Yahoo-Übernahme: Microsoft vs. Google

24.10.2011

Seit Wochen tobt eine Schlacht um den Online- und Medienkonzern Yahoo, der sich spätestens seit der Entlassung seiner erfolglosen Chefin Carol Bartz zu einem Übernahmekandidaten entwickelt hat. Zu den möglichen Käufern bzw. Kooperationspartnern zählen u.a. die Medienkonzerne News Corp. und Comcast, der chinesische Onlinekonzern Alibaba sowie diverse Private Equity-Firmen und Finanzinvestoren wie Silver Lake Partners oder Providence Partners. Ebenfalls unter den Interessenten befindet sich Microsoft, das Yahoo bereits 2008 vollständig übernehmen wollte. Microsofts Interesse an Yahoo hat wiederum Google auf den Plan gerufen. Der Suchmaschinen-Marktführer sieht seine Vormachtstellung auf dem Online-Werbemarkt bedroht. Die Redaktion von Mediadb.eu hat die Strategien und Motive von Google und Microsoft bezüglich einer Übernahme von Yahoo zusammengefasst und analysiert.

1. Was macht Yahoo für Microsoft so attraktiv?
Noch 2008 war Microsoft bereit, knapp 55 Milliarden US-Dollar für Yahoo zu bezahlen. Doch der damalige Yahoo-Chef Jerry Yang weigerte sich beharrlich, das von ihm gegründete Unternehmen zu verkaufen. Stattdessen wurde eine erfolglose Kooperation der Suchmaschine von Yahoo mit Microsofts Bing in die Wege geleitet. Heute, nach drei Jahren Misswirtschaft, wird der Wert von Yahoo auf nur noch 18 Milliarden US-Dollar beziffert. Microsoft könnte sich Yahoo - evtl. auch mit der Hilfe von Finanzinvestoren - also für einen Bruchteil des ursprünglichen Preises einverleiben. Das Kaufmotiv hat sich in der Zwischenzeit indes nicht geändert: Microsoft benötigt die Kontrolle über Yahoo, um seine Reichweite im Internet entscheidend zu erhöhen. So glaubt offenbar ein Teil der Microsoft-Verantwortlichen, eine erfolgreiche Übernahme von Yahoo mit anschließender Verschmelzung der Yahoo und Microsoft-Seiten würde Konkurrent AOL und sein gleichnamiges Internetportal entscheidend schwächen. Allerdings gibt es im Microsoft-Management auch skeptische Stimmen, die von einem Kauf von Yahoo abraten. Microsoft solle stattdessen lieber Unternehmen kaufen, die mehr Wachstumspotenzial als Yahoo besitzen.

2. Warum zeigt nun auch Google Interesse an Yahoo?
Google hat aus kartell- und wettbewerbsrechtlicher Sicht nur eine sehr geringe Chance, Yahoo zu übernehmen. Die de facto-Monopolstellung auf dem Suchmaschinenmarkt wird gegenwärtig sowohl vom US-Handelsministerium als auch von der Europäischen Union juristisch untersucht. Sollte eine direkte Übernahme genehmigt werden, könnte Google sofort damit beginnen, Werbung auf dem nach wie vor sehr beliebten Yahoo-Portal zu verkaufen und die fast 700 Millionen monatlichen Besucher für sein neues soziales Netzwerk Google+ zu begeistern. In diesem Zusammenhang interessiert sich Google auch für den Vermarktungsdeal, den Yahoo jüngst für die Onlineauftritte des amerikanischen Networks ABC abgeschlossen hat.
Wie der "Guardian" berichtet, hat sich Google anstatt einer direkten Übernahme jedoch zu einem Schattenmanöver entschlossen: eine von Google finanzierte Firma, bzw. ein Firmenkonsortium soll Yahoo erwerben, damit Microsoft dieses nicht mehr tun kann. Die Google-Verantwortlichen sind sich darüber bewusst, dass Microsoft seine defizitäre Suchmaschine Bing ohne die vollständige Übernahme von Yahoo niemals in die schwarzen Zahlen führen kann.

Mehr dazu:

The Guardian: Google mulling part in Yahoo takeover scheme to edge out Microsoft (24.10.11)

Wall Street Journal: Yahoo Attracts More Potential Suitors (24.10.11)