Der Standard

Eine österreichische Qualitätszeitung nach dem Vorbild der „New York Times“ – das war das Ziel von Oscar Bronner, als er 1988 in Wien die Tageszeitung „Der Standard“ gründete. Jahrelang hatte der Österreicher zuvor als Maler in Manhattan gelebt. Er kam zurück mit einer kühnen Idee: „In New York lebt man mit der besten Zeitung der Welt. Ich wollte eine Zeitung von diesem Niveau in Wien lesen.“ Eine enorme Herausforderung. Doch Oscar Bronner konnte Verbündete finden, denn in der Branche war er kein Unbekannter. Zu Beginn der siebziger Jahre hatte er in Österreich das Wirtschaftsmagazin „trend“ und das Nachrichtenmagazin „profil“ gegründet und erfolgreich am Markt etabliert. Das neue Projekt verwirklichte Oscar Bronner mit Unterstützung des Axel Springer Verlags. Bei der Gründung des lachsfarbenen Blattes versprach der Verleger, er wolle eine intelligente, mündige, überregionale Tageszeitung machen, die von allen Interessengruppen unabhängig sei. „Diese Versprechen hat ‚Der Standard’ in seinen ersten zwei Jahrzehnten tatsächlich eingelöst“, resümierte der Wiener Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell, als die Tageszeitung im Oktober 2008 ihren zwanzigsten Geburtstag feierte.

Basisdaten

Hauptsitz:
STANDARD Verlagsgesellschaft mbH
Herrengasse 19-21
A – 1014 Wien

Tab. I: Umsatz "Der Standard"/"derStandard.at" (in Mio. Euro)

 

2009

2008

2007

Print

48,4

55,0

55,4

Online

9,1

11,3

9,8

Sonstige

3,0

--

--

Gesamt

60,5*

66,3

65,2

(Quelle: Unternehmensangaben, April 2010)
*2009: erstmalss konsolidierter Umsatz

Tab. II: Gewinn (EGT) "Der Standard"/"derStandard.at" (in Mio. Euro)
200920082007
Print k.A.3,7615,193
Onlinek.A.2,1261,871
Gesamtk.A.5,8877,064

(Quelle: Unternehmensangaben, Dezember 2009)

Tab. III: Beschäftigte
200920082007
Print215231206
Online706956
Sonstige15----
Gesamt300300262

(Quelle: Unternehmensangaben, April 2010)

Auflage:

201020092008
Druckauflage104.004108.772117.131
Verkaufte Auflage73.07174.91276.563

(Quelle: Österreichische Auflagenkontrolle ÖAK, Jahresschnitt)


Leitung STANDARD Verlagsgesellschaft mbH:

  • Herausgeber „Der Standard“: Oscar Bronner
  • Verlagsgeschäftsführung: Wolfgang Bergmann
  • Chefredaktion: Oscar Bronner, Dr. Alexandra Föderl-Schmid (geschäftsführend)

 

Leitung derStandard.at GmbH:

  • Geschäftsführung: Gerlinde Hinterleitner, Alexander Liaunig, Alexander Mitteräcker
  • Chefredaktion: Gerlinde Hinterleitner

 

Eigentumsverhältnisse: Bronner Familien-Privatstiftung (85,64%), Oscar Bronner (12,55%), Mitarbeiter derStandard.at (1,81%).

Geschichte und Profil

Die „New York Times“ war das Vorbild – eine der einflussreichsten Zeitungen der Welt, berühmt für ihre preisgekrönte publizistische Qualität, mit einer bis weit in das 19. Jahrhundert zurückreichenden Tradition. Der Journalist und Künstler Oscar Bronner wollte Geburtshelfer einer Qualitätstageszeitung in Österreich sein, die richtigen Leute überzeugen, die Gründung vorantreiben, das Malen und die Bildhauerei nicht aufgeben. Doch seine Gesprächspartner waren skeptisch. Es „überwogen die Zweifel, dass in einem vom Partei-, Gesinnungs- und Kampagnenjournalismus verseuchten Land eine solche – westliche, demokratische, moderne, aufklärerische – Idee von Journalismus funktionieren könne“, berichtet der Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Langenbucher in der Jubiläumsausgabe, die zum 20. Geburtstag des „Standard“ im Oktober 2008 erschien.

