Der Abhör-Skandal und seine Folgen

18.07.2011

Selbst nachdem News Corp. sein Übernahmeangebot für einen Mehrheitsanteil an BSkyB aufgrund des öffentlichen Druck zurückgezogen hat, ist die Abhör-Affäre bei der "News of the World" für das Unternehmen noch nicht überstanden. Im Gegenteil: Der Skandal zieht immer größere Kreise und hat sich zur wohl größten Bedrohung für Rupert Murdoch und sein mittlerweile knapp 60 Jahre bestehendes Unternehmen entwickelt. Die Redaktion von mediadb hat die neuesten Entwicklungen zusammengefasst:

Verhaftung und Rücktritt von Rebekah Brooks
Rebekah Brooks, von 2000 bis 2003 Chefredakteurin der inzwischen eingestellten "News of the World", wurde gestern von Scotland Yard verhaftet und nach zwölf Stunden gegen Kaution entlassen. Zwei Tage zuvor hatte sie die Öffentlichkeit informiert, dass sie von ihrem Posten als Leiterin der britischen Zeitungssparte News International zurücktritt. Dieser Schritt war insofern überraschend, als dass Brooks in den vergangenen 14 Tagen seit die Affäre durch Recherchen des "Guardian" in Gang gekommen war, stets betont hatte, nichts von den illegalen Abhör-Taktiken ihrer Untergebenen gewusst zu haben. Zudem rieten Rupert Murdoch und sein Sohn James der 43-jährigen in den vergangenen Tagen von einem Rücktritt ab - offenbar, um nicht selber direkt in der Schusslinie zu stehen. Brooks Rücktritt erfolgte offenbar auf Druck von Prinz Alwalleed bin Talal al-Saud, dem größten Anteilseigner von News Corp., dessen Nachname nicht Murdoch lautet. Laut Informationen des "Guardian" teilte al-Saud der Murdoch-Familie mit, dass Brooks "gehen muss". Brooks Nachfolger ist mit sofortiger Wirkung Tom Mockridge, zuvor Chef des italienischen Pay-TV-Senders Sky Italia. Unterdessen traten auch der Leiter der Londoner Polizei Metropolitan Police Sir Paul Stephenson sowie sein Vize-Chef John Yates zurück. Zuvor war bekannt geworden, dass diverse Beamte auf der Gehaltsliste der "NoW" gestanden hatten.

Ermittlungen in den USA
Gestern wurde zudem bekannt, dass die US-Bundespolizei FBI Ermittlungen aufgenommen hat, die klären sollen, ob Journalisten der "News of the World" versucht haben, sich in die Mobiltelefone von Opfern der Terroranschläge vom elften September in New York einzuhacken. Wie bei den bereits bekannten Vorfällen in England, sollen "NoW"-Reporter einen US-Privatdetektiv mit der Abhörung von Voice-Nachrichten beauftragt haben. Die Ermittlungen wurden vom republikanischen Kongressabgeordneten und Vorsitzenden des Nationalen Sicherheits-Kommittees Peter King in Gang gesetzt, aus dessem Wahlkreis mehr als 150 Menschen stammen, die bei den Terroratacken ums Leben kamen. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, könnten juristische Konsequenzen dennoch ausbleiben, da in den USA der Straftatbestand des illegalen Abhörens nach fünf Jahren verjährt. Nichtsdestotrotz fordern diverse weitere Kongressabgeordnete, dass News Corp. unter Anwendung des Foreign Corrupt Practises Act angeklagt wird, der es US-Firmen verbietet in anderen Ländern Bestechungsgelder zu zahlen. Verantwortliche der "NoW" hatten in England Polizisten bestochen, um die Affäre nicht vor Gericht zu bringen.
Inzwischen haben Mitglieder der Verleger-Familie Bancroft Bedauern über ihre Entscheidung geäußert, Murdoch 2007 das "Wall Street Journal" verkauft zu haben. Hätten sie damals vom Ausmaß der zu dieser Zeit bereits bekannten Abhörpraktiken gewusst, hätten sie dem Deal niemals zugestimmt.

Murdoch bezieht erstmals Stellung
Für Verwunderung sorgte Murdoch mit seiner jüngsten Äußerung, sein Unternehmen hätte die Affäre bisher "extrem gut" gemanagt. Er und weitere Verantwortliche hätten höchstens "kleine Fehler" gemacht, so Murdoch im "Wall Street Journal". Murdoch kündigte an, eine unabhängige Kommission einzurichten, die die Vorwürfe aufklären soll. Gerüchten, denenzufolge er das komplette britische Zeitungsgeschäft verkaufen wolle, bezeichnete er als "Müll". Die Aussagen wurden getroffen, bevor die oben ausgeführten Vorwürfe über Hack-Aktivitäten in den USA bekannt wurden. Eine breit angelegte Kampagne, in der sich Murdoch mittels ganzseitigen Anzeigen in den größten Tageszeitungen bei der Öffentlichkeit entschuldigte, blieben im Zuge von Brooks' Verhaftung wirkungslos. Derweil hat Oppositionsführer Ed Miliband erstmals die Zerschlagung des gesamten britischen Murdoch-Imperiums gefordert.

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