6. Time Warner Inc.

Umsatz 2011: $ 28,974 Mrd. (€ 20,815 Mrd.)

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Überblick

Der US-amerikanische Medienkonzern Time Warner ist das Resultat zahlreicher Fusionen. Eckpfeiler des Unternehmens sind der Time-Verlag und die Warner-Studios - wie der Name des Medienriesen bereits verrät. Firmen wie das Verlagshaus Time Inc., die Filmproduktionen New Line Cinema und Warner Bros. Entertainment sowie die Fernsehsparten HBO und Turner Broadcasting System zählen zu dem ehemals größten Medienkonzern der Welt. 2009 gliederte Time Warner den Kabelnetzbetreiber Time Warner Cable Inc. aus und zog zudem einen Schlussstrich unter die erfolglose Fusion mit AOL. Der Marktführer schrumpfte.

Basisdaten

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Hauptsitz:
1 Time Warner Center, New York, NY 10019, USA
Telefon: 001-212-484-8000
Telefax: 001-212-489-6183
Internet: www.timewarner.com

Branche: Film, Fernsehsender (Free-TV, Pay-TV), TV-Produktion, Rechtehandel, Verlage, Internet-Services, Merchandising

Rechtsform: Aktiengesellschaft (seit 1971)
Geschäftsjahr: 01.01. - 31.12.
Gründungsjahr: 1922 (Time Inc.), 1923 (Warner Bros.)

Tab. I: Ökonomische Basisdaten
201220112010200920082007200620052004
Umsatz (in Mio. US-Dollar)28.72928.97426.88825.78546.98446.48244.20043.65242.089
Gewinn (Verlust) nach Steuern (in Mio. US-Dollar)*6.1265.8645.4004.618(13.402)4.3876.6002.9053.364
Aktienkurs (in US-Dollar, Jahresende)37,8335,8931,9728,139,9816,5121,9317,4419,45
Dividende (pro Aktie in US-Dollar)0,260,940,21k.A.k.A.0,230,210,1k.A.
Beschäftigtek.A.34.00032.000k.A.k.A.86.40087.90087.85085.000

*Net Income (Loss)

Geschäftsführung

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Senior Corporate Executives

  • Jeffrey L. Bewkes, Chairman, Chief Excecutive Officer
  • John K. Martin, Chief Financial and Administrative Officer
  • Paul T. Cappuccio, Executive Vice President & General Counsel
  • Olaf Olafsson, Executive Vice President , International and Corporate Strategy
  • Carol A. Melton, Executive Vice President, Global Public Policy
  • Gray L. Ginsberg, Executive Vice President, Corporate Marketing and Communications
  • Jeffrey Zucker, President, CNN Worldwide
  • Jeffrey Robinov, President, Warner Brothers Pictures Group

Board of Directors

  • Jeffrey L. Bewkes, Chairman and Chief Executive Officer, Time Warner Inc.
  • James L. Barksdale, Chairman and President, Barksdale Management Corporation
  • William P. Barr, Former Attorney Gerneral of the United States
  • Stephen F. Bollenbach, Former Co-Chairman and Chief Executive Officer, Hilton Hotels Corp.
  • Frank J. Caufield, Co-Founder, Kleiner Perkins Caufield & Byers
  • Robert C. Clark, Distinguished Service Professor, Harvard University
  • Mathias Döpfner, CEO and Chairman Axel Springer AG
  • Jessica P. Einhorn, Dekanin Paul H. Nitze School of Advanced International Studies (SAIS), Johns Hopkins University
  • Fred Hassan, Managing Director Healthcare bei Warburg Pincus 
  • Michael A. Miles, Special Limited Partner, Forstmann Little & Company
  • Kenneth J. Novack, Senior Counsel, Mintz, Levin, Cohn, Ferris, Glovsky and Popeo, PC
  • Paul D. Wachter, CEO Main Street Advisors
  • Deborah C. Wright, Chairman, President and Chief Executive Officer, Carver Bancorp, Inc. und Carver Federal Savings Bank

