5. Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck

Umsatz 2022: € 3,600 Mrd.

Ãœberblick

Die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH (auch Holtzbrinck Publishing Group) ist ein Familienunternehmen mit Sitz in Stuttgart. Sie ist in mehr als 80 Ländern tätig und publiziert in klassischen und elektronischen Medien in den Bereichen Information, Bildung und Unterhaltung.

 

Ein aktualisiertes Konzernporträt erscheint in Kürze.

Basisdaten

Hauptsitz:
Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH
Gänsheidestraße 26
70184 Stuttgart
Telefon: 0711-2150-0
Telefax: 0711-2150-269
Internet: www.holtzbrinck.com 

Branche: Zeitschriften, Zeitungen, Buchverlage, TV-Produktion, Internet-Services, Marktforschung
Rechtsform: GmbH
Geschäftsjahr: 01.01. - 31.12.
Gründungsjahr: 1936

Ökonomische Basisdaten
2022
Umsatz (in Mio. €)3.600
Beschäftigte5.324

 

 

Geschäftsführung

Geschäftsführung/Vorstand (Schlüsselpositionen):

  • Dr. Stefan von Holtzbrinck, CEO
  • Dr. Michael Brockhaus, Strategie und M&A (Mergers and Acquisitions)
  • John Sargent, CEO Macmillan USA
  • Jens Schwanewedel, Chief Financial Officer
  • Volker Smid, Head of Digital & Technologies
  • Dr. Annette Thomas, Chief Executive Officer Macmillan Sciene and Education
  • Dr. Johann Kempe, Chief Information Officer

 

Aufsichtsrat:

  • Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann, Vorsitzender (Präsident von Goethe-Institut und Stiftung Preußischer Kulturbesitz)
  • Dr. Bernd Scheifele, stellvertretender Vorsitzender (Vorstandsvorsitzender der HeidelbergCement AG)
  • Prof. Dr. Jürgen Mlynek (Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft)
  • Monika Schoeller (geborene von Holtzbrinck, Verlagsleitung S. Fischer) 

Geschichte und Profil

Der Buchvertreter Georg von Holtzbrinck, sinnenfroher Abkömmling eines westfälischen Adelsstamms, gründet 1936 zusammen mit seinem Freund Wilhelm Schlösser die Deutsche Verlagsexpedition. Das Vertriebsunternehmen ist die Keimzelle eines sich rasch ausbreitenden Medienunternehmens. Das habe Holtzbrinck auch den guten Beziehungen zur NSDAP zu verdanken gehabt, schrieb das US-Magazin „Vanity Fair" 1997. Im Jahr 1943 übernimmt Holtzbrinck den Wiesbadener Verlag „Deutsche Volksbücher“, den die Alliierten 1946 lizensieren. Nach dem Krieg kommt Holtzbrinck auf die Idee, für die lesehungrigen Deutschen einen Buchklub zu gründen. 1948 entsteht die Stuttgarter Hausbücherei, später werden der Deutsche Bücherbund (1959), die deutsche Hausbücherei (1960) und der Deutsche Buchklub (1966) hinzugekauft. Vier Jahrzehnte bleiben die Buchklubs das Kerngeschäft des Unternehmens. Zur Absicherung aber tritt Holtzbrinck zunehmend als Verleger auf und kauft sich bei Zeitungen und Zeitschriften ein. Vor allem an Buchverlagen ist der ehemalige Jurastudent Holtzbrinck interessiert.

Als der Verlagsgründer 1983 stirbt, arbeitet sein ältester Sohn Dieter bereits drei Jahre im Unternehmen als Geschäftsführer (beim Handelsblatt). Im Unternehmen erwirbt sich der Sohn schnell Respekt, als er nach dem Tod des Vaters die Führung übernimmt und den radikalen Umbau des Unternehmens vorantreibt. Dazu gehört die vorher gemiedene Expansion auf internationale Märkte (Auslandsanteil 2001: 40%). 1986 kauft Holtzbrinck in den USA den Buchverlag Henry Holt und die "Scientific-American-Gruppe", 1994 das angesehene New Yorker Buchhaus Farrar, Straus & Giroux, 1995 für knapp 600 Mio. DM eine 70,8-prozentigen Anteil an dem britischen Großverlag Macmillan. Zudem wird das Forschungsinstitut Prognos AG in Basel mehrheitlich übernommen.

