Schleichwerbung und Sponsoring: neue Erlösquelle für TV-Unternehmen

26.09.2011

In den USA und - zu einem geringeren Ausmaß - in Europa sind Schleichwerbung sowie von werbetreibenden Firmen gesponsorte TV-Serien auf dem Vormarsch. In Zeiten, in denen insbesondere jüngere Zielgruppen sich vom klassischen Fernsehkonsum zunehmend abwenden, versuchen Medienkonzerne gemeinsam mit der Werbewirtschaft neue Erlösmodelle zu entwickeln. Zwar sind Werbepausen im Fernsehen noch immer die reichweitenstärkste Möglichkeit, Produkte zu bewerben. Dennoch verschwimmen die Grenzen zwischen Inhalt und Werbung immer mehr. Die Redaktion von mediadb.eu hat die Entwicklungen zusammengefasst:

1. Warum erreicht klassische Fernsehwerbung immer weniger Zuschauer?
Laut Informationen des Wall Street Journals ist der Anteil der werberelevanten Zielgruppe der 18-49-jährigen, die in der ersten Jahreshälfte 2011 den Fernseher eingeschaltet haben, in den USA um 2,4 Prozent im Vergleich zu vor zwei Jahren gesunken. Hinzu kommt, dass mittlerweile viele Zuschauer einen Festplatten-Recorder haben, mit dem sie zeitversetzt fernsehen und so Werbepausen überspringen. Inzwischen ist eine ganze Generation von Internetnutzern entstanden, die TV-Formate nicht mehr auf Fernsehgeräten, sondern auf Computern sieht. Legale und illegale Streamingportale bedrohen auf diese Weise Milliardenerlöse der großen TV-Senderketten und Kabelkonzerne. Zudem beginnen immer mehr Videoportale wie Netflix oder YouTube eigene Formate zu produzieren oder zu vertreiben, die auschließlich im Netz ausgestrahlt werden.

2. Wie reagieren Werbewirtschaft und Fernsehkonzerne in den USA?
Das klassische, von den Senderketten bevorzugte Modell der Fernsehwerbung besteht darin, dass eine Show oder Serie entwickelt wird, in dessen Werbepause interessierte Firmen Werbung schalten können. Mittlerweile hat sich jedoch ein Modell etabliert, das eine genaue Umkehrung dieses Prinzips ist: Firmen produzieren nun selber Serien oder Shows und veröffentlichen diese online oder stellen sie Fernsehsendern kostenfrei für die Ausstrahlung zur Verfügung. Beispiele für solche Formate sind die Online-Teenager-Serie "First Day" der Supermarkt-Kette Kmart, die Sitcom "In the Motherhood" (finanziert von Unilever und Sprint Nextel, ausgestrahlt auf ABC [Walt Disney, Foto]), oder das Reality-Format "Top Chef" (finanziert von Toyota, ausgestrahlt auf Bravo (ComcastNBCU). Der Onlinekonzern IAC engagierte eigens den Chefentwickler von NBC, Ben Silverman, um diverse gesponsorte Web-Serien zu produzieren. Viele werbetreibende Firmen haben erkannt, dass etwa die Herstellung einer eigenen Web-Serie häufig kostengünstiger ist, als die Ausstrahlung eines Werbeclips zur Primetime. Hinzu kommt, dass mittlerweile fast jede US-Fernsehserie Schleichwerbung enthält. In diesem Jahr gaben US-Firmen dafür 3,1 Milliarden US-Dollar aus, was einem 43-prozentigen Anstieg gegenüber dem Vorjahr entspricht.

3. Wie sieht die Entwicklung in Europa aus?
Nach einer massiven Lobbying-Kampagne europäischer Fernsehunternehmen erlaubt die Europäische Union seit 2007 Schleichwerbung sowie längere Werbepausen. Ausmaß und Verbreitung von Schleichwerbung sind jedoch deutlich geringer als in den Vereinigten Staaten. So wird der Markt für Product Placement in Großbritannien in den kommenden drei Jahren auf vergleichsweise geringe 50 Millionen US-Dollar geschätzt. Auch sind die Auflagen für Product Placement deutlich strenger als in den USA: Programme, die Produkte bewerben, müssen entsprechend gekennzeichnet sein; Fast-Food und Alkohol dürfen nicht beworben werden; Kinderprogramme dürfen keine Schleichwerbung machen.

Mehr dazu:

- Wall Street Journal: Lights, Camera, Advertisements (14.09.11)