16. The Hearst Corporation

Umsatz 2013: $ 10,000 Mrd. (€ 7,530 Mrd.)

Überblick

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Hearst wurde 1887 gegründet und gilt heute als ältester Medienkonzern der Welt. Aus Tradition bildet der Zeitungs- und Zeitschriftensektor das Hauptgeschäftsfeld, wobei heute stark auf die Verzahnung mit Internetangeboten gesetzt wird. Die Mehrfachverwertung von Inhalten sowie das Anbieten von Special Interest-Publikationen bilden die beiden Hauptpfeiler der Strategie. Weitere Tätigkeitsfelder des US-Konzerns liegen im Fernseh- und Radiobereich, in der Produktion und der Distribution. Auch die Ratingagentur FitchRatings (New York) befindet sich seit 2018 im Besitz der Hearst Corporation.

Basisdaten

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Hauptsitz:
300 West, 57th Street
New York, N.Y. 10019
Telefon: 001 212 6492000
Website: hearst.com

Branche: Fernsehsender, TV-Produktion, Zeitungen, Zeitschriften, Ratingagentur
Rechtsform: Private Company
Geschäftsjahr: 01.01 - 31.12
Gründungsjahr: 1887

Ökonomische Basisdaten*
2022202120202019201820172016
Umsatz (in Mrd. US-$) 1211.511.511,511,410,810,8
Mitarbeiter24.00024.00024.00024.00020.00020.00020.000

* Schätzungen; Hearst als Privatunternehmen ist nicht zur Veröffentlichung aktueller Geschäftszahlen verpflichtet.

Geschäftsführung

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Geschäftsführung:

  • Steven R. Swartz, President & CEO, Hearst
  • William Hearst III, Chairman of the Board, Hearst
  • Frank A. Bennack, Jr., Executive Vice Chairman, Hearst
  • Mark E. Aldam, Executive Vice President, Chief Operating Officer, Hearst
  • Eve Burton, EVP & Chief Legal Officer, Hearst
  • Richard P. Malloch, EVP, Hearst Business Media, Hearst
  • Mitchell Scherzer, EVP & Chief Financial Officer, Hearst
  • James M. Asher, SVP, Chief Development Officer, Hearst
  • Katharine Barnett, SVP, Human Resources, Hearst
  • Michelle P. Bennett, Senior Vice President, Talent Development, Hearst
  • Frank Biancuzzo, EVP, Hearst Television

Geschichte

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Der Bauernsohn George Hearst (1820-1891) machte sich 1850 von Missouri auf nach Kalifornien, wo er einige der ertragreichsten Gold- und Silberminen Amerikas entdeckte und einer der reichsten Männer der USA wurde. 1880 kaufte Hearst die Tageszeitung „San Francisco Examiner" als publizistische Unterstützung für seine politische Karriere, 1886 ging er als Senator nach Washington. Die Zeitung machte Verlust und interessierte ihn kaum; er behielt sie eigentlich nur, um zu gegebenem Anlass ein Sprachrohr zu besitzen. Erst sein Sohn William Randolph (1863-1951), die Hauptinspiration für die Figur des Charles Foster Kane, Protagonist von Orson Welles‘ Kino-Meisterwerk „Citizen Kane“ (1941), machte das Unternehmen zu einem Medienkonzern. Bevor er die Zeitung seines Vaters im Sommer 1887 übernahm, sah sich Hearst Jr. zwar in den größeren Redaktionen an der Ostküste um, doch hat er, entgegen eines hartnäckigen Gerüchts, selbst nie als Reporter für Joseph Pulitzers „New York World“ gearbeitet.

Vom „Examiner“ aus baute Hearst Jr. das weltweit größte Medienimperium auf. Nach dem Kauf mehrerer Zeitungen investierte er 1918, mitten in einer der schlimmsten Zeitungskrisen der US-Geschichte, in das Filmgeschäft und gründete ein eigenes Studio. Nachdem Charlie Chaplins „United Artists“ eine Partnerschaft ausschlugen, fand er in dem Ungarn Adolph Zukor einen kongenialen Partner für seine Produktionsfirma mit dem Namen „Cosmopolitan Productions“. Der Name Hearst und die Filmfigur Citizen Kane gelten seither als Synonym für den Typus des aggressiven, machtsüchtigen Medienmoguls.

