Google als Reise- und Restaurantführer

14.08.2012

Der Suchmaschinenriese Google investiert zunehmend in den Ausbau seines inhaltlichen Angebots. Jahrelang behauptete der Konzern, kein Interesse daran zu haben, eigene Inhalte im Internet anzubieten. Auf den Zagat-Restaurantführer folgte nun die Akquise des Reiseführer-Anbieters Frommer’s. Damit rückt der Suchmaschinenanbieter immer mehr in die Richtung eines Inhalteproduzenten. Nicht zuletzt aufgrund dieser Tendenz hielt Google erstmalig in diesem Jahr Einzug in das mediadb-Ranking der größten internationalen Medienkonzerne. Die Redaktion von mediadb.eu hat den aktuellen Aufkauf und die Hintergründe Googles genauer beleuchtet.

1. In welche inhaltlichen Bereiche investiert Google derzeit?
Bereits vor einem Jahr, im September 2011, erwarb das Unternehmen die Plattform für Restaurantempfehlungen Zagat Survey. Insidern zufolge lag damals der Kaufpreis zwischen 100 und 200 Millionen US-Dollar. Die seit diesem Jahr kostenlos verfügbare Plattform bietet nicht nur Restaurantbesprechungen, sondern auch Erfahrungsberichte zu Unternehmen, Hotels, Fluglinien, Zoos etc. Der Dienst wurde schließlich in das soziale Netzwerk Google+ integriert. Gestern erklärte Google, dass Frommer’s übernommen werden soll. Der Anbieter von Reiseführern soll laut Wall Street Journal für etwa 25 Millionen und laut New York Times für 23 Millionen US-Dollar von dem Verlag John Wiley & Sons erworben werden. Der Deal ist noch nicht völlig abgeschlossen, deshalb können keine genauen Aussagen über den Kaufpreis geschlossen werden. Der für seine „For Dummies“-Reihe bekannte Verlag stellte Frommer’s zum Verkauf, weil das Reiseführersegment nicht mehr zum Kerngeschäft passe.

Die Investition in langfristig verwertbare Inhalte zeigt sich auch in Googles Bestreben, das Angebot der Video-Website YouTube zu professionalisieren. 350 Millionen US-Dollar lässt sich das Unternehmen die Produktion professioneller Videos für spezielle YouTube-Kanäle kosten.

2. Was sind die Beweggründe für Googles Strategie?
Es steht noch nicht fest, ob die Printversion von Frommer’s Reiseführer fortgeführt werden soll. Jedoch können die digital verwertbaren Inhalte gut in den Kartendienst Google Maps integriert werden.
Laut Insiderberichten zielt der Konzern außerdem „auf Werbeeinnahmen ab, die bei Online-Buchungen und Bewertungen von Angeboten anfallen“ ab. Spezielle reiserelevante Werbung ließe sich auf diese Weise besser verkaufen. Darüber hinaus könnten zusätzliche Werkzeuge angeboten werden, die Reisebuchungen erleichtern.
Sollte es zu einer laut Branchenkennern verlautbarten Verschmelzung von Zagat und Frommer’s kommen, könnten lokale Unternehmen stärker bei Google+ und Google Maps eingebunden werden. Hintergrund ist eine Lokalisierungsstrategie nach dem Prinzip: „Think global, act local“.
Google will „für jeden relevanten Ort auf der Welt“ eine Bewertung anbieten. Insbesondere im Hinblick auf die zunehmend mobile Navigation mittels Smartphones erscheint dieses Ziel sehr zukunftsträchtig. Bereits im Februar 2011 machte Eric Schmidt in einer Rede an der Humboldt-Universität Berlin seine Vision deutlich, dass zukünftig jeder Besucher einer Stadt mit einem über Android gesteuerten Smartphone Hintergrundinformationen über jedes Museum, jede Sehenswürdigkeit oder einzelne Gebäude im Vorbeigehen erhalten soll.

3. Welchen Konkurrenten gilt es zu begegnen?
Google zielt darauf ab, zu anderen Webanbietern anzuschließen. Aufgrund der konzerneigenen Suchmaschine besteht zudem die Möglichkeit, eigene Angebote vor Konkurrenzseiten wie Yelp.com oder TripAdvisor zu listen. Dieser Vorwurf der Verzerrung des Suchmaschinenrankings, der seit Jahren besteht und von der Europäischen Kommission geprüft wurde (vgl. die mediadb-Hintergrundmeldung dazu), ließ Google erneut ins Visier von Wettbewerbshütern geraten.

Mit der Erweiterung des Kartendienstes Google Maps kann zudem die Attraktivität der mobilen Android-Anwendung auf Smartphones gesteigert werden. Im Hinblick auf die Übernahme von Motorola Mobility und dem damit verbundenen Ansatz, mobile Endgeräte selbst herzustellen, ist die Bereitstellung von eigenen Inhalten ein logischer Schluss in der vertikalen Wertschöpfungskette. Langfristig kann somit das Wettrennen mit Apples iPhone ausgebaut werden. Die Konkurrenz zu Apple sorgte vor einigen Tagen wieder für Schlagzeilen: So wurden Google Tricksereien bei Apples Browser Safari vorgeworfen. Google muss in den USA wegen Verstoßes gegen den Datenschutz ein Rekordbußgeld von 22,5 Millionen Dollar zahlen.

 

Mehr dazu:

- Wall Street Journal: With Frommer's, Google Taps Gurus (14.08.2012)

- New York Times: Google Plans to Buy Frommer’s Travel Guides (13.08.2012)