43. France Télévisions S.A.

Umsatz 2010: € 3,004 Mrd.

Überblick

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France Télévisions ist eine staatliche TV- und Radioholding und beschäftigte 2009 rund 11.000 Mitarbeiter in 40 Tochterunternehmen.

Basisdaten

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Hauptsitz:
7, esplanade Henri de France
75907 Paris, Frankreich
Tel.: 0033-1-56 22 60 00
Internet: www.francetelevisions.fr 

Branche: Fernsehsender (Free TV, Pay TV), TV- und Filmproduktion, Vertrieb, Werbezeitenvermarktung, Verlag, Multimedia
Rechtsform: Aktiengesellschaft in staatlichem Besitz Geschäftsjahr: 01.01. - 31.12. Gründungsjahr: 1949 Gründung der RTF (Radio et Télévision Françaises); 1974 Aufspaltung des ORTF (Office de la radio et de la télévision françaises, RTF-Nachfolgeholding) in die Fernsehsender TF1 (1987 privatisiert), Antenne 2 und FR3; 2000 Gründung von France Télévisions S.A., Holding aller öffentlichen TV-Sender.

Tab. I: Ökonomische Basisdaten
2011201020092008200720062005
Etat/Umsatz (in Mio. Euro)3.0043.1403.061,12.750,32.927,72.856,52.711
Beschäftigte10.40011.00010.13511.50010.99710.983

Geschäftsführung

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Geschäftsführung/Vorstand (comité exécutif):

  • Rémy Pflimlin, Président
  • Emmanuelle Guilbart, Directrice Générale déléguée aux programmes, Directrice de France 4
  • Patrice Papet, Directeur Général délégué à l’Organisation, aux Ressources Humaines et à la Communication Interne
  • Martin Adjari, Directeur Général délégué à la Gestion, aux Finances et aux Moyens
  • Bruno Patino, Directeur Général délégué au Développement Numérique et à la Stratégie, Directeur de France 5
  • Thierry Thuillier, Directeur Général Adjoint en charge des Rédactions et des Magazines
  • Daniel Bilalian, Directeur Général Adjoint chargé des Sports
  • Yves Rolland, Secrétaire Général
  • Frédéric Olivennes, Directeur de la Communication externe et du Marketing image du groupe
  • Hervé Michel, Directeur des Affaires Internationales de France Télévisions
    Jean Réveillon, Directeur de France 2
  • François Guilbeau, Directeur de France 3
  • Claude Esclatine, Directeur d’Outre-mer 1ère de France Ô
  • Yann Chapellon, Directeur de la Diversification et du Développement des recettes et Président-Directeur Général de FTD


Besitzverhältnisse: Französischer Staat (100 %)

Geschichte und Profil

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France Télévisions ist Rechtsnachfolger des staatlichen französischen TV-Senders (RTF - Radiodiffusion-télévision française, ab 1949) bzw. der Sendergruppe ORTF (Office de Radiodiffusion-Télévision Française, ersetzte die RTF 1964). 1974 wurde der ORTF aufgelöst. France 2, 1963 als zweiter Kanal der RTF etwa zeitgleich mit dem ZDF gestartet, und France 3, gegründet 1972, erhielten je einen autonomen Status.
 
1992 wurden beide Kanäle unter dem Namen France Télévision (ohne „s“) wieder zusammengeführt, der Posten eines gemeinsamen Präsidenten wurde eingerichtet. 2000 entstand France Télévisions S.A. als Holding der öffentlichen Fernsehsender, eine Aktiengesellschaft unter staatlicher Kontrolle. Das Mandat des Präsidenten wurde von drei auf fünf Jahre verlängert.

