29. Yahoo! (ehem. Verizon Media)

Umsatz 2020: $ 7,400 Mrd. (€ 7,030 Mrd.)

Überblick

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Anfang Mai 2021 war Schluss. Der US-Telekommunikationskonzern Verizon, neben AT&T und den fusionierten T-Mobile und Sprint einer der drei großen mobile carriers in den USA, gab den Plan auf, es mit den Internet-Riesen Google und Facebook hinsichtlich Online-Werbung aufzunehmen. Genau aus dem Grund hatte Verizon ja Mitte der 2010er Jahre AOL und Yahoo!, Namen aus der Frühzeit des Internet, für insgesamt rund neun Milliarden Dollar gekauft, musste aber schon 2018 die Hälfte des Werts abschreiben. 2021 dann wurden Yahoo! und AOL für fünf Milliarden Dollar an den Finanzinvestor Apollo Global Management verkauft. Und Verizon Media wurde umbenannt in Yahoo!

Zur Einordnung von Yahoo! in das IfM-Ranking beziehen wir uns auf die von Fortune veröffentlichten Umsatzzahlen für 2020.

Basisdaten

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Hauptsitz:
701 1st Ave
Sunnyvale, CA 94089
USA
Telefon: 001 212 395 1000
Website: yahooinc.com 

Branche: Internet-Portale, Fernsehen, Internet
Rechtsform: GmbH
Geschäftsjahr: 01.01. - 31.12.
Gründungsjahr: 2000 (Verizon), 2017 (Oath), 2019 (Verizon Media), 2021 (Yahoo!)

 

Ökonomische Basisdaten (in Mio. $)
202220212020201920182017
Umsatz Yahoo!n.a.n.a.7.400
Umsatz Verizon Communications 128.292131.868130.862126.034
Umsatz Verizon Media7.5007.7006.000
Umsatz Fios12.13912.14211.93911.691
Gewinn Verizon Communications13.34819.26515.52830.101
Aktienkurs (in $, Jahresende)n.a.n.a.57,5160,4056,3652,48
Beschäftigte8.6008.600132.200135.000144.500155.400

Geschäftsführung

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  • Jim Lanzone, CEO Yahoo
  • Tapan Bhat, Yahoo Finance
  • Sanette Chao, global communications, corporate media relations
  • Lara Davis, corporate strategy, transformation and growth initiatives
  • Elizabeth Herbst-Brady, Chief Revenue Officer
  • Aengus McClean, Chief Technology Officer
  • Monica Mijaleski, Finance Operations
  • Lisa Moore, Work@Yahoo, product leadership
  • Matt Sanchez , Yahoo's Home Ecosystem
  • Alicin Reidy Williamson, Diversity and Inclusion

Geschichte

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AOL, 1983 als Control Video Corporation gegründet, verschob Ende der 1980er Jahre den Fokus auf Internetzugangssoftware. Nach der Umbenennung in America Online veröffentlichte das Unternehmen 1989 erstmals die gleichnamige Software für DOS und Windows. In den ersten Jahren wurde die Internetnutzung von America Online stündlich abgerechnet, erst 1996 wurde eine monatliche Flatrate von knapp 20 Dollar eingeführt. AOL, das seine auf CD-Roms gebrannte Software millionenfach unter die Leute brachte, wurde zum Synonym für Internetzugang. Die Anzahl der weltweiten AOL-User stieg von 10 Millionen 1995 auf 35 Millionen 2002. 

Der Erfolg machte AOL zu einem Übernahmekandidaten für die Medienkonzerne der Old Economy. Der damalige Time Warner-Chef Jerry Levin kündigte 2000 an, sein Unternehmen mit AOL verschmelzen zu wollen. Ein Jahr später kam es dann zu der Fusion, die de facto eine Übernahme von Time Warner durch AOL darstellte: 55 Prozent der Anteile an AOL Time Warner hielten AOL-Aktionäre, obwohl Time Warner mit einem damaligen Umsatz von 27 Milliarden neunmal so groß war. Es dauerte nicht lange bis klar wurde, dass AOL und Time Warner nicht zusammenpassten. Vor allem, weil die Fusion genau in die Zeit vor dem Zerplatzen der Dot.com-Blase fiel, die den Aktienwert des Unternehmens von 225 auf 20 Milliarden reduzierte. 

