Liberty Global kauft Kabel BW

24.03.2011

Quelle: Kabel BW

Der drittgrößte deutsche Kabelnetzbetreiber Kabel BW wird von dem US-amerikanischen Konzern Liberty Global übernommen. Den milliardenschweren Bieterwettkampf entschied der „Darth Vader des Kabelgeschäfts“ John Malone in letzter Minute für sich. Er setzte sich damit vor drei Tagen gegen den Favoriten CVC durch. Knapp 3,16 Milliarden Euro war dem US-Konzern die Übernahme wert. Da bereits der zweitgrößte deutsche Kabelnetzbetreiber Unitymedia in den Händen von Liberty Global ist, müssen vorerst die Kartellbehörden (zunächst die EU-Kommision) dem Geschäft zustimmen. Laut Plänen der Unternehmen soll die Transaktion in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen sein. Die Redaktion von mediadb.eu hat die möglichen Folgen für den deutschen Kabelmarkt analysiert und die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst:

Sollten die Wettbewerbshüter den Deal genehmigen, würden der zweit- und drittgrößte Kabelnetzbetreiber Deutschlands einem der größten Breitbanddienst-Betreiber außerhalb der USA gehören. Liberty Global entstand im Jahr 2004 durch eine Fusion aus dem Auslandsgeschäft eines der umsatzstärksten Medienkonzerne weltweit Liberty Media Corp., der Liberty Media International, und dem Kabelriesen UnitedGlobalCom (UGC). Der Medien-Tycoon John Malone ist Chairman der Liberty Global und hält einen Großteil der stimmberechtigten Aktien. Das Unternehmen betreibt bereits in Österreich, Belgien, der Tschechischen Republik, Ungarn, den Niederlanden und der Schweiz Kabelnetze und -sender. Mit einem Kundenstamm von 18 Millionen Verbrauchern in 14 Ländern hauptsächlich Europas, Australiens und Südamerikas gilt Liberty Global als einer der international führenden Kabelnetzbetreiber. Nun zielt der Konzern darauf ab, mit Baden-Württemberg eine der „most prosperous regions in Europe“ (siehe Pressemitteilung) zu erschließen.

Folgen für den deutschen Kabelmarkt
Das Triple-Play-Angebot (Internet, Telefonie und Fernsehen) von Kabel BW wird von etwa jedem zweiten Haushalt in Baden-Württemberg genutzt. Das Unternehmen bezeichnet sich mit 2,3 Millionen Kunden als einen der größten Kabelnetzbetreiber Deutschlands und Europas. Die einwohnerstarken Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen – mit über 24 Millionen Menschen – werden von Liberty Medias Tochterunternehmen Unitymedia mit einem „der modernsten und größten zusammenhängende[n] Kabelnetze Europas“ (laut Unternehmensangaben) abgedeckt. Liberty Global vernetzt somit das Ruhrgebiet, das größte industrielle Ballungszentrum Europas, und sichert sich mit Netzen in den bevölkerungsreichsten Bundesländern Deutschlands viele Kunden. Sollten die Kartellbehörden die Übernahme genehmigen, gäbe es in Deutschland ein Duopol im Kabelnetz. Kabel Deutschland hat sein Netz über 13 Bundesländer gespannt, an das derzeit 8,8 Millionen Haushalte angeschlossen sind. Im Gegensatz dazu würden Unitymedia und Kabel BW zusammen mehr als 12 Millionen Haushalte versorgen können. Der Wettkampf um den Ausbau der Datenautobahnen wird vor allem zwischen den größten Betreibern entschieden werden. Ziel ist, die Datenübertragungsrate stets zu beschleunigen (derzeit 100 MBit/s bei Kabel Deutschland), die Erlösquellen beispielsweise durch Mobilfunkaktionen und Video-on-demand-Angebote zu erhöhen und bevölkerungsarme Gebiete zu erschließen. So startete Kabel Deutschland jüngst eine Initiative für die Anbindung von einer Million Haushalte aus den alten Bundesländern im ländlichen Raum an das Kabelnetz. Damit werden nicht nur die Breitbandziele der Bundesregierung, sondern auch privatwirtschaftliche Interessen verfolgt. Der Ausbau des Kabelnetzes ist einerseits für die Überwindung einer Digital Divide von großer Bedeutung. Andererseits bedeutet eine Beherrschung des Marktes durch zwei Unternehmen auch eine Gefahr für den Wettbewerb. In der Praxis erfolgen meist Absprachen, die wiederum den Zugang kleiner, regionaler Kabelnetzbetreiber erschweren. Die Preispolitik wird von Liberty Global und Kabel Deutschland dominiert werden, sodass dies Auswirkungen auf die Preise anderer Dienstleister von Triple-Play-Angeboten haben wird, die ihre Datenpakete über das Kabelnetz übertragen wollen. Auf der anderen Seite bewirkt die Wettbewerbspolitik der Kabelnetzbetreiber frischen Wind in der Telekombranche, da Konzerne wie die Deutsche Telekom auf der Datenautobahn nicht auf der Strecke bleiben wollen.

 

Mehr dazu:

- Liberty Global: Pressemitteilung (21.03.2011)

- Handelsblatt: US-Konzern gewinnt den Bieterkampf um Kabel BW (21.03.2011)