Geschichte und Profil

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Time Inc. entstand 1922. Die Gründer, Henry Luce und Briton Hadden waren damals erst 25 Jahre alt. Die Schulfreunde und späteren Kommilitonen in Yale hatten schon eine Weile mit dem Gedanken gespielt, ein wöchentliches Nachrichtenmagazin auf den Markt zu bringen. 100.000 US-Dollar wollten sie von Investoren einsammeln, um diese damals revolutionäre Idee umzusetzen. Doch sie mussten mit 86.000 Dollar auskommen, die sie von 72 Geldgebern zusammenkratzten. Am 3. März 1923 war die erste Ausgabe von Time an den Kiosken. Der Erfolg war enorm. Es dauerte nicht lange bis weitere Zeitschriften folgten: die Foto-Illustrierte Life, das Wirtschaftsmagazin Fortune, das Tratschblatt People. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Time Inc. nicht nur der größte Magazinverlag der USA, sondern weltweit. Leidenschaftliche Schreibe statt nüchterner Stil war das journalistische Konzept für die Zeitschriften. Als Verleger Luce einmal wegen der mangelnden Objektivität seiner Blätter kritisiert wurde, meinte er: „Wir erzählen die Wahrheit so, wie wir sie sehen.“

Das Filmstudio Warner Brothers entstand 1923, also nur ein Jahr nach dem Time-Verlag. Trotz der zeitlichen Nähe hätten die Umstände kaum unterschiedlicher sein können. Time Inc. entstand in New York City, dem Zentrum der US-Wirtschaftselite. Ihre jungen Gründer waren stark mit dem Establishment verbunden. Warner Brothers öffnete seine Pforten hingegen in einem hinterwäldlerischen Vorort von Los Angeles, wo es außer Sonne damals nicht allzu viel gab: Hollywood. Als Söhne polnischer Immigranten war den vier Brüdern Harry, Albert, Jack und Sam Warner eine Universitätsausbildung nicht vergönnt. Fasziniert vom Zauber der Filmwelt – damals noch in Schwarzweiß und ohne Ton – mieteten sie sich am Sunset Boulevard billige Geschäftsräume, um ihre ersten Zelluloidwerke zu produzieren. Der Anfang war hart, doch 1927 gelang mit „The Jazz Singer“ der Durchbruch. Es war der erste Tonfilm der Geschichte. Jack Warner bezweifelte anfangs die Erfolgschancen. „Wer will schon Filme sehen, in denen gesprochen wird?“, war seine erste Reaktion, als ihm das Projekt präsentiert wurde. Er und seine Brüder rangen sich trotzdem durch, „The Jazz Singer“ zu produzieren. Sie sollten es nicht bereuen. Mit den Gewinnen konnten sie sich ein großes Grundstück in Burbank nördlich von Hollywood kaufen und dort endlich ein richtiges Filmstudio betreiben. Das Gelände ist bis heute in jedem Warner Brothers Film im Vorspann zu sehen. Anders als Metro-Goldwyn-Mayer konzentrierten sich die Warner Brothers nicht auf glamouröse Monumentalfilme, sondern auf weniger riskante Produktionen, vor allem Gangsterfilme und Liebesdramen. Das brachte zwar weniger spannende Schlagzeilen, unterm Strich aber gesunde Geschäftszahlen. Zudem gab es hin und wieder Überraschungserfolge wie „Casablanca“ (1942) oder „Der Exorzist“ (1973). In den 1950er und 1960er Jahren erweiterte Warner sein Geschäftsfeld auf die Fernsehfilm- und Schallplattenproduktion.

1969 kaufte der CEO von Kinney National Service, Steven Ross, Warner Brothers für 400 Millionen US-Dollar. Nach zwei Jahren wurde der Merger in Warner Communications umbenannt und Steven Ross läutete mit seiner Unternehmenspolitik eine neue Ära ein. So wird er von Tim Wu in „The Master Switch“ als das „erste Exemplar des neuen Archetyps eines großen Medienmoguls“ bezeichnet. Er gelte als Modell für andere Firmen und Unternehmer wie Disneys Michael Eisner oder Barry Diller (Paramount). Das erste Medienkonglomerat umfasste in den 80er Jahren neben dem Warner Bros. Filmstudio, DC Comics, das Mad Magazine, den Videospieleentwickler Atari und das Fußballteam New York Cosmos. Ziel der Integration dieser verschiedenen Unternehmen ist die Erzeugung von Synergien.

