AT&T-Time Warner: Argumente der Befürworter und Gegner

31.10.2016

Time Warner-CEO Jeffrey Bewkes. By David Shankbone - Own work, CC BY 3.0.

Eine Woche nach Bekanntwerden von AT&Ts mehr als 80 Milliarden teuren Übernahmeangebot für Time Warner ist die Debatte über Sinn- und Unsinn des Deals bereits im vollen Gange. So zeigten sich AT&T-Boss Randall Stephenson und Time Warner-Chef Jeff Bewkes auf einer Konferenz des Wall Street Journal gemeinsam in der Öffentlichkeit, um die Vorzüge der Übernahme zu betonen. Dabei wurden auch neue Details bekannt. Stephenson überraschte die anwesenden Journalisten mit der Ankündigung, dass AT&Ts Tochter DirecTV in wenigen Monaten eine eigene Streamingplattform launchen wird, in die nach dem Kauf von Time Warner auch Content von Warner Bros. und Turner Broadcasting-Sendern integriert werden soll. Der Service, der mehr als 100 Premium-Sender umfasst und mit speziell auf Mobile-User abgestimmt ist, soll 35 Dollar pro Monat kosten.

Hauptziel des Auftritts war jedoch Kritikern des Mergers frühzeitig Wind aus den Segeln zu nehmen. Bewkes und Stephenson präsentierten eine selbst ernannte "Magna Charta", die explizit auf die Sorgen von Verbraucherschutzorganisationen und progressiven Medien-Reform-NGOs einging. Erstens, versicherten die Manager, wird AT&T niemals exklusiven Time Warner-Content vertreiben, da sie so das Geschäftsmodell untergraben würden, Filme, Serien, und TV-Sender an eine möglich große Zahl an Distributoren zu vertreiben. Zweitens, unterstrich Stephenson, werde AT&T selbstverständlich weiterhin Sender von allen konkurrierenden Medienkonzernen an seine Pay-TV-Kunden übertragen. Drittens, würde die journalistische Unabhänigkeit von Time Warner-Tochter CNN nicht angerührt. Viertens soll Time Warner zu einem Innovationscenter in Bezug auf targeted advertising ausgebaut werden, um vermeintlich anonymisierte Zielgruppenwerbung zu generieren, indem AT&T-Nutzerdaten mit TV-Werbung verknüpft wird. Schließlich erhofft sich AT&T mit seinem neuen OTT-Angebot ('Over The Top') spätestens nach der flächendeckenden Einführung des Mobilfunkstandards 5G einen erfolgreichen Angriff auf die Kabelindustrie, deren Programmpakete weitaus teurer sind.

Bedenken aus den Reihen der US-Medienpolitik und Kartellpolitik versuchten die Konzernchefs außerdem zu zerstreuen, indem sie gebetsmühlenartig wiederholten bei dem AT&T-Time Warner-Deal handele es sich um eine vertikale Integration, die sowohl den Mobilfunk- als auch Medienmarkt nicht verändert und Preise nicht erhöhen wird. Im Gegenteil, der Deal, so Bewkes, würde den Wettbewerb befeuern und Preise nach unten treiben. Interessanterweise fielen in diesem Zusammenhang wiederholt die Namen Google und Facebook. Diese, so Stephenson und Bewkes, hätten ein de facto Duopol auf dem Markt für Onlinewerbung aufgebaut, dass nur durch ein kombiniertes AT&T-Time Warner-Konglomerat aufzubrechen wäre. Zudem seien die wichtigsten Bedenken, die vor sechs Jahren den Comcast-NBC Merger begleitet hatten, nicht mehr aktuell oder relevant: Netzneutralität sei mittlerweile gesetzlich festgeschrieben (Stephenson erwähnte dabei nicht, dass sein Unternehmen momentan noch gegen die Entscheidung der Regulierungsbehörde FCC klagt), und unabhängige Streamingplattformen wie Netflix hätten sich mittlerweile so etabliert, dass sie von einer solchen Übernahme nicht mehr bedroht seien.

Kritiker des Deals zeigen sich von diesen Argumenten derweil unbeeindruckt. Al Franken, Senator aus Minnesota und prominentester Kritiker des Comcast/NBC-Deals, ist davon überzeugt, dass AT&T etwa die von Warner Bros. oder HBO produzierten Filme und Serien nutzen wird, um sein DirecTV-Tochter zu promoten. Zudem könnten Sender, die nicht zu Time Warner gehören könnten weniger prominent in den DirecTV-Paketen platziert werden. Oder Sender wie CNN, TNT oder TBS könnten teurer an konkurrierende Plattformen verkauft werden. Die größte Medienreform-NGO FreePress warnt derweil in einem Aufruf an die Öffentlichkeit, dass ein Unternehmen wie AT&T aufgrund seiner kontroversen jüngeren Geschichte auf keinen Fall weiter wachsen solle. So unterstrich FreePress, dass AT&T durch die Kooperation mit dem Geheimdienst NSA in Bezug auf die Herausgabe von Nutzerdaten integraler Bestandteil des Massenüberwachungapparates sei, gegen Netzneutralität und den Glasfaserausbau unabhängiger kleinerer Telekommunikationsfirmen kämpfe und im Rahmen seiner Lobbyingaktivitäten kontroverse Waffen- und Umweltgesetzgebung unterstütze.