100. Twitter

Umsatz 2014: $ 1,403 Mrd. (€ 1,056 Mrd.)

Überblick

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Weltweit erfolgreicher Mikroblogging-Dienst, auf Platz fünf der meistbesuchten Websites (Oktober 2023), auf dem man Beiträge mit maximal 280 Zeichen veröffentlichen kann (früher „Tweets“, jetzt „Posts“), mit täglich rund 240 Millionen Nutzern (2022). Im Oktober 2022 hat der reichste Mensch überhaupt (Elon Musk, laut Forbes im Februar 2024 241,6 Milliarden US-Dollar wert) Twitter für 44 Milliarden Dollar übernommen und umbenannt in X. Seitdem scheint ein ziemliches Chaos bei X/Twitter zu herrschen: „Obwohl Musk der reichste Mann der Welt ist: Kaum etwas, was er seit dem Kauf von Twitter dort getan hat, sieht nach gutem Geschäftssinn aus.“ (Guardian, 22.11.2022)

Ein aktualisiertes, vollständiges Konzernporträt erscheint in Kürze.

Basisdaten

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Hauptsitz:
1355 Market Street
San Francisco, CA 94103
USA
Telefon: 001 415 222 9670
Website: twitter.com

Branche: Microblogging-Dienst
Rechtsform: Aktiengesellschaft (delisted)
Geschäftsjahr: 01.01-31.12.
Gründungsjahr: 2006

Ökonomische Basisdaten (in Mio. US-$)

http://www.twitter.com

202220212020201920182017
Umsatz4.7305.0773.7163.4593.0422.443
Gewinn (Verlust)--(221)(1.136)1.4661.206(108)
Aktienkurs (Jahresende, in $)--43,2254,1531,5229,9524,01
Beschäftigte1.3007.5005.5004.9003.9203.372

Geschäftsführung

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Management (2021):  

  • Parag Agrawal, CEO
  • Ned Segal, CFO
  • Vijaya Gadde, Chief Legal Officer and Secretary
  • Leslie Berland, Chief Marketing Officer
  • Kayvon Beykpour, GM of Consumer
  • Dalana Brand, Chief People and Diversity Officer
  • Nick Caldwell, GM of Core Tech
  • Bruce Falck, GM of Revenue
  • Lindsey Iannucci, Chief of Staff and VP of Operations
  • Sarah Personette, Chief Customer Officer

 
Board of Directors (2021):

  • Parag Agrawal, CEO
  • Mimi Alemayehou, Senior Vice President for Public-Private Partnership at Mastercard
  • Jack Dorsey, Former CEO and Co-Founder, Twitter
  • Egon Durban, Co-CEO Silver Lake
  • Martha Lane Fox, Founder and Chairperson, Lucky Voice Group Ltd.
  • Omid Kordestani, Former Executive Chairman, Twitter
  • Dr. Fei-Fei Li, Professor, Stanford University
  • Patrick Pichette, General Partner, Inovia Capital
  • David Rosenblatt, CEO, 1stdibs.com
  • Bret Taylor, Vice Chair of the Board and Co-Chief Executive Officer of
    Salesforce.com, Inc.
  • Robert Zoellick, Former Chairman of the Board of Directors, AllianceBernstein Holding L.P.

Geschichte

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„Just setting up my twttr“. So lautete die erste Kurznachricht, die am 21. März 2006 über das Twitter-Netzwerk gesendet wurde und nicht weniger als eine Revolution moderner Kommunikation auslöste. Twitter wurde gemeinsam von den Programmierern Noah Glass, Jack Dorsey und Biz Stone sowie dem Internet-Entrepreneur Evan Williams entwickelt. Glass, der gemeinsam mit dem deutschen Programmierer Florian Weber maßgeblich für die Konzeption und Umsetzung des Projekts war, wurde 2007 aufgrund von persönlichen Differenzen mit Williams gefeuert und aus der offiziellen Unternehmensgeschichte entfernt. Die Twitter-Gründer arbeiteten ursprünglich an einem Podcasting-Portal namens Odeo, doch die Konkurrenz von Apples iTunes Store sowie die Erkenntnis, dass sie selbst überhaupt kein Interesse an dem Medium hatten, bewog sie zum Umdenken.

Sie bemerkten, dass sie immer mehr Zeit mit einem Tool verbrachten, das es ermöglichte, Anrufe an eine zentrale Telefonnummer zu tätigen, die dann in MP3-Aufnahmen auf einer Webseite umgewandelt wurden – die ursprüngliche Idee, aus der Twitter entstehen sollte. 2006 wurde diese Idee modifiziert. Nun bestand das Konzept darin, eine SMS an eine zentrale Nummer zu schicken, die daraufhin online an alle Freunde weitergeleitet wurde. Im Web 2.0-Jargon bedeutete dies einen Strategiewechsel von „podcast“ zu „status“. Als Name setzte sich in Anlehnung an das Foto-Sharing-Portal Flckr der Name „twttr“ gegen Vorschläge wie „FriendStalker“ oder „Dodgeball“ durch.

