Länderporträt Polen

Die Medienlandschaft in Polen hat sich in den letzten Jahrzehnten inmitten politischer, wirtschaftlicher und technologischer Veränderungen geformt. Insbesondere nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1990 erlebte Polen eine Transformation des Mediensystems, die von Liberalisierung und Privatisierung geprägt war. Nach dem Ende des kommunistischen Regimes begann eine Zeit der Medienpluralität und Meinungsfreiheit in Polen. Eine Vielzahl von Printmedien, Radiosendern und Fernsehkanälen entstand, wodurch eine breitere Informationsvielfalt für die polnische Öffentlichkeit zur Verfügung stand. Der private Medienmarkt blühte auf und bot Raum für unterschiedliche politische Ansichten und Meinungen. Eine dominierende Stellungen nahmen und nehmen hierbei auch deutsche Medienkonzerne wie Axel Springer Ringier, Burda Media und die Bauer Media Group ein, die auf dem polnischen Medienmarkt nach wie vor sehr aktiv sind.

Auch die Einführung des Internets und digitaler Technologien in den 2000er Jahren eröffnete neue Möglichkeiten für die Medienlandschaft in Polen. Online-Nachrichtenportale, Blogs und soziale Medien wurden immer wichtiger und ermöglichten den Zugang zu einer Vielzahl von Informationen und Standpunkten. Dies führte zu einem verstärkten Wettbewerb zwischen traditionellen Medien und digitalen Plattformen. Lange galt Polen als einer der dynamischsten Medienmärkte Europas.

Das Ende dieser goldenen Ära wurde im Jahr 2015 eingeläutet, als die nationalkonservative Partei Prawo i Sprawiedliwo?? (Partei Recht und Gerechtigkeit, kurz PiS) die Regierung übernahm und zugleich seit jeher mit absoluter Mehrheit regiert. Starke Bedenken hinsichtlich der Pressefreiheit und der Unabhängigkeit der Medien in Polen haben sich durch die Verabschiedung umstrittener Gesetze, die Pluralität und freie Meinungsäußerung in den Medien teilweise einschränken, nach der Meinung der Kritiker bestätigt. Diese werfen der Regierung vor, Maßnahmen ergriffen zu haben, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu beeinflussen und den Zugang zu unabhängiger Berichterstattung einzuschränken. Darüber hinaus wurden Gesetze erlassen, die den Einfluss der Regierung auf die Ernennung von Führungskräften in den öffentlich-rechtlichen Medien stärken.

Diese Entwicklungen haben zu Debatten über die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Medien in Polen geführt. Kritiker argumentieren, dass die Regierungspolitik die journalistische Freiheit gefährden und die Medienpluralität einschränken könnte. Auf der anderen Seite betont die Regierung, dass sie lediglich bestrebt sei, die Medien verantwortungsvoll zu regulieren und die Transparenz zu verbessern. Wird jedoch die Entwicklung der Pressefreiheit in Polen betrachtet, so sind die Auswirkungen verheerend. Im Vergleich zu 2015 ist Polen nach dem World Press Freedom Index von Reporter ohne Grenzen von Platz 18 im Jahr 2015 auf den 57. Platz im Jahr 2023 abgestürzt – 2021 lag das Land sogar nur auf Platz 64.

Trotz dieser Kontroversen verfügt Polen weiterhin über eine lebendige Medienlandschaft.. Viele Mitarbeiter polnischer Medienunternehmen, sowohl öffentlich-rechtlich als auch privat, bemühen sich um eine unabhängige Berichterstattung und bieten eine Vielzahl von Inhalten in Printmedien, Radio, Fernsehen und Online-Plattformen an. Polen verfügt weiterhin über zahlreiche engagierte Journalisten und Medienschaffende, die sich für eine unabhängige Berichterstattung einsetzen und unterschiedliche Standpunkte repräsentieren.

Ebenso wie in vielen anderen Ländern Europas wird in Polen kontrovers über die Rolle und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutiert. Kritiker fordern die Abschaffung der Institution, die sich zwar noch immer relativ großer Beliebtheit (insbesondere bei älteren Bevölkerungsschichten) und Zuschauerinteresses erfreut, jedoch aufgrund eines Gebührendefizits vor einem betriebswirtschaftlichen Scherbenhaufen steht.