Die Auflagenzahlen steigerte Hearst durch Freiexemplare und den größten, plakativsten Überschriften der gesamten Westküste. Neben Pulitzer gilt Hearst als Erfinder des sogenannten „yellow journalism", dessen Erfolg auf dem Zuspitzen von Meldungen beruhte, auf Emotionalisierung und Skandalisierung. Legendär ist Hearsts Briefwechsel mit dem Illustrator Frederic Remington, den er 1898 nach Kuba schickte, damit dieser den erwarteten Ausbruch des Krieges zwischen Spanien und den USA illustrierte. Remington fand nach seiner Ankunft in Havanna alles ruhig und friedlich vor und schickte folgendes Telegramm: "Alles ruhig hier. Es gibt keinen Krieg. Möchte zurück". Angeblich kabelte Hearst darauf: "Bitte bleib. Du sorgst für die Bilder. Ich sorge für den Krieg“. Wenig später explodierte tatsächlich das Kriegsschiff USS Maine (wofür Hearst allerdings nichts konnte). Remington lieferte die Bilder, Hearst machte Auflage.

Hearst setzte seine Blätter bedenkenlos für seine politischen Ambitionen ein, im Stil eines barocken Monarchen regierte er sein Medienreich von Castle San Simeon aus, einem riesigen Landsitz an der Westküste, wo er mit seiner Geliebten residierte. Er war ein leidenschaftlicher Kunst- und Antiquitätensammler, wovon das heute öffentlich zugängliche Castle San Simeon zeugt. Der Privatmann zählt sicher zu den größten Geldverschwendern der modernen Industriegeschichte.

Im Jahr 2000 zwang das Kartellamt das Unternehmen, das Traditionsblatt des „San Francisco Examiner" zu verkaufen. Die Hearst Corp. habe, so die Kartellwächter, mit dem Erwerb des Konkurrenzblattes „San Francisco Chronicle“ in der Region eine Monopolstellung eingenommen. Eine Fusion der beiden großen Zeitungen wurde dadurch unmöglich, was dazu führte, dass die US-Zeitungskrise beide Blätter voll erfasste und an den Rand der Insolvenz führte.

Während vor fünfzig Jahren Printprodukte 77 Prozent zum Umsatz beitrugen, sind es heute weniger als fünfzehn Prozent. Was an Printtiteln geblieben ist, ist das Resultat einer strategisch falschen Entscheidung von 2006. Damals kaufte Hearst eine Reihe von Zeitungen vom Konkurrenten MediaNews. Neben dem Traditionsblatt „Connecticut Post“ waren das „The Darien News-Review“, „The Greenwich Citizen“, „Fairfield Citizen-News“, „New Canaan News-Review“, „New Milford Spectrum“, „Norwalk Citizen News“, „Westport News“ sowie „The Stamford Advocate”, „Greenwich Time” und „The News-Times of Danbury”. Über den Kaufpreis und eventuelle Konsequenzen für die Belegschaften der Zeitungen wurde zunächst nichts bekannt. Doch trotz des frischen Geldes von Hearst stand die MediaNews Group Inc. im Dezember 2008 vor dem Zusammenbruch. Als größter Anteilseigner musste Hearst dann für den Großteil der Kredite einstehen.

Traditionell hat das Medienhaus notleidende Blätter über andere Projekte solange finanziert, bis der Sanierungsprozess abgeschlossen war. Ende 2008 stellte sich aber heraus, dass diese Geschäftspolitik zu einer Falle geworden war. MediaNews ging in die Insolvenz und bescherte Hearst einen Verlust von mindestens 155 Millionen US-Dollar. Dieser Deal trug vermutlich mit dazu bei, dass der Vorstandsvorsitzende Victor F. Ganzi 2008 gehen musste und der fast legendäre Frank A. Bennack, der das Unternehmen zwischen 1979 und 2002 führte, aus dem Ruhestand zurückgerufen wurde. Dabei war Ganzi geholt worden, um den Übergang in das digitale Zeitalter zu bewerkstelligen. Bennack galt als zu alt dafür.