Dann kam Nicolas Sarkozy. Seine Neujahrsansprache 2008 sorgte für große Verwirrung – in der Bevölkerung, und v.a. in der Medienwelt. Der Präsident wünschte sich mehr Qualität im öffentlichen Fernsehen und weniger (erfolgreiche) US-Serien und zauberte gleich einen Plan für ein totales Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen aus dem Hut: die Abschaffung von Werbung nach 20 Uhr ab dem 5. Januar 2009; die (mittlerweile widerrufene) komplette Werbefreiheit ab 2011. Für France Télévisions bedeutete das, ab 2009 auf 20-30% des Etats (823 Mio. € für Werbung und Sponsoring 2007, 618,5 Mio. € in 2008) verzichten zu müssen. Das Werbeverbot (Sarkozy: „une révolution culturelle dans le service public de la télévision“) sorgte umgehend für Proteste. Die linksgerichtete Libération schrieb von einem „800-Millionen-Euro-Scheck“ für Sarkozy-Spezi Martin Bouyges, Besitzer des Privatsenders TF1 und, wie es schien, größter Profiteur der Angelegenheit. (Was sich als Trugschluss erweisen sollte: die Werbeerlöse des Marktführers TF1 gingen im ersten Quartal 2009 um sage und schreibe 27% zurück.) Von Gewerkschaftsseite hieß es, der Präsident wolle das öffentliche Fernsehen „ausbluten“ lassen.

Im Februar 2009 wurde eine Ad-Hoc-Kommission („commission pour la nouvelle télévision publique“) unter Vorsitz des UMP-Abgeordneten Jean-François Copé eingerichtet, um über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens nachzudenken, die Möglichkeiten der Refinanzierung der Werbefreiheit auszuloten und auch, wie Libération schrieb, um der spontanen Verkündung des Präsidenten einen demokratischen Anschein zu geben. Die Sendergewerkschaft nannte das Ganze eine „Maskerade“, eine „Operation zur Tarnung einer Zerschlagung des öffentlichen Fernsehens zugunsten des privaten Sektors“. Schon bald zeichnete sich ab, dass der Präsident den Empfehlungen der Kommission, v.a. einer Erhöhung der Rundfunkgebühren, nicht folgen würde (die französischen Gebühren liegen derzeit mit 116 € pro Jahr deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 161 €).

Anfang März 2009 wurde das „Gesetz zur Reform des audiovisuellen Sektors“ verabschiedet. Die wichtigsten Maßnahmen: das Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, dessen zukünftige Finanzierung (eine Steuer für Privatsender von 3% des Umsatzes, eine Steuer für Internet- und Handyanbieter von 0,9% des Umsatzes) sowie die äußerst umstrittene Ernennung des Direktors der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten im Ministerrat durch den Staatspräsidenten. Mit der Werbefreiheit verordnete Sarkozy dem öffentlichen Fernsehen nebenbei einen neuen Start für die abendliche Prime Time – eine „kuriose Variante präsidialer Machtfülle“ (SZ vom 6.7.2010). Doch rief vor allem die Berufung des Senderchefs durch den Präsidenten besorgte Reaktionen hervor, im In- und Ausland sah man die Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks in Frankreich gefährdet. Es waren unmissverständliche Signale aus dem Élysée: zurück zum Staatsfernsehen.

Der Findungsprozess des neuen Direktors gestaltete sich turbulent. Sarkozy blieb unbeirrt („France Télévisions gehört dem Staat und der Staat bestimmt den Direktor“), monatelang kursierten diverse Namen. Am 14.4.2010 schrieb die ehemalige Kultur- und Kommunikationsministerin und heutige Vize-Präsidentin des Senats Catherina Tasca auf mediapart.fr über den „Staatsfluch auf France Télévisions“, am 2. Juni veröffentlichte das renommierte Kulturmagazin „Télérama“ ein Manifest mit dem Titel „Befreit den öffentlichen Rundfunk!“ (unterzeichnet von 100 Persönlichkeiten aus Politik und Kulturbetrieb), gegen die „unerträgliche Regression“, die der direkte Draht zwischen der Exekutive und der Führung des öffentlichen Rundfunks bedeute (1982, nach einem Jahr an der Macht, hatten die Sozialisten unter François Mitterand das staatliche Rundfunkmonopol abgeschafft). Schließlich, am Morgen des 5. Juli 2010, wurde aus dem Élysée gemeldet: Rémy Pflimlin wird der neue patron von France Télévisions.

