El País

Die spanische Zeitung „El País“, die am 4. Mai 1976 erstmals erschien, wurde in weniger als fünf Jahren zur wichtigsten spanischen Zeitung und vor allem zu einer Zeitung, die auch im Ausland als demokratische Stimme Spaniens wahrgenommen wurde. Die Geschichte von „El País“ ist eng verbunden mit der spanischen „transición“, dem Demokratisierungsprozess Spaniens nach dem Tod des Diktators Francisco Franco im November 1975. Spätestens als die Zeitung in der Nacht nach dem Putschversuch von Oberstleutnant Antonio Tejero am 23. Februar 1981 mit mehreren Extraausgaben erschien und mit der Schlagzeile „El País con la constitución“ deutlich machte, das sie für die Demokratie kämpfen werde, wurde sie auch aus Sicht der Historiker zum „Symbol für die Umwandlung des Landes zu einer Demokratie“ und zum „Sprachrohr für die politische und gesellschaftliche Wende“. Seit 1981 ist „El País“ die meistverkaufte Zeitung Spaniens. Mit einer gedruckten Auflage von 473.000 Exemplaren und einer verbreiteten Auflage von 370.000 hielt sie auch 2010 die Spitzenposition.  Die Zeitung gehört zum spanischen Medienkonzern PRISA (Promotora de Informaciones, Sociedad Anónima), der 2010 mit einem Umsatz von 2,8 Milliarden Euro 2010 der größte auf dem iberoamerikanischen Markt tätige Konzern war. Zum Konzern  gehören unter anderem der Bezahlsender Canal Plus, die Wirtschaftszeitung „Cinco Días“ und die Radiokette Cadena Ser. Prisa ist zudem Mehrheitseigner der Digitalplattform Digital Plus.

Basisdaten

Hauptsitz:
Ediciones El País
Miguel Yuste 40
28037 Madrid
Spanien
Telefon: 0034 91 3378200
Fax: 0034 91 3048766
Internet: www.elpais.com, www.prisa.com

Branche: überregionale Tageszeitungen, TV- und Radiosender, Zeitschriften/Magazine, Bücher, Online-Angebote

Rechtsform: Ediciones El País Sociedad Limitada (GmbH)
Prisa, Sociedad Anónima (Aktiengesellschaft)
Geschäftsjahr: 1. Januar bis 31. Dezember
Gründungsjahr: 1976
Beschäftigte: 13.885 (PRISA, international, davon 7.750 in Spanien)
Auflage 2010: 370.080
Leser: 1,924 Millionen (EGM)

Geschäftsführung:

  • Ediciones El País, SL (GmbH)
  • Presidente: Juan Luis Cebrián
  • Consejero Delegado: José Luis Sáinz
  • Director General: José Angel García Olea
  • Director: Javier Moreno
  • Directores adjuntos: Vicente Jiménez, Lluís Bassets
  • Subdirectores: Carlos Yárnoz, José Manuel Romero, Jan Martínez Ahrens, Berna González Harbour, Goyo Rodríguez, José Manuel Calvo, Borja Echevarría, Tomás Delclos, Frances Valls


Grupo Prisa,  Sociedad Anonima

  • Presidente: Ignacio Polanco
  • Consejero Delegado: Juan Luis Cebrián
  • Consejero Delegado Adjunto: Fernando Abril-Matorell

 

Umsatz 2010: 2,82 Milliarden Euro,
EBIT: 336,15 Millionen Euro
Ergebnis: -72,87 Millionen Euro

Tab. I: Auflagenentwicklung 2000-2010
2000436.302
2001433.617
2002435.298
2003440.226
2004469.138
2005453.602
2006432.204
2007435.083
2008431.033
2009391.815
2010370.080

Geschichte und Profil

Als „El País“ am 4. Mai 1976 erstmals erschien, war die in Gründung befindliche Zeitung bereits seit langem Gesprächthema in den publizistischen Kreisen Madrids. Der dahinter stehende Konzern PRISA war bereits 1972 gegründet worden. Zum Kreis der Gründer gehörte auch der Verleger Jesús de Polanco, der bald Consejero Delegado (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied) des Unternehmens wurde. In der Nullnummer kündigten die Gründer an, „El País“ erscheine mit dem Vorsatz, „an die „Tradition der großen liberalen Presse Spaniens anzuknüpfen und dem Leser ein Blatt zu bieten, das auf der Höhe der Zeit ist... Die Verteidigung der Demokratie und ein aufrichtiger Europäismus sind für uns zwei unwiderrufliche Basislinien“. Im Redaktionsstatut, das 1977 von José Ortega Spottorno verfasst wurde, steht: „,El País’ soll eine liberale, unabhängige, gesellschaftlich solidarische, nationale und europäische Zeitung sein, aufmerksam gegenüber dem Wandel, der sich derzeit westlichen Gesellschaft vollzieht“ (zitiert nach „Prisa Informe Anual 2011“)