Im Jahre 1989, mehr als 60 Jahre nach ihrer Gründung, entschlossen sich die amtierenden Chefs von Warner und Time zu einer Fusion. Geleitet wurden sie dabei von der Vorstellung, dass es wirtschaftlich sinnvoll sei, möglichst viele Mediengattungen unter ein Dach zu bringen. Die Idee eines so genannten „integrierten Medienkonzerns“ war geboren. Sie sollte in den folgenden Jahren viele weitere Fusionen in der Branche inspirieren. Obwohl sieben Jahre nach dem Zusammenschluss noch immer nicht ersichtlich war, ob und wie das geplante Zusammenspiel zwischen Film, Musik und Print wirklich funktioniert, entschloss sich der damalige Konzernchef Gerald Levin zu einem weiteren Milliarden-Deal: Er kaufte 1996 die CNN-Gruppe, zu der neben dem gleichnamigen Nachrichtensender auch Themenkanäle wie TNN und TNT sowie ein großes Filmlager gehörten, von Ted Turner für 8,5 Milliarden Dollar in Aktien. Der wegen seiner stark schwankenden Stimmungen oft als manisch-depressiv eingestufte Turner hatte im Jahre 1979 von Atlanta aus den ersten Sender gestartet, der rund um die Uhr Nachrichten zeigte. Anfangs wegen der ständigen Versprecher seiner jungen Korrespondenten als „Chicken Noodle Network“ verlacht, mauserte sich Turners „Cable News Network“ (CNN) in wenigen Jahren zur weltweiten Autorität für Nachrichten. Der Clou dabei: Auch dieses Geschäftsmodell funktionierte. Das bislang wenig profitable Genre der TV-Nachrichten brachte Turner satte Gewinne.

Am 10. Januar 2000 erfuhr die Welt, dass Levin mit dem CNN-Kauf seinen Appetit noch immer nicht gestillt hatte. Der Manager überraschte die Öffentlichkeit mit der Ankündigung, dass Time Warner mit dem Internetanbieter AOL verschmelzen werde. Der weltgrößte Betreiber klassischer, „alter“ Medien vereinte sich mit dem erfolgreichsten Spieler der digitalen, „neuen“ Medien. Betäubt vom Internetfieber der Börse feierte die Welt die Fusion damals als Meilenstein für die endgültige Transformation der Old in eine New Economy. Dass nach den Fusionskonditionen die AOL-Aktionäre 55 Prozent des gemeinsamen Giganten „AOL Time Warner“ halten würden, obwohl Time Warner mit 27,3 Milliarden Dollar Umsatz neun Mal größer war als AOL (Umsatz: 3,1 Milliarden Dollar) und auch mehr als doppelt soviel Nettogewinn erwirtschaftete (1,95 Milliarden Dollar gegenüber 762 Millionen Dollar), erschien damals völlig gerechtfertigt. Nach der Börsenbewertung hätte den AOL-Eignern sogar 70 Prozent zugestanden.

Die Warner Music Group (WMG), eine der vier größten Plattenfirmen weltweit, wurde im Februar 2004 von Time Warner an eine Investorengruppe unter der Leitung von Edgar Bronfman jun. verkauft, beteiligt an WMG ist nun auch der in Deutschland bekannte Haim Saban. Hauptsitz der Warner Music Group Germany Holding GmbH ist Hamburg.

Nach der Abspaltung von Warner Music wurde im Februar 2006 eine weitere Konzernsparte, die seit 2003 zum Verkauf stehende Time Warner Book Group von der französischen Mediengruppe Lagardère für 237,5 Millionen Dollar übernommen. Lagardère wird durch die Fusion zum drittgrößten Verlag der Welt. 2003 platzte kurz vor Abschluss ein Deal mit der Bertelsmann AG. Die Time-Warner-Verlagssparte steigerte ihre Werbeeinnahmen und trennte sich vom schwachen Time-Life-Direktmarketinggeschäft.

