E-Books: neues Geschäftsmodell für Zeitungsverlage

19.09.2011

Die großen Buchverlage bekommen bei der Veröffentlichung von E-Books zunehmend Konkurrenz durch Tageszeitungen, Magazine und Webseiten. So haben in den vergangenen Wochen Medien wie der britische "Guardian", die "New York Times" oder die Huffington Post elektronische Bücher veröffentlicht und über Amazon und den iTunes Store vertrieben. Die Redaktion von mediadb.eu hat die Entwicklung näher beleuchtet:

1. Was versprechen sich Zeitungen von eigenen E-Books?
Die elektronische Veröffentlichung von kurzen Büchern, die aus weniger als 30,000 Wörtern bestehen, ist ein hochlukratives Geschäft für Zeitungsverlage und prominente Webseiten. Texte solcher Größe sind für Magazine zu lang, für herkömmliche Buchverlage jedoch zu kurz. Der Inhalt solcher kurzen Bücher besteht in der Regel im wesentlichen aus Ansammlungen von Artikeln, die eine Zeitung oder Webseite zum entsprechenden Thema bereits recherchiert und verfasst hat. Auf diese Weise können Zeitungen besonders kostengünstig kurze Bücher in Auftrag geben; Kosten für Vorab-Honorare, Lektorate und zusätzliche Recherche entfallen. Ein weiterer Vorteil ist die zeitnahe Veröffentlichung. Während Buchverlage durchschnittlich zwei Jahre brauchen, um ein Buch zu vermarkten, zu drucken und zu vertreiben, können Zeitungen fast tagesaktuell E-Books zu einem relevanten Thema veröffentlichen. Die mangelnde Sichtbarkeit in Buchläden wird durch Werbung auf der jeweiligen Homepage der Zeitung ausgeglichen. Beispiele für solche Bücher sind "Open Secrets" der New York Times, eine Artikelsammlung zum Thema Wikileaks; "How We Won" bestehend aus Reportagen des Huffington Post-Autors Aaron Belkin zum Thema "Don't ask, don't tell"; sowie die "Shorts"-Reihe des "Guardian", die sich unter anderem mit dem Abhörskandal bei der "News of the World" beschäftigt. Weitere Medien, die den Markt für kurze Ebooks entdeckt haben sind die Magazine The New Yorker und Vanity Fair, die TV-Nachrichtenredaktion von ABC News, die Zeitung "The Boston Globe" sowie die Politik-Website Politico. Letzteres bildet eine Ausnahme, da Politico mit der Bertelsmann-Tochter Random House kooperiert.

2. Was für weitere Entwicklungen bestimmen die E-Book-Branche?
Nachdem der Erfinder des E-Books, Michael Hart, vor kurzem gestorben ist, geht der "Ebook-War" zwischen Apples iTunes Store und Amazon unvermindert weiter. Ironischerweise sorgt die Konkurrenz beider Unternehmen jedoch nicht für sinkende, sondern steigende Preise im Segment für elektronische Bücher. Um das Format sowie den eigenen E-Reader Kindle populär zu machen, wollte Amazon anfangs die Preise niedrig halten und bot elektronische Editionen von Büchern lange Zeit für einen Einheitspreis von 10 US-Dollar an. Die großen Buchverlage bekamen jedoch Bedenken, dass diese Politik die Preise für ihre gedruckten Bücher auf lange Sicht drücken würden und rebellierten (so lieferte sich Amazon eine lange Fehde mit dem zu Holtzbrinck gehörenden Macmillan-Verlag). Apple war wiederum sehr zuvorkommend und erlaubte es den Verlagen, höhere Preise zu fordern (an denen Apple prozentual beteiligt wurde). Gegenwärtig steht in diesem Zusammenhang eine Sammelklage im Raum, die Apple sowie drei weiteren Buchverlagen illegale Preisabsprachen vorwirft, mit dem Ziel, die Einheispreispolitik von Amazon zu torpedieren. Als Resultat sind die Ebook-Preise im vergangenen Jahr um 30 Prozent gestiegen.
Amazon hat derweil einen anderen Plan entwickelt, um Ebook-Leser langfristig an sich zu binden. Das Unternehmen plant offenbar eine Art digitale Bibliothek, auf die Premiumkunden umsonst, bzw. gegen monatliche Gebühr zugreifen können. Diese Flat-Rate für Bücher scheitert bislang jedoch noch am Einverständnis der Buchverlage, die befürchten, auf diese Weise würden Bücher noch weiter abgewertet werden.

Mehr dazu:

New York Times: In E-Books, Publishers Have Rivals: News Sites (18.09.2011)