Gleichzeitig entschließt sich Holtzbrinck - zunächst in enger Allianz mit dem Münchner Filmhändler Leo Kirch - zum Vorstoß in die elektronischen Medien. Holtzbrinck wird 1983 Gründungsgesellschafter beim TV-Sender Sat.1, hält dort nach einer Reorganisation im Jahr 1986 15% der Anteile und verkauft sie schließlich Ende 1996 für knapp 200 Mio. DM an Kirch. Der Wetter- und Reisekanal, an dem Holtzbrinck ein Viertel der Anteile hielt, stellt 1998 nach kurzer Zeit den Betrieb wieder ein. Außerdem beteiligt sich der schwäbische Unternehmer mit 25% am Nachrichtenkanal n-tv, um das Wirtschaftsfernsehen voranzutreiben, und baut diesen Anteil bis auf 47% aus. Jedoch verkauft die Stuttgarter Gruppe Mitte 2002 die Senderanteile - zusammen mit Beteiligungen an zwölf Radiostationen - an den Bertelsmann-Konzern (Bertelsmann in der Mediendatenbank).

Dieter von Holtzbrinck kaufte zudem in kurzer Folge die Zeitungen „Main-Post" (1992), „Tagesspiegel" in Berlin (1992),  und „Trierischer Volksfreund" (1993). Ein Höhepunkt der Offensive ist 1996 der Kauf der angesehenen Wochenzeitung „Die Zeit" (Auflage: rund 480.000) für 140 Millionen Mark vom alleinigen Gesellschafter Gerd Bucerius.

Den Akquisitionen steht eine wesentliche interne Bereinigung gegenüber: 1989 reicht Holtzbrinck den Deutschen Bücherbund, das einstige Herzstück des Unternehmens, für 250 Mio. DM an Kirch weiter. Die Zeit für Buchklubs sei vorbei, erklärte Holtzbrinck, und merkte seinerzeit an, dass das auch für das Unternehmen Bertelsmann gelte, das den Bücherbund 1992 von Kirch kaufte. Noch Mitte der Achtziger hatten die Buchklubs jede zweite Mark im Unternehmen erwirtschaftet. Auch von der Musikfirma Intercord trennt sich Holtzbrinck - sie geht an EMI. Und schließlich werden auch die Druckereien Claussen & Bosse und Franz Spiegel Buch verkauft.

Zum 1. Januar 1999 führt der Unternehmer fünf eigene Verlage mit sieben Verlagen der katholischen Weltbild-Gruppe aus Augsburg in einer gemeinsame Verlagsgruppe zusammen, die unter dem Namen Droemer Knaur firmiert.

Im Juni 2002 übernimmt Holtzbrinck den angeschlagenen Berliner Verlag, zu dem auch die „Berliner Zeitung“ gehört, von Gruner + Jahr. Das unter kartellrechtlichen Vorbehalten abgewickelte Geschäft gerät zum Desaster für die Stuttgarter Verlagsgruppe. Das Bundeskartellamt untersagt die Transaktion mit Hinweis auf Holtzbrincks marktbeherrschende Stellung bei den Berliner Abonnementzeitungen, die entstünde, wenn „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“ in Zukunft von einem Unternehmen verlegt würden. Holtzbrinck beantragt am 14. Januar 2003 beim damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) eine Ministererlaubnis, um das Veto der Kartellbehörde zu umgehen. Um die Zustimmung Clements zu bekommen, schlägt Holtzbrinck ein Stiftungsmodell vor. Nach diesem soll die Redaktion des „Tagesspiegel“ in eine Gesellschaft überführt werden, deren Unabhängigkeit durch ein neunköpfiges Kuratorium überwacht werden soll. Rechtlich gesehen kann Clement die Erlaubnis nur erteilen, wenn „gesamtwirtschaftliche Vorteile“ bzw. „ein überragendes Interesse der Allgemeinheit“ schwerer wiegen als die Konzentrationsbedenken. Am 13. Mai erteilt Clement daher einen Zwischenbescheid, in dem Holtzbrinck aufgefordert wird, sechs Wochen lang nach Käufern für den „Tagesspiegel“ zu suchen. Wäre kein Käufer gefunden worden, hätte Clement die Erlaubnis erteilen können. Kurz darauf melden die Verlagsgruppen Bauer und Ippen ihr Kaufinteresse an. Im September 2003 verkauft die Holtzbrinck-Gruppe den „Tagesspiegel“ an ihren früheren Manager Pierre Gerckens zu einem Vorzugspreis (von 10 Millionen Euro war die Rede, der Konzern äußerte sich dazu nicht). Danach scheint der Weg frei für die Übernahme der „Berliner Zeitung“, aber das Bundeskartellamt verbietet diese zum zweiten Mal im Ferbuar 2004, da die an Gerckens verkauften „Tagesspiegel“-Anteile noch immer dem Konzern zuzurechnen seien. Daraufhin klagt Holtzbrinck vor dem OLG Düsseldorf und dem BGH gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts, allerdings ohne Erfolg. Als Konsequenz verkauft der Konzern im Oktober 2005 den Berliner Verlag an ein angloamerikanisches Investorenkonsortium (VSS) und die Mecom-Group. Der Brite David Montgomery, Vorstandsvorsitzender der Mecom Group, leitet als Aufsichtsratschef seitdem die Geschicke des Berliner Verlags.