Die Tradition der liberalen spanischen Presse, auf die sich die Gründer bezogen, lag zu jener Zeit mehr als vier Jahrzehnte zurück, gemeint waren die Zeitungen, die noch vor dem Bürgerkrieg in Spanien (1936-1939) erschienen waren, wie die 1917 gegründete „El Sol“, deren bekanntester Mitarbeiter und spiritus rector der spanische Philosoph José Ortega y Gasset war. Dessen Sohn José Ortega Spottorno gehörte auch zu den Gründern und ersten Herausgebern von „El País“. 

 

Ortega Spottorno sammelte in den intellektuellen Kreisen Madrids Geld für die geplante Zeitung, ein Medium, das sich an eben diese Intellektuellen richten sollte und als Sprachrohr ihrer Ideen dienen sollte. Bis 1976 war die Zahl der Aktionäre der Verlagsgesellschaft, die aus der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Elite Spaniens stammten, auf 500 gestiegen. Das Spektrum der Anteilseigner reichte vom kommunistischen Wirtschaftswissenschaftler Ramón Tamames bis zum ehemaligen Informationsminister unter Franco (1962-1969) und späteren Führer der Alianza Nacional (heute PP), Manuel Fraga. Die erste Ausgabe der Zeitung erschien wenige Monate nach dem Tod des Diktators Francisco Franco. KP-Mitglied Tamames erlebte das Erscheinen von „El País“ im Gefängnis, Fraga war zu dieser Zeit Innenminister.

Die Gründer der Zeitung versprachen sich von dem breit gefächerten politischen Spektrum der Aktionäre eine Garantie für den politischen Pluralismus des Blattes. Ihr erster Chefredakteur Juan Luis Cebrián war der Meinung, wenn das Kapital breit gestreut sei und ein vorübergehendes Erscheinungsverbot keinen arm mache, könne „El País“ mutiger sein als andere Zeitungen. Keiner der Anteilseigner hielt zu diesem Zeitpunkt mehr als 7,5 Prozent der Anteile. Zum zweijährigen Bestehen veröffentlichte „El País“ als erste spanische Zeitung die Liste aller 1.900 Anteilseigner von PRISA.

Nach Meinung der Chronisten machte der erste Chefredakteur (director), Juan Luis Cebrián, „El País“ zu der Zeitung, die sie heute ist. Er habe „El País“ erfunden, schrieb 1981 der spanische Schriftsteller Francisco Umbral, dem „die Zeitung von Juan Luis, seine Zeitung, so wie sie ist, so fehlerlos, so unversöhnlich, so objektiv, so objektivierbar, so aseptisch und so skeptisch, die leidenschaftliche, tägliche, wütende, rasende Biografie ihres director zu sein“ schien.

Cebrián wollte weder ein elitäres, noch ein populäres Blatt machen, sondern „eine Qualitätszeitung, und er hatte das Glück, der einzige director einer Zeitung in Madrid zu sein, der auf eine unternehmerische Ausstattung setzen konnte, die ihm die notwendige Unterstützung zu geben vermochte“, schrieb der Journalist Antonio Alférez 1986. Seiner Ansicht nach war die solide unternehmerische Grundlage in erster Linie dem damaligen Consejero delegado, dem Verleger Jesús de Polanco, zu verdanken, der aus dem „eleganten Club“ der Gründerväter einen wirtschaftlich arbeitenden Betrieb machte.

Cebrián suchte persönlich die Redakteure aus, die mit ihm zusammen die neue Zeitung für das neue Spanien machen sollten. „Es ging darum, Stars zu vermeiden, ein kompaktes Team zu organisieren und Methoden und Arbeitssysteme einzuführen, die den Stil vereinheitlichen und harmonisieren sollten, um eine von der ersten bis zur letzten Seite homogene Zeitung zu erhalten“, schrieb „El-País“-Redakteur Augusto Delkáder, anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Zeitung im Mai 1986. Das erste Redaktionsteam war wie sein damals 32 Jahre alter director erstaunlich jung: das Durchschnittsalter betrug 28,6 Jahre. Cebrían blieb bis 1988 director der Zeitung. Anschließend wurde er Consejero Delegado im Verwaltungsrat von PRISA. Diesen Posten bekleidet er bis heute. Auf ihn folgte Joaquin Estefanía als Director, dieser wurde 1993 von Jesús Ceberio abgelöst. Seit 2006 ist Javier Moreno Chefredakteur von „El País“.