Basisdaten

Einwohner: 38,2 Mio (2021)
Haushalte: 15,28 Mio (2021)
Durchschn. Haushaltsgröße: 2,5 Personen (2021)
Religionen: Römisch-Katholisch (89 %); Orthodox (1,3 %); Protestantisch (0,3%)
Größte Städte: Warschau (1,79 Mio Einwohner, Dez. 2020), Krakau (779.000, Dez. 2020)
Regierungsform: Republik
Staatschef: Andrzej Duda (seit 2015)
Regierungschef: Mateusz Morawiecki (seit 2017)
EU-Mitglied seit: 2004
Arbeitslosenrate: 3,2% (2020); 10,4% (2012)
Staatsverschuldung: 46% des Bruttoinlandprodukts (2019)
Haushaltssaldo in Relation zum BIP: -2,5% (2021)
Anteil am globalen BIP: 0,98% (2021)


Werbeausgaben insgesamt: 10,5 Mrd. Zloty (2021)
Fernseh-Dauer pro Einwohner: 235 Minuten pro Tag (2022)
Größte Medien- und Telekommunikationskonzerne: Ringier Axel Springer Polska, Bauer Media Polska, Agora, Polsat, ITI-Gruppe
Rundfunkgebühr: 27,30 Zloty (ca. 5,81 Euro) pro Monat und Haushalt

Presse

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kam es in Polen für eine lange Zeit zu einem regelrechten Aufblühen der Presselandschaft. In den ersten 25 Jahren wurden mehr als 7500 neue Titel registriert. Dies hatte zwei Gründe: zum einen wurde die staatliche Zensur aufgehoben und der Grundsatz der Presse- und Informationsfreiheit eingeführt. Zum anderen sorgten wirtschaftliche Reformen für massive Investitionen in den privaten Pressesektor. Seitdem ist insbesondere ausländisches Kapital in den Pressemarkt geflossen. Als einer der ersten Akteure betrat der deutsche Bauer Verlag (heute Bauer Media Polska) im Jahr 1991 den polnischen Markt. Axel Springer folgte drei Jahre später mit der Gründung eines eigenständigen polnischen Konzernablegers (Axel Springer Polska).

Die Regierungsübernahme der nationalkonservativen Partei Prawo i Sprawiedliwo?? (PiS) im Jahr 2015, mit der auch das Erreichen einer absoluten Mehrheit einherging, läutete das Ende der goldenen Jahre der polnischen Pressevielfalt ein. Seither wurden, wie vorab von Expertinnen und Experten vermutet, zahlreicher Gesetze verabschiedet, welche die Medienvielfalt nachhaltig einschränkten. Etwa greift die polnische Regierung seit 2015 in den Privatmarkt ein und private Unternehmen sind häufig die Leidtragenden von SLAPPs (Strategic Lawsuit Against Public Participation), neuen Diffamierungsfällen und Klagen. Ein weiterer massiver Einschnitt war der National Media Council Act, der im Juni 2016 vom Parlament verabschiedet wurde. Der "National Media Council", eine 2016 eingerichtete Regierungsbehörde, gibt der Regierung das Recht, Personal für das staatliche Fernsehen und Radio einzustellen und zu entlassen.

Wie auch der allgemeine Trend in Europa zu erkennen gibt, hatte ebenso der Zeitungsmarkt in Polen lange Zeit mit Auflagerückgängen zu kämpfen. Jede der fünf größten Zeitungen Polens hat sich zwischen 2004 und 2019 mindestens halbiert. Besonders deutlich wird dies bei den beiden Qualitätszeitungen Gazeta Wyborcza und Rzeczpospolita, bei denen die Auflage um 74 bzw. 78 Prozent gesunken ist. Dennoch ist Polen nach wie vor der größte Zeitungs- und Magazinmarkt Osteuropas.

Ebenso ist die digitale Verbreitung mittlerweile ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells vieler Zeitungen und kann die Rückgänge der Print-Auflagen zumindest teilweise auffangen. Die Wichtigkeit von Online-Medien in Polen wird daran erkennbar, dass jede der fünf größten Printpublikationen auch eine große Online-Website betreibt. Tatsächlich betreiben Super Express, Gazeta Wyborcza, Fakt Gazeta Codzienna und Rzeczpospolita die vier größten Zeitungswebsites in Polen und Przegl?d Sportowy die zehntgrößte Nachrichtenwebsite, wie aus der Medien-Panelumfrage von 2021 durch Wirtualne Media hervorgeht.

