Cannes: Werbeindustrie diskutiert brand safety

26.06.2017

Cannes (Rita Molnár CC BY-SA 2.5)

Auf dem Cannes Lions International Festival of Creativity versuchen Onlinekonzerne wie Google, Facebook, Twitter und Snap die Werbe- und Kreativagenturen für ihre Anzeigenmodelle zu begeistern. In diesem Jahr wurde das Branchenevent von zwei Entwicklungen bestimmt: der Dominanz von Facebook und Google sowie der anhaltenden Kontroverse über die Verknüpfung von Online-Werbeanzeigen mit als extremistisch oder politisierten Content. In Zeiten, in denen die globalen TV-Werbeausgaben rückläufig sind, ist das Schalten von Onlinewerbung für werbetreibende Firmen alternativlos geworden. Trotz der jüngsten Berichte über Fake News und hate speech in sozialen Netzwerken, so Martin Sorrell, Chef von WPP, der größten Werbeagentur der Welt, "schreitet die Duopolisierung von Google und Facebook voran." Obwohl weiterhin keine zufriedenstellenden Modelle gefunden worden sind, etwa Videos online effektiv zu vermarkten und die schiere Menge an Gratisinhalten die Konkurrenzsituation weiter verschärft, erwirtschaften die Onlinekonzerne weiterhin Milliardenumsätze mit Onlineanzeigen.

Dass z.B. Werbung bei YouTube wie Anfang des Jahres unfreiwillig im Umfeld von extremistischen Inhalten geschaltet wurde, hat die globale Werbeindustrie jedoch in Alarmbereitschaft versetzt. Einzelne Firmen sind angesichts der polarisierten politischen Kultur vor allem in den USA hochgradig sensibilisiert. So weigert sich einer der größten Werber in den USA - die Bank JPM Chase, weiterhin zu YouTube zurückzukehren. Die Gefahr, dass die political brand safety einer Firma beschädigt werden kann ist weiterhin hoch: in den vergangenen Monaten haben tatsächliche oder angedrohte Werbeboykotts auf Nachrichtenmoderatoren wie Bill O'Reilly oder Sean Hannity (Fox News) oder Megyn Kelly (NBC) gezielt; in einem Präzedenzfall kündigten Firmen wie Delta oder Bank of America sogar das Sponsoring eines Theaterstücks, weil dort die Ermordung eines Trump-ähnlichen Protagonisten thematisiert wurde. YouTube hat derweil zwar umfassende Reformen in die Wege geleitet - unter anderem werdenn keine automatisierten Werbespots vor Videos geschaltet, die weniger als 10.000 Klicks haben, was diverse auf YouTube aktive politische Kommentatoren dazu bewogen hat, sich ihre Programme durch Crowdfunding zu finanzieren. Doch für Firmen wie Chase ist das nicht genug: um die Integrität ihrer Marke zu bewahren, fordern sie eine rigorose Kontrolle sämtlicher auf YouTube publizierten Inhalten und Kanäle. Wohl auch deshalb hat Facebook nun angekündigt, selber TV-Serien zu produzieren, die frei sind von politischen Botschaften, Sex und Schimpfwörtern, um werbetreibenden Firmen ein noch besser geeignetes Umfeld zu bieten.