In den 1980er Jahren erwarb Hearst Corp. drei TV-Stationen und 1991 20 Prozent am Sport-Kabelnetz ESPN. Seit Mitte der 1980er gehören Magazinverlage wie Esquire und Redbook zum Portfolio. Dazu kamen mehrere Wirtschafts- und Branchendienste. Durch die Zusammenlegung der TV-Sparte mit Argyle Television kontrolliert Hearst heute fast drei Dutzend lokale TV-Stationen in den USA. Im Herbst 2009 nutze Hearst die Krise, kaufte alle frei handelbaren Aktien von Argyle und nahm den Unternehmensteil von der Börse. Hearst hatte den Aktionären im Sommer 2007 schon einmal ein Angebot gemacht, damals für knapp 23 Dollar je Aktie. Die Aktionäre lehnten das Angebot ab, weil sie es für zu niedrig hielten. Zwei Jahre später kaufte Hearst die Anteile für 4,50 Dollar pro Stück. Seit den letzten großen Akquisitionen im TV-Geschäft allerdings scheint die Hearst-Geschäftspolitik gewissermaßen etwas beliebig. Hearst ist zu einem Beteiligungsunternehmen und Kooperationspartner geworden. Es hält zahlreiche Minderheitsbeteiligungen an Start-Up Unternehmen und Technologie-Firmen, die an der Zukunft der Internet-Publizistik arbeiten.

2003 begann der Bau der neuen 500 Millionen US-Dollar teuren Zentrale, eines spektakulären Glasaufbaus auf das bestehende sechsstöckige Hearst-Gebäude am Manhattaner Columbus Circle (von 1928). In dem 46-stöckigen Haus des Londoner Architekten Norman Foster arbeiten seit Sommer 2007 alle 2.000 Hearst-Mitarbeiter in New York, die vorher auf fünf Standorte verteilt waren. Dass Hearst auch solche Summen nicht durch Kredite finanzieren muss, zeigt die Finanzkraft des familiengeführten Unternehmens.

Im April 2018 erwarb Hearst für 2,8 Milliarden Dollar die restlichen 20 Prozent an Fitch – eine der drei großen US-Ratingagenturen (mit Moody’s und Standard & Poor’s). Im Finanzbereich konnte man 2018 auch außergewöhnliche Leistungen verzeichnen, so Hearst-CEO Steven Swartz in seinem Jahresrückblick Anfang 2019. Mit Software und Finanzdaten erwirtschaftete man ein Drittel des Konzerngewinns.  

Alles in allem war 2018 ein Rekordjahr mit einem Umsatz von 11,4 Milliarden. Lukrativster Geschäftsbereich bleibt das TV-Geschäft. Positiv und vielversprechend werden die Vorhaben der Walt Disney Company (mit der man die Senderketten ESPN und A&E gemeinsam betreibt) bewertet, ESPN- und A&E-Inhalte über eigene Streaming-Plattformen zu vertreiben. Und gegen den Trend bleiben sogar die Printmagazine profitabel. Men’s Health, Women’s Health und Runner’s World wurden 2018 dem Hearst-Portfolio hinzugefügt.

Management

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CEO Steven Swartz begann seine Karriere als Journalist beim Wall Street Journal, wo er schnell zum leitenden Redakteur aufstieg. Er gründete das Wirtschaftsmagazin Smart Money, ehe er ins Management von Hearst wechselte und sich dort bis zum Chief Operating Officer hocharbeitete. 2013 dann übernahm er den CEO-Posten.

Frank A. Bennack, Jr., heute Executive Vice Chairman, war Hearst-CEO von 1979 bis 2013. Während einer Auszeit von 2002 bis 2009, als sein langjähriger Vertrauter Victor Ganzi als CEO einsprang, managte er die New York City Opera. Bennack war nach dem legendären William Randolph Hearst (1863-1951) der am längsten amtierende, wichtigste Unternehmens-Chef von Hearst. Unter ihm kaufte Hearst Redbook und Esquire, und gründete zusammen mit ABC den History Channel, Lifetime und A&E. Als Vorsitzender stand ihm George Randolph Hearst zur Seite, Enkel des Firmengründers, der nach über 40 Jahren im Unternehmen im Sommer 2012 im Alter von 84 Jahren verstarb.