Unternehmensgründer Georg von Holtzbrinck im Dritten Reich

Nach zehn Jahren Forschung legte der Journalist Thomas Garke-Rothbart im November 2008 seine wissenschaftliche Studie über die Wurzeln des Unternehmens vor, die den Unternehmensgründer und Namensgeber Georg von Holtzbrinck und seine Zeit während der NS-Zeit betreffen. Der Titel lautet „... für unseren Betrieb lebensnotwendig ...“; die Studie erschien im K.G. Saur-Verlag. Garke-Rothbart begann das Projekt, nachdem die US-Zeitschrift „Vanity Fair“ 1998 die NSDAP-Parteikarte des Verlagsgründers Georg von Holtzbrinck abgedruckt und einen Bericht über seine „dunkle Vergangenheit“ publiziert hatte. Offiziell beginnt die Verlagsgeschichte erst 1948. Als Garke-Rothbart zur Überraschung der Verlegerfamilie private Dokumente in einem öffentlichen Archiv fand, erklärte sich die Familie bereit, ihn zu unterstützen, indem sie Akten zur Verfügung stellte, Kontakte zu Zeitzeugen und Archiven ermöglichte und einen Teil der Recherchekosten übernahm.

Der Historiker Wolfgang Benz schrieb im Holtzbrinck-eigenen Tagesspiegel, die Studie sei von „akribischer Recherche“ geprägt. Positiv wertete er den Verzicht des Autors auf moralische Anklage. Es sei „keine elegante Darstellung“, aber sie sei „höchst willkommen und aufschlussreich“, urteilte Benz. Denn Georg von Holtzbrinck sei „ein wichtiger Akteur“ in der Buchhandels- und Verlagsgeschichte im Dritten Reich gewesen. Er war Mitglied der NSDAP, aber nicht als fanatischer Nazi in Erscheinung getreten.

Benz bilanziert: „Die Geschichte des Unternehmers Georg von Holtzbrinck im Dritten Reich ist so unspektakulär wie bedrückend. Er war kein fanatischer Ideologe, kein bösartiger Antisemit, kein wilder Militarist, er hat sich nur einfach angepasst. Um des Geschäftserfolgs willen. Wenn er mit der offiziellen Linie vielleicht einmal nicht einverstanden war, hat er es niemanden merken lassen. Das aber hat den Erfolg des NS-Regimes ermöglicht – die Anpassungsfähigkeit, der Opportunismus, das Schweigen so vieler.“ Nach dem Krieg beklagte er die drei verlorenen Jahre wegen seines Entnazifizierungsverfahrens, das ihn als Mitläufer einstufte.

„Zu unserem großen Bedauern“, teilten die Kinder Monika Schoeller von Holtzbrinck, Dieter und Stefan von Holtzbrinck in einem Statement mit, sei das NS-Regime „in alle Lebens- und Arbeitsbereiche und damit auch in das verlegerische Handeln unseres Vaters eingedrungen“. Mit dem neuen Buch zur verlegerischen Rolle Georg von Holtzbrincks im Dritten Reich, heißt es weiter, werde ein „bislang weitgehend unbekanntes Teilstück der deutschen Buchhandelsgeschichte in der Nazi-Zeit bekannt. Im Interesse der erwünschten rückhaltlosen Aufklärung wurden alle in Familien- und Unternehmenshand befindlichen Materialien zur Verfügung gestellt und die akademische Arbeit unterstützt. In Summe erschlossen sich nahezu dreißig Archive zwischen Washington und Moskau, alle aufgefundenen Dokumente stehen der weiteren Forschung zur Verfügung.“

