8. WAZ-Mediengruppe

Umsatz 2006: € 1,741 Mrd.

Überblick

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Schwerpunkt der Aktivitäten der Funke (zuvov WAZ) Mediengruppe mit Sitz in Essen ist traditionell der Zeitungs- und Zeitschriftensektor. Der Essener Konzern ist einer der größten Regionalzeitungsverlage Europas. Der Verlag brachte noch 2011 u.a. 27 Tageszeitungen, 175 Zeitschriften sowie 99 Anzeigenblätter heraus. Unter der Geschäftsführung von Bodo Hombach verstärkte sich das Engagement der WAZ im Internet, wo Inhalte mehrfach verwertet werden. Stärkstes Auslandsengagement der WAZ Gruppe ist der Raum Südosteuropa. Ende Januar 2012) vollzog der Konzern einen Eigentümerwechsel: Petra Grotkamp, bisher Minderheitsanteileignerin, hat den 50-Prozent-Anteil der Famile Brost übernommen. Das Unternehmen wurde im Zuge von Massenentlassungen verschlankt und in Funke Mediengruppe umbenannt.

Basisdaten

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Hauptsitz:
Friedrichstraße 34-38
45128 Essen
Deutschland

Telefon: 0049 201 804-0
Internet: www.waz-mediengruppe.de, www.derwesten.de

Branchen: Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Internet-Services, Pressevertrieb, Werbezeitenvermarktung, Rechtehandel
Geschäftsjahr: 01.01. – 31.12.
Rechtsform: GmbH & Co. KGaA
Gründungsjahr: 1948

Ökonomische Basisdaten (Beträge in Mio. €)
202120202019
Umsatz Gesamt1.1191.142,51.210,4
Gewinn (Verlust) nach Steuern
Mitarbeiter5.4036.286

Quellen: 2021 Bundesanzeiger, 2020 Die Deutsche Wirtschaft.de

Geschäftsführung

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Geschäftsführung:

  • Manfred Braun
  • Michael Wüller

 

Besitzverhältnisse: Funke-Gesellschafter 100% (Petra Grotkamp 66,66%, Renate Schubries 16,66%, G. und R. Holthoff 16,66%; Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Stephan Holthoff-Pförtner).

Geschichte und Profil

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Keimzelle der Zeitungsgruppe WAZ war die 1948 von dem Sozialdemokraten Erich Brost und dem Alt-Verleger Jakob Funke gegründete „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“. Nachdem die Zeitung in den ersten Jahrzehnten durch große Auflagensteigerungen und Zukäufe kleinerer Zeitungen sukzessive eine marktbeherrschende Stellung im Ruhrgebiet erwarb, kaufte sich der WAZ-Verlag 1974 bei der „Westfalenpost“ ein. In den Folgejahren übernahm das Unternehmen auch die Dortmunder SPD-Zeitung „Westfälische Rundschau“ und die „Neue Rhein/Neue Ruhr Zeitung“. Die WAZ-Gruppe wurde 1976 gebildet. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von der holländischen Grenze bis nach Ostwestfalen und ins Sauerland (Iserlohner Kreisanzeiger). In diesen Gebieten sind die Zeitungen zum Teil konkurrenzlos, gelegentlich sind zwei Zeitungen aus der WAZ-Gruppe die einzigen oder zumindest härtesten Wettbewerber. Dass Teile der WAZ-Gruppe sich selbst Konkurrenz machen, ist wohl den Auflagen des Bundeskartellamts zu verdanken, die zu dem von Grotkamp erfundenen und mittlerweile öfter kopierten WAZ-Modell geführt haben: Die im Ruhrgebiet führenden regionalen Abo-Zeitungen (gesamte Druckauflage 1,1 Millionen) kooperieren in Verwaltung, Produktion, Vertrieb und Anzeigengeschäft. Die einzelnen Labels und Redaktionen bleiben eigenständig, die Zeitungen inhaltlich unterschiedlich ausgerichtet. Die Kooperation macht sich vor allen Dingen bei den Anzeigen bemerkbar. Die Gruppe bietet unterschiedliche Belegungseinheiten - vom einzelnen Ort bis zum Gesamtverbreitungsgebiet der Zeitungsgruppe WAZ - an. Allerdings sind die Anzeigenteile der am Ort konkurrierenden Zeitungen identisch und können nur gemeinsam belegt werden. Bewährt hat sich das Geschäftsmodell, parallel die lokale Abo-Zeitung und ein Anzeigenblatt zu verlegen. Daneben spielt in Nordrhein-Westfalen die Radiovermarktung eine große Rolle.
In Deutschland expandierte die WAZ-Gruppe nach der Wiedervereinigung in Richtung Thüringen. In den vergangenen Jahren hat sie sich neben ihren Zeitungen in NRW in Bayern insbesondere mit Zeitschriften ein zweites Standbein aufgebaut. Für 210 Mio. € kaufte die WAZ die Braunschweiger Zeitung, die mit einer Auflage von 175.000 und einer sehr großflächigen Region zu den ertragstärksten regionalen Abo-Zeitungen zählt. Die WAZ versucht, ihre journalistischen Produkte zu modernisieren. So hat das traditionell eher der Sozialdemokratie verbundene Haus für die Stammzeitung WAZ mit Ulrich Reitz einen eher konservativen Chefredakteur geholt, der aber als kompetenter Blattmacher gilt und die WAZ eifrig nach außen vertritt. Ebenfalls von der „Rheinischen Post“ kommt Kathrin Lenzer, die neue Chefredakteurin der „Westfälischen Rundschau“, während der neue Chefredakteur der NRZ, Rüdiger Oppers, früher Unternehmenssprecher des WDR war. Fraglich ist, ob die neuen Online-Aktivitäten den Auflagenrückgang der WAZ (ca. 70.000 in den Jahren 2005-2007) kompensieren können, auf jeden Fall sollen so jüngere Leser und Konsumenten angesprochen werden. Journalistische Ambitionen werden daran sichtbar, dass alle WAZ-Zeitungen nun in Brüssel mit einem gemeinsamen Korrespondentenbüro vertreten sind.

