Time Warner Cable-Übernahme: Wie stehen Charters Chancen?

29.05.2015

CC by Dwight Burdette

Die jüngst bekannt gewordenen Pläne des Kabelkonzerns Charter Communications, Time Warner Cable übernehmen zu wollen, haben innerhalb kürzester Zeit für Spekulationen gesorgt, ob die US-Regulierungsbehörden dem 56 Mrd. US-Dollar schweren Megadeal zustimmen werden. Sowohl die Federal Communications Commission, die überprüft, ob Zukäufe im öffentlichen Interesse sind, als auch das US-Justizministerium hatten unlängst Comcast ausgebremst, das ebenfalls Time Warner Cable kaufen wollte. Charter würde seinen Kundenstamm durch die Zukäufe von Time Warner Cable sowie des kleineren Konkurrenten Bright House Networks auf einen Schlag von sechs auf 23,5 Millionen verfielfachen und hinter Comcast zur neuen Nummer Zwei auf dem US-Kabelmarkt avancieren. Das Unternehmen ist optimistisch, dass es im Gegensatz zu Comcast grünes Licht für sein Vorhabe von der Obama-Admiminstration bekommen wird. Insgesamt sind die Chancen wohl höher als im Fall von Comcast. Ob das Weiße Haus jedoch nun auf einmal einem Deal von ähnlichen Dimensionen zustimmt, bleibt abzuwarten. Die Redaktion von mediadb.eu hat die wichtigsten Faktoren zusammengefasst, die den Ausgang des Verfahrens mitbestimmen: die Haltung der FCC und ihres Vorsitzenden, die Rolle der Kunden, sowie die zunehmend einflussreiche Stellung von Netflix.

Charter-CEO Thomas Routledge bemüht sich zu betonen, dass sein Unternehmen vom Wesen her völlig anders ist als Comcast. In der Tat hat Charter im Gegensatz zu Comcast kein großes Hollywood-Filmstudio oder landesweiten TV-Network in seinem Portfolio. Die Doppelfunktion von Comcast als Internet Service Provider/Kabelanbieter und Inhalteproduzent bewog die FCC schließlich dazu Comcast die Übernahme zu verweigern, da das Unternehmen sonst Anreize bekommen hätte die Inhalte von Konkurrenten in seinem Distributionsnetzwerk zu diskriminieren. Entscheidend für die FCC ist aber auch in welcher Konstellation das national formulierte Ziel erreicht werden, kann die gesamten Vereinigten Staaten mit High-Speed-Internetverbindungen zu versorgen. Weniger Wettbewerb könnte in diesem Zusammenhang dazu führen, dass die USA insbesondere im Vergleich zu Asien in der Netzentwicklung weiterhin auf der Strecke bleiben. Die Frage ist, ob die FCC und ihr Vorsitzender Tom Wheeler der Meinung sind, der Charter-Deal führe zu mehr oder weniger Wettbewerb. De facto würde ein Kabel-Duopol entstehen mit zwei großen Unternehmen, die mehr als die Hälfte des Marktes dominieren. Comcast würde auf diese Weise größeren Wettbewerb ausgesetzt sein, die kleineren Anbieter könnten jedoch auf der Strecke bleiben.

Bereits jetzt leiden die Kunden von großen Kabelkonzernen unter ausgesprochen schlechten Kundenservice, was einer der Hauptgründe dafür ist, dass Millionen Amerikaner die aus ihrer Sicht überteuerten Pay-TV-Senderpakete kündigen. Charter und Time Warner Cable gehören neben Comcast zu den regelmäßig am schlechtesten bewertenden Unternehmen der USA. Ob sich die Kundenzufriedenheit - die in Form von an die FCC gerichteten Briefen und Emails von Bürgern ebenfalls in die Bewertung miteinfließen werden - verbessert, wenn Charter und TWC zusammengelegt werden, darf bezweifelt werden.

Schließlich warten Beobachter gespannt auf die Reaktion von Netflix. Das Streamingunternehmen ist zu einem dermaßen großen Bestandteil des Internet-Ökosystems geworden, das politische Entscheidungsträger ihre Haltung zum Charter-Deal auch davon abhängig machen, was CEO Reed Hastings davon hält. Die Bedeutung von Netflix zeigt sich auch darin, dass die FCC mittlerweile spöttisch auch als NCC bezeichnet wird, da das Unternehmen bei zwei der entscheidenden medienpolitischen Entscheidungen der letzten Monate - das Bekenntnis der Obama-Administration zum Netzneutralitätsprinzip sowie die untersagte Übernahme von TWC durch Comcast - entscheidend beteiligt war. Charter hat bereits angekündigt, im Gegensatz zu Comcast davon abzusehen, Übertragungsgebühren von Netflix für die ruckelfreie Übertragung seines Dienstes zu verlangen.