2009 wurde AOL aus dem Time Warner-Imperium ausgegliedert und positionierte sich als digitales Medienunternehmen. Neuer CEO wurde der ehemalige Google-Manager Tim Armstrong, der gleich das von ihm gegründete Regional-News-Portal Patch kaufte. Patch war zwei Jahre lang neben dem Technologie-Blog TechCrunch Kernstück des neuen AOL. Dies änderte sich im Februar 2011, als es Armstrong gelang, das internationale Blog-Netzwerk Huffington Post für 315 Millionen Dollar zu kaufen und er Gründerin Ariana Huffington zur Medienchefin von AOL machte. 

Aufgrund der HuffPo-Übernahme sowie des Kaufs der Video-Werbeplattform Adapt.tv konnte AOL seine Stellung auf dem Display-Werbemarkt signifikant verbessern. 2015 – Patch hatte man inzwischen schon wieder verkauft – wurde das Unternehmen erneut zum Übernahmekandidaten. Den Zuschlag erhielt schließlich Verizon für 4,4 Milliarden Dollar. 

Yahoo!: 1994 programmierten die Studenten Jerry Yang und David Filo in Stanford eine Website mit dem Namen „Jerry’s Guide To The World Wide Web“, ein hierarchisch angelegtes Verzeichnis anderer Websites. Die Beiden wussten, dass es innerhalb der Community großes Interesse an einer Internet-Suchseite gab. Yang und Filo entwickelten also eine Navigationshilfe, um den rasant wachsenden Webkatalog in Kategorien zu ordnen. Drei Monate später wurde „Jerry’s Guide“ in „Yahoo!” umbenannt, bald verzeichnete die neue Suchmaschine eine Million Anfragen von über 100.000 Nutzern. 1995 wurde Yahoo! gegründet und in eine AG umgewandelt. Mitte August 1995 begann man, Anzeigen auf der Internetseite zu platzieren. 1996 ging Yahoo! an die Börse, Yang und Filo wurden über Nacht zu Multimillionären. 

Nach dem Börsengang wurde Yahoo! von einer bloßen Suchmaschine in ein Web-Portal umgewandelt. Nach sechs erfolgreichen Jahren geriet Yahoo! 2001 jedoch in eine erste Krise. Andere Internet-Dienstleister und Web-Portale, insbesondere Google, drängten in das von Yahoo! besetzte Marktsegment der Online-Suche. War Anfang 2000 eine Yahoo!-Aktie noch 235 US-Dollar wert, sank der Wert im August 2001 auf 11 Dollar. Zu erwähnen ist aber auch die Milliarden-Investition beim chinesischen Online-Händler Alibaba. Der Wert der Alibaba-Anteile sollte sich in den nächsten zehn Jahren vervielfachen und sogar den Wert von Yahoo! übersteigen. 

Im Februar 2008 gab es das viel beachtete Übernahmeangebot von Microsoft, 45 Milliarden US-Dollar schwer. Wozu es aber letztlich nicht kam, denn Yahoo!-Gründer Jerry Yang setzte sich gegen den Aufkauf seines Unternehmens ein. Nach mäßigen Geschäftsergebnissen und einem Abgang von Führungskräften wurde Carol Bartz, Yangs Nachfolgerin, im September 2011 nach nur anderthalb Jahren entlassen. Die stagnierende wirtschaftliche Situation hatte Yahoo! inzwischen zu einem Übernahmekandidaten gemacht. Dann wurde Bartz‘ Nachfolger Scott Thomson Anfang 2012 entlassen, weil er seinen Lebenslauf manipuliert und einen Abschluss in Computerwissenschaft vorgetäuscht hatte. Nachfolgerin wurde die ehemalige Google-Führungskraft Marissa Mayer. Doch die Vorschusslorbeeren halfen nicht: Nach vier Jahren, in denen Mayer unter anderem durch Zukäufe (z.B. tumblr) und eigenproduzierte TV-Serien (wie „Community“) vergeblich versucht hatte, das Blatt zu wenden, wurde Yahoo! im Frühjahr 2016 offiziell zum Verkauf angeboten. 

Verizon, der Telekom-Riese, geht zurück auf Bell Atlantic, eine der regionalen Telefongesellschaften der sieben „Baby Bells“, die 1984 entstanden, als das US-Justizministerium die Aufspaltung des AT&T-Telefonmonopols („Ma Bell“) verordnete. Nach dem Kauf des Telekom-Unternehmens GTE im Jahr 2000 entstand „Verizon“, ein sogenanntes Kofferwort aus veritas und horizon. Die Mobilfunksparte „Verizon Wireless“ ist heute nach AT&T Mobility mit rund 140 Millionen Kunden der zweitgrößte Wireless Provider der USA. 