Die Fusion zwischen alten (Time Warner) und neuen Medien (AOL) blieb weitgehend erfolglos, weil es der Konzern verpasste, sinnvolle Synergien zu schaffen. Jeff Bewkes hat dem Online-Unternehmen daher eine radikale Neuausrichtung verordnet. AOL-Chef Jonathan Miller verkaufte folglich Ende März 2006 ein 5 Prozent-Anteils-Paket von AOL an den Konkurrenten und Suchmaschinengiganten Google für 1 Milliarde Dollar, mit dem Ziel, künftig mehr AOL-Inhalte auf Google-Resultatseiten gelistet zu finden. Auch verkaufte Miller das Zugangsgeschäft von AOL Deutschland im September 2006 an die Telekom Italia und deren Hamburger Tochter HanseNet für 675 Millionen Euro. Time Warner trennte sich kurz darauf vom AOL-Internetzugangsgeschäft in Frankreich für 365 Millionen Dollar, und die britische Carphone Warehouse Group erhielt im Oktober 2006 den Zuschlag für das Internet-Zugangsgeschäft von AOL in Großbritannien, was 370 Millionen Pfund (548 Millionen Euro) in bar eintrug. Durch den Verkauf des Zugangsgeschäfts in Deutschland, Frankreich und Großbritannien für insgesamt etwa 1,9 Mrd. Dollar steigerte die einstige Problemsparte AOL ihr operatives Einkommen um 38 Prozent auf 397 Mio. Dollar. Seit 2006 ist AOL ein werbefinanziertes Portal mit Nachrichten, Kleinanzeigen und Softwareanwendungen, das auch eine Kontextsuche mittels der Suchtechnologie von Surphace (bis Oktober 2009 Sphere) anbietet.

Im März 2006 startete Time Warner über das AOL-Portal das Angebot In2TV (heute: AolTV), über das die Nutzer Serienklassiker aus den eigenen Warner-Studios (z.B. „Two and a half men“, „Kotter“ oder „Beetlejuice“) abrufen können. Dabei setzte das Unternehmen auf Werbeeinnahmen anstelle von Download-Gebühren. Pro 30 Minuten Film werden bis zu zwei Minuten Werbespots gezeigt. Zudem können Anzeigen neben den Filmangeboten auf der Website lanciert werden.

Time Warner kaufte im Juli 2009 den Google-Anteil von 5 Prozent, den Google 2005 für rund 1 Mrd. US-Dollar erworben hatte, zurück, um diesen Teil an die Börse zu bringen. Google sah keine andere Chance, hat jedoch wohl weit weniger für seine Aktien erhalten, als es einst für sie ausgegeben hatte. Im letzten Quartal 2008 hatte Google 726 Millionen Dollar auf den Wert seiner AOL-Anteile abschreiben müssen.

Es dauerte nicht lange, bis die Internet-Blase an den Aktienmärkten platzte – und mit ihr die Euphorie. AOL Time Warner geriet in eine tiefe Krise. Levin trat im Juni 2002 als Chief Executive Officer zurück, AOL-Gründer Steve Case musste ein Jahr später seinen Posten als Chairman räumen. Neuer starker Mann im Konzern wurde Richard „Dick“ Parsons, ein Eigengewächs aus dem Hause Time Warner. Parsons besann sich wieder auf die Werte der „alten“ Medienwelt. Es gelang ihm, den schwer angeschlagenen Konzern zu sanieren und wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Im Herbst 2003 strich er die drei Buchstaben „AOL“ aus dem Konzernnamen. Time Warner war wieder Time Warner. Ende 2009, nach acht Jahren, spaltete Time Warner Inc. seine Internetsparte AOL schließlich ab. Die Internetsparte wurde aus dem Konzern herausgelöst und am Folgetag als eigenständiges Unternehmen an der Börse gehandelt. Der Chef des Umbaus und der Mann, der AOL für die Börse aufhübschen soll, heißt seit Frühling 2009 Tim Armstrong, er ist ehemaliger Google-Manager. In Europa hatte sich der Konzern längst vom AOL-Geschäft mit Internetzugängen getrennt. Damit wird der Zusammenschluss zweier Unternehmen, der den Aktionären Rekordverluste einbrachte, rückgängig gemacht.