Tab. I: Die Entwicklung der Print-Auflagen pro Ausgabe bei den fünf größten Zeitungen Polens 2004 bis 2019

 Zeitung        

Art

Auflage 2004

 Auflage 2019

 Entwicklung   

 in Prozent

Herausgeber

Fakt Gazeta Codzienna

Boulevardzeitung

787.000

 336.000

 -57 %

Axel Springer Polska

Super Express

Boulevardzeitung

377.000

 191.000

 -49 %

Murator SA

Gazeta Wyborcza

Tageszeitung

558.000

 145.000

 -74 %

Agora SA

Rzeczpospolita

Tageszeitung

244.000

 53.000

 -78 %

Gremi Media

Przeglad Sportowy

Sport-Fachzeitschrift

127.000

 49.000

 -62%

Axel Springer Polska

Quelle: Polskie Badania Czytelnictwa (2021)

Fernsehen

Öffentlich-rechtliches Fernsehen
Polen verfügt über einen bedeutenden – wenn auch finanzschwachen – öffentlich-rechtlichen Fernsehsektor. TVP (Telewizja Polska) kommt mit seinen drei Vollprogrammen (TVP1, TVP2, TVP HD), 16 Regionalsendern (TV Regionalna), dem Auslandssender TV Polonia sowie diversen Spartensendern (TVP Info, Kultura, Historia, Sport, Seriale etc.) auf einen Marktanteil von etwa 25 Prozent. TVP1 ist ein typischer öffentlich-rechtlicher Sender mit einem Schwerpunkt auf Informationen (bekanntestes Format ist das Tagesschau-Pendant „Wiadomosci“), während das zweite Programm in erster Linie Unterhaltungsformate ausstrahlt.


TVP finanziert sich – ähnlich wie ARD und ZDF – sowohl durch Rundfunkgebühren als auch durch Werbeeinnahmen. Jeder Pole – mit Ausnahme von Pensionären, Arbeitslosen und Menschen mit Behinderung – ist gesetzlich verpflichtet, monatlich 27,30 Zloty (5,81 Euro) zu zahlen. Ebenso ausgenommen vom Rundfunkbeitrag sind Personen ab dem 76. Lebensjahr. In den vergangenen Jahren haben sich viele Bürgerinnen und Bürger Polens immer wieder geweigert, die Rundfunkgebühren zu zahlen, was die Rundfunkanstalt zeitweise in finanzielle Schwierigkeiten brachte.

Nach Inkrafttreten der umstrittenen Reform der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen am 8. Januar 2016 ernannte Schatzminister Dawid Jackiewicz noch am selben Tag Jacek Kurski zum neuen Direktor des Senders. Die Kooperation zwischen Arte und TVP wurde im Januar 2016 vorübergehend ausgesetzt, da die Unabhängigkeit von TVP in Frage gestellt wurde. Mit einem weiteren Mediengesetz wurden die Kompetenzen des Schatzministers nun vom Rat Nationaler Medien übernommen. Im Oktober 2017 begründete Kurski die Nähe des Senders zur Regierung damit, dass TVP ein "Gegengewicht" zu regierungskritischen Sendern bilden müsse.

Privatfernsehen
Im Dezember 1995 ging mit TV Polsat der erste polnische Privatsender auf Sendung. Zwei Jahre zuvor waren von einer eigens eingerichteten Behörde die Lizenzen für einen überregionalen sowie diverse regionale Sender ausgeschrieben worden. Den Zuschlag erhielt schließlich TV Polsat, das bereits seit 1992 per Satellit ein polnischsprachiges Programm aus den Niederlanden gesendet hatte. Der Gründer Zygmunt Solorz-Zaks, laut Forbes mittlerweile mit einem Vermögen von umgerechnet zwei Milliarden Euro einer der reichsten Polen, baute TV Polsat zum größten privaten Senderverbund des Landes aus. Lange Zeit war der einzige nennenswerte Konkurrent von Polsat die 1997 gegründete TVN-Gruppe.

Heute verteilen sich die Marktanteile auf eine Vielzahl kleinerer Privatsender, die jedoch überwiegend zu Polsat bzw. zur TVN-Gruppe gehören. Bemerkenswert in Polen ist, dass es nicht den einen dominierenden Sender gibt, sondern viele kleinere mit Marktanteilen von unter 10 Prozent. Die höchsten Anteile auf dem Fernsehmarkt kann noch immer der öffentlich-rechtliche Rundfunk erzielen, wobei generell anzumerken ist, dass das lineare Fernsehen mit der Digitalisierung und dem damit verbundenen Aufkommen neuer Unterhaltungsmedien immer stärker zu kämpfen hat.