Die WAZ-Gruppe erweckte lange Zeit den Eindruck, über ein gutes finanzielles Polster zu verfügen. Im Dezember 2007 gehörte sie zu den aussichtsreichen Bietern für die „Süddeutsche Zeitung.“ Als sehr profitabel wurde auch stets die Expansionsstrategie in Südosteuropa dargestellt. Gelegentlich gab es – so in Bulgarien – Probleme mit nationalistischen Strömungen, die WAZ feierte sich selbst aber stets „als einziges Medienhaus, das seinen Journalisten den Rücken freihält“ (Bodo Hombach). Einer weiteren Regionalisierung, einer Investition in die Kernmarken und engeren Verzahnung von regionaler Presse, Internet und TV schien nichts entgegenzustehen.
Im September 2008 verkündete die Geschäftsführung („Wir haben ein Ergebnisproblem“) dann aber einen rigorosen Sparkurs und eine völlige Abkehr vom bisher bewährten „WAZ-Modell“. Es lebte von eigenständigen, regional verankerten Zeitungstiteln. Nun sollte es im WAZ-Kernland mit den WAZ-Kerntiteln „WAZ“, „NRZ“, Westfälische Rundschau“ und „Westfalenpost“ („Nicht alle Titel schreiben schwarze Zahlen“, Christian Nienhaus) zuhauf ungenutzte Synergien und ein Sparpotential von 30 Mio. Euro geben. Selbst betriebsbedingte Kündigungen schloss die Geschäftsführung nicht aus; 262 Redakteursstellen sollten entfallen, d.h. jeder vierte fest Angestellte der vier Ruhrgebietstitel entlassen werden. Mit dem WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz zog ein Journalist in den Vorstand ein, das von ihm entwickelte Modell sieht vor: von einem zentralen Newsdesk aus sollen die vier Zeitungen künftig gesteuert werden. Der vom Axel-Springer-Verlag zur WAZ gewechselte Geschäftsführer Christian Nienhaus nennt ausdrücklich die Erstellung von Berliner Morgenpost, Welt, Welt kompakt und WeltOnline als Vorbild. Im nächsten Schritt quittierte die WAZ die Dienste der Agentur dpa – angeblich weil sie eine „Autorenzeitung“ werde. Missverständliche Äußerungen des WAZ-Chefredakteurs konnten so gedeutet werden als würde man heutzutage ja alle Informationen ohnehin (unter Missachtung des Urheberrechts) aus dem Internet bekommen können. Personelle Wechsel – so wurde der Bundesvorsitzende der Journalistengewerkschaft dju Chefredakteur der „Westfälischen Rundschau“ - kamen hinzu.

