TV-Sender vs. Netflix: Streit um Quoten

18.01.2016

Netflix-App auf Roku-Homepage (Matthew Keys / Flickr Creative Commons)

Der Disput zwischen US-Kabelsendern und Netflix geht in eine neue Runde. Bereits im vergangenen Herbst hatten diverse TV-Manager ihren Unmut über die Geschäftspraktiken des Streamingdienstes Luft gemacht und damit begonnen, öffentlich ihre Strategie im Umgang mit Netflix zu überdenken. Unter anderem wurde ein Netflix-Boykott diskutiert, da das Unternehmen trotz des Ausbaus seiner Eigenproduktionen (der allein 2016 sechs Milliarden US-Dollar kosten wird) weiterhin auf die Sublizenzierung von Serien der TV-Sender angewiesen ist. Eine andere Überlegung bestand darin, Netflix zu verpflichten, einen Werbespot für den jeweiligen Sender vor jeder sublinzenzierten Episode auszustrahlen.

Das Verhältnis zwischen traditioneller TV-Industrie und Netflix hat sich seitdem nicht entspannt. Im Gegenteil: Die Kabelsender sorgen sich um rückläufige Quoten und Werbeeinnahmen, während Netflix sich öffentlich für seine aggressive internationale Expansion und die Qualität seiner selbstproduzierten Serien und Filme feiert (so gab Netflix jüngst bekannt, künftig in 190 Ländern der Welt vertreten zu sein und dort alle Produktionen gleichzeitig zu veröffentlichen). Die Netflix-Serie "Narcos", so Content-Chef Ted Sarandos, sei plattformübergreifend die meistgesehene Serie des zweiten Halbjahres 2015 gewesen. TV-Sender, die angesichts des riesigen Budgets von Netflix zunehmend schwere Karten beim Einkauf von Qualitätsserien haben, ärgern solche Aussagen, da Netflix im Gegensatz zu Kabelsendern keine Einschalt, bzw. Streamingquoten vorlegt.

Bis auf Netflix selbst, weiß niemand genau, wieviele Leute eine Serie auf der Plattform streamen. Eigene Recherchen der Sender gehen bei "Narcos" von einer moderaten Zuschauerschaft von 3,2 Millionen aus, was kein Quantensprung im Vergleich zu TV-Serien darstellen würde. Für Netflix spielen Quoten laut Unternehmenskreisen keine Rolle, da das Geschäftsmodell auf dem Verkauf von Abos und nicht Werbezeit besteht. Dass Netflix jedoch stetig wächst und mit hohen Gagen sich die besten Regisseure, Schauspieler und Drehbuchautoren leistet, ohne ein einzigen Cent Gewinn zu machen, stört die Sender zunehmend. Vielleicht beginnt ihn langsam zu dämmern, worüber New York Times-Kolumnist Farhad Manjoo jüngst spekulierte: dass Netflix auf lange Sicht die gesamte TV-Industrie übernehmen wird so wie es Amazon einst mit dem Einzelhandel getan hat.