Microsoft übernimmt Skype

10.05.2011

Der Softwarehersteller Microsoft verkündete heute die Übernahme des Internettelefondienstes Skype. Microsoft zahlte 8,5 Milliarden US-Dollar in bar - die größte Übernahme in der 36-jährigen Firmengeschichte. Der fast dreimal höhere Kaufpreis als der eBays aus dem Jahr 2005 ist Resultat des Bieterwettstreits mit Facebook und Google, die ebenfalls ihr Interesse bekundeten. Die mediadb-Redaktion hat die wichtigsten Fragen rund um die Übernahme zusammengefasst und analysiert:

 

Warum ist Microsoft an einer Übernahme von Skype interessiert?

Das nach Apple zweitwertvollste Technologie-Unternehmen der Welt versucht seit Jahren mit Milliardeninvestitionen neue Geschäftsbereiche zu erschließen. Das wichtigste Geschäftsfeld liegt für Microsoft schon seit Jahren in dem Betriebssystem Windows und den Office-Büroprogrammen. Die Bereitstellung von Software und Daten aus dem Internet, das Cloud-Computing, stellt in der jüngsten Firmengeschichte einen weiteren Schwerpunkt dar. Der ursprüngliche Pionier im Smartphone-Sektor wurde jedoch von Apples iPhone und dem Google-Betriebssystem Android überholt. Eine Allianz mit dem angeschlagenen Handy-Hersteller Nokia soll nun mit dem neuen Betriebssystem Windows Phone 7 wieder Gewinne erzielen. Trotz der Erfolge mit der Xbox-Spielekonsole und einem stetigen Gewinn an Marktanteilen im Suchmaschinengeschäft mit Bing, blieb ein großer Erfolg laut Kritikern noch aus. Das könnte sich mit dem Kauf des populären Internettelefoniedienstes ändern. Vorausgesetzt ist eine strategisch sinnvolle Integration in die Produkte von Microsoft. Daran scheiterte eBay, als es sich im Jahr 2009 für 1,9 Milliarden Dollar von der Mehrheit an Skype nach nur vier Jahren und einem Kaufpreis von 2,6 Milliarden Dollar verabschiedete. Der Kaufpreis von Microsoft ist fast dreimal höher als der von eBay aus dem Jahr 2005. Auf diese Weise konnte der Deal gesichert werden. Schließlich war seit fast vier Jahren Google Gerüchten zufolge im Gespräch für die Übernahme von Skype.

 

Für das „schwächelnde Smartphone-Geschäft“ wäre der Kauf des VoIP-Dienstes von Nutzen. Eine Integration vn Skype in Windows Phone ist nach Unternehmensangaben geplant. Neben einer technologischen Anpassung des Betriebssytems Windows Phone bestünde die Möglichkeit, kostenlos mit Videobildern zu telefonieren. Dies könnte viele Kunden locken, jedoch auch Mobilfunkfirmen verärgern, die aus der kostenpflichtigen Telefonie Erlöse erzielen. Darüber hinaus kann Microsoft nicht nur von dem VoIP-Dienst, sondern auch von den derzeit rund 660 Millionen bei Skype registrierten Nutzern profitieren. Beispielsweise könnten die Nutzerprofile mit denen der Xbox oder der Kinect zusammengeführt werden, sodass lediglich eine Anmeldung für alle Dienste erforderlich wäre. In einer Pressemitteilung kündigten die Unternehmen bereits an, Skype in die Xbox-Plattform und den Microsoft Chat-Dienst Live Messenger zu integrieren. Außerdem soll Werbung in den kostenlosen Skype-Diensten geschaltet werden, um weitere Erlösquellen zu sichern.

 

Ein Interesse Microsofts an einer sofortigen Erzielung von Gewinnen ist angesichts der im letzten Jahr von Skype erzielten Verluste in Höhe von sieben Millionen Dollar auszuschließen.

 

Welche Folgen könnte eine Akquisition für die Internettelefonie haben?

Microsoft verfolgt mit dem Deal Geschäftsinteressen, um weitere Märkte zu erschließen und somit Konkurrenten wie Google auszubremsen: „This is part of the strategic fight between Microsoft and Google“, so der Technologieanalytiker Rob Enderle. Online-Riesen wie Google und Apple sind bereits im Markt der Internettelefonie aktiv.

Mit dem neuen iPhone 4 wurde die mobile Nutzung des VoIP-Dienstes FaceTime ermöglicht. Über ein WLAN-Netz kann in der Regel kostenlos mit Videofunktion telefoniert werden.

Bei dem Instant-Messaging-System Google Talk werden keine Bilder übermittelt, sondern nur Sprache und Text. Der Dienst ist auch mobil beispielsweise über das Blackberry nutzbar.
Ein Kauf von Skype durch Microsoft hätte auf den VoIP-Markt vor allem Konsequenzen, wenn der Bereich der kostenpflichtigen Telefonate ausgeweitet bzw. die geschaltete Werbung von den Usern als störend empfunden werden würde. Schließlich handelt es sich bei Skype um den nach Nutzerzahlen populärsten Dienst. Nutzer könnten dann zu anderen kostenfreien VoIP-Diensten wie ICQ wechseln.

 

Was lässt sich aus der hohen Kaufbereitschaft für die Medienwirtschaft ableiten?

Der VoIP-Dienst Skype hat sich im Jahr 2009 als krisensicher erwiesen und galt als „eBays Tafelsilber“. Im Gegensatz zu anderen Konzernen, konnte das Unternehmen positive Bilanzen für sich verbuchen. Als Skype im letzten Jahr einen Börsengang plante, stiegen die Umsätze rasant. In den vergangenen 12 Monaten erlöste das Unternehmen aus Luxemburg 860 Millionen Dollar und verdoppelte das Ebitda im Vergleich zum Vorjahr. Trotz des Verlusts von rund sieben Millionen Dollar im letzten Jahr, bei einem Umsatz von rund 860 Millionen, gilt das Unternehmen als sehr wertvoll. Internetfirmen werden derzeit unabhängig von einer Börsennotation laut Informationen des SPIEGEL extrem hoch bewertet: Der Marktwert von Facebook liegt bei 50 bis 80 Milliarden Dollar, der von Twitter bei 10 Milliarden. Kritikern zufolge erinnert dieser Hype der IT-Branche an den Dotcom-Boom in den späten neunziger Jahren, dessen Crash vom 10. März 2000 die Welt fünf Billionen Dollar gekostet haben soll. Investoren fürchten bereits ein Platzen der Facebook-Blase.

Letztlich gilt Videotelefonie weiterhin als einer der Wachstumstreiber im mobilen Internet. Wie viel Geld sich damit verdienen oder auch verlieren lässt, wird sich zeigen.

 

Mehr dazu:

 

Wall Street Journal: Microsoft Near Deal to Acquire Skype. Software Giant Could Pay Nearly $ 8 Billion for Company (10.05.2011)

 

SPIEGEL: Möglicher Milliardendeal. Microsoft bietet Rekordsumme für Skype (10.05.2011)

 

Die Zeit: Microsoft will Skype kaufen (10.05.2011)