Also nahm Oscar Bronner es selbst in die Hand – wie schon 1970, als er mit der Gründung des Wirtschaftsmagazins „trend“ und des Nachrichtenmagazins „profil“ Mediengeschichte in Österreich geschrieben hatte. „Ohne diesen Mann gäbe es auf Österreichs Medienmarkt das Segment ‚Qualitätsjournalismus’ nicht“, so Langenbucher. Die beiden Magazine sorgten mit unabhängiger, kritischer Berichterstattung für Aufsehen, vor allem „Der Spiegel“ galt als Vorbild. Der 1943 in Haifa geborene Oscar Bronner hatte seine journalistische Karriere dementsprechend begonnen – mit einer Enthüllungsgeschichte über Juristen, die trotz ihrer Verstrickungen im Nationalsozialismus Karriere in der österreichischen Justiz und Verwaltung gemacht hatten.

„Die Unabhängige“, „Neueste Nachrichten“, „Das Telegramm“, „Oscar“, „Wirtschaftsblatt“ – bei der Suche nach einem geeigneten Titel für die zu gründende Tageszeitung mangelte es nicht an Vorschlägen. Was jedoch fehlte, war ein Finanzier. Ein österreichisches Bankenkonsortium, das die nötigen Kredite für den Start zur Verfügung stellen sollte, war überraschend abgesprungen – angeblich hatten die Verlagsmanager der künftigen Konkurrenz mit so genannten „Zeitungsverhinderungssitzungen“ Druck gemacht. Oscar Bronner verhandelte daher mit mehreren ausländischen Verlagen. Im Sommer 1988 war der Deal schließlich perfekt. Mit Hilfe des Axel Springer Verlags verwirklichte Bronner seinen Wunsch. Das deutsche Verlagshaus übernahm den Großteil der Finanzierung und die kaufmännische Leitung des Projekts. Im Gegenzug sollte der Axel Springer Verlag 70 Prozent der etwaigen Gewinne bekommen. Am 19.10.1988 erschien in Wien die erste Ausgabe des Blattes, das den Titel „Der Standard“ trug.

Oscar Bronner könne sich nun „die vollkommen unwahrscheinliche Gründung einer liberalen Tageszeitung in einem Land gutschreiben, in dem es eigentlich keine Liberalen gibt“, kommentierte die Publizistin und Literaturkritikerin Sigrid Löffler damals in der „Zeit“. Nicht ohne Dünkel monierte sie zugleich, Bronner habe kaum prominente Journalisten für sein Blatt verpflichtet, es schreibe eine „Redaktion der Namenlosen“. Bei den Lesern in Österreich kam die neue Zeitung gleichwohl gut an. Rund eineinhalb Jahre nach dem Start erreichte „Der Standard“ bereits 242.000 Leser. Das Blatt konzentrierte sich zunächst auf die Ressorts Wirtschaft, Politik und Kultur, später kamen auch die Sportberichterstattung und das Ressort „Chronik“ dazu. Die Anzeigenumsätze stiegen.

Die Investitionen des Axel Springer Verlags erwiesen sich jedoch nicht nur als willkommene Starthilfe, sondern auch als Bürde: Zum einen belastete das lädierte Image des „Bild“-Verlags die ambitionierte Tageszeitung in Österreich. Zum anderen steckte das Management des Axel Springer Verlags in der Krise. „In den sechseinhalb Jahren unserer Zusammenarbeit gab es vier verschiedene Vorstandsvorsitzende und fünf Vorstandsmitglieder, die für uns zuständig waren. Es war halt ein Pech“, resümierte Oscar Bronner später im Interview mit der „taz“.

1995 zog sich der Axel Springer Verlag schließlich zurück: Oscar Bronner kaufte – finanziert mit Bankkrediten – für 150 Millionen Schilling den 50-Prozent-Anteil und wurde damit alleiniger Eigentümer des „Standard“. In einer Pressemitteilung erklärte der Axel Springer Verlag seinen Schritt: „Wir sehen keine Chance auf das baldige Erreichen des Break-Even.“ Die Zeitung schrieb seit ihrer Gründung rote Zahlen.

Die Lage war ernst: Der Ausstieg des Axel Springer Verlags wirkte auf potentielle Partner abschreckend, Oscar Bronner war nun vom Wohlwollen der Bankmanager abhängig, die Konkurrenz berichtete en detail über die Kreditverträge, in der Branche wurde über das Ende des „Standard“ spekuliert. Mit einem harten Sparkurs kam die Zeitung jedoch durch diese Zeit. 1997 schrieb der Verlag endlich erstmals schwarze Zahlen.

