Vivendi vs. ReDigi: Richter untersagt Verkauf gebrauchter iTunes-Songs

02.04.2013

Das Plattenlabel Capitol Records (Teil von Universal Music, das vom französischen Medienkonzern Vivendi kontrolliert wird) hat einen Rechtsstreit gegen die Betreiber des Online-Musikportals ReDigi gewonnen. Seit Anfang 2012 hatte Capitol vor einem New Yorker Gericht gegen ReDigis Geschäftsmodell geklagt, das auf dem verbilligten Weiterverkauf gebrauchter digitaler Songs aus dem iTunes-Store und von anderen Quellen besteht. Das nun erfolgte Urteil wurde in der Medienindustrie intensiv verfolgt und gilt als richtungsweisend für die Zukunft der Musikbranche und von digitalen Musik- und Filmshops. Labels, Künstler und Distributoren wie Apple und Amazon befürchten, die Schaffung eines legalen Gebrauchtwarenmarktes für digitalen Produkte würde zu einer massiven Rückgang der Preise führen. Öffentliche Bibliotheken und Konsumenten hingegen würden vom Verkauf gebrauchter Dateien aufgrund niedriger Preise profitieren. Die Redaktion von mediadb.eu hat den Disput zusammengefasst und auf mögliche Folgen untersucht:

1. Worin besteht ReDigis Geschäftsmodell?
Auf ReDigi.com können Nutzer gebrauchte, etwa bei iTunes erworbene Musikstück zu einem geringeren Preis weiterverkaufen. In der Regel werden Songs, die bei iTunes 99 Cent kosten für zwischen 59 und 79 ohne erkennbaren Qualitätsverlust weiterverkauft. In dem Moment des Uploads eines Songs wird die Datei auf dem Computers jedoch gelöscht. Dies ist notwendig, da das Kopieren und Weiterverkaufen urheberrechtsgeschützer Werke illegal ist. Während die Plattenfirmen bei iTunes an 70 Prozent der Erlöse aus Musikverkäufen beteiligt werden und Apple 30 Prozent bekommt, bekommen Plattenlabels bei ReDigi bisher keinen Anteil am Umsatz. Stattdessen erhält ReDigi 60 Prozent der Erlöse, den Rest bekommen die Verkäufer.

2. Worum genau ging es bei Capitol Records v. ReDigi Inc?
Capitol hatte ReDigi vorgeworfen, die Urheberrechte seiner Songs beim Weiterverkauf zu verletzen. Die Anwälte von Capitol argumentierten, dass die sog. First Sales Doctrine, also das Recht des Besitzers einmal erworbene Produkte zu beliebigen Konditionen zu verkaufen und zu verleihen, im Fall von ReDigi nicht gelte. Dieser Argumentation schloss sich der vorsitzende Richter Richard Sullivan an. Er begründete seine Entscheidung damit, dass Nutzer beim Upload ihrer gebrauchten Datei im Prinzip eine neue Kopie des Songs produzieren, wobei es unabhängig sei, ob die Datei im Moment des Uploads vom Computer des Users gelöscht wird. Capitol fordert Schadensersatz in Höhe von 150000 US-Dollar. Darüber und ob ReDigi seinen Betrieb in Zukunft gänzlich einstellen muss, wird in späteren Folgeverfahren entschieden werden. Die Betreiber von ReDigi argumentieren weiterhin, dass der Verkauf digitaler Produkte genauso vom Weiterverkaufsrecht geschützt ist wie physische Artikel.

3. Welche Folgen hat das ReDigi-Urteil?
Zunächst einmal hat das Urteil keine direkten Folgen. ReDigi hat Berufung eingelegt und wird sein Portal zunächst weiterbetreiben. Das Urteil betrifft nur Version 1.0, eine inzwischen veröffentlichte, neuere Version von ReDigi ist von dem Urteil nicht betroffen. Experten und Internetrechtler halten die Argumentation von Richter Sullivan für einseitig und zweifelhaft. Sie weisen auf den obersten Gerichtshof der USA, der in diveresen Fällen das Weiterverkaufsrecht verteidigt hat und dies auch im Fall von gebrauchten digitalen Produkten in der Zukunft tun könnte. Auf den Fall, dass ein solcher digitaler Markt für gebrauchte Songs und Filme tatsächlich legalisiert werden sollte, sind Amazon und Apple jedoch schon vorbereitet. Die Konzerne haben bereits Patente für geschlossene Gebrauchtwarenmarktplätze für ihre digitalen Produkte angemeldet. Doch das Urteil betrifft auch den bisherigen Verkauf digitaler Musik: Laut Logik des Urteil gehören bei iTunes erworbene Songs den Usern nicht, sondern sind nur Ausleihen, deren Verkauf illegal ist.

Mehr dazu:

Businessweek: Vivendi Wins Copyright Ruling in Used-Digital-Song Case (01.04.2013)