Dieter von Holtzbrinck Medien

2006 war Dieter von Holtzbrinck aus dem Aufsichtsrat ausgestiegen und wollte sich eigentlich ganz auf den Aufbau einer Stiftung konzentrieren, in die er sein Vermögen einbrachte. Das Unternehmen und seine gut 15.000 Mitarbeiter wurden fortan von seiner Schwester Monika Schoeller und seinem Halbbruder Stefan von Holtzbrinck geführt, die ihrem Bruder jährlich rund 30 Millionen Euro zahlen mussten. Dazu waren sie offenbar nicht mehr in der Lage: Aufgrund der Wirtschaftskrise musste das Unternehmen 2008 Wertberichtigungen in Höhe von 35 Millionen Euro vornehmen.

Am 26. März 2009 überraschten die beiden Halbbrüder Stefan und Dieter von Holtzbrinck die Öffentlichkeit mit der Nachricht, Dieter kehre zum 1. Juni in das Verlagsgeschäft zurück. Das Comeback - laut dem Medienwissenschaftler Horst Röper ein „sehr ungewöhnlicher und merkwürdiger Vorgang“ (Stuttgarter Nachrichten) - entsprach einer Auszahlung in Naturalien: Ein Kaufpreis wurde nicht genannt, doch Dieter von Holtzbrinck übernahm die Handelsblatt-Gruppe u.a. mit dem Handelsblatt und der Zeitschrift Wirtschaftswoche, außerdem die Tagesspiegel-Gruppe in Berlin sowie 50 Prozent der ZEIT. Ab einem Zeitpunkt zwischen 2011 und 2021 wolle sich Dieter von Holtzbrinck jedoch wieder ganz seiner Stiftung zuwenden, sagte er in einem Interview mit dem Handelsblatt.

Management

Mit seinen mehr als 50 Tochterunternehmen ist der Mutterkonzern ein relativ anonymes Gebilde geblieben. Eine eigene Markenpolitik wird nicht betrieben und man versucht, keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. Die Unternehmensphilosophie beruht auf Qualität, Dezentralität und Individualität. Die Verlagsgruppe gliedert sich in vier Geschäftsbereiche: Publikumsverlage, Bildung und Wissenschaft, Zeitungen und Wirtschaftsinformationen und elektronische Medien und Services. Bei bestimmten Zielgruppen, etwa Wissenschaftlern oder Geschäftsleuten, nimmt Holtzbrinck eine führende Stellung ein. Mit seinen renommierten Buchverlagen kann es der schwäbische Verbund an Geltung mit dem wirtschaftlich potenteren Rivalen Bertelsmann leicht aufnehmen. „Die anderen mögen größer sein, wir aber haben Fischer und Rowohlt", soll der Firmengründer Georg von Holtzbrinck auf dem Totenbett gesagt haben. Hinzu kommt eine Reihe bedeutender Regionalzeitungen, der „Tagesspiegel" in Berlin und das bekannte Wochenblatt „Die Zeit".