In der Folge kam übrigens, wenig überraschend, die Kehrtwende beim Thema Werbestopp. Bereits ab Frühjahr 2010 hatte sich abgezeichnet, was die Pariser Nationalversammlung am 16. November 2010 beschloss. Eine totale Werbefreiheit wird es bis auf Weiteres nicht geben (keine Änderung gibt es beim werbefreien Abendprogramm). Ein kompletter Werbeverzicht sei „mit der Lage der öffentlichen Finanzen nicht vereinbar“.

2010 war dann ein gutes Jahr für France Télévisions. Ende April 2011 wurden die folgenden Zahlen gemeldet: Die Werbeumsätze stiegen um 9% auf 441,3 Mio. €, der Gesamtumsatz betrug 3,140 Mrd. € (+3,4%) mit einem Nettogewinn von 12,8 Mio. €. Der Figaro schreibt: „Ein Jahr nach der Reform des öffentlich-rechtlichen Senders und dem Ende der Werbung nach 20 Uhr bietet France Télévisions das Bild eines vitalen Unternehmens, vor dem die Privatsender in Neid erblassen.“ (28.4.2011).

Die sogenannte rentrée Anfang September 2011, also der alljährliche Neustart ganz Frankreichs nach der achtwöchigen Sommerpause, diese rentrée ist für Rémy Pflimlin und seine Senderverantwortlichen gar nicht gut gelaufen. Die neuen Programme auf France 2 haben besonders enttäuscht und sorgten für ein regelrechtes Quotenfiasko („Réunion de famille“,  „Seriez-vous un bon expert“, „Avant Premières“). Hatte sich Senderchef Claude-Yves Robin zunächst vorgenommen, den Zuschaueranteil von France 2 nicht unter 15% sinken zu lassen, lag die Durchschnittsquote Ende September bei 13,5%, nur noch etwas mehr als zwei Prozent über der des vermeintlich kleinen Privatkanals M6. Am 30.9.2011 wurde Robin kurzfristig und „brutal“ (wie man in Le Monde und Figaro las) gefeuert. Tatsächlich, so Le Monde, habe Pflimlin wohl deshalb so schnell gehandelt, weil sich der (damalige) Staatspräsident über die oben genannten Programmflops geärgert habe. Im Oktober 2011 dann wurde Bertrand Mosca der neue starke Mann bei France 2, ein alter Hase im TV-Geschäft, Vertrauter und compagnon de route von Rémy Pflimlin. Bereits Mitte März 2012 aber musste Mosca von seinem Amt zurücktreten – aus gesundheitlichen Gründen. Sein Nachfolger: Jean Réveillon, zuvor bereits als conseiller spécial des Präsidenten im Hause tätig.

Zurück zur rentrée 2011: Auch für France 3 gingen die Einschaltquoten zurück, die 9,4% vom September 2011 sind der niedrigste Wert seit Beginn der Messungen. Damit liegt France 3 hinter M6 (11,1% im September) und läuft Gefahr, seine Position als landesweite Nummer Drei, hinter TF1 und France 2, zu verlieren. Mit handfesten Konsequenzen: Sollten sich die Zahlen nicht verbessern, steuert France Télévisions auf einen drastischen Einbruch der Werbeeinnahmen zu. Geschätzte 100 Millionen Euro könnten am Jahresende fehlen (70 Millionen Euro bei France 2, 30 Millionen bei France 3).

