Online- und Techkonzerne investieren weiter in Journalismus

25.10.2013

Während US-Verlagshäuser Gewinnrückgänge melden, im großen Stil Mitarbeiter entlassen und ihre Redaktionsgebäude verkaufen, haben Online- und Techkonzerne in den vergangenen Wochen und Monaten massiv in journalistische Angebote investiert: Amazon-Chef Jeff Bezos kaufte für 250 Millionen US-Dollar die Washington Post, die sich zuvor achtzig Jahre im Besitz der Graham-Familie befand; eBay-Gründer Pierre Omidyar (Foto) wird in Zukunft den gleichen Betrag in eine neuartige Journalismus-Plattform investieren; andere journalistische Traditionsmarken wie etwa The New Republic (im März 2012 von Facebook-Mitbegründer Chris Hughes gekauft) befinden sich längst im Besitz von IT-Entrepreneueren. Zudem stellen Onlineunternehmen immer mehr hochrangige Journalisten aus dem Print- oder TV-Bereich ein, um ihre News-Bereiche zu stärken. Die Redaktion von mediadb.eu hat diesen Strukturwandel näher beleuchtet:

Es ist geradezu sinnbildlich für die aktuellen Verschiebungen im Mediensektor: in Kürze wird Yahoo sein Ostküsten-Büro im ehemaligen Redaktionsgebäude der New York Times am Times Square eröffnen. Auch andere Traditionsverlage werden bald ihre Redaktionsräume, Grundstücke und Lagerhallen verkaufen, u.a. die Washington Post und die Tribune Company. John W. Henry, der kürzlich für 70 Millionen US-Dollar den "Boston Globe" von der New York Times Company erwarb, tat dies in erster Linie wegen der Redaktionsräume, die nach wie vor eine prestigeträchtige Immobilie darstellen. Und die zur Media News Group gehörende "San Jose Mercury News" verkaufte jüngst ihr Hauptquartier an das Tech-Unternehmen Super Micro Computer, das dort eine Fabrik aufbauen will.

Derweil verdeutlichen zahlreiche prominente Personalien die Prioritätenverschiebungen bei den Journalisten selbst: so wechselt Vivian Schiller von NBC News zu Twitter, um dort Nachrichtenchefin zu werden und Journalismus-Partnerschaften mit anderen Medien einzufädeln. David Pogue, der 13 Jahre lang Technologie-Kolumnist bei der New York Times war, wechselt hingegen zu Yahoo, wo bereits 70 Prozent der Inhalte der News-Seiten selbst produziert werden. Während Onlinekonzerne ihre Medien- und Nachrichtenangebote ausweiten und Journalisten einstellen, tun herkömmliche Medienunternehmen das Gegenteil: Gannett, das noch größte Zeitungshaus der USA musste im dritten Quartal diesen Jahres erneut Umsatz- und Gewinnrückgänge vermelden und hat in den vergangenen Jahren mehrere tausend Journalisten entlassen.

Für New York Times-Kolumnist David Carr bedeuten die Investitionen von Onlinekonzernen und IT-Entrepreneuren deshalb seit langer Zeit erstmals wieden"großen Optimismus und Potential" für die Journalismus-Branche. Während noch nicht klar ist, was genau Jeff Bezos mit der Washington Post vorhat (die gerade veröffentlichte Biographie, die von ihm das Bild eines "grausamen Lohnherren" zeichnet, lässt an seinen vermeintlich uneigennützigen Motiven jedoch Zweifel aufkommen), verspricht das noch unbetitelte Journalismus-Projekt von Pierre Omidyar in der Tat ein Korrektiv zum oftmals als zu regierungsnah kritisierten US-Mainstream-Journalismus zu werden. Mit Glenn Greenwald, dem ehemaligen "Guardian"-Journalisten, der mit Hilfe von Whistleblower Edward Snowden den NSA-Skandal enthüllte, und Jeremy Scahill, bekannt für seine investigativen Reportagen über Obamas Drohnenkrieg, engagierte Omidyar zwei der bekanntesten Dissidenten innerhalb der US-Medienszene.