Apple vs. Samsung: Von Marktmacht und Innovationshemmnis

23.08.2012

Der Patentprozess von Apple und Samsung nimmt im kalifornischen San José Ausmaße an, die unternehmensspezifische Differenzen übersteigen. Längst geht es nicht mehr nur um die Verletzung von Patenten und die Auslegung des Begriffs eines freien Wettbewerbs. Vielmehr scheint vor allem laut Branchenkennern die Zukunft technologischer Innovationen auf dem Spiel zu stehen. Am gestrigen letzten Verhandlungstag versuchten beide Seiten, die neun Geschworenen mit ihren Argumenten zu überzeugen. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus. Die Redaktion von mediadb.eu hat die Hintergründe dieses Streits analysiert und die möglichen Folgen für den Smartphone- und Tabletmarkt beleuchtet.

1. Warum klagt Apple gegen einen Zulieferer, der mehr als ein Viertel der Aufwendungen für iPhone-Bauteile kassiert?
Der jüngst als wertvollstes Unternehmen der Welt deklarierte Technologiekonzern Apple wirft dem eigenen Zulieferer vor, durch Patentverletzungen in Konkurrenz mit Apple zu treten. Somit konnte Samsung seine Marktmacht ausbauen und Apple als weltgrößten Smartphone-Hersteller überholen. Die dadurch entstandenen Verluste sollen sich auf 500 Millionen Dollar belaufen. Apple-Anwalt Harold McElhinny bekräftigte den Vorwurf, das iPhone-Design kopiert zu haben mit Hilfe einer internen Samsung-Studie und E-Mails, die eine Design-Krise offenbaren und zur Übernahme von iPhone-Funktionen geraten haben sollen. Apple fordert für das vermeintliche Kopieren von Design und Software von iPad und iPhone einen Schadenersatz in Höhe von über 2,5 Milliarden Dollar (2 Milliarden Euro).

2. Welchen Standpunkt vertritt Samsung?
Der südkoreanische Technologiekonzern sieht sich als einen Teilnehmer im Wettbewerb auf dem Smartphone- und Tabletmarkt, in dem Apple versuche, ein Monopol einzunehmen. Laut Aussagen des Samsung-Anwalts Charles Verhoeven glaube Apple, „ein Monopol auf Rechtecke mit abgerundeten Ecken und Touchscreen haben zu dürfen“. Wie bei Fernsehgeräten gäbe es aufgrund der Funktionalität Gemeinsamkeiten im Design. Samsung verlangt von Apple 422 Millionen Dollar Schadenersatz, weil der US-Konzern wiederum technische Patente verletzt habe.  

3. Warum ist der Ausgang dieses Prozesses für Innovationen von Bedeutung?
Obwohl beide Seiten verschiedene Positionen vertreten, stimmen sie beide in der Annahme überein, dass das Handeln des anderen wettbewerbswidrig sei. Samsung-Anwalt Charles Verhoeven wies die Geschworenen, die das letzte Urteil fällen sollen, darauf hin, dass ihre Entscheidung den Wettbewerb stark beeinflussen kann. Für Apple ist dieser Prozess Experten zufolge insofern von großer Bedeutung, als dass sie einen Ruf als innovatives Technologieunternehmen zu verteidigen haben.

Der Ausgang des Prozesses gilt als „richtungsweisend für zahlreiche Streitigkeiten, die verschiedene High-tech-Konzerne derzeit quer über den Globus austragen“. Laut Aussagen des Patentexperten Alexander Poltorak würde ein Urteil zugunsten Apples zwar Samsung teuer zu stehen kommen, aber den Smartphone-Markt nicht grundlegend verändern. Branchenanalysten wie Christopher V. Carani, Vermögensjurist für McAndrews, Held & Malloy, sehen darin jedoch mehr Raum für technische Innovationen. Der Ansporn, Smartphones und Tablets mit einzigartigen Features und Designs zu belegen, würde ansteigen, um ähnliche Patentstreits zu vermeiden. Der gegenteilige Effekt würde eintreten, wenn die Geschworenen zugunsten von Samsung entscheiden: Die Designs der kommenden Jahre würden stets an Apple-Produkte erinnern.

Insidern zufolge gilt es jedoch als sehr wahrscheinlich, dass mindestens eine der Seiten Berufung gegen das Urteil einlegen wird.

4. Welche Konsequenzen kann das Urteil für andere Unternehmen haben?
Das Urteil kann auch Auswirkungen auf Google sowie andere Gerätehersteller und -zulieferer haben, die Googles Android als Betriebssystem nutzen. Sollte Samsung als größter Hersteller von Android-Smartphones keine Produkte in den USA mit entsprechenden Patenten verkaufen dürfen, so hat dies auch Konsequenzen für andere Android-Zulieferer. Während 64,1 Prozent der weltweit vertriebenen Smartphones auf Googles Konto zurückgehen, hat das iPhone nur einen Anteil von 18,8 Prozent. Apple ist also auch in dieser Hinsicht an einer nicht auf gegenseitigen Zugeständnissen beruhenden Beilegung des Streits interessiert.

Mehr dazu:

- All Things Digital: Competing Views of Competition in Apple-Samsung Trial (22.08.2012)

- Welt Online: Apple und Samsung gehen voll auf Konfrontation (22.08.2012)