In den folgenden Jahren äußerte sich die Rückbesinnung auf einen reinen Medienkonzern (Dekonstruktion) in der Trennung von Time Warners Kabelgesellschaft Time Warner Cable. Im März 2009 wurde die bereits seit 2005 vorbereitete Trennung vollzogen und die Aktienanteile von 85 Prozent (9,25 Milliarden US-Dollar) an die derzeitigen Anteilseigner verkauft. 2013 folgte eine weitere entscheidene Umstrukturierung: Die traditionsreiche, doch kriselnde Magazinsparte Time Inc. wurde in ein eigenständiges Unternehmen überführt und aus dem Konzern ausgegliedert. Künftig will sich Time Warner nur noch auf sein Kabelfernsehen- und Kinogeschäft konzentrieren.

Management

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Trotz positiver Entwicklungen sind die Strategie von Time Warner und die Position von CEO Richard Parsons umstritten. Ende 2005 kam es zu einer Herausforderung der besonderen Art, als sich Großinvestor Charles Icahn über Hedge-Fonds die Kontrolle über ein beachtliches Aktienpaket sicherte. Icahn stellte öffentlichkeitswirksam Forderungen. So monierte er die schleppende Entwicklung des Aktienkurses und forderte, den Konzern zu zerschlagen. Gewünschte Synergieeffekte zwischen den einzelnen Konzernsparten seien nicht zustande gekommen. Time Warner solle, so Icahn, neu organisiert, die Verlags- und Kabelsparten abgespaltet und die Führungspositionen neu besetzt werden. Der Disput zwischen Icahn und Parsons erreichte seinen Höhepunkt als Icahn, unterstützt von der Investmentbank Lazard, im Februar 2006 ein 343 Seiten starkes Papier herausgab, das mit Anschuldigungen gegen Konzernchef Parsons gespickt war. Kurz darauf berichtete die englische „Times“, dass Icahn Time Warners größten Anteilseigner, den Investmentfondsverwalter Capital Research, auf seine Seite gezogen hätte. Doch derartige Vermutungen verliefen sich, und angesichts von seinen (nur) drei Prozent Anteilen, ungenügender Unterstützung von der Wall Street und keinerlei Möglichkeiten, selbst einen Posten zu besetzen, beschloss Icahn, seine Pläne vorerst zu verwerfen.

Zudem halfen die erfreulichen Kennzahlen „Dick“ Parsons' Position wieder zu stärken. Da Parsons weitere Expansionen vermied und sich ganz auf Effizienz konzentrierte, wurde 2005 für Time Warner zu einem gesunden Geschäftsjahr. Durch den Verkauf der Time Warner Book Group und von AOL-Anteilen an Google im Jahr 2006 schaffte sich Time-Warner-CEO „Dick“ Parsons Luft im Kampf gegen den Großinvestor Carl Icahn - obgleich dieser nicht locker lässt. Noch im Herbst 2006 ließ Carl Icahn verlauten, er habe seine Beteiligung an Time Warner erneut aufgestockt. Aus einem Bericht an die amerikanische Börsenaufsicht SEC Mitte Februar 2007 ging schließlich hervor, dass Icahn und seine Investmentgruppe Icahn Management im vierten Quartal 2006 rund 44 Millionen Time-Warner-Aktien verkauft haben.

Nachfolger von Konzernchef Richard Parsons wurde Jeffrey Bewkes ab 1. Januar 2008, fünf Monate bevor Parsons' Vertrag offiziell endete. Bewkes gilt vielen an der Wall Street als Macher, der Time Warner aufspalten und den Aktienkurs nach längerer Zeit wieder beleben könnte. Die Financial Times Deutschland bezeichnet Bewkes als „Pionier in der Unterhaltungsindustrie“, weil er den Time-Warner-Sender HBO, dessen CEO er seit 1995 war, in „eines der weltweit profitabelsten Fernsehunternehmen“ verwandelte. Bewkes glänzt zwar mit einem charmanten Auftreten, scheut jedoch keine Konfrontation, wie eine Anekdote aus dem Jahr 2002 zeigt: In einem Meeting soll er den AOL-Gründer Stephen M. Case mit dem schlechten Abschneiden der Online-Einheit konfrontiert haben. Dafür kassierte er dann eine ordentliche Abfertigung durch Parsons.