Management

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Rémy Pflimlin, 56, geboren im elsässischen Mulhouse, war von Anfang an im Mediensektor tätig. Er arbeitete u.a. bei der Straßburger Tageszeitung Les Dernières Nouvelles d’Alsace, bevor er 1999 Chef des öffentlich-rechtlichen Kanals France 3 wurde. Er ging 2005, als Patrick de Carolis zur France Télévisions-Holding kam und seine eigenen Leute mitbrachte. Pflimlin gilt als liberal-konservativ und wurde eine Zeitlang als nächster Arte-Präsident gehandelt. Seine Kompetenzen für den Spitzenjob bei France Télévisions sind unstrittig. Die Konfusion um Pflimlins Ernennung aber zählte das Nachrichtenmagazin L’Express zu den „zehn politischen Blindgängern des Jahres“ (23.12.2010): Sarkozy habe sich dabei selbst in den Fuß geschossen. Und was auch immer Pflimlin tut, es hat einen entscheidenden Makel: Immer wird darüber der Schatten der zweifelhaften Umstände liegen, unter denen er ins Amt kam.

Tatsächlich schien ihm zunächst sehr daran gelegen, diesen Vorurteilen zu entsprechen. Gleich im August 2010 musste Arlette Chabot gehen: die hochgeschätzte, erfahrene Nachrichten-Chefin von France Télévisions, den damaligen Machthabern im Élysée bekanntermaßen nicht genehm. Den Journalisten Franz-Olivier Giesbert (Autor des Sarkozy-kritischen „M. le Président: Scènes de la vie politique, 2005-2011“) und Guillaume Durand (Freund des Sarkozy-Widersachers Dominique de Villepin) erging es ähnlich: Sie verloren ihre Sendeplätze. Dazu Guillaume Durand: „Rémy Pflimlin gehorcht dem Élysée wie ein Präfekt aus der Provinz.“ Pflimlin holte dann Thierry Thuillier (als Nachfolger von Arlette Chabot) und Pierre Sied (als neuen Directeur général bei France 3), zwei gute Bekannte des Präsidenten. Dazu Pflimlin seinerzeit im Interview mit Libération am 4. Mai 2011: „Es stimmt, es wird immer diesen Verdacht geben, deshalb halte ich Abstand (...) Ich habe nie mit Nicolas Sarkozy zu Mittag oder zu Abend gegessen. Ich sieze ihn, er siezt mich.“

Bereits im Herbst 2011 wird Kritik an Pflimlin laut, ein Jahr nach seinem Amtsantritt, nach seiner ersten rentrée als PDG von France Télévisions und mit Zuschauerzahlen „im freien Fall“. Viel zu sehr habe er auf Wandel und Erneuerung gesetzt (mit insgesamt 50 neuen Programmen auf seinen diversen Sendern), und zu viele alte, vertraute Moderatoren abgesetzt. Ende 2012 hat sich an dieser Einschätzung nichts geändert. Über Pflimlin, der von sich selbst sagt: „Je suis un chef d’entreprise, je ne suis pas un show man“, heißt es jetzt: Er ändert sein Programmschema alle zwei Monate. Die neuen Sendungen aber erweisen sich in der Regel als Fiasko und haben dann jeweils noch weniger Zuspruch als die Vorgänger.

Und jetzt ist das Kapitel Sarkozy Vergangenheit. Es ist klar, dass es nicht einfach so weitergehen kann. Sarkozys skandalumwitterte Medienreform von 2009 wird grundlegend überarbeitet. Der Aufschrei, der damals europaweit durch die Medien ging („Berlusconisierung“, „wie in Nordkorea“), bezog sich vor allem auf den Teil des Gesetzes, der die Exekutive, sprich den Präsidenten, zum alleinigen Entscheider über die Ernennung (und Abberufung) der Indendanten der öffentlich-rechtlichen Medienhäuser machte. Mit dieser „politischen Tollheit“ (Le Point) wird bald Schluss sein. Ein neues Gesetz soll kommen, ein Gesetzesvorschlag, der, wie man aus dem Kulturministerium hört, schon seit Juli 2012 vorliegt. Wie dem auch sei, der CSA (Conseil national de l’audiovisuel), französische Medienaufsicht und zentrale Regulierungsbehörde, und eine parlamentarische Wahl mit qualifizierter Mehrheit sollen dann die „Depolitisierung“ der Nominierungen garantieren. Rémy Pflimlin muss sich also Sorgen machen bzw. noch einmal von vorne anfangen. Der sozialistische Abgeordnete Patrick Bloche, Vorsitzender der „Commission des Affaires culturelles“ in der Nationalversammlung und seit Juli 2012 im Verwaltungsrat von France Télévisions, macht deutlich: „Rémy Pflimlin wird wohl sein Amt unterbrechen und sich beim reformierten CSA neu bewerben müssen.“

