36. Wolters Kluwer nv

Umsatz 2008: € 3,374 Mrd.

Überblick

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Aus vier niederländischen Verlagen aus dem 19. Jahrhundert entwickelte sich einer der weltweit größten Wissens- und Informationsdienstleister. Die Produktpalette von Wolters Kluwer umfasst heute Informations- und Dienstleistungen in den Bereichen Medizin/Gesundheit, Steuern/Finanzwesen, Governance und Recht. Das Unternehmen ist in mehr als 40 Ländern in Europa, Nord- und Lateinamerika und Asien vertreten.

Basisdaten

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Hauptsitz: 
Zuidpoolsingel 2
Alphen aan den Rijn
Niederlande
Telefon: 0031 172 641400
Website: wolterskluwer.com/investors

Branche: Fachinformationen, Softwareentwicklung
Rechtsform: Aktiengesellschaft
Geschäftsjahr: 01.01. - 31.12.
Gründungsjahr: 1836 (Wolters Schoolbook-Verlag), 1858 (Noordhoff-Verlag), 1968 (Schoolbook und Noordhoff fusionieren), 1972 (Wolters-Noordhoff fusioniert mit der Information and Communications Union der Samson-Familie), 1987 (Kluwer und Wolters-Samson fusionieren zu Wolters Kluwer NV)

Ökonomische Basisdaten (in Mio. €)
202220212020201920182017
Umsatz 5.4534.7714.6034.6124.2594.386
Gewinn 1.027728721669656636
Aktienkurs (in €, Jahresende)97,76103,6069,0665,4051,2044,55
Beschäftigte20.50019.80019.17018.36118.60019.000
Umsätze nach Geschäftsfeldern (in Mio. €)
202220212020201920182017
Health1.4481.2341.1931.1861.1091.166
Governance, Risk & Compliance 1.3331.1391.0741.0689751.054
Tax & Accounting 1.7581.5101.4311.4131.2951.234
Legal & Regulatory 914888905945880914

Geschäftsführung

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Geschäftsführung:

  • Nancy McKinstry, CEO
  • Kevin Entricken, CFO
  • Stacey Caywood, CEO Wolters Kluwer Health
  • Karen Abramson, CEO Wolters Kluwer Tax & Accounting
  • Richard Flynn, CEO Wolters Kluwer Governance, Risk & Compliance
  • Martin O'Malley, EVP Wolters Kluwer Legal & Regulatory
  • Cathy Wolfe, EVP & President Global Growth Markets
  • Andres Sadler, CEO Global Business Services
  • Dennis Cahill, Chief Technology Officer, Digital eXperience Group

 

Aufsichtsrat:

  • Ann Ziegler, Vorsitzende
  • Jack de Kreji
  • Bertrand Bodson, Keywords Studios plc
  • Jeanette Horan
  • Heleen Kersten, Stibbe N.V.
  • Sophie Vandebroek
  • Chris Vogelzang

Geschichte

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1836 gründete Jan Berend Wolters den Schoolbook-Verlag in Groningen, den er später in J.B. Wolters Publishing Company umbenannte. Da Wolters kinderlos war, übernahm nach seinem Tod sein Schwager Eduard Benjamin ter Horst die Führung des Unternehmens. Es folgte eine Periode der Expansion, ter Horst erweiterte das Unternehmen durch eine Druckerei und eine Buchbinderei. 1885 machte er seinen Sohn zu seinem Geschäftspartner. Nach dem Tod von Benjamin ter Horst, Jr. ging es mit dem Verlag bergab, so dass für seine Halbbrüder Felix Robert und Adolf ter Horst sogar eine Schließung des Unternehmens in Betracht kam. Doch sie wandelten die Firma in eine Kapitalgesellschaft um und setzten zum ersten Mal Geschäftsführer ein. Dr. Anthony M.H. Schepman, ein Mitarbeiter der J.B. Wolters Company und weitläufiger Verwandter, wurde 1917 zum Geschäftsführer ernannt und behielt diese Position über 40 Jahre. 

Unter Schepman expandierte der Verlag weiter. Man eröffnete 1920 eine Außenstelle in Jakarta, Indonesien (Kolonie Niederländisch-Ostindien), um Literatur an die dort ansässige niederländisch sprechende Bevölkerung liefern zu können. 1959 fanden diese Expansionspläne ein jähes Ende, als Indonesien alle ausländischen Unternehmen verstaatlichte. Allerdings hatte J.B. Wolters Jakarta 1949 schon eine stabile Marktposition auf dem flämischen Buchmarkt aufgebaut. 

Die Ära der Familienverlage neigte sich dem Ende zu, eine Welle von Fusionen verschonte auch Wolters nicht. So kam es 1968 zu der Fusion zwischen der J.B. Wolters Company und dem von Popko Noordhoff 1858 gegründeten gleichnamigen Familienverlag, dessen Verlagszentrale in direkter Nachbarschaft zu Wolters lag. 1972 fusionierte der frisch gegründete Konzern wiederum mit der „Information and Communication Union (ICU), einem Unternehmen, dass zwei Jahre zuvor aus der Verschmelzung der Verlage Samson und A.W. Sijthoff entstanden war. 1983 änderte man den Namen des gesamten Konzerns in Wolters-Samson. 