Im folgenden Jahr fand „Der Standard“ dann auch einen neuen Partner. Der Süddeutsche Verlag („Süddeutsche Zeitung“, „Frankenpost“, „Werben & Verkaufen“ etc.) übernahm 49 Prozent der Anteile des „Standard“ – und behielt sie, bis Oscar Bronner im Sommer 2008 wieder Alleineigentümer des „Standard“ wurde. Der Verleger machte von einem vertraglich vereinbarten Rückkaufrecht Gebrauch, als der Süddeutsche Verlag mehrheitlich an die Stuttgarter Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) verkauft wurde. Über den Kaufpreis der „Standard“-Anteile wurde Stillschweigen vereinbart.

Als 2008 zum 20-jährigen Jubiläum der Zeitung die Biographie Oscar Bronners erschien, kündigte der heute 68-Jährige im Gespräch mit den Autoren des Buches seinen schrittweisen Rückzug aus dem täglichen Geschäft an: „Ich werde Herausgeber und Verleger bleiben, mich aber sukzessive aus der operativen Tätigkeit zurückziehen.“ Er wisse die Zeitung in guten Händen, fügte er hinzu.

Die Geschäftsführung des Verlags liegt seit 2000 in den Händen von Wolfgang Bergmann, einem Vertrauten Bronners, der zuvor Kommunikationschef der Erzdiözese Wien und Geschäftsführer des Klassiksenders „Radio Stephansdom“ war. Seit 2007 hat der „Standard“ eine Chefredakteurin – Alexandra Föderl-Schmid. Die 1971 geborene Journalistin hatte zuvor als Deutschland- und als EU-Korrespondentin sowie als Leiterin des Wirtschaftsressorts für den „Standard“ gearbeitet – und genießt hohes Ansehen in der Branche. Sie sei „tough, unaufgeregt, sympathisch und allürenfrei“, heißt es. Zudem ist sie Pionierin: „Erste Frau als Chefredakteurin einer Tageszeitung“ lief als Eil-Meldung über den Ticker in Österreich, als sie den Posten bekam. In einem Land, in dem nach einer Studie nur neun Prozent der Journalistinnen in leitender Position sind, sorgte die Karriere der promovierten Journalistin für Aufsehen.

„An der Blattlinie hat sich auch durch den Wechsel in der Chefredaktion nichts geändert“, schreibt Alexandra Föderl-Schmid in einem Leitartikel in der Jubiläumsausgabe des „Standard“. Das Blatt stehe auch in Zukunft für „Weltoffenheit und Unabhängigkeit, für Unbestechlichkeit und Unbeugsamkeit“.

Verlag und Management

Als Dach über dem Print- und Online-Geschäft der Verlagsgruppe dient die Standard Medien AG. Die Standard Verlagsgesellschaft mbH, die die Tageszeitung produziert, und die für das Online-Geschäft verantwortliche derStandard.at GmbH sind 100-prozentige Tochterunternehmen der Dachgesellschaft. Die Verlagsgruppe erwirtschaftete 2009 einen Umsatz in Höhe von 60,5 Millionen Euro, deutlich weniger als im Vorjahr.

Da aber auch die Umsätze der Konkurrenz schrumpften, ist die „Standard“-Gruppe nach wie vor das zehntgrößte Medienunternehmen Österreichs, wie eine Erhebung der „Standard“-Medienredaktion im April 2010 zeigte. Im internationalen Vergleich ist die österreichische Medienwirtschaft allerdings ein Zwerg. Die zehn größten Medienunternehmen des Landes erwirtschafteten 2008 insgesamt einen Umsatz in Höhe von rund 2,65 Milliarden Euro. Das ist weniger als der Jahresumsatz des deutschen Verlagshauses Gruner + Jahr, das 2008 rund 2,77 Milliarden Umsatz verbuchte.

Die Verlagsgruppe „Der Standard“ agiert in einem Markt, in dem Konzentration und Verflechtung vorherrschen. Besondere Marktmacht hat die Verlagsgruppe Mediaprint mit der „Kronen Zeitung“. „Das Schreckliche für Österreich ist weniger, dass die Krone ist, wie sie ist, sondern dass sie Alleinherrscherin auf weiter Flur ist“, kommentierte Oscar Bronner vor einigen Jahren die einzigartige Machtstellung der Boulevardzeitung im Interview mit der „Zeit“.

