Twitter vor dem wirtschaftlichen Durchbruch?

16.10.2017

Twitter CEO Jack Dorsey (cellnr CC BY-SA 2.0)

Spätestens seit der Trump-Präsidentschaft ist Twitter aus dem politischen und und medialen Ökosystem nicht mehr wegzudenken. Doch nun könnte sich auch die lange wirtschaftliche Durststrecke des Unternehmen zum Ende neigen. Die Twitter-Aktie hat in diesem Jahr um knapp acht Prozent zugelegt. Das entspricht zwar nur etwa einem Drittel des Nasdaqs-Durschnitts, doch im Vergleich mit Twitters Entwicklung der vergangenen vier Jahre sprechen manche Experten bereits vom langersehnten Umschwung. Eine im vergangenen Monaten eingeführte Verdoppelung des Umfangs der Kurznachrichten auf 280 Zeichen war auch nicht die Katastrophe, die manche eingeschworene Twitter-User im Vorfeld heraufbeschwört haben.

Viele der alten Probleme des Unternehmens sind jedoch bei weitem nicht gelöst. Die Zahl der monatlich aktiven User (MAUs) stagniert weiterhin bei etwa weltweit 330 Millionen; rund die Hälfte aller US-Teenager präferiert inzwischen Snapchat. Entsprechend gering ist auch das jährliche Umsatzwachstum. Um das zu ändern, sucht Twitter seit geraumer Zeit nach neuen Einnahmequellen. Das ambitionierteste Projekt, Live-Footballübertragungen, stellte sich jedoch nicht als der erhofft Erfolg heraus und konnte nur wenige Zuschauer anlocken. Was Twitter langfristig attraktiv für werbetreibende Firmen macht, sind die Accounts von Celebrities. Analysten und Investoren fordern bereit seit geraumer Zeit, Twitter sollte mehr direkte Deals mit Prominenten machen, um berühmte Accounts stärker zu monetarisieren.

Die enge Verbindung von Hollywood-Größen und Twitter ist jedoch Segen und Fluch zugleich. Im Zuge des Belästigungsskandals um Produzent Harvey Weinstein, sperrte Twitter den Account eines seiner Opfer, der Schauspielerin Rose McGowan, was zu einem Twitter-Boycott ihrer weiblichen Schauspielerkolleginnen führte. Dies wiederum veranlasste Twitter CEO Jack Dorsey eine umfangreiche Überprüfung der Regeln der erlaubten Meinungsäußerungen anzukündigen. Wie Facebook hat auch Twitter ein massives Problem mit von anonymisierten Accounts getätigter Hate Speech, Kritiker fordern unter anderem den Account von Donald Trump zu sperren. Schließlich befindet sich das Unternehmen mitten in einer umfangreichen Untersuchung über den Einfluss von Russland bei der vergangenen Präsidentschaftswahl. So sollen 200 Fake-Twitter Accounts dazu benutzt worden sein, mittels bezahlten Anzeigen Falschinformationen im Kurznachrichtendienst zu verbreiten. Es bleibt also noch viel Arbeit für Jack Dorsey, um Twitter langfristig in wirtschaftlich und politsch ruhige Fahrwasser zu führen.