Geschäftsfelder

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Film und Unterhaltung: Das Time-Warner-Film- und Unterhaltungsgeschäft mit Warner Bros., New Line Cinema und DC Entertainment erwirtschaftet seit mehreren Jahren konstant gute Zahlen. Die Eine-Milliarde-Dollar-Marke wird seit zehn Jahren in Folge von der Warner Bros. Pictures Group überschritten. Erfolge brachten beispielsweise New Lines’ „Herr der Ringe“-Franchise sowie andere Kino-Hits wie „Inception”, „Kampf der Titanen” oder „Valentinstag”.  

Um Kosten zu sparen, wurde das Time Warner Hollywood-Studio New Line Cinema („The Lord of the Rings", "Nightmare on Elm Street", "Rush Hour" oder "Austin Powers“) in den größeren Konzernbereich Warner Bros. Entertainment Studio integriert.

Als eine der „größten strategischen Chancen“ sieht Warner Bros. Entertainment den schnell wachsenden Markt für den Digitalvertrieb. Der Schwerpunkt liegt vor allem im Heimvideo-Bereich, in dem sich Time Warner insbesondere im Verkauf von DVDs und Blu-rays als das international marktführende Studio beschreibt. Im Jahr 2011 gewann vor allem der Vertrieb über Video-on-Demand-Plattformen sowie Electronic-Sell-Through (EST, Erwerb von Filmen oder Serien über elektronische Netzwerke) an Bedeutung, welcher über die Unternehmenstochter Warner Bros. Digital Distribution abgewickelt wird.

Fernsehen: Die ertragreichsten Unternehmen des Konzerns sind Home Box Office (HBO) und Turner Broadcasting Systems (TBS) mit CNN, TNT und dem Cartoon Network. TNT ist zu einem der meist beachteten Kabelkanäle der USA geworden. In mehr als 200 weiteren Staaten ist Turner mit einem breiten Portfolio, das auch digitale Inhalte umfasst, vertreten.

Die beiden Sender HBO und Cinemax in dem Netzwerk Home Box Office finanzieren sich nicht über Werbung, sondern über Abonnentenerlöse. Während HBO laut Unternehmensangaben zum führenden Pay-TV-Kanal der USA avancierte, zählen HBO und Cinemax weltweit zusammen 93 Millionen Abonnenten.Die mittlerweile auf 19 Digitalkanäle angewachsene Sendergruppe gilt als Cash Cow im Time-Warner-Konzernverbund. Im Geschäftsjahr 2011 erwirtschaften Home Box Office und Turner Broadcasting Systems mit einem Umsatz von 13,65 Milliarden US-Dollar fast die Hälfte (47 Prozent) des gesamten Konzernumsatzes. Frühzeitig setzte HBO auf eine aufwändige Eigenproduktionsstrategie, die in der Branche mit demütiger Hochachtung verfolgt wird. Mittlerweile machen hochwertige Eigenproduktionen rund ein Drittel der Sendezeit aus. Diesen Standard gilt es zu bewahren, damit auch die Kundenzahl gehalten werden kann.

Seit Anfang Februar 2011 werden Sendungen und Filme von TNT, TBS, CNN, HLN, truTV, Turner Classic Movies, Cartoon Network und Adult Swim auf der Comcast-Plattform Xfinity als Video-On-Demand angeboten. Zudem gibt es immer mehr Filme und Serien auch online sowie mobil. HBO Go und MAX Go sind über iPad, iPhone, iPod touch und einige Android Smartphones zu empfangen. Andere Plattformen wie Samsungs Smart TV oder Microsofts Xbox Spielkonsole werden ebenfalls für die Verbreitung genutzt. Der Bereich der mobilen Nutzung soll weiter ausgebaut werden.

Jüngst kaufte Turner Broadcasting die Sportwebsite Bleacher Report. Es handelt sich laut comScore um die drittmeistbesuchte Sportnachrichtenwebsite in den USA. Insidern zufolge soll Turner 175 Millionen US-Dollar für die Website gezahlt haben, auf der engagierte Fans die Nachrichten mitgestalten. Mit dieser neuen Akquisition kann Turner Werbekunden bessere Pakete verkaufen und Inhalte cross-medial publizieren.