1891 war die erste Publikation Ebele E. Kluwers in Deventer im Osten der Niederlande erschienen. Kluwer konzentrierte sich in seiner Verlagsarbeit lange vor allem auf den Bildungs- und Hochschulsektor sowie auf Kinderbücher. Der Kluwer-Verlag blieb immer ein Familienunternehmen und entwickelte sich zum drittgrößten Verlagskonzern der Niederlande. 1987 kam es zum ersten von zwei Übernahmeversuchen des größten Verlegers des Landes, Reed Elsevier, durch massive Aktienkäufe. Bereits ein Jahr zuvor hatte Elsevier Fusionsgespräche mit dem Verlag begonnen, doch die Geschäftsführung Kluwers lehnte diesen Plan mit dem Verweis auf Differenzen in der Geschäftsphilosophie ab. Sie antwortete stattdessen auf die Aktienkäufe Elseviers mit Gesprächen über eine freundliche Übernahme mit Wolters-Samson. Am 14. August 1987 konnte Wolters-Samson den Besitz von 50,9 Prozent des Aktienkapitals des Kluwer-Verlages bekannt geben. Das neue Unternehmen änderte seinen Namen in Wolters Kluwer NV und bezog ein neues Hauptquartier in Amsterdam. 

Durch diese Fusion wurde Wolters Kluwer NV zum zweitgrößten Verlag der Niederlande. Durch Aktienkäufe verschiedener ausländischer Unternehmen, wie zum Beispiel der US-amerikanischen Tochterfirma Kluwer Law Book Publishing Company oder unabhängiger Betriebe wie Raven Press, Aspen System und anderer, begann für den Verlag eine Periode der internationalen Expansion. In den folgenden Jahren weitete das Unternehmen seinen Wirkungsbereich nach Frankreich, West-Deutschland und Spanien aus. 1989 erwirtschaftete Wolters Kluwer NV bereits 44 Prozent des Umsatzes auf ausländischen Märkten. 

Durch die Öffnung der innereuropäischen Grenzen stieg der Bedarf an europarechtlichen Fachbüchern und Übersetzungen. Wolters Kluwer besetzte diese Sparte und begann mit der Expansion nach Osteuropa. 1995 erweiterte der Konzern seinen Einflussbereich im europäischen Ausland erneut durch den Kauf verschiedener Verlagshäuser in Schweden, Österreich, Frankreich, Spanien und Deutschland, so dass die Firma zu diesem Zeitpunkt Außenstellen in 16 Ländern mit rund 8.000 Mitarbeitern aufweisen konnte. 1996 kaufte Wolters Kluwer für knapp zwei Milliarden Dollar den bekannten US-amerikanischen Fachverlag für Steuerwesen und Wirtschaft CCH. Der Konzern stärkte so seine Position auf dem amerikanischen und asiatischen Markt. 

Im Frühjahr 2014 kaufte Wolters Kluwer den Rechtsmanagement-Software- und Serviceprovider Datacert und veröffentlichte das medizinische Entscheidungssystem „UpToDate“ in Großbritannien und Westeuropa. 2016 erwarb Wolters Kluwer den globalen Anbieter für verschiedene Software- und Cloud Computing-Angebote Enablon. Ein Jahr später wurde der Geschäftsbereich Wolters Kluwer Education an Bridgepoint Capital verkauft.

Heute hat Wolters Kluwer die digitale Transformation weitgehend abgeschlossen. 83 Prozent des Gesamtumsatzes wurden bereits 2015 mit Produkten aus der Software- oder Onlinesparte erzielt. Das Unternehmen beschäftigt nach wie vor zahlreiche Spezialisten, die Fachinformationen recherchieren und auswerten, doch diese müssen nicht mehr aufwändig gedruckt und vertrieben werden, zumindest in Europa und den USA. In den Märkten China und Indien, in die Wolters Kluwer in den letzten Jahren vorgestoßen ist, besteht nach wie vor Bedarf nach gedruckten Informationen. Durch Gesundheitsreformen etwa in China und den USA gewann der Konzern neue Wirkungsfelder und Absatzchancen, besonders im Bereich der Klinik-Software zur Unterstützung von Behandlungsentscheidungen. 

Management

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Die US-Amerikanerin Nancy McKinstry übernahm 2003 die Rolle des Chief Executive Officers und wurde damit zur einzigen weiblichen Geschäftsführerin in der niederländischen Verlagsindustrie und ist inzwischen auch die am längsten amtierende Chefin in der gesamten niederländischen Industrie. Sie verordnete dem damals kränkelnden Informationskonzern eine radikale Umstrukturierung und setzte dabei auf Konsolidierung, Kosteneinsparungen und eine bessere Integration des großen Verlagsnetzes, und machte auch nicht vor Massenentlassungen halt.