Seit dem überraschenden Ausscheiden Dieter von Holtzbrincks Ende Juni 2006, des „stillen Tycoons“, als Gesellschafter und Aufsichtratsvorsitzender, hält Stefan von Holtzbrinck die Zügel des Unternehmens fest in der Hand. Dieter, der den Konzern 20 Jahre lang geleitet hatte, legte seine Planungen und Investitionsrechnungen langfristig auf mindestens zehn Jahre an. Als Motto galt: „Firma geht vor Familie“, wonach mind. 80% der Gewinne in die Firma reinvestiert werden mussten. Gezielt akquirierte er Regionalzeitungen, die beim fälligen Generationenwechsel Probleme bekamen und bei denen sich mehrere Familienstämme um die Führung stritten. Das Beste seien gezielte Zukäufe bei notleidenden Unternehmen, die saniert werden müssen, glaubte Dieter.
Die moderierende Art der Unternehmensführung seines Bruders Dieter und die Fokussierung auf langfristige Ziele will Stefan fortführen. Das Verhältnis zwischen Dieter und Stefan von Holtzbrinck soll zunehmend schwierig gewesen sein. Während sein älterer Stiefbruder zuweilen zu mehr Vorsicht riet, setzt Stefan von Holtzbrinck heute vermehrt auf wirtschaftliche Expansion abseits des Kerngeschäfts. Stefan widmet sich dem Ausbau des digitalen Geschäftsbereichs. Im Jahr 2011 soll nach seiner Vorstellung etwa ein Viertel des Gesamtumsatzes im Internet erwirtschaftet werden. Mit langfristigen, partnerschaftlichen Kooperationen will man die Zukunft der Verlagsgruppe als wettbewerbsfähiges „Mittelstandsunternehmen“ (Konzernangabe) sicherstellen. Stefan lenkt sein Reich über eine Holding, die mit nur rund 70 Mitarbeitern relativ schwach besetzt ist. Er hält viel von der Führungsphilosophie „Steuern durch Nicht-Steuern";. Konzerndenken sei ihm „fremd";, gestand er in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die „intellektuell-kreative Tätigkeit" der Lektoren und Verleger in seinem Haus stünde dem entgegen. Jeder Mitarbeiter habe die „größtmögliche Freiheit, seinen Ideen und Geschäften nachzugehen: In unserem Haus finden Sie viele politische Facetten." Dieter von Holtzbrinck gab einmal kund, es sei nicht mehr zeitgemäß, eine inhaltliche Linie exakt vorzugeben: Es käme auf die „Sozialpflichtigkeit der Journalisten" an, sie müssten fair die komplexen Zusammenhänge von vielen Seiten darstellen. Er selbst sah sich als „Sparringspartner der Chefredakteure". Dabei ist dem unscheinbaren Verlag eine prononciert liberal-konservative Note wohl am liebsten. Eine politische Nähe zur CDU zeigte sich in der Vergangenheit bei einigen Personalien, etwa der Partnerschaft mit dem verstorbenen Kohl-Regierungssprecher und ehemaligem „Zeit-Herausgeber “ Diether Stolze oder der zeitweise engen Allianz mit Kohl-Freund Kirch über den Fernsehsender Sat.1. (Von 1990 bis 1992 war Stefan von Holtzbrinck zudem als Assistent der Geschäftsführung der Kirch-Gruppe in München tätig). Eine offene Parteinahme hat die Familie Holtzbrinck, die enge Beziehungen zu Israel über die Jerusalem Foundation unterhält, freilich immer vermieden.

Starker Mann im Hintergrund war lange Zeit der Österreicher Michael Grabner, enger Vertrauter Dieter von Holtzbrincks, der beispielsweise persönlich die Sanierungsarbeit bei der Handelsblatt-Gruppe in Düsseldorf übernahm. Er wechselte im März 2007 – ein Jahr früher als geplant -  in den Gesellschafterausschuss des größten österreichischen Verlagskonzerns „Mediaprint“. Von einem abrupten Strategiewechsel will Stefan von Holtzbrinck aber nichts wissen. Den Geschäftsbereich Wirtschaftsinformationen übernimmt Finanzchef Dr. Jochen Gutbrod, der zuvor bereits bei Holtzbrinck Digital tätig war.

Die Anteile der Holtzbrinck-Verlagsgruppe teilen sich die Geschwister Monika Schoeller und Stefan von Holtzbrinck zu je 50%. Dieter von Holtzbrinck hat seine Anteile seit 2006 schrittweise in eine gemeinnützige Stiftung überführt.

Geschäftsfelder

Buch: Die Publikumsverlage sind der älteste Geschäftsbereich der Holtzbrinck-Gruppe. Heute setzt Holtzbrinck jährlich über 500 Mio. Euro mit Verlagen wie S. Fischer (Verlagsleitung: Monika Schoeller), Rowohlt (Alexander Fest), Kiepen-heuer & Witsch (Helge Malchow) und Henry Holt um.

Wissenschaft und Bildung: Zu dem Geschäftszweig gehören „Scientific American“ mit dem Ableger „Spektrum der Wissenschaft" (Heidelberg), die Schulbuchverlage Schroedel (Hannover) und Diesterweg (Frankfurt) und vor allem die britische Macmillan Education Gruppe, die in Indien und China stark expandiert. Dazu kommt die Nature Publishing Group, die die renommierte Wissenschaftszeitschrift „Nature“ verlegt und als Leitmedium wissenschaftlicher Publizistik für Biologen, Mediziner und Physiker gilt. Weitere Wissenschaftsverlage sind u.a. Palgrave MacMillan, Digital Science/Digital Education und der US-Collegeverlag Macmillan New Ventures. Anfang 2015 wurden diese Verlage im Rahmen eines Joint Ventures mit dem Finanzinvestor BC Partners zusammengeführt (der seit 2013 den größten deutschen Wissenschaftsverlag Springer Science kontrolliert). Holtzbrinck kontrolliert nu 53 Prozent des neuen Verlagsriesen.

