"Wolf im Anmarsch" - Hollywood expandiert in China

21.09.2015

China Media Capital-Gründer Li Riugang. CC by World Economic Forum / Ciaran McCrickard.

Gestern wurde bekannt, dass Time Warners Hollywoodstudio Warner Bros gemeinsam mit der Private Equity-Firma China Media Capital ein Filmstudio für chinesischsprachige Produktionen starten wird. Die in Hong Kong ansässige Flagship Entertainment Group wird 2016 ihren ersten Film herausbringen und dafür die technische Expertise und das Distributionsnetz von Warner mit China Medias Erfahrung in der chinesischen Filmindustrie kombinieren. Medienkonzerne aus China treten damit die Flucht nach vorne an. 2017 wird die Quote abgeschafft, die regelt, wieviele ausländische Filme pro Jahr in chinesische Kinos kommen (Filmschaffende in China warnen deshalb bereits, dass dann die "Wölfe kommen werden"). Bis dahin sollen möglichst viele Partnerschaften mit Hollywood eingefädelt werden, um gemeinsam am boomenden Kinomarkt im Reich der Mitte zu profitieren. Für US-Medienkonzerne ist es ebenfalls ratsam, im autoritär geführten Staat mit seinen diversen kulturellen Befindlichkeiten lieber auf Kooperation statt Konfrontation zu setzen. Denn nicht nur Hollywood-Filme brechen laufend Rekorde an den chinesischen Kinokassen, sondern zunehmend auch heimische Produktionen, die für westliche Zuschauer - wie etwa Monster Hunt, der erfolgreichste chinesische Film aller Zeiten - merkwürdig anmuten.

China ist bereits jetzt der zweitgrößte Kinomarkt der Welt und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Nordamerika als Nummer eins abgelöst wird. Immer mehr Chinesen verbringen ihre Freizeit damit ins Kino zu gehen: 2011 gab es landesweit nur etwas mehr als 9.000 Kinosäle; heute sind es mehr als 23.000 und jeden Tag kommen 14 dazu. Wie wichtig der chinesische Markt für Hollywood geworden ist, zeigt sich unter anderem an den Filmen, die aufgrund ihres Misserfolgs an den amerikanischen Kinokassen eigentlich als Flop gelten müssten, aufgrund von hohen Einspielergebnissen in China zu internationalen Blockbustern geworden sind. Den fünften Teil der "Terminator"-Reihe etwa wollten aufgrund des schwindenden Starpotenzial von Hauptdarsteller Arnold Schwarzenegger in den USA nur vergleichsweise wenige Kinogänger sehen; in China hingegen, wo Schwarzenegger noch immer Superstar-Status hat, konnte der Film beim Start 25 Millionen Dollar einspielen, was wohl ein weiteres Sequel nach sich ziehen wird.

Der Kinomarkt in China wird von den aktuellen wirtschaftlichen Turbulenzen weitgehend unberührt bleiben, so aktuelle Prognosen. Hollywood und China versuchen deshalb im Zuge von Joint Ventures und einzelnen Koproduktionen sich den Markt aufzuteilen. Der Deal zwischen Warner und China Media war nur der letzte in einer Reihe von Kooperationsabkommen. Der Fernsehkonzern Hunan TV erwarb für 1,5 Milliarden Dollar einen 25-prozentigen Anteil an den Filmen des Studios Lions Gate, die China starten; die US-Kinokette AMC gehört mittlerweile mehrheitlich der chinesischen Wanda-Gruppe; Rupert Murdoch besuchte jüngst den chinesischen Präsidenten um für die Eröffnung von Vergnügungsparks mit 21st Century Fox-Lizenzen zu werben; und China Media-Gründer Li Ruigang hat bereits dem Warner-Deal ähnliche Kooperationen mit Walt Disney und Dreamworks beschlossen. Die wohl größte Koproduktion soll 2016 mit "The Great Wall" in die Kinos kommen, einem Fantasy-Film mit chinesischen Superstars sowie Matt Damon in der Hauptrolle.

Ob sich so langfristig auch der Inhalt globaler Hollywood-Produktionen ändern wird, ist noch nicht abzusehen. Bisher - wie etwa bei "Iron Man 3" wurde staatliche Propaganda sowie Product Placement nur in die eigens angefertigten chinesischen Versionen platziert (was auch unter Chinesen nicht gut ankam) oder chinesische Schauspieler in unwichtigen Nebenrollen installiert (wie etwa Zhang Jingchu im vom chinesischen Onlinekonzern Alibaba koproduzierten "Mission Impossible 5").