Am 23. Januar 2012 übernahm Petra Grotkamp die Anteile der Familie Brost (50 Prozent) für, laut Informationen des Hamburger Abendblatts, 500 Millionen Euro. Bodo Hombach, der bisherige Geschäftsführer, legte in Zuge des Verkaufs sein Amt nieder und bekräftigte, dass er in der Neuordnung des Konzerns „eine große Chance für eine neue WAZ-Ära in einer im Umbruch befindlichen Medienlandschaft“ sieht. Der Verkauf von Zeitungen sowie ein Stellenabbau waren laut Aussagen aus Unternehmenskreisen nicht geplant, stattdessen sollte eine Qualitätsoffensive gestartet werden. Das Gegenteil war jedoch der Fall: Die gesamte Redaktion der weiterhin als "Zombie"-Zeitung weiterbetriebenen "Westfälischen Rundschau" wurde geschlossen (was zu 4000 bis 5000 Abonnementskündigungen führte), ebenso wie die komplette thüringsche Online-Einheit.

Für Beobachter überraschend und unverständlich wurden im Sommer 2013 dann unter Aufnahme hoher Schulden diverse Regionalzeitungen und TV- und Frauenmagazine von Axel Springer gekauft (Kaufpreis 920 Millionen Euro). Um die Schulden wieder abzubauen wird die Funke Gruppe wohl verfahren wie bisher: Einsparungen durch Zusammenlegungen von Redaktionen und Stellenabbau erzielen.

Management

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Wie manch andere Nachkrieggründung auch, war die WAZ-Gruppe sechzig Jahre lang in Familienbesitz: es waren die beiden Familien Brost und Funke (der bekannte Rechtsanwalt Stephan Holthoff-Pförtner ist Sprecher der Familie; Petra Grotkamp, die Tochter des Mit-Gründers Jakob Funke, stimmt mit ihm aber häufig nicht überein und beide stehen sich gelegentlich auch vor Gericht gegenüber). Oft haben sich beide Seiten blockiert. Dies betrifft sowohl wichtige Organisationsfragen (Mehrheits- oder Konsensprinzip) wie strategische Entscheidungen. Ihre Minderheitenbeteiligung an der RTL-Gruppe hat die WAZ-Gruppe für 550 Mio. € im Juli 2005 an den Hauptgesellschafter Bertelsmann verkauft. Um die Verwendung der Einnahmen wurde prozessiert. Auf operativer Ebene aber gelten effektive Strukturen und flache Hierarchien. Die Führung des Konzerns hatte sich wesentlich vereinfacht, seit Bodo Hombach Geschäftsführer wurde. Mit Bodo Hombach stand erstmals ein nicht familieneigener Geschäftsführer an der Spitze des Konzerns. Erich Schumann, der die Familienkontinuität auf operativer Ebene noch sicherte, verstarb im Januar 2007.
Bodo Hombach war mit Haut und Haaren Politiker. Davon hat er sich völlig verabschiedet und stattdessen mit gleichem Engagement Verantwortung im Verlagswesen übernommen. Er begann als Funktionär der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, wurde Landtagsabgeordneter und führte für Johannes Rau Wahlkämpfe; für einen entwickelte er das legendäre Motto „Wir in Nordrhein-Westfalen“. Im Landeskabinett von Wolfgang Clement wurde er Wirtschaftsminister, bis ihn Bundeskanzler Gerhard Schröder 1988 zum Chef des Bundeskanzleramtes in Ministerrang berief. 1999 wurde er zum Koordinator für den Balkan-Stabilitätspakt ernannt. Im Februar 2002 wechselte er in die Geschäftsführung der WAZ.       
Die WAZ-Gruppe hat sich ihre Marktstellung – d. h. jeweils regionale Vorherrschaft - in aggressivem Wettbewerb erkämpft. Lokale Konkurrenten wurden in Preiskämpfe verwickelt, bis sie am Ende verkauften. Sie hat dabei manche gerichtliche Auseinandersetzung um Preisgestaltung und Vertriebsmethoden geführt, meist erfolgreich.
Mit dem am 23. Januar 2012 vollzogenen Eigentümerwechsel, in dessen Rahmen Petra Grotkamp die Anteile der Familie Brost erwarb, legte Bodo Hombach sein Amt als Geschäftsführer nieder. Er machte damit deutlich, dass er in der vollzogenen Neuordnung „eine große Chance für eine neue WAZ-Ära in einer im Umbruch befindlichen Medienlandschaft“ sieht.

