BBC: Mark Thompson vs. Lord Patten

10.09.2013

Nach dem Missbrauch-Skandal um den Moderator Jimmy Savile und dem erzwungenen Rücktritt von Generaldirektor George Entwistle befindet sich die britische Rundfunkanstalt BBC in ihrer nächsten Krise. Diesmal geht es um überhöhte Abfindungszahlungen an Top-Manager, die im Zuge von Umstrukturierungen vorgenommen wurden. Zwischen 2006 und 2012 tätigte die BBC Zahlungen an hochrangige Mitarbeiter, die insgesamt 2,9 Millionen Pfund über den vertraglich zugesicherten Abfindungen lagen. Insgesamt wurden so 60 Millionen Pfund an Gebührengelder an rund 150 BBC-Manager ausgeschüttet. Gestern nun mussten sich der ehemalige Generaldirektor Mark Thompson sowie der noch amtierende Chef der internen Aufsichtsbehörde (BBC Trust), Lord Patten (Foto), kritische Fragen vor einem parlamentarischen Ausschuss gefallen lassen. Beide bezichtigten sich gegenseitig der Lüge, bzw. Unwissenheit. Die Vorsitzende des Ausschuss, die Labour-Politikerin Margaret Hodge befand daraufhin, der größte Verlierer der Affäre sei "die Reputation der BBC". Die Redaktion von mediadb.eu hat die Kontroverse sowie die Statements der beiden Protagonisten zusammengefasst.

Mark Thompson
Thompson, inzwischen CEO der New York Times Company, erklärte vor dem Ausschuss, die hohen Abfindungen während seiner Amtszeit waren nötig, um die vom Trust forcierte Reduzierung des höheren Management durchzuführen. Insgesamt will er der Anstalt so 19 Millionen Pfund an Gehaltskosten eingespart haben. So sei auch die größte und umstrittenste Abfindungszahlung -  der stellvertretende Generaldirektor und Thompson-Intimus Mark Byford erhielt mehr als eine Million Pfund - im Sinne der Anstalt und der Gebührenzahler gewesen. Sämtliche Zahlungen sollen zudem transparent abgelaufen sein; sowohl der Trust als auch die Medien wären von ihm ordnungsgemäß unterrichtet worden sein. Kritische Nachfragen von der Ausschuss-Vorsitzenden Hodge, warum ein BBC-Manager eine Abfindung erhalte, für die ein Gebührenzahler 40 Jahre lang arbeiten müsste, wich Thompson aus. Daraufhin wurde er von Hodge bezichtigt, ein korruptes Netzwerk von Freunden und Kollegen willentlich mit Millionen von Gebühreneinnahmen versorgt zu haben. Thompson lässt seine BBC-Vergangenheit indes nicht los: bereits im Zuge des Savile-Skandals musste er von New York nach London reisen, um zu Skandalen, die in seiner Amtszeit passierten, Stellung zu nehmen.

Lord Patten
Der Vorsitzende des BBC Trust untermauerte vor dem Ausschuss den Vorwurf, von Thompson nicht über die Höhe der Abfindungen informiert gewesen zu sein. Zudem könne man es nicht vom Trust erwarten, Details über Abfindungszahlen "mit forensischer Schärfe" zu analysieren. Allerdings wird die Glaubwürdikeit dieser Version durch ein geschriebenes Memo, der sogenannten "Project Silver Note", in Mitleidenschaft gezogen. In diesem Memo soll Thompson den Trust über verschiedenen Modelle für Abfindungen an Manager informiert haben. Für Patten und seine Kollegen aus dem Gremium könnte die Affäre erhebliche Konsequenzen haben: Konservative Kritiker der Anstalt fordern bereits, den BBC Trust abzuschaffen und die Anstalt der Regulierungsbehörde Ofcom zu unterstellen. Kulturminister Jeremy Hunt hat bereits verkündet, Sinn und Zweck des Trust werde derzeit überprüft.

Mehr dazu:

The Guardian: BBC payoff row: Mark Thompson and Lord Patten face MPs (09.09.20139