Welches Potential Twitter als Kommunikations- und Nachrichtenmedium hatte, wurde erstmals im August 2006 deutlich, als ein kleineres Erdbeben San Francisco heimsuchte. Die Nachricht über die Katastrophe verbreitete sich in Echtzeit unter den damals wenigen tausend Twitter-Usern, während andere Nachrichtenmedien erst mit Verspätung darüber berichteten. Im darauffolgenden Herbst wurde Twitter (immer noch als Teil von Odeo) den Investoren des Unternehmens vorgestellt. Die interessierten sich jedoch kaum für die Idee und zogen sich komplett aus Odeo/Twitter zurück, indem sie Gründer Evan Williams ihre Anteile für fünf Millionen US-Dollar verkauften. Fünf Jahre später hatten diese Anteile ihren Wert tausendfach gesteigert. Was manche der frühen Investoren schlecht über Williams sprechen ließ: Dieser hätte die Investoren getäuscht, indem er das wahre Potenzial von Twitter heruntergespielt und den Rückkauf der vermeintlich wertlosen Anteile als noblen Akt verkauft hätte.

Nach Rückkauf der Anteile benannte Williams Odeo in Obvious Corp. um und machte sich 2008 zum CEO von Twitter. Wie er richtig spekuliert hatte, zahlte es sich in den kommenden Jahren aus, mehrheitlicher Anteilseigner von Twitter zu sein. Die Nutzerzahlen explodierten: Von 2006 bis 2011 stieg die Anzahl der Twitter-Konten von 5000 auf mehr als 100 Millionen. Wie wichtig Twitter als politisches Kommunikationstool wurde, zeigte sich besonders 2009, als die US-Regierung das Twitter-Management bat, Wartungsarbeiten an seinen Servern zu verschieben. Um die über Twitter gesteuerten Studentenproteste gegen eine manipulierte Wahl im Iran nicht zu gefährden.

Angesichts dieses Wachstums zeigte sich Evan Williams zunehmend überfordert und installierte 2009 den erfahreneren Richard „Dick“ Costolo als neuen CEO. Costolo war es dann, der die Strategie für Monetarisierung entwickelte. Das Geschäftsmodell besteht seitdem darin, Anzeigen als gesponserte Posts in den Feeds oder unter den beliebtesten nach Themen geordneten Tweets („trending topics“) zu platzieren. Costolos Idee war auch, dass Twitter als Informationsnetzwerk auftreten sollte, anstatt als „Social Community“. Twitters Firmenphilosophie („Be a force for good“) reflektierte so die vermeintlich wichtige Rolle, die sozialen Netzwerken in Bezug auf die Umwälzungen des Arabischen Frühlings zugesprochen wurde. Mit der Integrierung von Video Live Streaming dann wollte Twitter sich in der sich rasch wandelnden „Social-Media“-Welt behaupten.

Der Börsengang 2013 brachte Twitter (Tickerkürzel TWTR) mehr als eine Milliarde Dollar ein. Nach einem guten Start brach der Aktienkurs 2014 jedoch massiv um 42 Prozent ein. Grund waren langsam wachsende Nutzerzahlen; auch war die regelmäßige Nutzung der registrierten User rückläufig. Durch die Integrierung von Twitter in das TV-Ökosystem sollten dann mehr Gewinne eingefahren werden. Mit dem Media-Planungsriesen Starcom wurde schon im April 2013 ein millionenschwerer Werbedeal eingefädelt, der Twitter-Anzeigen mit TV-Content verknüpfte. 2014 folgte ein ähnlicher Vertrag mit Omnicom. Ähnlich gelagert ist das Werbe-Tool Twitter Amplify, dem sich unter anderem Time Inc., Discovery Communications, Condé Nast, Bloomberg oder auch Comcast angeschlossen hatten. Mit Microsofts Suchmaschine Bing wurde zudem eine Kooperation für die automatische Übersetzung von Tweets eingefädelt.

Da immer mehr Zuschauer per Smartphone oder Tablet in sozialen Netzwerken aktiv waren, konnte eine Nielsen-Studie im Juni 2013 behaupten, dass Twitter-Aktivitäten die Einschaltquoten von TV-Serien in die Höhe trieben. Als Beispiel wurde die ABC-Serie „Scandal" angeführt, die sich aufgrund von Twitter-Diskussionen von einem Format mit mäßigem Erfolg zu einen Quoten-Hit entwickelte. In Zeiten, in denen klassisches, lineares Fernsehen Zuschauer verliert, wird Twitter von Experten zunehmend als Rettungsanker betrachtet. Content-Anbieter wollen deshalb im Rahmen von „Second-Screen“-Aktivitäten mit Twitter kooperieren. Auch für den Musikmarkt wurde Twitter dann immer bedeutender. Nachdem Twitters hauseigene Musik-App von den Nutzern nicht angenommen wurde, spezialisierte man sich auf die Auswertung der Musikpräferenzen der User.

