Umstrukturierungen bei Gruner + Jahr und Bertelsmann

30.08.2012

Die seit letzter Woche in der Presseberichterstattung geführten Spekulationen über einen Aufkauf der restlichen Gruner + Jahr-Anteile durch Bertelsmann sowie damit zusammenhängende personelle und inhaltliche Konsequenzen für das gesamte Verlagshaus verfestigen sich. Gestern erklärte Gruner + Jahr-Chef Bernd Buchholz die Niederlegung seines Vorstandsamtes bei Bertelsmann mit sofortiger Wirkung. Die Redaktion von mediadb.eu hat die aktuellen Ereignisse zusammengefasst und die Rolle der Medien beleuchtet.

1. Welche Spekulationen kursieren seit letzter Woche in den Medien?
Laut Exklusiv-Informationen des manager magazins mit Berufung auf Unternehmenskreise plant Bertelsmann die komplette Übernahme des Hamburger Verlagshauses Gruner + Jahr (G+J). Die derzeit noch an dem Verlag beteiligte Gründerfamilie Jahr soll herausgekauft und dafür an dem Gesamtkonzern Bertelsmann beteiligt werden. Bertelsmanns Vorstandschef Thomas Rabe verhandle derzeit noch mit der Familie Jahr über den Tausch, der sich auf 25,1 Prozent an Gruner + Jahr und mindestens fünf Prozent an Bertelsmann beziehen soll. Von diesem Eigentümerwechsel erhoffe sich Bertelsmann eine bessere Kontrolle über das Printgeschäft und damit einhergehende Einsparmöglichkeiten. Laut Informationen des manager magazins sollen bis Ende Oktober die Verhandlungen abgeschlossen werden. Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe habe bereits genaue Pläne, um die Finanzkraft zu stärken: So könne man in den einzelnen Sparten, wie bei Random House, Partnerschaften eingehen. Eine Zusammenlegung mit Penguin Books (Pearson) oder Harper Collins sei eine Option.

Stefan Winterbauer von dem Medienbranchendienst meedia sieht in diesen Ankündigungen des manager magazins einen „Auftakt zu einer hanseatischen Tragödie“. Die Innovations- und Wachstumsstrategie Bertelsmanns würde dem Verlag keine „Luft zum Atmen“ lassen, sodass die komplette Übernahme durch Bertelsmann auf einen Verkauf Gruner + Jahrs hinauslaufe. Er bezieht sich auf das manager magazin, das einen namentlich nicht genannten Investmentbanker mit den Worten zitiert, dass es sich bei Gruner um die „Achillesferse“ von Thomas Rabe handle.  

Der Hamburger Korrespondent des Medien- und Marketingportals Horizont Roland Pimpl spekulierte im Zuge dieser Meldungen mit Berufung auf „G+J-Mitarbeiter und Kenner der Verlagsszene“ bereits über einen möglichen Nachfolger von Bernd Buchholz.

2. Inwiefern werden diese Vermutungen durch Fakten bestätigt?
Das Printgeschäft ist weltweit rückläufig. Davon ist auch Gruner + Jahr nicht ausgenommen. Aufgrund des Wertverfalls von Gruner + Jahr ist eine Bereitschaft der Familie Jahr zu einem Eigentümertausch möglich. Laut Spiegel Online führt das manager magazin interne Berechnungen Bertelsmanns an, die einen jährlichen Wertverlust von G+J auf 200 Millionen Euro beziffern.

Der gestern verkündete Rücktritt von Gruner + Jahr-Chef Bernd Buchholz von seinem Amt als Vorstandsmitglied bei Bertelsmann steht im Zeichen dieser möglichen Umstrukturierungen. Er gilt als Manager, der das Vertrauen des G+J-Aufsichtsratsmitglieds Angelika Jahr genießt. Außerdem gilt seit Anfang des Jahres sein Verhältnis zu Rabe als gestört. Der Bertelsmannchef verhinderte zu der Zeit kurzfristig die komplett ausgehandelte Übernahme des Marktforschungsinstituts YouGov. Dadurch kam es nicht zu der seit Jahren von Buchholz angekündigten neuen Unternehmenssäule.

3. Welche Rolle kommt dabei den Medien zu?
Insbesondere das manager magazin hat sowohl bei diesen Exklusivmeldungen als auch bei dem Rücktritt von Buchholz’ Vorgänger Bernd Kundrun im Jahr 2008 eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. Nachdem damals das manager magazin berichtete, dass sich Kundrun vergeblich um den damals vakanten Vorstandsvorsitzposten der Sendergruppe ProSieben Sat.1 bemüht haben soll, gab dieser einen Tag vor Heiligabend per Fax seinen Rücktritt aus dem Bertelsmann-Führungsgremium bekannt. Nun berichtete das Wirtschaftsmagazin, dass Bernd Buchholz eine nicht unerhebliche Mitschuld an den Umsatzentwicklungen bei G+J trage, da dieser die Zugkraft einer „Spielzeuglokomotive“ besitze und „seine Hausaufgaben nicht gemacht“ habe.

Der Medienbranchendienst meedia betont dabei vor allem die Rolle des seit 1996 als Autor und New York-Korrespondent beim manager magazin tätigen Klaus Boldt für derart exklusive Meldungen. Er schaffe es immer wieder, interne Unternehmensinformationen von höchster Stelle über Bertelsmann zugespielt zu bekommen, sodass er seine Texte im quellenlosen Stil mit Zitaten bereichern kann.

 

Mehr dazu:

- Horizont.net: Ein paar Gedanken zur Zukunft von G+J – und seines Vorstandschefs (27.08.2012)

- Pressemitteilung Bertelsmann: Bernd Buchholz legt Mandat als Bertelsmann-Vorstand nieder (29.08.2012)