Holtzbrinck Medien: Holtzbrinck besitzt zwei überregionale Tageszeitungen, den „Tagesspiegel" in Berlin (herausgegeben von Giovanni di Lorenzo und dem CDU-nahen Sebastian Turner, der auch 20 Prozent der Anteile an der Tagesspiegel-Gruppe hält) und das Wochenblatt „Die Zeit" in Hamburg. Die journalistische Unabhängigkeit des "Tagesspiegels" leidet Kritikern zufolge durch die Nähe an die Berliner Lobbyisten-Szene, die Herausgeber Turner aufgrund lukrativer Werbepartnerschaften gesucht hat. Wie ein Cicero-Bericht enthüllte, verkaufte das eigentlich als letzte überregionale Berliner Qualitätszeitung geltende Blatt auf der hauseigenen "Agenda 2015-Konferenz Redezeit an Lobbyisten.

Das Verlagsunternehmen zieht sich immer mehr aus dem Segment für Regionalzeitungen zurück. 2012 kündigte der Erbe Stefan von Holtzbrinck den Verkauf der Saarbrücker Zeitungs Verlags und Druckerei GmbH - inkl. der Tochterunternehmen „Lausitzer Rundschau" (Cottbus) und „Trierischer Volksfreund" sowie „Südkurier" (Konstanz) und „Main-Post" (Würzburg) - (bisher gehaltenen Anteil 52%) durch die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar (GSB)an. Der Verkauf soll bis 2014 abgeschlossen werden.

In der deutschen Wirtschaftspublizistik ist Holtzbrinck die Nummer eins - dank der Düsseldorfer Handelsblatt-Gruppe („Handelsblatt", „Wirtschaftswoche", „VDI-Nachrichten" und etliche Fachpublikationen). Das Blatt „Euro“, in dem „DM“ aufgegangen war, wurde verkauft. Weiterhin besitzt die Gruppe eine Beteiligung an der europäischen Ausgabe der Wirtschaftstageszeitung „Wall Street Journal". Die journalistische Integrität des "Handelsblatts" wurde durch den im März 2014 von W&V aufgedeckten Verdacht auf Schleichwerbung beschädigt. Der Vorwurf: die Anzeigenabteilung verkaufe die Porträts prominenter Handelsblatt-Leser, die regelmäßig auf Seite 3 erscheinen, für 5000 Euro.

Elektronische Medien: Zwei Tochterunternehmen setzen die allgemeine Strategie für den digitalen Geschäftsbereich um: Holtzbrinck Ventures, und Holtzbrinck Digital Strategy (ehemals Holzbrinck Networks).
Die 2000 gegründete Holtzbrinck Ventures GmbH beteiligt sich an jungen Unternehmen mit Risikokapital. Unter anderem wurden das Online-Netzwerk „StudiVz“, der Marktplatz für Handwerks- und Dienstleistungsauktionen „My Hammer“ und die größte Online-Partneragentur im deutschsprachigen Raum „Parship“ Ã¼bernommen. Seit 2012 im Portfolio: DropGifts, ein Portal für Online-Gutscheine und musicplayr, ein Tool für die Erstellung von Online-Musikplaylists, sowie sowie Beteiligungen an Zalando und eDarling.

Für strategische Investments ist die Holtzbrinck Digital Strategy GmbH zuständig. Langfristige Beteiligungen werden in den Bereichen E-Commerce, Online Portale, Online Abonnements und E-Travel angestrebt. Zum Unternehmen gehören beispielsweise die auf den Büchervertrieb spezialisierte Firma „buecher.de“ und das Dating-Portal Parship.

Von StudiVZ, welches nach eigenen Angaben 2,5 Millionen Studierende erreichte, versprach sich Holtzbrinck gute Einnahmen aus zielgruppengerechter Werbung. Probleme bereitete die Internationalisierung von StudiVZ: Ausländische Ableger von StudiVZ konnten schon zu Beginn in Spanien und Italien nicht recht Fuß fassen. Ende 2008 wurde dann endgültig das Aus für die Plattformen studiQG (Frankreich), studiLN (Italien), estudiLN (Spanien) und studentIX (Polen) bekannt gegeben. Nachdem das Portal 80 Prozent seiner Nutzer an Konkurrent Facebook, beschloss der Holtzbrinck-Verlage ein strategische Neuausrichtung. Die VZ-Netzwerke wurden im Juli 2012 in "Poolworks", bzw. "Idpool" umbenannt und im September darauf an die Investmentfirma Vert Capital verkauft.