Während der COVID-19-Pandemie 2020 ging es für Twitter beträchtlich bergauf. Gleichzeitig wurde die Plattform zunehmend für Fehlinformationen im Zusammenhang mit der Pandemie genutzt. Twitter begann daraufhin, Tweets mit irreführenden Informationen zu markieren. Im Mai 2020 wurden zwei Tweets von US-Präsident Donald Trump als „potenziell irreführend" markiert. Später wurde Trump komplett gesperrt mit der Begründung, er habe gegen die „Richtlinie zur Verherrlichung von Gewalt" verstoßen. Das wurde von Konservativen und einigen europäischen Politikern kritisiert, die darin einen Eingriff in die Meinungsfreiheit sahen.

Management

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Ende November 2021 hatte der Inder Parag Agrawal, geboren 1984 in Rajasthan, den CEO-Posten von Twitter als Nachfolger von Jack Dorsey übernommen. Agrawal hatte 2011 als Softwareingenieur bei Twitter angefangen, stieg 2017 auf zum Chief Technology Officer (CTO). Ende Oktober 2022 allerdings wurde ihm gekündigt. Elon Musk, zweitreichster Mensch der Welt (laut Forbes Ranking 2022), hatte Twitter übernommen und sich gleich mit Agrawal überworfen. Laut Handelsblatt veröffentlichte Musk ein manipuliertes Foto, bei dem der Kopf von Agrawal auf ein Bild von Diktator Josef Stalin gesetzt worden war. Danach kündigte Musk „signifikante Verbesserungen für Twitter innerhalb der kommenden Monate“ an. Am 27. Oktober 2022 mussten Agrawal, Finanzvorstand Ned Segal und Chief Legal Officer Vijaya Gadde gehen. Allerdings mit einem „golden handshake“: CEO Agrawal erhielt laut SEC eine Abfindung in Höhe von 65 Millionen Dollar, CFO Segal 66 Millionen und Vijaya Gadde 74 Millionen Dollar.

 

Geschäftsfelder

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Twitter betreibt hauptsächlich den gleichnamigen Mikroblogging-Dienst: ein soziales Netzwerk, eine Kommunikationsplattform für Privatpersonen, Organisationen, Unternehmen und Massenmedien zur Verbreitung von kurzen Textnachrichten mit bis zu 280 Zeichen bzw. 4000 Zeichen in der Bezahlversion, sowie Bilder und Videos. Im Gegensatz zu Facebook steht hier nicht der Kontakt mit Bekannten im Vordergrund. Im Januar 2010 wurde „tweet“ von der American Dialect Society zum Wort des Jahres 2009 gewählt.

Aktuelle Entwicklungen

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Aktuelle Entwicklungen bei Twitter haben einen Namen: Elon Musk. Täglich finden sich weltweit Schlagzeilen über den Unternehmer (geboren am 28.06.1971, mit südafrikanischer, kanadischer, seit 2002 auch US-amerikanischer Staatsbürgerschaft), aktuell zweitreichster Mensch der Welt mit einem Vermögen in Höhe von etwa 185 Milliarden US-Dollar.

Musk, auch u.a. bekannt als CEO und prägende Figur des Elektroauto-Herstellers Tesla, als Gründer und Haupteigentümer des Raumfahrtunternehmens SpaceX, übernahm Twitter im Oktober 2022, nach vielen Kontroversen, für 44 Milliarden US-Dollar. Einer der größten Deals überhaupt zur Privatisierung eines Unternehmens. Und laut Experten eine der am meisten überbezahlten Tech-Akquisitionen der Geschichte. Ein realistischer Wert für die Plattform dürfte bei etwa 25 Milliarden Dollar liegen. Nach der Übernahme durch Musk wurde Twitter dafür kritisiert, zunehmend Hassreden zuzulassen und für Massenentlassungen. Es läuft nicht gut. Es scheint, laut Spiegel am 14.12.2022, dass Twitter seit Wochen keine Miete zahlt. Gleichzeitig zerstört Elon Musk den guten Ruf, den Tesla in Deutschland hatte. Der US-Elektroautofabrikant rangiert nun auf dem letzten Platz hinter VW, BMW, Opel und anderen.

Laut Neue Zürcher Zeitung am 21.12.2022 hat Musk jetzt gesagt, er werde als CEO von Twitter zurücktreten, sobald er einen Nachfolger gefunden hat. Zuvor hatte er eine Umfrage über seine Zukunft als Twitter-Chef verloren. Nutzer sprachen sich mit 57,5?Prozent Ja-Stimmen zu 42,5?Prozent Nein-Stimmen dafür aus, dass Musk sein Amt abgibt.