Die Zeitung setzte mit ihrem Erscheinen auf die neuesten Technologien und führte auch einige Neuerungen in den spanischen Journalismus ein. So setzte sie von Anfang an auf die Trennung von Information und Meinung nach dem angloamerikanischen Modell. „El País“ sollte ein Instrument der Öffnung Spaniens nach außen werden. Daher wurde ein starkes internationales Ressort eingerichtet, das bis heute die vorderen Seiten der Zeitung einnimmt. Das moderne Layout und die Aufmachung der Zeitung trugen wesentlich zu ihrem Erfolg bei. Zwei Designer, Julio Alonso und der Deutsche Reinhard Gäde, haben das Erscheinungsbild von „El País“ mitgestaltet.

Cebrián berichtete später, je weiter sich das Design für die neue Zeitung entwickelte, desto mehr habe es sich von der traditionellen Konzeption spanischer Tageszeitungen und von selten infrage gestellten Prinzipien entfernt: „Jedes Ressort sollte schnell und unmittelbar vom Leser gefunden werden, die hoch spezialisierten Ressorts sollten leicht zu erkennen sein, und es gab auch ein Kriterium, das die Gesamtheit betraf: Der Wunsch, eine Zeitung zu machen, die ganz gelesen werden sollte.“

Gäde wählte für „El País“ das für die spanische Zeitungslandschaft unübliche Tabloid-Format. Dort war bis dato eher das große „Sábana“-Format (Broadsheet) verbreitet. Sein Design war sehr klar und sehr rigide. In der Folge wurde es von vielen neuern spanischen Zeitungen kopiert. Die grafische Gestaltung der Zeitung wurde von Anfang an sehr ernst genommen, auch hier orientierten sich die Macher am angloamerikanischen Modell. Großformatige Fotos und Infografiken wurden früh als wesentliches Element der Gestaltung begriffen. In der Fotoredaktion der Zeitung arbeiteten Anfang der 90er Jahre 14 Redakteure und Redakteurinnen, zwei in Barcelona und zwölf in Madrid.

Der Schriftsteller Manuel Vázquez Montalbán, der von 1984 bis zu seinem Tod 2003 zu den regelmäßigen Autoren des Blattes gehörte, schrieb in seiner „Crónica sentimental de la transición“, mit „El País“ habe sich für viele Spanier „eine alte Sehnsucht nach einer parademokratischen Zeitung mit hochgezogenen Augenbrauen, in der Tradition von ,El Sol’ und dem Streben von ,Le Monde’“ erfüllt. „Gewollt oder ungewollt gelang es ihr, den Nerv einer zukünftigen, aber unmittelbar bevorstehenden Zeit zu treffen“.  

Hans Magnus Enzensberger schrieb1987 über die gerade zehn Jahre bestehende Zeitung: „Heute ist ,El País’ nicht nur die bei weitem beste Zeitung, die in spanischer Sprache erscheint, sondern eines der besten Blätter der Welt. Andere große Journale wirken im Vergleich leicht tantenhaft (,The New York Times’), unzuverlässig (,La Repubblica’), bleiern (.Le Monde’), oder reaktionär (,Frankfurter Allgemeine Zeitung’).“

Um Sprache und Aufmachung der Zeitung zu vereinheitlichen, wurde ein Handbuch („Libro de Estilo“) verfasst, in dem nicht nur die Schreibweisen von Namen, sondern auch die ethischen Prinzipien der Zeitung, das Redaktionsstatut, sowie Grundregeln für das Layout und journalistische Darstellungsformen festgehalten sind. Um die Autorschaft zu betonen, setzte „El País“ als erste Zeitung in Spanien die Namen der Autoren an den Anfang des Artikels.

