Yahoo: Kerngeschäft zu verkaufen

31.03.2016

Yahoo-CEO Marissa Mayer, CC by TechCrunch/Regi51

Bis zum 11. April gibt Yahoo potentiellen Investoren Zeit, um vorläufige Gebote für das Online-Kerngeschäft und die asiatischen Vermögenswerte abzugeben. Das berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf anonyme Informanten. Die Zerschlagung von Yahoo ist damit nur noch eine Frage der Zeit. Zuletzt hatte CEO Marissa Mayer gravierend am Content gespart.

Potentielle Käufer seien schriftlich dazu aufgefordert worden, die Höhe ihrer Gebote zu nennen und für welche Teile von Yahoo sie sich besonders interessieren. Rund 40 Unternehmen und Beteiligungsfirmen seien kontaktiert worden, darunter Verizon Communications Inc., Time Inc. und auch Microsoft.

Microsoft ist in vielerlei Hinsicht ein Spezialfall. Noch im Februar des Jahres 2008 hatte der Konzern versucht, Yahoo für 44 Milliarden Dollar zu übernehmen. Im Mai 2008 zog Microsoft das Angebot zurück. Später, im Jahr 2009, kündigten beide Unternehmen eine - dem Anschein nach – weitgehende strategische Allianz an. Sie trat am 23. Februar 2010 in Kraft. Ausgehandelt wurde sie unter Yahoo-CEO Carol Bartz, der Vorgängerin der heutigen Yahoo-Chefin Marissa Mayer. Vereinbart war eine Laufzeit von 10 Jahren. Yahoo-Nutzer werden seither mit Suchergebnissen von Microsoft versorgt und Microsoft verdient am Traffic durch Werbeeinnahmen, trägt aber auch einen Teil der entstehenden Kosten. Ersteres verrät der Hinweis „powered by Bing“ am unteren Ende jeder Seite mit Yahoo-Suchergebnissen. Seitdem ist Yahoo kein Suchmaschinenbetreiber mehr.

Welches der beiden Unternehmen von der Allianz stärker profitierten würde, war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unklar. Der Newsblog searchengineland verwendete dafür den Ausdruck „coopetition“. Ein Neologismus, der sich aus den Worten „cooperate“ und „competition“ zusammensetzt und die Ambivalenz des Abkommens treffend beschreibt.

Im Lauf der Zeit erkannte man bei Yahoo die Nachteile für die eigene Seite. Die genauen Bedingungen des Deals wurden neu verhandelt. Marissa Meyer modifizierte für Yahoo die Vereinbarung zum eigenen Vorteil und erreichte schließlich am 15. April 2015, dass die auf 10 Jahre angelegte „coopetition“ jederzeit beidseitig vom 1. Oktober 2015 an kündbar wurde (SEC-filing vom 15. April 2015).

Dann ging es sehr schnell. Schon am 19. Oktober 2015 trat eine vergleichbare Vereinbarung mit Google in Kraft (SEC-filing vom 19. Oktober 2015). Yahoo kann sich demnach wenigstens aussuchen, zu welchem Suchmaschinenbetreiber es seine Kunden umleitet, abhängig davon, ob Google oder Bing (Microsoft) die besseren Werbeerlöse versprechen. Außerdem behält sich Yahoo das Recht vor,  anderer Parteien – „other third parties“ – zu bedienen. Ein Modell, das freilich bei sinkenden Nutzzahlen, wie sie im Geschäftsbericht für 2015 verkündet wurden, auch nur sinkende Einnahmen verspricht.

Auch deshalb werden die Töne privater Investoren gegenüber Mayer und dem gesamte Yahoo-Board immer schriller. Mit seiner Forderung das Kerngeschäft zu verkaufen, hat sich der Anteilseigner Canyon Capital also durchgesetzt. Unterstützt wurde er darin zuletzt von Starboard Value. Diese Investment-Firma hält rund 1,7 Prozent der Yahoo-Anteile. In einem offenen Brief forderte Starboard Value das gesamte Yahoo-Board zum Rücktritt auf. Immerhin mit den Erlösen aus Videoanzeigen kann Yahoo zufrieden sein. Sie stiegen 2015 um 64 Prozent. Das allein wird das Unternehmen nicht retten können.