Dass auf dem österreichischen Zeitungsmarkt mitunter mit harten Bandagen gekämpft wird, hinterlässt Spuren bei den Akteuren. Dies zeigte sich zum Beispiel im Dezember 2008, als das Medienmagazin „Der österreichische Journalist“ Oscar Bronner mit einem Preis für sein Lebenswerk auszeichnen wollte. Als der Verleger jedoch erfuhr, dass gleichzeitig ein „Krone“-Kolumnist für „Gespür und Schreibe“ mit einem Sonderpreis geehrt werden sollte, lehnte er die Auszeichnung ab. „Da dieser Herr eine Form des Journalismus betreibt, die meinem Lebenswerk diametral entgegensteht, kann es sich bei meiner Kür wohl nur um einen Irrtum handeln“, schrieb Oscar Bronner an die Jury.

Derzeit kämpft die „Standard“-Verlagsgruppe nicht nur mit einer seit 2007 sinkenden Auflage. Auch die Umsätze und Gewinne im Print-Geschäft schrumpfen. Einen Trend will Geschäftsführer Wolfgang Bergmann im Interview mit mediadb.eu aber nicht erkennen. „Auch Print wird wieder steigen – und Online wird zwar weiter Marktanteile gewinnen, aber auch Rückschläge durch Konjunkturzyklen hinnehmen müssen“, prognostiziert er.

Abgemildert werden die Folgen der Veränderungen im Tageszeitungsgeschäft durch die in Österreich üblichen Pressesubventionen. „Der Standard“ erhielt 2010 nach Angaben der Kommunikationsbehörde Austria rund 1,43 Millionen Euro. Die größte Finanzspritze stammte aus dem Topf der so genannten Besonderen Förderung, der vor allem der Erhaltung der regionalen Vielfalt dient. Einen weiteren Teil verdankt die „Standard“-Verlagsgruppe der staatlichen Förderung des Vertriebs und der journalistischen Qualität. Diese Unterstützung wird in Österreich unter anderem als Zuschuss zu den Kosten der Ausbildung von Nachwuchsjournalisten und zu den Kosten der angestellten Auslandskorrespondenten gewährt.

Internetpräsenz und neue Geschäftsmodelle

„Der Standard“ gehörte zu den Pionieren im Netz: Im Februar 1995 erschien „derStandard.at“ nach eigenen Angaben als erste deutschsprachige Tageszeitung im Internet. 10.000 Schilling investierte der Verlag im ersten Schritt für die Online-Präsenz. „Zu sehen gibt es nicht viel. Eine Handvoll Storys im Volltext, ein paar Anreißer, keine Bilder“, berichten Klaus Stimeder und Eva Weissenberger in der Biographie Oscar Bronners über die Anfangsphase. Knapp ein Jahr habe es gedauert, bis eine Bank das erste Werbebanner auf der Seite schalten ließ. Ab 1997 wurde dann eine eigenständige Online-Redaktion aufgebaut und erheblich mehr Geld in den Online-Auftritt gesteckt. Im März 2000 wurde der Ableger „diestandard.at“ als Online-Frauenzeitung gegründet. Seit 2004 schreibt das Online-Geschäft schwarze Zahlen.

Im Dezember 2009 beteiligte sich die STANDARD Medien AG mit 40 Prozent am österreichischen Online-Familienmagazin Quax. Damit werde man erstmals ein Medienprodukt abseits der Marke STANDARD im Markt platzieren, sagte Alexander Mitteräcker, Vorstand der STANDARD Medien AG, bei der Bekanntgabe des Deals. Das Quax-Familienportal habe eine sehr interessante Nische besetzt. Es präsentiert Ratgeber-Tipps, Nachrichten und Service-Meldungen für Familien und dient als Plattform für die Quax-Community.

„Wir stehen erst ganz am Anfang“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Bergmann im Hinblick auf derartige Engagements. Womöglich wirkt da noch nach, dass der Verlag 2006 scheiterte, als er versuchte, ins österreichische Radiogeschäft einzusteigen. „Der Standard“ hatte sich um die Wiener Privatradiofrequenz 98,3 beworben und wollte ein Nachrichtenprogramm – das „Inforadio“ – etablieren. Die Pläne waren ambitioniert: Es sollte eine eigene Radioredaktion aufgebaut werden, der Musikanteil sollte unter fünf Prozent liegen, mit innovativen Formaten wie einem „Word-Rap“ wollte der Sender jüngere Hörer ansprechen.

Doch die für die Zulassung zuständige Medienbehörde KommAustria entschied sich für einen anderen Antragsteller – einen Musiksender. Die vom „Standard“ vorgelegten technischen Konzepte seien nicht realisierbar, bemängelte die Kommunikationsbehörde in ihrem Bescheid. „Der Standard“ ging rechtlich gegen diese Entscheidung vor – blieb aber letztlich ohne Erfolg.