Oath: Verizon war im Mai 2015 ins Geschäft mit Medien und Inhalten eingestiegen und hatte AOL für 4.4 Milliarden Dollar gekauft. Im Jahr darauf wurde Verizons Interesse bekannt, auch Yahoo! zu übernehmen. Dadurch versprach man sich Mehreinnahmen mit dem Einstieg in den Onlinevideo-Werbemarkt. Zwei Monate, bevor der Yahoo!-Deal dann am 13.6.2017 abgeschlossen wurde (Kaufpreis: 4,48 Milliarden Dollar), kündigte Verizon außerdem an, AOL und Yahoo unter der Dachmarke mit Namen Oath zusammenzufassen.

Doch lange sollte das Konstrukt in der Form nicht Bestand haben. Anderthalb Jahre nach der Gründung folgte das un-rebranding. Im Dezember 2018 musste Verizon wegen der schlechten Performance seiner Online-Assets 4,6 Milliarden Dollar an Wert abschreiben, der Einstieg in den Internet-Werbemarkt war fehlgeschlagen, die Werbeerlöse blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Während Google und Facebook 2018 ungefähr 58 Prozent des digital ad market kontrollierten, kam Oath nur auf 3,3 Prozent. 2017 waren es noch 4,1 Prozent gewesen. Und Oath verschwand. Seit 2019 hieß der Konzern Verizon Media.

Management

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Jim Lanzone, geboren 1971, ist der CEO von Yahoo, mit über 20 Jahren Führungserfahrung in den Bereichen Technologie und Medien. Vorher war Lanzone CEO von Tinder, und wiederum vorher war er fast ein Jahrzehnt als Präsident und CEO von CBS Interactive tätig, einem globalen Top-10-Internetunternehmen, dessen Marken von CBS All Access bis CNET reichen.

Geschäftsfelder

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Yahoo! vereint insgesamt 18 digitale Brands unter einem Dach, darunter neben AOL acht Yahoo!-Portale (Yahoo!, Yahoo! Mail, Yahoo! News, Yahoo! Fantasy, Yahoo! Life, Yahoo! Sportsbook, Yahoo! Entertainment und Yahoo! Finance), die Tech-Magazine Techcrunch und Engadget, den College Sports News von rivals, autoblog, und die Webseiten für Frauen Makers, Built by Girls und In The Know sowie die App-Analytics-Dienst Flurry. Einige der bekanntesten Marken wurden inzwischen verkauft, darunter die Huffington Post (an Buzzfeed), Tumblr (an Automattic, den Betreiber der Blog-Plattform WordPress) und flickr (an SmugMug).

Aktuelle Entwicklungen

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AOL, Yahoo! und Co. wechselten wieder den Besitzer. Für fünf Milliarden US-Dollar ging Verizons Mediensparte 2021 an die Private Equity Gruppe Apollo Global Management. Konzernmutter Verizon behielt 10 Prozent, der neue/alte Name der Gruppe wird wieder Yahoo! sein. Es ist der vorläufige Schlusspunkt in einer Odyssee der größten Internetfirmen der 1990er, die nun im Prinzip nur noch Spekulationsobjekte für Finanz-Heuschrecken sind. Traditionelle Medienkonzerne wollen mit den Seiten, die nach wie vor rund 900 Millionen Besucher anziehen, nichts mehr zu tun haben. 

Verizons ursprünglicher Plan, mit der Zusammenlegung AOL und Yahoo! in einen datengetriebenen Online-Werberiesen (Oath) zu verwandeln, der es mit Google und Facebook aufnehmen kann, ist gescheitert. Künftig will man sich ganz auf das Telekommunikationsgeschäft konzentrieren. Apollo wird nun mit aller Macht versuchen, die diversen umsatzstarken Online-Brands irgendwann wieder mit Gewinn zu verkaufen. Eine zentrale Rolle spielt dabei Verizon Medias neues Identifikationstool ConnectID, das als Alternative zu traditionellen Werbe-Cookies entwickelt wurde und auch auf weitere Medienaktivitäten ausgeweitet werden könnte – zum Beispiel auf die Mediensparte des Kabelkonzerns Cox Communication, die sich Apollo ebenfalls einverleibt hat.