1985 führte „El País“ als erste spanische Zeitung einen Ombudsman („Defensor del lector“) ein, an den sich Leser wenden können, wenn sie sich über die Berichterstattung beschweren wollen. Der „Anwalt der Leser“ soll laut Statut „die Rechte der Leser garantieren, auf ihre Zweifel, Beschwerden und Vorschläge bezüglich des Inhalts der Zeitung eingehen und darauf achten, dass die Berichterstattung den ethischen und professionellen Regeln des Journalismus entspricht.“ Mit dem Ombudsman wird die Leser-Blatt-Bindung über die Leserbriefe hinaus institutionalisiert. Seit Februar 2009 ist Milagros Pérez Oliva die defensora del lector. Ihre Artikel erscheinen in der Regel sonntags auf den Meinungsseiten. Die Anwältin der Leser kümmert sich nicht um Rechtschreib- oder Grammatikfehler, sie behandelt eher übergeordnete Themen wie mangelnde Ausgewogenheit von Artikeln oder andere grundlegende Verletzungen professioneller Regeln. Der erste Obudsman, Ismael Lopez Munoz, schrieb im November 1986, in der großen Mehrzahl der Zuschriften werde die Unabhängigkeit von „El País“ angezweifelt. Solche Fälle werden aber sehr selten in der Kolumne des Ombudsmans behandelt.

Der Erfolg von „El País“, die häufig nicht gerade bescheidene Selbstdarstellung als „Symbol der Demokratie“ und „Agitator der demokratischen Werte“ führte bald dazu, dass die Zeitung von anderen Medien angefeindet und angegriffen wurde. Zunächst war es vor allem die konservative Zeitung „ABC“, die„El País“ Anfang der 80er angriff, nachdem sie durch „El País“ von der Position der meistverkauften spanischen Zeitung verdrängt worden war. Lautete der Beiname, den man in „ABC“ dem Konkurrenzblatt gab, zunächst „manipulierende Morgenzeitung“ („diario manipulador de la manana“), so ging „ABC“-Chefredakteur Luis María Anson nach dem Wahlsieg der Sozialsten unter Felipe Gonzalez (1982) dazu über, „El País“ als „Regierungszeitung“ („periódico gubernamental“) abzuqualifzieren. Dieses Etikett benutzte später auch die 1989 von Pedro J. Ramirez gegründete Zeitung „El Mundo“. In dem „Zeitungskrieg“, der 80er und 90er Jahre, der von María Cruz Seoane und Susana Sueiro Seoane beschrieben wird, wurde „El País“ von anderen Zeitungen immer wieder vorgeworfen, es stütze bedingungslos die Regierung González.

Hintergrund des erbitterten, in Leitartikeln geführten Kampfes waren die Expansionsbemühungen von PRISA. Die Verlage der Konkurrenzblätter fürchteten, dass der den Sozialisten nahestehende Konzern beim Einstieg in den spanischen Privatfernsehmarkt begünstigt werden könnte. „El País“ brachte die anderen Verlage zusätzlich gegen sich auf, als die Zeitung im Januar 1985 einen Artikel veröffentlichte, in dem aufgelistet wurde, wie hoch die spanischen Zeitungsverlage bei der Regierung verschuldet waren. Der Artikel wurde von der Konkurrenz als Vorstoß interpretiert, sich als solventer Betreiber eines privaten Fernsehsenders anzudienen.

Als 1990 mehrere spanische Medien die Vergabe eines privaten Fernsehkanals an PRISA und die Fristverlängerung für die Aufnahme des Sendebetriebs von Canal Plus kritisierten, brach die Zeitung mit ihrer Gewohnheit, auf Diffamierungen anderer nicht zu reagieren. Am 1. April veröffentlichte „El País“ den namentlich nicht gezeichneten Leitartikel „Difama que algo queda“ („Diffamiere, irgendwas wird schon hängen bleiben“).

„El País“ stand der Politik der Sozialisten in en 80ern in der Tat nahe. In zahlreichen Leitartikeln wurde betont, dass es - bei aller Kritik - keine Alternative im spanischen Parteienspektrum gebe. Zugleich war die Zeitung aber auch sehr kritisch mit einzelnen sozialistischen Politikern, etwa mit den Innenministern Jose Barrionuevo und José Luis Corcuera, weil diese nach Meinung der Zeitung die Freiheitsrechte nicht ausreichend verteidigten. Barrionuevo wurde in den 90ern verurteilt, als nachgewiesen worden war, dass die sozialistische Regierung in den 80er Jahren französische Söldner bezahlt hatte, um die baskische Terrororganisation ETA zu bekämpfen.