Geschäftsbereiche

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Unter dem Dach der France Télévisions-Holding sind sämtliche öffentliche TV-Sender Frankreichs gruppiert (29,9% Marktanteil der gesamten Gruppe 2011), von der altehrwürdigen chaîne généraliste, dem öffentlich-rechtlichen Flaggschiff France 2 (14,9% Marktanteil 2011), dem stärker regional orientierten France 3 (9,7%), bis zum Kultur- und Bildungskanal France 5 (3,3%), die alle terrestrisch empfangbar sind. Dazu die über Kabel, Satellit und französischem DVB-T (TNT) verbreiteten Sender France 4 (zuvor „Festival“), dem erfolgreichen Spielfilm-, Serien-, Comedy- und Musiksender (Zielgruppe: 15-34, 2% Marktanteil), und France Ô (mit Programmen aus den Übersee-Territorien), seit dem 14. Juli 2010 über das digitale Antennenfernsehen TNT auch in Frankreich empfangbar.

Ein Wort zu RFO (Réseau France Outre-mer): Die TV- und Radio-Sendergruppe in den französischen Überseegebieten, die unter diversen Bezeichnungen seit 1954 existierte, wurde mit Wirkung vom 30.10.2010 umbenannt in Réseau Outre-Mer 1ère. Über das jetzt auch u.a. auf La Réunion, Martinique, Guadeloupe, Neukaledonien und Französisch-Guayana verfügbare TNT sendet Outre-Mer 1ère die neun lokalen Übersee-Kanäle und mehr aus dem Hause France Télévisions (France 2 bis 5, Arte).

Weiterhin hält France Télévisions u. a. Anteile an den Sendern Arte France (45% und darüber 50% an Arte), TV5 Monde (47,5%) sowie an den Spartenkanälen Mezzo (40% FTV, 60% Lagardère), Planète Thalassa (34% FTV, 66% Canal+), Planète Justice (34% FTV, 66% Canal+), Gulli (Kinderprogramm, 34% FTV, 66% Lagardère) und EuroNews. Dazu kommen weitere Tochterunternehmen aus den Bereichen Werbung (FTP France Télévisions Publicité), Rechtevertrieb (France Télévisions Distribution) und Filmproduktion (France 2 Cinéma, France 3 Cinéma).

Engagement in Deutschland

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Die Aktivitäten von France Télévisions beschränken sich auf Frankreich und die angeschlossenen Territorien in Übersee. Das Unternehmen hält keine ausländischen Beteiligungen.

Aktuelle Entwicklung

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Das Erste, was der neue Präsident François Hollande der staatseigenen Mediengruppe France Télévisions verschaffte, waren: sehr gute Einschaltquoten. Sowohl am Abend des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen 2012, als auch beim großen Duell zwischen Sarkozy und Hollande zwischen den Wahlgängen und am Abend des zweiten und entscheidenden Wahlgangs hatte France 2 – verglichen mit der privaten Konkurrenz von TF1 – deutlich mehr Zuschauer. Sensationell.