Geschäftsfelder

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Der WAZ-Konzern galt immer als besonders profitabel. Lange Zeit war der Ruf als besonders geschäftstüchtig stärker ausgeprägt als der journalistische. Bilanzpressekonferenzen gibt es nicht. Dennoch gilt es in der Branche als gesichert, dass die Gewinne nicht mehr so sprudeln wie einst, die Rendite aber immer noch deutlich über 10 Prozent vom Umsatz liegen soll. Zum komplexen Konzerngebilde zählen auch zahlreiche branchenfremde Beteiligungen.

Printmedien
Die Printmedien und die entsprechende Anzeigevermarktung zählen zum Kerngeschäft des Konzerns. Die Verlagsgruppe verlegt 2011 im In- und Ausland 27 Tageszeitungen mit einer Auflage von über 2,5 Millionen Exemplaren, 13 Wochenzeitungen, 175 Publikums- und Fachzeitschriften, 99 Anzeigenblättern und 400 Kundenzeitschriften. Neben der Stammzeitung „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ und den regional bedeutenden Titeln „Neue Ruhr/ Neue Rhein Zeitung“, „Westfalenpost“, „Westfälische Rundschau“, „Thüringer Allgemeine“, „Ostthüringer Zeitung“, „Thüringische Landeszeitung“ und „Braunschweiger Zeitung“ existieren in Deutschland noch Minderheitsbeteiligungen an Lokaltiteln wie dem „Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung“. Für Aufsehen und Kritik sorgte die Maßnahme des Managements, Anfang 2013 die komplette Redaktion der seit Jahren Verluste anhäufenden "Westfälischen Rundschau" zu entlassen, den Titel jedoch weiter zu erhalten und mit Inhalten der Schwesterblätter zu füttern. Kritikern zufolge die ist mittlerweile "Westfälische Rundschau" damit die erste "Zombie-Zeitung" Deutschlands. Der Westfälische Zeitungsverlag, der die "Rundschau" herausgibt steht indes offenbar vor der Insolvenz.

Zu den bekanntesten Zeitschriftentiteln zählen „Gong“, „Bild“ und Funk“, „TVdirekt“, „Das goldene Blatt“, „Echo der Frau“, „Ein Herz für Tiere“ und „Frau im Spiegel“ und "die Aktuelle". Vor allem letztere zieht aufgrund ihrer erfundenen, pseudo-journalistischen Klatsch-Stories die Seriösität des gesamten Konzerns in Mitleidenschaft.
Auf dem Anzeigenblättermarkt ist die Gruppe führend im Ruhrgebiet. Hier gibt sie als Teilhaberin des Verbundes aus Westdeutschen Verlag und Werbegesellschaft (WVW, 100% WAZ Tochter) und der Ostruhr Anzeigenblattgesellschaft (ORA, 50% WAZ-, 50% Ruhr Nachrichten-Tochter) kostenlose Anzeigeblätter mit 76 Titeln und einer wöchentlichen Auflage von über 5 Mio. Exemplaren heraus. Seit 2007 ist der Konzern nach der Übernahme des „Klartext-Verlags“ auch im Buchverlagswesen aktiv. 

Fernsehen und Radio
Für den Betrag von 550 Mio. Euro hat der Konzern seine Minderheitenbeteiligung an der RTL-Group an den Hauptgesellschafter Bertelsmann zurückverkauft. Beteiligt ist der Konzern an den Betriebsgesellschaften von 16 lokalen Hörfunksendern in NRW. 2008 intensivierte die WAZ ihr Bemühen, eigenständig qualitativ anspruchsvolles Lokalfernsehen zu entwickeln. Seit dem Erhalt der TV-Lizenz durch die Landesanstalt für Medien Anfang 2008, ist die WAZ-Gruppe zu rund 25% am Sender „NRW.TV“ sowie „West Eins TV“ (Programm noch nicht auf Sendung, Stand 2011) beteiligt. Des Weiteren besteht seit 2008 eine Minderheitsbeteiligung am albanischen TV-Sender „Vizion+“, einem familienorientierten Informationskanal mit Nachrichtensendungen, politischen Talkshows und Unterhaltungsformaten.