Geschäftsfelder

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Hearst ist in neun Geschäftsbereiche unterteilt, darunter:

-       Broadcasting: Hearst Television ist ein Multimedia-Unternehmen mit über 30 TV- und Radio-Sendern, die über 70 Kanäle jeden fünften Haushalt in den USA erreichen – überwiegend an der Ostküste, in den Südstaaten und Kalifornien. Der Bereich produziert Nachrichten, Wetter-, Sport- und Unterhaltungsprogramme für jede verfügbare Plattform.

-       die Entertainment & Syndication-Sparte umfasst diverse Beteiligungen an TV-Sendern wie ESPN (20 Prozent) und A&E Networks (50 Prozent; A&E hält wiederum einen zehn-prozentigen Anteil an Vice Media) und Produktionsfirmen wie NorthSouth Productions.

-       Magazines: einer der weltweit größten Herausgeber von Zeitschriften, mit fast 250 Publikationen und 200 Websites auf der ganzen Welt. Zu den Wichtigsten gehören hier Cosmopolitan, ELLE, Esquire, Harper's Bazaar, Men’s Health, Car and Driver, Country Living, HGTV.

-       Tageszeitungen: 24 Tageszeitungen und 52 Wochenzeitungen wie beispielsweise The Advocate (Stamford), Albany Times Union, Beaumont Enterprise, Connecticut Post, Edwardsville Intelligencer, Greenwich Time, Houston Chronicle, Huron Daily Tribune, Laredo Morning Times, Midland Daily News, Midland Reporter-Telegram, The News-Times (Danbury, Connecticut), Plainview Daily Herald, San Antonio Express-News, San Francisco Chronicle.

-       Fitch Group, eine der „großen drei Ratingagenturen“ (neben Moody’s und Standard & Poor’s). Am 5. Mai 2021 wurde bekannt, dass die Fitch Group den unabhängigen Kreditmarktbeobachter CreditSights übernimmt.

        Der Geschäftsbereich Ventures umfasst diverse Risikokapital-Investments, für die Hearst bisher rund eine Milliarde Dollar ausgegeben hat. Dazu zählen Investitionen in über 20 Start-Ups.

Aktuelle Entwicklungen

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Zwar konnte Hearst zu Beginn der Corona-Epidemie Kündigungen vermeiden. Anfang Mai 2021 aber kam man nicht umhin, den „Magazines“-Mitarbeitern im Bereich Vertrieb und Marketing freiwillige Barabfindungsangebote zu machen. Man hofft, 600 bis 2200 Angestellte nehmen das Angebot an, und dass sich so betriebsbedingte Kündigungen vermeiden lassen. Redakteure/Redakteurinnen sind nicht betroffen.

Ansonsten ist das Gesamtjahr 2021 für Hearst sehr zufriedenstellend verlaufen, wie CEO Steven R. Swartz in seinem am 02.02.2022 veröffentlichten Jahresrückblick feststellt. Zwar ist, wie erwähnt, Hearst als Privatunternehmen nicht verpflichtet, Geschäftszahlen bekanntzugeben. Swartz kommt trotzdem nicht umhin zu schreiben: „Durch außergewöhnlichen Einsatz sind wir unserem Auftrag treu geblieben, anderen zu dienen, denn unser Qualitätsjournalismus, unsere Analysen, Daten, Software und Unterhaltung wurden nie mehr gebraucht. Und wir wurden in vielerlei Hinsicht für unsere Arbeit belohnt, unter anderem dadurch, dass Umsatz und Gewinn einen neuen Höchststand erreicht haben.“

Literatur

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» David Nasaw: The Chief: William Randolph Hearst – The Rise
   and Fall of the Real Citizen Cane, 2002
» Jeffrey Toobin: American Heiress: The Wild Saga of the Kidnapping, Crimes and Trial of Patty Hearst, 2017
» Louis Pizzitola: Hearst over Hollywood, 2002
» Nancy Frazier: William Randolph Hearst: Modern Media Tycoon, 2001
» Nancy Whitelaw: Wiliam Randolph Hearst and the American Century, 1999

Inhalte

Institut für Medien- und Kommunikationspolitik

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