Allgemeine Entwicklungen

Seit der letzten Dekade hat sich das lineare Fernsehen in Polen aufgrund technologischer Fortschritte und gesellschaftlicher Veränderungen deutlich weiterentwickelt. Eine der bedeutendsten Veränderungen war der digitale Übergang im Jahr 2013, bei dem die terrestrischen analogen Fernsehübertragungen vollständig eingestellt und digitale terrestrische Fernsehübertragungen eingeführt wurden. Dies ermöglichte eine bessere Bild- und Tonqualität sowie eine größere Programmvielfalt.

Mit dem digitalen Übergang hat sich die Anzahl der verfügbaren Fernsehkanäle und Programme erheblich erhöht. Neben den etablierten öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Sendern sind zahlreiche neue Sender und spezialisierte Programme aufgetaucht, die verschiedene Interessengebiete wie Nachrichten, Unterhaltung, Sport, Filme und Musik abdecken. Dadurch wurde eine vielfältigere Auswahl für die Zuschauer geschaffen.

Ein weiterer wichtiger Trend war der Aufstieg von Streaming- und On-Demand-Diensten. Plattformen wie Netflix, Amazon Prime Video und Disney+ sind in Polen verfügbar und bieten den Zuschauern eine breite Palette an Inhalten zum Streamen. Polnische Unternehmen wie TVP, TVN und Polsat haben ebenfalls eigene Streaming-Dienste gestartet, um den Bedürfnissen der Nutzer gerecht zu werden.

Die Qualität und Vielfalt der Fernsehinhalte für die Unterhaltungsbranche sind in Polen in den letzten Jahren ebenfalls gewachsen. Es gibt eine größere Auswahl an Eigenproduktionen, darunter Fernsehserien, Reality-Shows, Talkshows, Dokumentationen und Spielfilme. Internationale Inhalte werden verstärkt ins polnische Fernsehen eingegliedert, insbesondere durch den Kauf von Ausstrahlungsrechten für erfolgreiche ausländische Serien und Filme. Dies hat zu einem breiteren Spektrum an Unterhaltungsmöglichkeiten für die Zuschauer geführt.

Obwohl die Werbung weiterhin eine wichtige Einnahmequelle für polnische Fernsehsender darstellt, haben sich die Werbestrategien verändert. Viele Zuschauer können Werbeunterbrechungen umgehen, indem sie Streaming-Dienste oder digitale Aufzeichnungsgeräte nutzen. Daher sind Fernsehsender bestrebt, neue Möglichkeiten zu finden, um ihre Inhalte zu monetarisieren, wie z. B. durch Produktplatzierung oder Kooperationen mit Marken.

Abb. I: Marktanteile der größten Fernsehsender in Polen 2022

Radio

Der erste Rundfunksender in Polen, "Radio Polskie Warszawa", ging am 18. April 1926 auf Sendung. Das Radio wurde schnell zu einem beliebten Medium und erreichte eine wachsende Zuhörerschaft im ganzen Land. In den folgenden Jahren wurden weitere Sender eröffnet, darunter "Polskie Radio Katowice" und "Polskie Radio Pozna?" (beide 1927).

Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Rundfunk von der deutschen Besatzungsmacht kontrolliert und für Propagandazwecke genutzt. Nach dem Krieg, im Jahr 1944, wurde Polskie Radio als staatlicher Rundfunksender wiedererrichtet und begann mit dem Wiederaufbau des Radiosystems in ganz Polen. In den Jahren des Kommunismus nach dem Krieg wurde Polskie Radio stark politisiert und diente als Sprachrohr der Regierung. Die Programmgestaltung und Inhalte waren stark kontrolliert, und Zensur war weit verbreitet. Dennoch blieb das Radio ein wichtiges Medium für Informationen und Unterhaltung für die Bevölkerung.

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs erlebte das Radio eine Phase der Liberalisierung. Neue Sender wurden gegründet, und die Inhalte wurden diversifiziert. Private Radiosender entstanden und boten eine größere Auswahl an Musikgenres, Unterhaltung und Nachrichten.