Verlage: Time Warners ältester Besitz, die Time Inc., ist laut Unternehmensangaben die Nummer Eins unter den US-Magazinverlagen und bietet derzeit 95 Titel in seinem Portfolio an. Time Inc. ist Herausgeber von "Time", "Fortune" oder "Sports Illustrated". Die im Zuge der Finanzkrise schrumpfenden Anzeigenerlöse haben zwischen 2008 und 2013 zu Massenentlassungen und einem Umsatzrückgang um 30 Prozent geführt.

Es verwundert also nicht, dass Time Warner auf lange Sicht das Vertrauen in den kriselnden Magazinmarkt verloren hat. Im Frühjahr 2013 entschloss das Management Time Inc. als eigenständiges Unternehmen aus dem Konzern auszugliedern. Zuvor hatte sich ein angedachter Verkauf eines Großteils der Time-Magazine an Konkurrent Meredith nicht realisieren lassen.

Games: Der Einstieg in die Games-Sparte wurde im Zuge der Umgestaltung des Konzerns nach dem Platzen der Dotcom-Blase in Ansätzen wieder rückgängig gemacht. Während Time Warner Entertainment noch im Dezember 2008 seine Anteile am britischen Game Publisher Eidos Interactive (früher SCi Entertainment) vergrößerte, über zehn Millionen zusätzliche Aktien an Eidos erwarb und auf diese Weise mit 19,9 Prozent den größten Anteilseigner stellte, wurden die Anteile drei Monate später im Februar 2009 an den japanischen Publisher Square Enix verkauft.

Time Warner, NBC-Universal, Bertelsmann, die Venture Capital-Unternehmen Rustic Canyon, Trinity und dcp sowie Hewlett Packard als deren strategischer Partner schlossen sich im Juli 2007 zusammen, um den erst im September 2006 gegründeten Spieleentwickler Trion World Network mit einer US-Millionensumme im zweistelligen Bereich zu fördern. Das vom Gamekonzern-Manager Lars Buttler, vom "Might & Magic"-Erfinder Jon Van Caneghem und anderen Gameveteranen aufgebaute Unternehmen hat sich der Entwicklung von Computerspielen, die über Breitbandanbindung gespielt werden, verschrieben. Vorbilder sind "World of Warcraft" und "Burning Crusade". Außer den Einmalkosten sollen Spieleumsätze außerdem über Teilnahmeabonnements generiert werden. Diverse Multiplayerspiele sollen wie TV-Serien entwickelt werden und online vertrieben werden. Geplant ist es, die Wünsche der Spieler zu berücksichtigen, um teure Flops zu verhindern. Für die neuen Produkte werden die Verbindungen zu den beteiligten Medienkonzernen und deren Content genutzt. Im April 2010 erfolgte eine Umbenennung in Trion Worlds. Das Unternehmen bezeichnet sich selbst als „führenden Anbieter und Entwickler von digital vernetzten Video-Spielen“.

Engagement in Deutschland

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Geschäftskontakte zum deutschen Markt hielt lange der Manager Jeffrey Schlesinger, Leiter des Spielfilm- und Serienverkaufs von Warner Bros. Schlesinger verkaufte im Jahr 2009 zwei Filmpakete mit einem Preis in dreistelliger Millionenhöhe, eines an RTL und eines an die Tele München Gruppe. Clever und gnadenlos agierte der Manager, als es um den Deal mit der Münchener und heute in Leipzig wieder auferstandenen Filmfirma Kinowelt ging. Ein überteuertes Filmpaket von Warner war der Hauptgrund, warum die Münchner Kinowelt und deren Eigentümer, die Brüder Kölmel, Pleite gingen. Rufe nach einer Reduzierung oder Stundung der Zahlungsraten wies Schlesinger zurück.