Jesús Ceberio, von 1993 bis 2006 Chefredakteur von „El País“, sagte zu den Vorwürfen, dass „El País“ sozialistisch sei, im April 1996: „,El País’ ist selbstverständlich keine sozialistische Zeitung. Das ist es nie gewesen. Es gab nie einen Sozialisten im Aufsichtsrat des Verlags, wohl aber Anhänger anderer Parteien. ,El País’ ist eine Zeitung, die im allgemeinen eine Mitte-Links-Haltung einnimmt, ganz leicht links nur. Wir wollten immer einen Staat, der frei ist von kirchlichen Einflüssen. Wir haben Scheidung und Abtreibung offen verteidigt, da gab es eine fast vollständige Übereinstimmung mit den Ideen der Sozialisten.“

Der Zeitungskrieg verschärfte sich in den letzten Jahren der Regierung González. 1993 warf Juan Luis Cebrián in einer Veranstaltung des Instituto Internacional de Prensa in Madrid drei spanischen Zeitungen vor, sie diffamierten und betrieben unter dem Mäntelchen der Seriosität Boulevardjournalismus. Im August 1994 gründete sich die Asociación de Escritores y Periodistas Independientes (AEPI) (Vereinigung unabhängiger Schriftsteller und Journalisten), der unter anderem Pedro J. Ramirez, Luis María Anson und einige frühere namhafte Mitarbeiter von „El País“ angehörten. Juan Luis Cebrián bezeichnete die Protagonisten dieser Gruppierung als „sindicato del crimen“ („Verbrechersyndikat“). Ziel der Vereinigung war es vor allem, „El País“ und den Konzern PRISA anzugreifen.

Online-Aktivitäten/ Aktuelle Entwicklungen

Das Design von „El País“ hat im Laufe der Jahre viele Überarbeitungen erlebt, der letzte große Relaunch fand 2007 statt. Seither heißt die Zeitung im Untertitel nicht mehr „Unabhängige Morgenzeitung“ („Diario independiente de la mañana“), sondern „Die globale spanischsprachige Zeitung“ („El Periódico global en español“). Eine neue Schriftart wurde eingeführt, Majerit ersetzte die klassische Times Roman. Auf das i im Zeitungstitel wurde ein blauer Akzent gesetzt, zuvor hatte man die alte spanische Regel respektiert, dass auf Großbuchstaben keine Akzente gesetzt werden. Einige Ressorts wurden verändert, auch die Reihenfolge der Zeitungsteile änderte sich. Vor dem Relaunch fragte sich die von Chefredakteur Javier Moreno eingesetzte Gruppe: „Wie sähe ,El País’ aus, wenn es heute zum ersten Mal erschiene?“ Wie müssen Geschichten erzählt werden, damit die Menschen, die die meisten Nachrichten schon aus dem Internet, dem Radio und dem Fernsehen kennen, sich morgens trotzdem die Zeitung kaufen?

Nach wie vor will die Zeitung unter der Woche eine eher nachrichtlich orientierte Lektüre bieten, und sich am Sonntag auf Lesegeschichten und Analysen für eine ausgeruhtere Lesesituation konzentrieren. In Spanien haben alle Tageszeitungen traditionell Sonntagsausgaben, die zugleich die Funktion einer Wochenzeitung erfüllen. Die Sonntagsausgabe von „El País“ ist dicker als die Ausgaben der Wochentage, beigelegt ist das Magazin „El País Semanal“, das eine bunte Mischung aus Fotoreportagen, Kolumnen bekannter Autoren, Einrichtungstipps und Rezepten bietet. Die Beilage für Kinder, „Pequeno Pais“ , die fast 30 Jahre erschienen war, wurde 2009 eingestellt. Die Zeitungskrise, die sich in Spanien noch mehr als in anderen Ländern bemerkbar macht, hatte auch „El País“ so hart getroffen, dass man sich gezwungen sah, ausgerechnet die Beilage, die die jüngsten Leser an die Zeitung heranführen soll, einzustellen. Der stellvertretende Chefredakteur Jan Martínez Ahrens versicherte aber, man werde die Kinderbeilage wieder einführen, wenn die ökonomische Situation sich verbessere.

Schon in den 80ern hatte El País auf Spezialbeilagen gesetzt, um einzelne Themen mehr vertiefen zu können. Derzeit gibt es sonntags  neben dem Magazin die Beilagen „Domingo“, und „Negocios“, „Domingo“ nimmt sich jeweils ein Thema der Woche vor und versucht es von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Hinzu kommen Reportagen und langfristige Recherchen zu gesellschaftlichen Problemen wie Drogenhandel, dem Sterben kleiner Unternehmen, Porträts, Meinungsartikel und Analysen. „Negocios“ beleuchtet und vertieft die wirtschaftspolitischen Themen der Woche.

