Bilanz: Tablets als Rettung der Verlagsbranche?

26.10.2011

Rund 18 Monate nach der Einführung von Apples iPad und anderer Tablet-Computer haben Verlage weiterhin Probleme, potenzielle Leser für die kostenpflichtigen Apps ihrer Magazine und Zeitungen zu gewinnen. Die Anzahl der Nutzer, die bereit sind für eine entsprechende digitale Ausgabe zu zahlen, hat sich zwar signifikant erhöht. Doch selbst die große Mehrheit der in der Regel besser verdienenden Tablet-Besitzer weigert sich nach wie vor, für Inhalte zu bezahlen, die an anderer Stelle kostenlos verfügbar sind. Die Redaktion von mediadb.eu hat die neuesten Nutzerzahlen und -studien zusammengefasst:

1. Welche aus Sicht der Verlage positiven Entwicklungen sind zu erkennen?
Im Zuge des Starts von Apples iTunes Store-Kiosk "Newsstand" vermeldeten jüngst zwei US-Magazinverlagshäuser, Advance Publications und Hearst, stark gestiegene Verkaufszahlen ihrer iPad-Abonnenments. Bei Condé Nast, der Magazinsparte von Advance, stiegen die Erlöse aus dem wöchentlichen verkauf von iPad-Versionen der Zeitschriften (u.a. Glamour, Vanity Fair und Wired) in den vergangenen zwei Wochen um knapp 270 Prozent. Einen ähnlichen Leserzuwachs kann die Magazinsparte von Hearst verzeichnen. Im September 2011 verkaufte Hearst mehr als 300000 digitale Exemplare seiner Magazine (u.a. Esquire und Cosmopolitan) - zehnmal so viele wie noch ein Jahr zuvor. Ein Grund für die wachsende Popularität von Magazin-Apps könnte Apples neues iPad-Betriebssystem iOS 5 sein, das das schnellere Laden von Inhalten im Hintergrund ermöglicht.
Allerdings ist bei diesen Zahlen Vorsicht geboten: rund die Hälfte der Tablet-Abonennten sind Kunden, die ursprünglich ein Print-Abo abgeschlossen haben und nun gratis auch Zugang zu den elektronischen Versionen der Zeitung haben. Dennoch sind die Verlage zuversichtlich, in den nächsten Jahren Tablet-Umsätze im Gesamtvolumen von drei Milliarden US-Dollar zu generieren.

2. Wieviele Leute sind bereit, für Magazin-Apps zu bezahlen?
Einer jüngst vom Pew Research Center's Project for Excellence in Journalism veröffentlichten Studie zufolge sind die Aussichten für eine dauerhafte Popularisierung von journalistischen Bezahl-Inhalten auf Tablets eher bescheiden. Zwar besitzen mittlerweile elf Prozent der US-Bürger einen Tablet-PC, wovon rund die Hälfte diesen auch zur Nachrichtenbeschaffung nutzt. Doch von allen Tablet-Besitzern haben in den vergangenen 18 Monaten nur 14 Prozent direkt für eine Zeitungs- oder Zeitschriftenapp gezahlt. Das Potenzial für eine erfolgreiche Monetarisierung ist jedoch zweifelsfrei da: Wie die Studie außerdem herausgefunden hat, verdienen Tablet-Nutzer überdurchschnittlich viel und verbringen mehr Zeit mit dem Lesen von Nachrichtenmeldungen und Artikeln als der Rest der Bevölkerung. Allerdings bevorzugen die meisten von ihnen das kostenlose Lesen der Online-Auftritte der Zeitungen und Magazine über den Web-Browser ihrer Tablets. Wichtigstes Entscheidungskriterium, ob eine entsprechende App genutzt wird oder nicht, ist nach wie vor dass sie gratis ist. Journalistische Inhalte, die es nur in kostenpflichtiger App-Form gibt, fristen im Internet ein Nischen-Dasein am Rande der Wahrnehmbarkeit. "The Daily", die Tablet-Zeitung aus dem Hause News Corp., hatte im September 2011 beispielsweise täglich nur 120 000 Leser, wobei eine nicht bekannte Zahl von ihnen Nutzer sind, die sich einmalig für einen Test-Zugang registriert hatten. "The Daily" hat damit in etwa soviel Leser wie die Regionalzeitungen "Toledo Blade" oder der "Rochester Democrat and Chronicle". Um profitabel zu werden, müsste "The Daily" seine Leserschaft auf Dauer vervierfachen.

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