Liberty Media: Einstieg ins Buchgeschäft (Hintergründe)

20.05.2011

Der Kabel- und Medienkonzern Liberty Media will die US-Buchladenkette Barnes & Noble übernehmen. Ein entsprechendes Kaufangebot sieht vor, eine Milliarde US-Dollar für 70 Prozent am Unternehmen zu zahlen. Liberty-Chef John Malone wird sich jedoch nicht ins Tagesgeschäft einmischen, da Barnes & Noble-Gründer Leonard Riggio weiterhin die übrigen 30 Prozent der Anteile halten und als Manager und Vorsitzender fungieren soll. Die Hälfte der Transaktion, die auch die Übernahme des 450 Millionen US-Dollar hohen Schuldenbergs umfasst, soll in Cash gezahlt werden, die übrigen 500 Millionen durch Kredite. Die Redaktion von mediadb.eu hat die potenzielle Übernahme sowie die generelle Situation auf dem US-Büchermarkt anhand von drei Fragen analysiert:

1. Warum investiert Liberty Media auf einmal in den bereits tot gesagten Buchladen-Markt?

Mit der Übernahme von Barnes & Noble, der größten Buchladenkette der Welt, würde Liberty Media sein bereits vielfältiges Portfolio weiter diversifizieren. Bislang ist der Konzern in so verschiedenen Geschäftsfeldern wie internationalen Kabeldiensten (Liberty Global, das jüngst den deutschen Kabelnetzbetreiber Kabel BW übernommen hat), Homeshopping (QVC), Pay-TV-Sender (Starz) und Baseball (Atlanta Braves) aktiv. Liberty-Chef Malone verfährt bei seinen Akquisitionen bereits seit Jahren nach dem Trial and error-Prinzip: das Unternehmen investiert in viele verschiedene Bereiche, um sich nach kurzer Zeit wieder von den Geschäftszweigen zu trennen oder bei Profitabilität weiter an ihnen festzuhalten. Liberty hat dabei keine Ambitionen, sich in das jeweilige operative Tagesgeschäft einzumischen. Ein Beispiel, wie erfolgreich diese Strategie sein kann, ist der Radiobetreiber Siriux XM, der 2009 vor dem Bankrott stand. Liberty investierte mehr als 500 Millionen US-Dollar in einen 40-prozentigen Anteil, der heute mehr als 3,5 Milliarden US-Dollar wert ist. Ob dieselbe Strategie auch mit einer defizitären Buchhandelskette funktioniert, bleibt jedoch abzuwarten. Barnes & Noble braucht Libertys Kapital, um seine Digitalbuch-Sparte auszuweiten und Marketingausgaben zu erhöhen. Um gegen Konkurrenten wie Amazon und Apple auf dem E-Reader-Markt zu bestehen, benötigt das Unternehmen frisches Geld.

2. Wie ist es um den Buchladen-Markt in den USA bestellt?
Libertys Entscheidung, in den Buchladen-Markt zu investieren, ist mutig. In den vergangenen Jahren wurden immer weniger Bücher im Einzelhandel verkauft. Vor einem Jahr ging Barnes & Nobles größter Konkurrent, Borders, bankrott. Inzwischen werden die Hälfte aller Bücher nicht mehr in Buchhandlungen verkauft, sondern in großen Supermarktketten wie Wal Mart, die Bestseller zu Discount-Preisen anbieten. Die Bank Credit Suisse prognostiziert, dass bis 2015 28 Prozent aller Bücher über das Onlinekaufhaus Amazon verkauft werden. Zwar wurden vergangenes Jahr immerhin 17 Prozent aller US-Bücher von Barnes & Noble verkauft, doch Analysten gehen davon aus, dass Buchläden im Zuge der steigenden Verbreitung von E-Books und E-Readern langfristig das gleiche Schicksal erleiden wie Plattenläden. Noch 2001 gab es in den USA zahlreiche solcher Läden, in denen insgesamt 80.000 Menschen arbeiteten. Im Zuge der MP3-Revolution und der Veröffentlichung des iPods arbeiten gegenwärtig nur noch 20.000 Menschen in Plattenläden. Eine der Strategien von Buchläden ist es deshalb, vermehrt auf persönlichen Service beim Bücherkauf, technische Expertise bezüglich des Umgangs mit E-Readern sowie Veranstaltungsreihen und Leseclubs zu setzen. Für die noch stärker unter wirtschaftlichem Druck stehenden kleineren unabhängigen Buchhandlungen gab es 2010 eine erfreuliche Nachricht. Die American Booksellers Association, der Verband der unabhängigen Buchhändler schloss ein Abkommen mit Google. Künftig können alle Buchhandlungen auf ihrem Internetauftritt Googles E-book-Verkaufsplattform Google Editions nutzen.

3. Kann Barnes & Nobles E-Reader Nook gegen die Konkurrenz bestehen?
2009, zwei Jahre nachdem Amazon die erste Version seines E-Readers Kindle veröffentlichte, legte Barnes & Noble mit dem "Nook" nach. Gegenwärtig hat das Kindle einen Marktanteil von 67 Prozent, der mehr als dreimal so hoch ist wie der des Nook (22 Prozent). Apple, das E-Books für das iPad verkauft, hat einen Marktanteil von neun Prozent. Das E-Book Geschäft wird für John Malone wohl der entscheidende Grund gewesen sein, in Barnes & Noble zu investieren. Analysten gehen davon aus, dass ein signifikanter Teil der 700 Buchläden von Barnes & Noble geschlossen wird, um sich stärker auf den Online-Vertrieb zu konzentrieren und Amazon Marktanteile streitig zu machen. Nächste Woche veröffentlicht Barnes & Noble eine neue Version des Nook.

Mehr dazu:

- Wall Street Journal: Liberty Media Bids for Barnes & Noble (20.05.2011)

- Bloomberg: Liberty Media Offers $1 Billion for Barnes & Noble (20.05.2011)