Facebook mit Zensurabteilung?

13.05.2016

Facebook CEO Marc Zuckerberg. CC 2.0

Mitarbeiter von Facebook sollen die „Trending Topics“ aktiv manipuliert haben. Gezielt seien konservative Themen zensiert und manuell gewählte Themen in die Liste eingefügt worden. Konkret, so berichtet ein anonymer ehemaliger Facebook-Subunternehmer auf Gizmodo, habe er Berichte über die republikanisch besetzte Konferenz CPAC unterdrückt. Das Thema #BlacklivesMatter sei hingegen an einer Topposition in die Liste aufgenommen worden. „Trending Topics“ sind demnach keinesfalls die meistgelesenen Themen der Facebook-Nutzer. Das Unternehmen dementierte den Vorwurf umgehend. Der Verantwortliche Tom Stocky schrieb in einem Posting: „Trending Topics is designed to showcase the current conversation happening on Facebook.“ Auffällig ist, wie sorgfältig er Aussagen zur Reihenfolge der Artikel vermeidet. Was genau „to showcase“ meint, das möchte er nicht öffentlich bestimmen.

Die Rubrik „Trending Topics“ ist für Newsseiten außerhalb von Facebook eine mächtige Trafficmaschine. 600 Millionen Nutzer lesen wöchentlich Nachrichten auf Facebook. Die „Trending Topics“ stehen allerdings nur in englischer Sprache und in ausgewählten Ländern zur Verfügung. Im Kern der Diskussion steht die Frage nach der Neutralität von Listen, die tatsächlich oder eben nur dem Anschein nach ausschließlich vom Interesse der Leser bestimmt werden. Sie finden sich an prominenter Stelle auch auf den Startseiten der deutschsprachige Newsseiten. Bei SPON heißt die Liste „Top gelesen“, bei sueddeutsche.de „leser lesen aktuell“ und bei faz.net „Beliebte Artikel meistgelesen“. Eine kleine Twitteranfrage bei den genannten drei Newsseiten, bei focus.de und bei bild.de blieb bisher leider unbeantwortet.

Gizmodo, der Gadget-Blog gehört zu Gawker Media, hatte bereits zuvor von fünf ehemaligen „news curators“ bei Facebook berichtet. Einer von ihnen wird mit den Worten zitiert:„We choose what’s trending“. Außerdem habe das Team die Anweisung den Markennahmen Twitter zu vermeiden und bestimmte Newsseiten anderen vorzuziehen. Die Subunternehmer – in der Regel junge Absolventen von Journalistenschulen – seien extremem Arbeitsdruck ausgesetzt und beim verfassen von Überschriften und Teasern zu absoluter sprachlicher Neutralität verpflichtet gewesen.

Die Anschuldigungen hatten weitreichende Folgen. Inzwischen hat sich der amerikanische Senat mit einem umfangreichen Fragenkatalog an Mark Zuckerberg gewandt.

Die „Trending Topics“ war bei Facebook erst im Jahr 2014 eingeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Liste als Feature interpretiert, dass Mark Zuckerberg vor allem eingeführt habe, um die Abwanderung von Nutzern zu Twitter zu verhindern. Unerreicht bleibt die Klarheit des Newsstandards RSS. Nur über Umwege lassen sich Teile des Angebots von Facebook und Twitter in RSS-Feeds umwandeln, das ist bei zuverlässigen Nachrichtenseiten anders. Es bleiben deutliche Zweifel, ob sich Facebook für die neutrale Nachrichten-Distribution eignet, oder ob Nachrichtenseiten für den Trafficsegen mit einem Glaubwürdigkeitsverlust bezahlen.