Trotz dieses Quotenerfolgs aber ist die Stimmung gedrückt, die Prognosen verheißen nichts Gutes. Denn France Télévisions sieht sich quasi mit einer zweifachen Krise konfrontiert: Die Werbeeinnahmen werden 2013 voraussichtlich um 91 Mio. Euro sinken, und die staatlichen Zuwendungen werden um 36 Mio. Euro geringer ausfallen (Zahlen, die am 21.12.2012 bekannt gegeben wurden). Anders gesagt: Seit Sarkozys Medienreform vom März 2009, also seit der Abschaffung von Werbung nach 20 Uhr und der Einführung von staatlichen Kompensationszahlungen, sieht sich France Télévisions den Anpassungen des Staatsbudgets ausgesetzt bzw. muss auch die staatliche Senderholding einen Beitrag zur „Sanierung der öffentlichen Finanzen“ leisten und zukünftig mit weniger auskommen. Zwar will man Einsparungen in Höhe von 60 Mio. Euro erzielen (wohl in erster Linie beim Personal und mit Wiederholungen), von einem Defizit (perte opérationelle) von 42 Mio. Euro geht man für 2013 dennoch aus. Pflimlin muss sparen, oder wie er selbst sagt: „Maßnahmen zur Anpassung“ sind erforderlich. „C’est mission impossible pour Rémy Pflimlin“, heißt es bei der privaten Konkurrenz. Im Wirtschaftsmagazin Le Point spricht man von einer „dramatischen Situation“.

Eine Wiedereinführung von Werbung nach 20 Uhr, die die angespannte Finanzlage ja ein wenig entschärfen könnte, und über die ein Staatsminister im Finanzministerium schon im August 2012 spekuliert hatte, wird es nicht geben. Die Kultur- und Medienministerin Aurélie Filipetti erteilte der Sache am 24.8. eine resolute Absage. Diese Initiative sei nicht mit der Regierung abgesprochen. Im übrigen sei sie als Medienverantwortliche nicht nur für Budgetprobleme des öffentlichen Rundfunks zuständig. Vielmehr gehe es darum, die Aufgaben und Pflichten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu überdenken. Keine Änderung also bei der Werbefreiheit. Auch das Thema Fernsehgebühren bleibt virulent. Möglich scheinen hier eine Ausweitung der Rundfunkgebühren auf Zweitwohnsitze (die jährlich etwa 400 Mio. Euro bringen würde) und/oder eine weitere Gebührenanhebung, nachdem der Beitrag in Frankreich bereits 2012 um monatlich sechs Euro (auf jährlich 131 Euro) erhöht wurde. Hier liegt Frankreich noch deutlich unter dem Niveau der Nachbarländer (175 Euro in Großbritannien und 215 Euro in Deutschland).

À propos Aurélie Filipetti: Am 12.12.2012 sorgt die zuständige Ministerin für Aufsehen, als sie in einem Radiointerview deutliche Worte an Generaldirektor Rémy Pflimlin richtet. Öffentlich stellt sie Pflimlins Strategien infrage (besonders hinsichtlich der Programmplanung), sie sagt: „Man kann sich nicht immer hinter Budget-Schwierigkeiten verschanzen“. Äußerungen, die von der Presse als „erstaunlich“ qualifiziert werden. Le Monde bringt es auf den Punkt: Die Konzernspitze von France Télévisions findet sich „zwischen Hammer und Amboss“ wieder, zwischen Finanzministerium (das weitere Einsparungen fordert) und Kultur-/Medienministerium (das, wie schon gehört, die Sendergruppe an ihre „öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Pflichten“ erinnert). Eine Lösung des Dilemmas scheint „illusorisch“. Am 18.12.2012 reagieren die Gewerkschaften auf die offensichtlich problematische Gesamtlage mit einem 24-stündigen Streik, vor allem auf France 3 kommt es zu erheblichen Programmausfällen.

All dieser trüben Aussichten zum Trotz können die am 2.1.2013 veröffentlichten Zuschauerzahlen für das Gesamtjahr 2012 versöhnlich stimmen. Erstmals seit über zehn Jahren verzeichnen sämtliche Konzernsender steigende oder zumindest stabile Marktanteile. Insgesamt kommt France Télévisions auf einen Zuschaueranteil von 30,3% (ein Plus von 0,4%).