Ein zweites Projekt bestand für McKinstry darin, den Rückstand des Unternehmens gegenüber Branchenkonkurrenten wie Reed Elsevier in den Bereichen Electronic Publishing und Internet aufzuholen und die Verlagsarbeit hier auszuweiten. Die Anzahl der Publikationen über elektronische Medien und Programme zur Softwareentwicklung wurden seitdem konsequent ausgebaut. 

2007 trennte sich der Konzern von seiner Bildungssparte, da diese den hohen Renditevorgaben des Executive Boards nicht gerecht werden konnte. Dieser Verkauf setzte den Schlusspunkt unter McKinstrys Sanierungsprogramm, das den Informationskonzern zurück in die schwarzen Zahlen brachte. 2013 wurde McKinstry vom Fortune Magazine auf Platz 15 der 50 wichtigsten Frauen in der internationalen Wirtschaft gewählt.

Geschäftsfelder

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Seit 2010 ist der Konzern auf vier international operierende Geschäftsfelder ausgerichtet, welche sich an den jeweiligen Kundenkreisen orientieren: „Health“, „Governance, Risk & Compliance“, „Tax & Accounting“, und „Legal & Regulatory“. Die vier Abteilungen besitzen jeweils ein eigenständiges Management.

Wolters Kluwer Health ist ein global agierender Informationsdienstleister für Fachkräfte und Studenten in der Gesundheitspflege, Medizin und Pharmazie. Zu den Produkten der Abteilung „Medical Research“ gehört Ovid Technologies, ein weltweit führender Host für bibliografische Datenbanken und Volltextdatenbanken aus dem medizinischen und akademischen Bereich. Insgesamt eine Millionen Menschen aus 180 Ländern nutzen die 14 verschiedenen Health-Informationsdienste von Wolters Kluwer.

Wolters Kluwer Governance, Risk & Compliance Services ist ein US-amerikanischer Dienstleister in Sachen Rechts-, Bank-, Wertpapier-, und Versicherungswesen. Die Abteilung ist in fünf kundenorientierte Unterabteilungen unterteilt: Wolters Kluwer Financial Services, ARC Logics und Wolters Kluwer Transport Services. Zu den Produkten und Dienstleistungen der Abteilung zählen umfassende Betriebs-, Kredit- und Risikomanagementlösungen. Außerdem sollen Kapitalveränderungen und „Corporate Actions“ helfen, den Unternehmen finanzielles Risikomanagement zu erleichtern und dadurch ihre Effizienz und Produktivität in allen Unternehmensbereichen zu steigern. 

Wolters Kluwer Tax & Accounting ist der weltgrößte Anbieter für Software und Onlineservices in den Bereichen Steuern und Buchführung. Die Hauptmärkte des Geschäftsbereiches reichen von Nordamerika über Europa bis hin nach Asien. Onlineprodukte und -services sind die am schnellsten wachsende Produktsparte der Abteilung und die amerikanische Firma CCH (Commerce Clearing House, 1995 von Wolters Kluwer übernommen) bildet das wichtigste Standbein. CCH produziert mehr als 700 verschiedene Print- und Onlineprodukte zu den Themen Steuern und Wirtschaftsrecht.

Wolters Kluwer Legal & Regulatory ist ein Anbieter von juristischer Fachliteratur- und Software für Anwalts- und Beratungsfirmen, Rechtsabteilungen, Universitäten, Bibliotheken und Regierungen. Zum Geschäftsfeld der Abteilung zählen kundenspezifische Informations- und Dienstleitungen, Softwareentwicklung, diverse Onlineportale und verschiedenste Publikationen. Insgesamt 210,000 Steuerbüros, 85 Prozent aller US-Versicherungsunternehmen und 600,000 Juristen sind Wolters Kluwer-Kunden.

Aktuelle Entwicklungen

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China und Indien bleiben die wichtigsten Wachstumsmärkte für das Unternehmen. Bereits seit Dezember 2010 werden die juristischen Fachbücher des Konzerns durch den Fachverlag Commercial Press in China übersetzt. Zuvor hatte bereits die medizinische Suchplattform Ovid eine chinesischsprachige Version veröffentlicht. Seit 2011 baut Wolters Kluwer zusammen mit dem chinesischen Informationsdienstleister Medicom ein elektronisches Informationssystem für chinesische Kliniken auf. Seit 2012 werden im Rahmen einer strategischen Allianz mit der China Publishing Group Corporation (CPGC), deren Produkte weltweit durch Wolters Kluwer und Wolters Kluwer Produkte in China durch CPGC vertrieben.

Im Oktober 2019 hat das Landgericht Köln entschieden, dass Wolters Kluwer den Legal-Tech-Vertragsgenerator „Smartlaw“ in Deutschland nicht mehr betreiben und bewerben darf. Der Grund war, dass die Angebote des digitalen Rechtsdokumentgenerators nur von Anwälten bereitgestellten werden dürfen. Wolters Kluwer möchte dagegen gerichtlich vorgehen, da es sich laut dem Unternehmen nicht um eine Rechtsdienstleistung gehandelt habe.

Inhalte

Institut für Medien- und Kommunikationspolitik

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