Anfänglich existierte eine weitere Tochter: Holtzbrinck eLab. Sie entwickelte in erster Linie eigene Internet- und Mobilanwendungen und beteiligte sich nur in Einzelfällen an extern kreierten Geschäftsmodellen, wozu der übernommene IT-Informationsdienst „Golem.de“ und das Gesundheitsportal „NetDoktor.de“ zählten (beide im Juli 2007). Beispiele für eigens entwickelte Geschäftsideen waren „autoplenum.de“, eine Informations- und Bewertungsplattform rund um das Automobil und die Vertical Commerce GmbH, die E-Commerce-Plattformen entwickelte. Nach dem Aus von eLab im Jahr 2010 wurden einzelne Teile von eLab im Rahmen von Holtzbrinck Digital weitergeführt.

Services: Zum Unternehmen gehört nach dem Verkauf von zahlreichen Radiobeteiligungen sowie von seinem 47-prozentigen Anteil am Nachrichtensender n-tv  noch die TV-Produktionsfirma AVE, die die Firmen Spektrum TV und Zeit TV besitzt. Diese Firma stellt u.a. politische Talkshows her. Langfristig könnte AVE zum Spezialisten der Verlagsgruppe für das Internet- und Mobilfernsehen aufgebaut werden. Seit Dezember 2006 hält der Konzern auch 40,3% der Anteile an Gute Laune TV, einem Sender rund um deutsche Schlagermusik. 

Aktuelle Entwicklungen

Erfolg mit der Wochenzeitung „Die Zeit“

Positive Nachrichten kamen Anfang 2014 aus Hamburg, wo der ZEIT-Verlag für das Geschäftsjahr 2013 ein Umsatzplus von 8,7 Prozent auf 167 Millionen Euro vermeldete. Der Umsatz hat sich damit seit 2003 mehr als verdoppelt. Die gedruckte Ausgabe der ZEIT gehört weiterhin zu den wenigen Zeitungen, die ihre Auflage in den letzten Jahren steigern konnten (durchschnittlich 512000 wöchentlich verkaufte Exemplare im Jahr 2013 bedeuteten sogar einen Verkaufsrekord). Kritiker bemängeln jedoch, dass die für die ZEIT tätigen freien Journalisten nicht angemessen am Erfolg beteiligt werden und extrem geringe Honorare bekommen würden.

Digitalstrategie

Zahlreiche komplette oder teilweise Zukäufe von Internetfirmen belegen (u.a. myphotobook.de, gutefrage.net, MeinAuto.de, GameDuell), dass der Konzern die allgemein fortschreitende Digitalisierung aktiv und frühzeitig mit gestalten will. Dass dabei nicht jedes Projekt gelingen kann, zeigte sich spätestens im Februar des Krisenjahrs 2009, als das Nachrichtenportal Zoomer.de nach stark gefallenen Besucherzahlen geschlossen wurde. Der jüngste katastrophale Niedergang der teuer gekauften VZ-Netzwerke (siehe Geschäftsbereiche) hält Holtzbrinck Ventures jedoch nicht von weiteren Investitionen ab. So stieg das Unternehmen im Juni 2012 beim Männer-Styling-Portal "Paul Secret" ein. Die Nutzer der digitalen journalistischen Holtzbrinck-Angebote müssen allerdings einen hohen Preis für den kostenlosen Webseiten-Besuch zahlen. So ist beispielsweise das Onlineangebot des "Tagesspiegel" mit sinnentleerter Werbung und nervenden Klick-Walls geradezu zugepflastert.

Im traditionellen Buchgeschäft wird derweil weiter expandiert. Holtzbrinck möchte den 50-prozentigen Anteil am Verlag Droemer Knaur von der Weltbild Gruppe übernehmen. Außerdem gehört Holtzbrinck offenbar zu den Interessenten an der insolventen Buchhandelskette Weltbild, für die das Unternehmen wohl zwischen 50 und 70 Millionen Euro bezahlen müsste.