Online
Die Internetplattform „Cityweb Network“ hat die WAZ zugunsten des übergreifenden Online-Projekts „DerWesten.de“ aufgegeben. Seit 2006 arbeitet die Gruppe an einem Online-Auftritt, der regionale und lokale journalistische Kompetenz der Gruppe im Ruhrgebiet stärken und die verschiedenen Zeitungslabels übergreifen soll. Nach einigen Verzögerungen und der Online-Schulung von mehr als 800 Redakteuren wurde das neue Portal mit einigen neuen Features - wie der Möglichkeit zum „Geo-Tagging“ – im Spätherbst 2007 freigeschaltet. Nach Konzernangaben handelt es sich bei der Seite inzwischen um das bundesweit größte regionale Nachrichten-Portal. Nachdem 2009 Kathrin Borchert von „DerWesten.de“ zu „Spiegel Online“ wechselte, folgten ihr auf den Posten des Chefredakteurs Ulrich Reitz und seit dem 10.12.2010 Thomas Kloß. Am 11.03.2008 wurde in der Staatskanzlei NRW im Beisein des Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers eine Kooperation mit dem WDR verkündet. Eine Stunde nach TV-Ausstrahlung sollten ausgewählte Beiträge aus der WDR-Lokalberichterstattung mit Quellenangabe auch über das Portal „DerWesten.de" abgerufen werden können. Das Projekt wurde nach einer einjährigen Pilotphase fortgeführt. Die WAZ zahlte dem WDR dafür pauschale Lizenzgebühren. Ähnliche Kooperationsmodelle wurden in der Folge mit dem ZDF und dem MDR vereinbart. Im Juli 2011 kündigte der WDR die Zusammenarbeit einseitig auf. Wenngleich keine offizielle Begründung für die Kündigung seitens des WDR bekanntgegeben wurde, führen Beobachter einen Zusammenhang mit der Klage mehrerer Zeitungshäuser – darunter auch die WAZ Mediengruppe – gegen die „Tagesschau-App“ vor dem Kölner Verwaltungsgericht an. Seit dem Frühjahr 2014 wird ein Großteil der digitalen Aktivitäten in einer neuen Zentrale in Berlin gebündelt.

2014 stieg Funke in den Onlinemarkt für Stellenanzeigen ein und übernahm joblocal.de. Anfang 2015 wurde dann absolventa.de dem Portfolio hinzugefügt.

Druckbetriebe
Der Konzern verfügt über 13 eigene Druckhäuser in Essen, Hagen, Duisburg, Braunschweig, Erfurt, Gera, Wien, Klagenfurt, Salzburg, Veszprém, Skopje, Belgrad und Split. Neben den Ausgaben der in Deutschland erscheinenden Zeitungstitel, werden auch ein Großteil der ausländischen Publikationen in den hauseigenen Druckbetrieben hergestellt.     

Vertriebs- und Dienstleistungsbetriebe
Neben seinem Engagement bei Zeitungen und Zeitschriften ist der WAZ-Konzern auch im Vertriebs- und Dienstleistungsbereich im In- und Ausland tätig. Im Bereich des Zeitschriftenvertriebs ist die WAZ-Gruppe seit Januar 2010 als Gesellschafterin in dem Nationalvertrieb Moderner Zeitschriften Vertrieb GmbH & Co. KG (MVZ) engagiert und somit beim zweitstärksten Unternehmen im Vertriebsmarkt nach Axel Springer beteiligt. Die MVZ erzielte 2010 einen Marktanteil von 20 Prozent. Horizont. Im Februar 2010 bündelte man zudem die Vertriebsleistungen für die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, die „Neue Ruhr/ Neue Rhein Zeitung“, die „Westfälische Rundschau“ und die Westfalenpost“ in der hierfür gegründeten neuen Abteilung Vertrieb Zeitungstitel (VZN). Des Weiteren ist die WAZ in die Postservicebranche (5 Prozent Anteil an der PIN Group) engagiert. Zunächst wurden in Dortmund erste Erfahrungen mit der Post-Zustellung gesammelt. Inzwischen deckt das Tochterunternehmen WPS WAZ Post Service GmbH große Teile des Ruhrgebiets ab. In Thüringen agiert das Schwesterunternehmen Thüringer Post Service GmbH. 

Engagement im Ausland

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In Ländern des ehemaligen Jugoslawien ebenso wie in den mittlerweile in die EU aufgenommenen Staaten Slowenien, Rumänien und Bulgarien ist die WAZ-Gruppe auf dem Zeitungs- wie Zeitschriftenmarkt führend vertreten. Neben Zeitungen, Zeitschriften und Druckereien in Bulgarien, Kroatien, Serbien und Rumänien, hat sie drei Tageszeitungen in Mazedonien übernommen. In Ungarn, wo die WAZ-Gruppe bisher Regionalzeitungen verlegt hat, ist sie nun an einem Magazin mehrheitlich beteiligt. Die Zeitschrift HVG berichtet über Politik und Wirtschaft und besetzt damit ein Segment, das die WAZ-Gruppe in Deutschland nicht bearbeitet. Seit 2007 besteht eine 75-prozentige Beteiligung an der russischen Wochenzeitung "Sloboda“. Insgesamt 40% des Umsatzes und 70% des Erlöses der WAZ-Gruppe stammen aus Beteiligungen im Ausland.
Zu den Auslandsbeteiligungen zählt auch das Engagement in Österreich.