Time Warner ist in Deutschland über Turner Broadcasting mit fünf Angeboten im Pay-TV-Bereich vertreten: Die Sender Cartoon Network und Boomerang decken die Zeichentricksparte ab, bei TNT Film (bis Juli 2009 Turner Classic Movies) werden vor allem Spielfilmklassiker von Warner Bros. ausgestrahlt, Serien wie „Emergency Room“ oder „Gilmore Girls“ zeigt der Sender TNT Serie und im Nachtprogramm sendet das Comedy Format [adult swim] tabulose Satire. Darüber hinaus bietet die Vorschulmarke Cartoonito im Internet Spiele, Serien und Videos für Kinder an. Zusätzlich ist CNN, der englischsprachige Nachrichtensender, zu empfangen. Bislang schwächelte das Time Warner-TV-Geschäft in Deutschland. Die Beteiligung am Musiksender Viva, am Nachrichtensender n-tv und ein deutschsprachiges CNN entwickelten sich schlechter als erwartet, weshalb man die Aktivitäten einstellte. Anfang Mai 2012 startete Turner Broadcasting den Frauensender Glitz in Deutschland.

Aktuelle Entwicklung

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Laut Konzernaussagen beherbergt Time Warner das weltweit größte Film- und Fernsehstudio, das erfolgreichste Premium-TV-Netzwerk und die verlässlichsten Nachrichtensender. Für die kommenden Jahre setzt der Konzern auf einen Ausbau neuer digitaler Geschäftsmodelle und auf eine internationale Expansion. Als besonders interessant gilt hierbei der Free- und Pay-TV-Sektor. 2010 wurde mit dem chilenischen Sender Chilevision bereits ein erster Free-TV auf dem attraktiven lateinamerikanischen Markt übernommen. Doch auch Deutschland gilt als begehrt: Turner Broadcasting-Chef Gerhard Zeiler hat bereits Interesse an einer möglichen Übernahme von ProSiebenSat.1 signalisiert.

Der Magazinsparte Time Inc geht es derweil alles andere als gut. Anfang 2013 entließ die neue Verlagschefin Laura Lang insgesamt 480 Angestellte, bzw. sechs Prozent der weltweiten Belegschaft. Künftig will das Traditionshaus damit die Transformation von einem herkömmlichen Verlagshaus zu einer schlankeren, digitalen "Multiplattform" schaffen. Die Magazinsparte soll aus dem Konzern ausgegliedert werden. Die Krise von Time Inc. ist Brancheninsidern zufolge nicht nur Ausdruck des digitalen Wandels sondern vor allem das Resultat einer katastrophalen Unternehmenspolitik.

Nachdem bei einer "Batman"-Vorführung im Juli in einem Vorort von Denver (USA) ein maskierter Täter um sich schoss und 12 Menschen tötete, sagte Time Warner die geplanten Filmpremieren und Pressevorführungen des aktuellen Batman-Teils "The Dark Knight Rises" ab. Obwohl sich jeder fünfte US-Kinobesucher aus Angst vor Trittbrettfahrern fürchte, den Film anzusehen, spielte der Film in den ersten beiden Wochen 435 Millionen Euro ein.

Links

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Unternehmenskommunikation:

- Geschäftsberichte
- Pressemitteilungen der Time Warner Inc.

 

Literatur:

Bruck, Connie (1994): Master of the Game: Steve Ross and the Creation of Time Warner. New York: Simon and Schuster.

Wu, Tim (2011): The master switch. The rise and fall of information empires. Alfred A. Knopf: New York.

Presseberichterstattung:

- Financial Times Deutschland: Zeitschriftengeschäft vermiest Time Warner das Ergebnis (02.05.2012)
- Reuters: "Harry Potter" zaubert für Warner Bros neue Einspielrekorde (18.07.2011)
- Financial Times Deutschland: Time Warner dreht die Zeit zurück (07.10.2009)
- Financial Times Deutschland: Time Warner baut Comicsparte um (11.09.2009)
- Der Spiegel: tmz.com - Paparazzi-Inferno im Internet (30.06.2009)
- Die Presse (Österreich): tmz.com - Der Triumph des Internet (30.06.2009)
- Süddeutsche Zeitung: Time Warner schafft sich AOL vom Hals (28.5.2009)
- Süddeutsche Zeitung: Das Ende einer Mär (Kommentar, 28.5.2009)
- Süddeutsche Zeitung: Wie ein Bestatter - Time Warner wird zerlegt (19.01.2009)
- Der Spiegel: Bewkes kassiert mindestens 10 Millionen Dollar (11.11.2007)