Aktuelle Entwicklungen

Im Februar 2010 gründete „Der Standard“ ein bemerkenswertes Online-Ressort. Unter der Marke „dastandard.at“ werden Themen aus dem Alltag der Migranten in Österreich präsentiert. Sie werden von einem Team aus Nachwuchsjournalisten mit Migrationsbiographien recherchiert und produziert. „Unsere persönlichen und familiären Einwanderungsgeschichten werden eine neue Perspektive in der Berichterstattung über MigrantInnen, AsylwerberInnen, Flüchtlinge und ihr Zusammenleben mit der österreichischen Mehrheitsbevölkerung bringen“, schrieben die Mitarbeiter im Editorial zum Start des Projekts. Mittlerweile hat es den ersten Journalistenpreis gewonnen, da die Macher sich nach Ansicht der Jury in kürzester Zeit als ein Sprachrohr jener etabliert haben, die in Österreich diskreditiert und diskriminiert werden.

Keinen Grund zur Freude hatte der Verlag, als der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations kürzlich in einem Positionspapier forderte, für mehr Transparenz bei der Kennzeichnung entgeltlicher Beiträge zu sorgen. „In den letzten Jahren sind immer wieder neue, äußerst kreative Sonderwerbeformen wie Themen- und Verlagsbeilagen, Themenpatenschaften und andere Formen von Advertorials entstanden, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen“, heißt es in der Analyse des Selbstkontrollgremiums. Der Rat bezieht sich dabei insbesondere auf eine an der Universität Wien entstandene Dissertation, in der die Autorin Katja Horninger alle 17 österreichischen Tageszeitungen inhaltsanalytisch untersucht hat. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Grenzen zwischen Werbung und redaktionellem Teil in den österreichischen Publikationen vielerorts verschwimmen.

Der „Standard“ berichtete im August 2009 über die Ergebnisse. Was das Blatt jedoch nicht schrieb: Der Studie zufolge hatte der „Standard“ im Untersuchungszeitraum den mit Abstand höchsten Anteil an Schleichwerbung. Verantwortlich dafür sei vor allem eine hohe Zahl von Sonderseiten mit mangelhafter Kennzeichnung. Gerade bei Sonderseiten verwenden die österreichischen Zeitungen oft verschleiernde und gesetzlich nicht vorgesehene Begriffe wie „Promotion“ zur Kennzeichnung, ergab die Studie. Oft sei die Kennzeichnung auch versteckt und erst nach dem Lesen erkennbar.

Auf Anfrage von mediadb.eu verwies „Der Standard“ darauf, dass das Problem inzwischen behoben sei, da sämtliche derartige Seiten inzwischen als „Bezahlte Anzeige“ gekennzeichnet würden.

Es scheint, als habe der Appell des Ethik-Rates gefruchtet.

Literatur/Referenzen

  • Föderl-Schmid, Alexandra (2009): Langsam, aber stetig. Frauen müssen die Chancen ergreifen, die ihnen geboten werden – auch wenn die Schuhe groß sind, in die sie schlüpfen. In: Rudorfer, Silke/Kogoj, Traude/Christl, Reinhard (Hg.) (2009): Journalistinnen in Österreich. Erobern Frauen die Medien? LIT-Verlag, Wien.
  • Horninger, Katja (2008): Bezahlte Wahrheiten. „Schleichwerbung“ in österreichischen Tageszeitungen. Eine Bestandsaufnahme. Wien 2008
  • Kaltenbrunner, Andy/Karmasin, Matthias/Kraus, Daniela/Zimmermann, Astrid (2007): Der Journalisten-Report. Österreichs Medien und ihre Macher. Eine empirische Erhebung. Facultas-Verlag Wien.
  • Löffler, Sigrid (1988): Ein rosa Snob. Der Standard – „große Stimme eines kleinen Landes“? In: DIE ZEIT Nr. 45/1988, 04. November 1988, Seite 91.
  • Misik, Robert (2008): „Viele haben gesagt, dass ich verrückt bin“ – Interview mit Oscar Bronner. In: die tageszeitung, (06.12.2008/07.12.2008).
  • Stimeder, Klaus/Weissenberger, Eva (2008): Trotzdem – Die Oscar-Bronner-Story. Verlag Carl Ueberreuter, Wien.
  • Stimeder, Klaus (2008): Der Junge aus Haifa/Ein Stück österreichische Mediengeschichte im Schnelldurchlauf. In: Der Österreichische Journalist, Heft Nr. 8+9 2008, Seiten 44-47.