1987 wurde die WAZ-Gruppe in Österreich aktiv und kaufte sich zunächst mit 45% bei der „Kronen Zeitung“, bald darauf auch beim „Kurier“ ein. Die „Kronen Zeitung“ gilt als besonders rentabel. Allerdings sind die WAZ-Gruppe und die Wiener Dichand-Dynastie, der die andere Hälfte der „Kronen Zeitung“ gehört, anhaltend zerstritten. Ein Grund dafür ist auch eine umstrittene Klausel, die der Dichand-Familie jährlich gewinnunabhängig eine Garantieausschüttung bescherte. Nachdem im Herbst 2014 die entsprechenden Verträge gekündigt wurden, hat sich der Funke-Anteil offenbar vervielfacht. Es wird sogar spekuliert, Dichand könnte die Kronen-Zeitung gänzlich an Funke abtreten.

Im August 2010 kündigte Konzernchef Hombach im Namen der WAZ-Gruppe an, sich sukzessive vom südosteuropäischen Markt, vordringlich aus Serbien und Rumänien, zurückziehen zu wollen. Vorausgegangen war dieser Entscheidung ein Streit zwischen der WAZ und der serbischen Regierung um die Übernahmepläne der Belgrader Zeitung „Novosti“. Hombach warf der Regierung in Belgrad Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft vor, und beklagte ähnliche Zustände in weiteren Ländern Südosteuropas. 

Aktuelle Entwicklungen

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Geschäftsführer Manfred Braun ist bekannt dafür, jeden Morgen das Einsparpotenzial des Konzerns durchzurechnen, so die Süddeutsche Zeitung im April 2013. Die Umsetzung seines Mottos „näher an den Leser“ heranzurücken, wirft jedoch angesichts der Redaktionsschließungen und Massenentlassungen Fragen auf. Grund für die rigide Sparpolitik soll laut SZ sein, dass die Familie Grotkamp nun nach der Übernahme der WAZ dringend auf Einnahmen angewiesen ist, um aufgenommene Kredite zu bedienen. Denn eigentlich wirft die WAZ weiterhin einen zweistelligen Renditebetrag ab. Damit steht sie im geschichtlichen Vergleich mehr als gut dar. Das Verständnis des einst so offenkundig SPD-nahen Blattes von Solidarität lässt sich in der aktuellen Personalpolitik und den „Qualitätsoffensiven“ jedenfalls nicht mehr wiederfinden.

Mitarbeiter der Zeitungen "Hamburger Abendblatt" und der "Berliner Morgenpost" sowie weiterer sieben Zeitschriftentitel ("Bild der Frau", "Frau von Heute", "Hörzu", "TV Neu", "Bildwoche", "Funkuhr" und "TV Digital"), die im Sommer 2013 für rund 900 Millionen Euro von Springer übernommen wurden, fürchten sich deshalb zurecht vor weiteren Massenentlassungen durch Einsparungen. Der Springe-Funke-Deal wurde jedoch durch Auflagen beschränkt: So muss Funke die drei Programmzeitschriften "Bildwoche", "TV Neu" und "Funk Uhr" sowie "Die Zwei" wieder an den Klambt Verlag verkaufen. Einen Kredit in Höhe von 30 Millionen Euro, damit Klambt die Übernahmen stemmen kann, kommt wiederum von Axel Springer. Im Sommer 2015 wird eine neue Zentralredaktion von Ex-Focus-Chefredakteur Jörg Quoos in Berlin aufgebaut. Der bisherige Content-Desk in Essen wird geschlossen. Der Journalistenverband DJV kritisierte daraufhin, dass die Essener Journalisten über diese Pläne im dunkeln gelassen wurden.

Einziger journalistischer Lichtblick bleibt der WAZ-Rechercheblog, der im Stil von Wikileaks vertrauliche Strategiepapiere der Bundesregierung über den deutschen Afghanistaneinsatz veröffentlicht hat.

Inhalte

Institut für Medien- und Kommunikationspolitik

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