Washington Post Company: Vom Medienkonzern zur Private Equity Gruppe?

24.07.2013

Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Washington Post Company ihr Unternehmensportfolio weiter diversifiziert und Forney Corp. erworben hat, einen Hersteller für Zubehör von Hochöfen. Zwar handelt es sich um keine große Akquisition; sie wird jedoch als richtungsweisend für die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens gewertet. Experten haben den Einstieg der Washington Post Company in die Schwerindustrie mit Kopfschütteln aufgenommen und werten die Übernahme als weiteren Beleg für den schrittweisen Niedergang der gleichnamigen Zeitung, die einst Präsidenten stürzte und insgesamt 47 Pulitzerpreise gewonnen hat. Der Kauf von Forney ist für Kommentator Michael Wolff nicht weniger als der Anfang vom kompletten Rückzug des Unternehmens aus dem Mediengeschäft. Washington Post-CEO Donald Graham verteidigte den Schritt hingegen mit dem Hinweis, die Akquisition würde zur "dezentralisierten Geschäftsphilosophie" des Konzerns passen. Die Redaktion von mediadb.eu hat die aktuelle Lage bei der Washington Post Company zusammengefasst:

1. Wie ist die derzeitige wirtschaftliche Lage des Unternehmens?
Die Gewinne der Washington Post Company sind zwischen 2004 und 2012 von rund 330 auf 130 Millionen US-Dollar gesunken. Der Umsatz der Zeitungs- und Bildungssparten, die einst das Kerngeschäft bildeten sind in den vergangenen vier Jahren ebenfalls geschrumpft. Die Verluste des Flaggschiffs Washington Post  beliefen sich in den letzten dreieinhalb Jahren auf 412 Millionen US-Dollar pro Woche. Katharine Weymouth, die seit 2008 amtierende Herausgeberin der "Post", hat bisher noch keine Antwort auf die seit vielen Jahren schwelende Krise der Zeitung gefunden. Im Gegenteil, Beobachter sind der Meinung, sie hat die allgemeine Printkrise, unter der auch andere Qualitätstitel leiden, schlechter gemanagt als die Konkurrenz (wie etwa die New York Times, deren limitierte Pay Wall-Strategie mittlerweile als Erfolg gilt). Die einzigen nenneswerten Maßnahmen von Weymouth waren bislang Massenentlassungen, die den Newsroom auf die Hälfte seiner einstigen Größe schrumpfen haben lassen; Büros in Großstädten wie Chicago, New York City und Los Angeles sind längst geschlossen.
Die lange Zeit funktionierende Querfinanzierung durch den Bildungsanbieter Kaplan gehört ebenfalls der Vergangenheit an. Überteuerte und weitegehend nutzlose private Studiengänge, die 2010 in das Visier des US-Bildungsministerium gerieten, haben das Image von Kaplan nachhaltig verschlechtert und negative Auswirkungen auf das Geschäft.

2. Was verspricht sich die Washington Post Company von der Diversifizierung?
Finanzexperten werten den jüngsten Einstieg in die Ofenindustrie als indirekte "Anklage gegen das eigene Portfolio". Zwar haben diverse Medienkonzerne in Märkte investiert, die über das klassische Mediengeschäft hinausgehen. Allerdings handelte es sich in der Regel über verwandte Märkte wie Druckereien, Sportteams oder Anzeigenportale. Der Kauf von Forney, die auf den Handel mit Feuerdetektoren für chinesische Hochöfen spezialisiert wird, legt jedoch nahe, dass sich die Washington Post Company langfristig in eine Art Private Equity-Gruppe verwandeln könnte, die im Stil von Warren Buffetts Berkshire Hathaway wahllos in renditeversprechende Firmen und Märkte investiert. In der Tat scheint CEO Graham von den Geschäftspraktiken Warren Buffetts (der auch im Aufsichtsrat der Washington Post Company sitzt) inspiriert worden sein. Forney ist nicht der erste Ausflug des Konzerns in medienfremde Märkte: 2012 wurde eine Mehrheitsbeteiligung an der privaten Altersheim-Kette Celtic Healthcare erworben. Das Unternehmen betreut jetzt neben einer sterbenden Zeitung auch noch tausende im Sterben befindliche Senioren.

Mehr dazu:

Michael Wolff: The Graham family's burning issue with the Washington Post (22.07.2013)