Yahoo: Gerüchte um Führungswechsel

24.06.2011

Am vergangenen Donnerstag wurde Carol Bartz (Foto), Chefin von Yahoo, auf der jährlichen Aktionärsversammlung mit 80-prozentiger Zustimmung vom Aufsichtsrat im Amt bestätigt. Dennoch halten sich hartnäckig Gerüchte, die Tage der 62-jährigen an der Spitze des Online- und Medienkonzerns seien gezählt. Ein unzufriedener Großanleger hatte Bartz auf der Versammlung scharf kritisiert und mit Hinweis auf die bescheidenen Resultate während ihrer zweieinhalbjährigen Amtszeit ihre Ablösung gefordert. Die Redaktion von mediadb.eu hat die gegenwärtige Situation von Yahoo anhand drei Fragen analysiert:

1. Welchen Rückhalt genießt Bartz bei Yahoo?
Auf der Aktionärskonferenz wurde Bartz vom Vorsitzenden Roy Bostock in den höchsten Tönen für den "hart erkämpften Fortschritt" gelobt, den das Unternehmen in den letzten Jahren gemacht habe. Dass Bartz jetzt mit großer Mehrheit vom Aufsichtsrat wiedergewählt wurde, könnte sich jedoch als trügerisch herausstellen. Auf der Jahreshauptversammlung 2007 wurde der damalige CEO Terry Semel ebenfalls im Amt bestätigt, nur um eine Woche später durch Yahoo-Gründer Jerry Yang ersetzt zu werden.
Im Gegensatz zu ihren Vertrauten im Aufsichtsrat verliert ein Teil der Aktionäre jedoch zunehmend die Geduld mit dem wirtschaftlich stagnierenden Konzern. Unmittelbar nach der Versammlung sank der Aktienkurs um drei Prozent. Angesichts der mäßigen Ergebnisse und einem Exodus an Führungskräften gerät CEO Bartz immer mehr in die Kritik. Ihr wird vorgeworfen, die Marke Yahoo nicht eindeutiger zu definieren und auf Gewinn- und Umsatzrückgänge nur mit Massenentlassungen zu reagieren. Mitarbeiter und Aktionäre denken zudem mit Unbehagen an Bartz' erstes Amtsjahr, in dem sie trotz Umsatzrückgang inklusive Gehalt und Bonuszahlungen die astronomische Summe von 47,2 Millionen US-Dollar verdiente, das höchste Gehalt, das jemals an einen weiblichen CEO gezahlt wurde.

2. Wie ist es um die wirtschaftliche Lage bei Yahoo bestellt?
Es bleibt weiterhin unklar, ob Yahoo und wann wieder auf die Erfolgsspur zurückkehren kann. Bartz' Problem besteht darin, dass sie es in den vergangenen zwei Jahren trotz weiterhin hoher Besucherzahlen auf den Yahoo-Webseiten nicht geschafft hat, Umsatz und Gewinn signifikant zu steigern. Zwar hat Bartz in den vergangenen Jahren Unternehmensstrukturen modernisiert und sich auf Online-Inhalte als Kerngeschäft konzerntriert, doch der Aktienkurs stagniert auf unter 20 US-Dollar pro Aktien (allein im Monat Juni fiel der Kurs um acht Prozent). Seine einstige Vorherrschaft im  Berbeich Onlinewerbung hat Yahoo bereits verloren. So wird der Anteil am 31 Milliarden schweren Markt für Onlinewerbung laut eMarketer bis zum Jahresende auf nur noch 11 Prozent zurückgehen (2009 betrug dieser noch 16 Prozent). Zum Vergleich: Google wird Ende 2011 einen Markanteil von 41 Prozent, Facebook von immerhin sieben Prozent haben.

3. Welche Strategie verfolgt Bartz?
Bartz' Antwort auf die langjährige Identitätskrise des Unternehmens besteht darin, Yahoo sukzessive in einen Medienkonzern umzuwandeln. Dazu gehört auch die verstärkte Produktion eigener Inhalte. Bisher sind nur zehn Prozent aller Inhalte des Webportals in Eigenregie produziert worden, ein Anteil, der in den nächsten Jahren wachsen soll. So wurde massiv in Text- und Videoinhalte investiert und dafür Autoren, Redakteure, Blogger und Produzenten eingestellt. Ein Fokus soll dabei auf besonderen Ereignissen mit weltweitem Interesse liegen wie etwa die Tötung Bin Ladens oder der Superbowl. Bei der jüngsten Hochzeit von Prinz William etwa verzeichneten Yahoo-Webseiten 300 Millionen Besucher und 16 Millionen Videostream-Zuschauer. In den vergangenen Wochen haben zudem Gerüchte die Runde gemacht, Yahoo sei am Videoportal Hulu interessiert.

Mehr dazu:

- paidContent: Yahoo Board Backs CEO Bartz Amid Questions From Testy Shareholders (23.06.2011)
- Allthingsd: Yahoo Board Backs Bartz Despite Shareholder Bellyaching (23.06.2011)
- New York Times: Yahoo Chief Executive Faces Unhappy Shareholders (23.06.2011)