Heute wird die polnische Radiolandschaft wird von privaten Radioanbietern dominiert. Etwas mehr als die Hälfte der Hörerschaft (50,6 Prozent) verteilen sich auf die drei größten Privatanbieter des Hörfunkprogrammes. Alleine der zur Grupa RMF, einer Tochtergesellschaft der Bauer Verlagsgruppe, gehörende Radiosender Radio RMF FM kommt auf einen Marktanteil von 30,3 Prozent. Dahinter rangiert mit deutlichem Abstand der zu Eurozet gehörende Sender Radio ZET mit 13,3 Prozent. Das auf Platz 3 liegende Radio Eska (ZPR Media Group) kommt auf 7 Prozent.

Erst auf Platz 4 findet sich mit Radio Jedynka (kurz PR1) ein öffentlich-rechtlicher Radiosender – der Marktanteil liegt hier bei 5,6 Prozent. Hinzu kommen drei weitere Hörfunkprogramme und, mit Polskie Radio dla Zagraniczy, ein internationaler Sender. Dem ohnehin chronisch unterfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Polen ist es über die Jahre nicht gelungen, sich auf dem Hörfunkmarkt zu etablieren. Nicht zuletzt, da auch bewusst versucht wurde, sich auf das Fernsehen zu fokussieren. Wie auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen, sieht sich auch das Radio mit dem Vorwurf der politischen Einflussnahme und Zensur konfrontiert.

Abb. II: Führende Radiosender in Polen 2022 nach Hörerschaft

Internet

Wie auch in anderen Ländern war das polnische Internet bis Anfang der 1990er Jahre ein rein akademisches Netz. Zwar begannen ab 1993 erste Firmen damit eigene Homepages einzurichten, doch bis zum Jahr 2000 nutzte nur ein Bruchteil der polnischen Bürgerinnen und Bürger das Internet. Dies änderte sich rasch als die polnische Telekom ab 2001 damit begann kostengünstige Flatrates anzubieten. Auch dank milliardenschweren Investitionen der Europäischen Union in den systematischen Ausbau des Breitbandzugangs in strukturschwache Regionen in Ostpolen, nutzen heute über 85 Prozent der Polen das Internet.

Der polnische Online-Medienmarkt wird gleichermaßen von internationalen und polnischen Konzernen dominiert. Eine führende Stellung hat der US-Gigant Alphabet Inc., welcher mit seiner Suchmaschine Google sowie dem Videoportal YouTube die ersten beiden Ränge belegt. Hervorzuheben ist auch das soziale Netzwerk Facebook vom US-Konzern Meta Platforms, Inc. Polnische Medienkonzerne dominieren hingegen den Nachrichten- und Informationsektor. Onet.pl, die beliebteste Nachrichtenseite gehört zu Ringier Axel Springer Polska, was die bedeutende Stellung des Konzerns auf dem polnischen Pressemarkt unterstreicht. Ebenso erwähnenswert ist Olx.pl, ein international agierender Konzern aus den Niederlanden für Online-Marktplätze.  

Tab. II: Die 10 meistbesuchten Internetseiten in Polen, Mai 2023

Rang

Internetseite

Beschreibung

Mutterkonzern

1.

Google.com

Suchmaschine

Alphabet Inc.

2.

YouTube.com

Videoportal

Alphabet Inc.

3.

Facebook.com

Soziales Netzwerk

Meta Platforms, Inc.

4.

Wp.pl

E-Mail, Webportal

Wirtualna Polska S.A.

5.

Onet.pl

Nachrichten, Kommunikation

Ringier Axel Springer Polska

6.

Interia.pl

E-Mail, Webportal

Cyfrowy Polsat S.A.

7.

Allegro.pl

E-Commerce

Mid Europa Partners, Cinven, Permira

8.

Google.pl

Suchmaschine

Alphabet Inc.

9.

Wikipedia.org

Enzyklopädie

Wikimedia Foundation

10.

Olx.pl

E-Commerce

Prosus NV

Quelle: similarweb.com

Regulierung

Artikel 14 der 1997 in Kraft getretenen polnischen Verfassung garantiert die Freiheit von Presse und anderen Formen sozialer Kommunikation, Artikel 54 gewährt die Meinungsfreiheit sowie das Verbot von Zensur. Es ist wichtig anzumerken, dass die Ausübung der Meinungs- und Pressefreiheit in Polen trotz dieser gesetzlichen Bestimmungen in den letzten Jahren kontrovers diskutiert wurde. Kritiker haben Bedenken hinsichtlich der Einschränkungen der Pressefreiheit und der Unabhängigkeit der Medien in Polen geäußert und geben an, dass bestimmte Maßnahmen politisch motiviert sind und die freie Meinungsäußerung beeinträchtigen könnten. Die genaue Interpretation und Umsetzung der Gesetze zur Meinungs- und Pressefreiheit bleibt in Polen ein Gegenstand von Debatten und Diskussionen.


