CNN in der Krise

15.08.2012

Dramatisch fallende Zuschauerzahlen, erfolglose Formate, Plagiatsaffären - der Nachrichtenkanal CNN (Teil des Medienkonzerns Time Warner) befindet sich in der wohl schwersten Krise seit seiner Gründung vor mehr als 30 Jahren. Einst Pionier unter den 24-Stunden-Nachrichtensendern, muss sich das von Medienmogul Ted Turner gegründete Unternehmen heute mit dem wachsenden Wettbewerb im Kabel-News-Segement sowie der Online-Konkurrenz auseinandersetzen. Die Redaktion von mediadb.eu hat die jüngsten Entwicklungen zusammengefasst:

1. Wie ernst ist die Lage bei CNN?
Kennzahlen wie Zielgruppenaffinität und Einschaltquoten zeichnen in der Tat ein dramatisches Bild des Senders: Im zweiten Quartal dieses Jahres hatte CNN die geringsten Zuschauerzahlen seit 1991. Durchschnittlich nur noch rund 450 000 amerikanische Zuschauer verirren sich in das CNN-Programm - das sind mehr als ein Drittel weniger als noch vor einem Jahr. In der Zielgruppe der 25-54-Jährigen verliert CNN zunehmend an Relevanz. Die jüngeren Werbezeitkäufer von großen Unternehmen kennen CNN und seine prominente Stellung in der Medienlandschaft der 1990er Jahre oftmals nicht mehr und buchen keine Werbeslots. Insbesondere die Talkshows am frühen Abend und zur Primetime haben massiv an Zuschauerinteresse verloren. Bei Piers Morgan, der 2011 die Talkshow-Legende Larry King beerbte, schalten teilweise weniger als 40 000 Zuschauer ein. "OutFront", moderiert von Erin Burnett, hat für ein Sieben-Uhr-Nachrichtenformat eine sehr geringe Quote von durchschnittlich nur 400 000 Zuschauern, von denen wiederum nur ein Achtel jünger ist als 54 Jahre. Moderator und Journalist Anderson Cooper ist das einzige landesweit bekannte Gesicht des Senders. Die Glaubwürdigkeit von Fareed Zakaria hingegen, der aufgrund öffentlichen Drucks zugeben musste, in Blog-Artikeln von anderen Journalisten abgeschrieben zu haben, ist indes stark beschädigt.

2. Was sind die Gründe für CNNs Probleme?
Die Kabel-Nachrichtenlandschaft der USA hat sich in den vergangenen Jahren rasant verändert. Ideologisch ausgerichtete 24-Stunden-Sender machen dem auf strikte Neutralität ausgerichteten CNN das Leben schwer. So hat der rechtskonservative Sender Fox News (News Corp.) im Durchschnitt viermal (1,6 Millionen), und das liberal-gefärbte Programm von  MSNBC (Comcast, knapp 700 000) doppelt so viele Zuschauer wie CNN. Dies spiegelt die politische Spaltung der USA wider, von der CNN mit seiner unparteiischen Ausrichtung nicht profitieren kann. Während Fox News und MSNBC Zeiten, in denen keine nennenswerten Ereignisse passieren, durch Kommentare und Meinung ausfüllen, bleiben die Einschaltquoten von CNN in Abwesenheit von Live-Events auf niedrigem Niveau. Das Konzept des 24-Stunden-Nachrichtenkanals ist in Zeiten des Internets teilweise obsolet geworden. "Breaking News" werden zunehmend nicht mehr im Fernsehen, sondern durch Online-Medien und soziale Netzwerke wie Twitter kommuniziert.

3. Mit welchen Strategien versucht CNN gegenzusteuern?
Die Verantwortlichen wollen CNN offenbar noch stärker boulevardisieren, um Zuschauer zurückzugewinnen. So verpflichtete der Sender jüngst den Starkoch Anthony Bourdain für ein Reality-TV-Format am Wochenende. Außerdem sind eine Late-Night-Show sowie weitere Non-Fiction-Formate in Arbeit. Experten vergleichen diese Strategie bereits mit der Wandlung von MTV vom Musik- zum Reality-TV-Sender. Andere warnen jedoch davor, dass CNN sein höchstes Gut - der Sender gilt nach wie vor als die seriöseste Quelle für TV-Journalismus - verlieren könnte, wenn es Reality-Formate ins Programm integriert.

Mehr dazu:

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