Donnerstags erscheint die Zeitung mit der Beilage „Ciberp(at)ís“, in der Themen rund um Computer und neue Technologien abgehandelt werden. Freitags erscheint „EP3“, eine Beilage, die sich speziell an junge Zeitungsleser richtet und über anstehende Termine informiert. In Madrid liegt zudem „OnMadrid“ bei. Hier können sich die Zeitungsleser über die anstehenden Themen und Termine in der Hauptstadt informieren. In Madrid und Barcelona erscheint am Freitag außerdem noch die Beilage „Propiedades“, die über den Immobilienmarkt informiert.

Samstags erscheinen die Kulturbeilage „Babelia“ und die Reisebeilage „El Viajero“. In „Babelia“ geht es um aktuelle Bücher und Ausstellungen, Philosophie, Kunst und Musik. Die Beilagen „Motor“, „Salud“ y „Tierra“ erscheinen jeweils einmal im Monat am Samstag. Sie informieren über Autos, Gesundheit und Ökologie. In Katalonien und an der spanischen Ostküste erscheint zudem jeweils Donnerstags die Beilage „Quadern“, eine katalanischsprachige Kulturbeilage.

Die Internetausgabe von „El País“ wurde 1996 anlässlich des 20jährigen Bestehens der Zeitung gestartet. Sie durchlebte wie viele Internetausgaben eine wechselvolle Geschichte. Eine Zeitlang waren viele Inhalte nur gegen Geld abzurufen. Inzwischen können die meisten Artikel online wieder gratis gelesen werden. Erklärtes Ziel des Relaunches 2007 war, die Internetausgabe und die Zeitung enger zu verzahnen. Am 1. März 2009 wurden die Redaktionen der Tageszeitung und der Internetausgabe „elpais.com“ zusammengelegt. Juan Luis Cebrián, Consejero Delegado von PRISA, begründete die Zusammenlegung mit der akuten Pressekrise in Spanien. „El País“ werde sich in ein Unternehmen verwandeln, das Qualitätsinhalte für Papier, Internet und mobile Geräte produzieren werde, kündigte Cebrián im Januar 2009 an. Er sei sich nicht sicher, ob es in 15 Jahren noch gedruckte Zeitungen geben werde, sagte er. Das alte Organisationsmodell sei „antiquiert, überkommen und verkrustet“, es gehe um das Überleben der Publikation. Dieser Integrationsprozess soll nach Angaben des Geschäftsberichts 2010 des Konzerns im Jahr 2011 abgeschlossen werden. Die Zahl der Unique User von elpais.com wird im Geschäftsbericht 2010 mit 6,596 Millionen monatlich angegeben.

Referenzen/Literatur

  • Antonio Alférez, „Cuarto poder en Espana“, Barcelona 1986
  • Augusto Delkáder, „Caeremos hasta sobre el radiotaxi“, in: „El País como es“, Sonderausgabe zum zehnjährigen Bestehen, 4.5.1986
  • Hans Magnus Enzensberger, „Ach, Europa“, Frankfurt/Main 1989
  • Meika Mirus, „Ein Porträt der spanischen Qualitätszeitung ,El País’, Leipzig 2011, Abschlussarbeit am Lehrstuhl Historische und Systematische Kommunikationswirtschaft (B.A), Universität Leipzig
  • N.N., „Un diario a la medida de los tiempos“,14.10.2007,
  • N.N., „Las empresas periodísticas adeudan cerca de 5.000 millones als Tesoro Público“, in: „El País“ 31.01.1985
  • N.N., „,El País’ fusiona las redacciones del diario y de Internet“, in: „El País, 21.1.2009
  • Milagros Pérez Oliva, „Una espina y algo más...“ in: „El País“, 19.04.2004
  • Diemut Roether, „El País und die spanische Demokratie“, Diplomarbeit, Dortmund 1991
  • Diemut Roether, „,El País’: 20 Jahre und schon so erwachsen“, Sendemanuskript, gesendet bei Radio Bremen 2, 1.5.1996
  • Vicente Ruiz, PRISA cierra tambien Crisol, in: „El Mundo", 29.4.2009
  • Manuel Vazquez Montalbán, „Crónica sentimental de la transición“
  • Francisco Umbral, „Los angeles custodios“, Barcelona 1981
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