Wichtigste Regulierungsbehörde ist die Krajowa Rada Radiofonii i Telewizji (KRRit), die für die Kontrolle und Lizenzierung des polnischen Fernsehens zuständig ist. Der Rat der KRRiT besteht aus fünf Mitgliedern, zwei werden von der Sejm, dem polnischen Unterhaus und eins vom Senat gewählt; die restlichen zwei werden vom polnischen Staatspräsidenten ernannt. Theoretisch als staatsfernes Organ konzipiert, konnte sich die KRRiT in der Vergangenheit jedoch nicht vom Vorwurf befreien, die politischen Interessen der Parteien zu vertreten, die für die Entsendung der Gremienmitglieder verantwortlich sind.  

Die gesetzliche Grundlage für die Regulierung des TV-Sektors ist die polnische Rundfunkverordnung von 1992, die 2004 noch einmal an EU-Richtlinien angepasst wurde. Das Gesetz schreibt vor, dass öffentlich-rechtliche und private Radio- und TV-Programme sowohl informieren als auch unterhalten, einen Bildungsauftrag erfüllen und die polnische Kultur stärken sollen. Inhalte sollen sich außerdem stets am christlichen Wertesystem orientieren und über soziale Missstände aufklären. Ferner muss allen öffentlichen Institutionen und politischen Parteien der gleiche Anteil an Sendezeit gewährleistet werden. Gemäß der Television Without Frontiers-Direktive der Europäischen Union wurde die Verordnung 2004 um Minderheitenschutz und der Zugang europäischer Medienunternehmen im polnischen Markt gestärkt.

Seit 2015 hat die Medienregulierung in Polen eine gewisse Kontroverse ausgelöst und zu Debatten über die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Medien geführt. Nach der Regierungsübernahme durch die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, die von Kritikern als Einschränkung der Medienfreiheit angesehen wurden. Eine der umstrittensten Änderungen war die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Polskie Radio und des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Telewizja Polska (TVP). Die Regierung stärkte ihre Kontrolle über die Ernennung der Führungskräfte und der Aufsichtsgremien dieser Sender. Dies führte zu Bedenken hinsichtlich der politischen Einflussnahme auf die Programmgestaltung und die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien.

Darüber hinaus wurden Gesetze verabschiedet, die die Medienlandschaft in Polen beeinflussten. Ein Gesetz zur Medienkonzentration führte zu strengeren Regeln für den Besitz von Medienunternehmen und zielt darauf ab, die Vielfalt und Unabhängigkeit der Medien zu erhalten. Es gab jedoch Vorwürfe, dass diese Gesetze selektiv angewendet wurden und politische Motive hatten. Ein weiteres umstrittenes Gesetz war das Mediengesetz von 2016, das den Rat für nationale Medien (Krajowa Rada Radiofonii i Telewizji, KRRiT) reformierte. Diese Reform ermöglichte eine stärkere politische Kontrolle über den Rundfunkrat und führte zu Besorgnis über die Unabhängigkeit und Neutralität der Medienaufsicht.

Die Regierung argumentierte, dass diese Maßnahmen notwendig seien, um die Medien effizienter zu regulieren und eine ausgewogene Berichterstattung sicherzustellen. Sie betonten auch die Bedeutung der nationalen Souveränität und der polnischen Werte in den Medien. Kritiker hingegen warfen der Regierung vor, versucht zu haben, die Medien zu politisieren und die Unabhängigkeit der Berichterstattung zu untergraben. Sie behaupteten, dass diese Maßnahmen dazu führen könnten, dass die Medien eine pro-regierungsorientierte Agenda verfolgen und kritische Stimmen unterdrücken.

Diese Entwicklungen haben zu internationaler Besorgnis geführt. Verschiedene internationale Organisationen und Menschenrechtsgruppen haben die Regierung aufgefordert, die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Medien zu respektieren und zu schützen.

Quellen/Literatur

Diskussion

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